Crowley | Die Eroberer | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 431 Seiten

Crowley Die Eroberer

Portugals Kampf um ein Weltreich

E-Book, Deutsch, 431 Seiten

ISBN: 978-3-8062-3326-1
Verlag: wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg)
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



1497 umsegelt Vasco da Gama das Kap der guten Hoffnung und findet den lange gesuchten Seeweg nach Indien. Das kleine Königreich Portugal schlägt damit die Spanier im Wettlauf zu den Gewürzinseln im Osten. In der erstaunlich kurzen Zeit von 30 Jahren erobern die Portugiesen den Indischen Ozean und gewinnen die Kontrolle über den lukrativen Gewürzhandel - immer im Zeichen der christlichen Missionierung und mit dem erklärten Ziel, den Islam zu besiegen. Drei Jahre nach da Gama soll Pedro Álvares Cabral das Tor zu Indiens Gewürzmärkten vollends aufstoßen - und landet in Brasilien. Portugal ist damit auf dem Sprung zum kolonialen Weltreich.
Mit gewohnter Sachkenntnis und anhand vieler Augenzeugenberichte erzählt Roger Crowley die Geschichte der abenteuerlichen Entdeckungen, von Geld und religiösem Eifer, Diplomatie und Spionage, Mut und Brutalität.
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Prolog
Der Vorposten Europas
  Am 20. September des Jahres 1414 schritt die erste Giraffe, die jemals in China gesehen wurde, auf den Kaiserpalast in Peking zu. Die Zuschauer reckten ihre Hälse, um einen Blick auf diese Kuriosität zu erhaschen, auf das Tier „mit dem Körper eines Hirsches und dem Schwanz eines Ochsen, und einem fleischigen, knochenlosen Horn, mit grellen Flecken wie eine rote Wolke oder ein purpurner Nebel“, wie der entzückte Hofdichter Shen Du es beschrieb.1 Das Tier war offensichtlich harmlos: „Seine Hufe treten nicht auf lebende Geschöpfe … die Augen wandern unablässig hin und her. Alle sind hocherfreut über es.“2 Die Giraffe wurde von ihrem Halter, einem Bengalen, am Zügel geführt; es handelte sich um ein Geschenk des fernen Sultans von Malindi an der Küste Ostafrikas. Das anmutige Tier, das auf einem zeitgenössischen Gemälde festgehalten wurde, war die exotische Trophäe einer der merkwürdigsten und spektakulärsten Expeditionen der Seefahrtsgeschichte. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts entsandte der Kaiser der unlängst gegründeten Ming-Dynastie Yongle über 30 Jahre hinweg zur Demonstration der Macht Chinas eine Reihe von Armadas über die westlichen Meere. Die Flotten waren riesig. Die erste im Jahr 1405 bestand aus 250 Schiffen mit 28.000 Mann an Bord. In der Mitte fuhren die Schatzschiffe: Dschunken mit neun Masten, mehreren Decks, einer Länge von 130 Metern sowie innovativen, wasserdichten Schotten und gewaltigen Ruderblättern mit einer Fläche von 40 Quadratmetern. Sie wurden von einer Eskorte aus Hilfsschiffen begleitet – Pferdetransporter, Versorgungsschiffe, Truppentransporter, Kriegsschiffe, Wassertanker –, mit denen sie über ein System aus Flaggen, Laternen und Trommeln kommunizierten. Neben Navigatoren, Seeleuten, Soldaten und Hilfsarbeitern nahmen sie auch Übersetzer mit, um mit den „barbarischen Völkern“ des Westens zu sprechen, und Chronisten, um die Reisen zu dokumentieren. Die Flotten hatten ausreichend Proviant für ein Jahr geladen – die Chinesen wollten nicht auf fremde Hilfe angewiesen sein – und navigierten mit Kompassen und geeichten astronomischen Tafeln, die in Ebenholz geschnitzt waren, quer durch das Herz des Indischen Ozeans. Die Schatzschiffe, auch Drachenschiffe genannt, waren so stabil, dass sie bis zur Milchstraße hätten fahren können. „Unsere Segel“, so hieß es in der Chronik, „die erhaben wie Wolken entfaltet waren, setzten ihren Kurs Tag und Nacht fort, schnell wie ein Stern, und [das Schiff] durchschnitt die wilden Wogen.“3 Der Admiral war ein Muslim namens Zheng He, dessen Großvater die Pilgerreise nach Mekka unternommen hatte und der sich des Titels Drei-Juwelen-Eunuch rühmen durfte. Diese Expeditionen, sechs zu Lebzeiten Yongles und eine siebte von 1431 bis 1433, waren Meisterleistungen der Seefahrt. Jede einzelne dauerte zwei bis drei Jahre und führte weit über den Indischen Ozean, von Borneo bis Sansibar. Auch wenn die Chinesen über reichlich Kapazitäten verfügt hätten, um Piraten zu unterdrücken und Monarchen abzusetzen, und darüber hinaus Waren für den Handel mit sich führten, waren die Fahrten in erster Linie weder militärische noch wirtschaftliche Unternehmungen, sondern sorgfältig inszenierte Zurschaustellungen von „soft power“, wie man heute sagen würde. Die Reisen der Schatzflotten waren gewaltlose Mittel, um den Küstenstaaten Indiens und Ostafrikas die Größe Chinas vor Augen zu führen. Es wurde kein Versuch unternommen, sie militärisch zu besetzen oder den freien Handel zu behindern. Stattdessen folgten sie einer Art Umkehrlogik. Sie waren gekommen, um zu beweisen, dass China lediglich etwas geben wollte, nicht wegnehmen: Die Flotte sollte in die Länder der „Barbaren“, wie es in einer zeitgenössischen Quelle heißt, segeln „und ihnen Geschenke machen, um sie durch die Zurschaustellung unserer Macht zu verwandeln“.4 Eingeschüchterte Gesandte der Völker vom Rand des Indischen Ozeans kehrten mit der Flotte zurück, um Yongle Tribut zu zollen – um also China als den Mittelpunkt der Welt anzuerkennen und zu bewundern. Die Juwelen und Perlen, das Gold und Elfenbein sowie die exotischen Tiere, die sie dem Kaiser zu Füßen legten, waren kaum mehr als eine symbolische Anerkennung der chinesischen Überlegenheit. „Die Länder jenseits des Horizonts und am Ende der Welt sind alle zu Untertanen geworden“, hieß es in der Chronik.5 Die Chinesen bezogen sich auf die Welt des Indischen Ozeans, obwohl sie eine gute Vorstellung von dem hatten, was dahinter lag. Während Europa über den Horizont jenseits des Mittelmeers nachdachte und überlegte, wie die Ozeane miteinander verbunden waren und die Form Afrikas aussehen könnte, wussten die Chinesen das allem Anschein nach bereits. Im 14. Jahrhundert hatten sie eine Karte angefertigt, die den afrikanischen Kontinent als ein spitzes Dreieck mit einem großen See im Innern und nach Norden strömenden Flüssen zeigte. Im Jahr nach dem Eintreffen der Giraffe in Peking und rund 21.000 Seemeilen entfernt, wurde an den Küsten Afrikas eine andere Form von Macht demonstriert. Im August 1415 segelte eine portugiesische Flotte über die Straße von Gibraltar und stürmte die muslimische Hafenstadt Ceuta in Marokko, eine der am besten gesicherten und wichtigsten strategischen Festungen im ganzen Mittelmeer. Die Eroberung verblüffte ganz Europa. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte Portugal eine Bevölkerung von allenfalls einer Million Menschen. Seine Könige waren zu arm, um eigene Goldmünzen zu prägen. Fischerei und Subsistenzwirtschaft waren die Hauptstützen der Wirtschaft, doch die Armut des Landes wurde lediglich von seinem Ehrgeiz übertroffen. König Johann I., „Johann, der Bastard“, der Begründer der Herrscherdynastie Avis, hatte im Jahr 1385 die Krone des Landes an sich gerissen und die Unabhängigkeit des Landes gegen das benachbarte Königreich Kastilien verteidigt. Der Angriff auf Ceuta sollte den unbändigen Tatendrang des Adels in einem Feldzug bündeln, der den Geist des mittelalterlichen Rittertums mit der Leidenschaft eines Kreuzzugs kombinierte. Die Portugiesen waren gekommen, um ihre Hände im Blut der Ungläubigen zu waschen. Sie erfüllten ihren Auftrag buchstäblich. Eine dreitägige Plünderung und ein Blutbad hatten einen Ort verwüstet, der einst beschrieben wurde als „die Blume aller Städte in Afrika … [dessen] Tor und Schlüssel“.6 Dieser erstaunliche Handstreich lehrte die europäischen Rivalen, dass das kleine Königreich selbstbewusst war, vor Tatendrang strotzte – und nach Höherem strebte. Drei Söhne Johanns, Duarte, Pedro und Heinrich, hatten sich in Ceuta an einem Tag heftiger Kämpfe ihre ersten Sporen verdient. Am 24. August wurden sie in der dortigen Moschee, nachdem diese rituell mit Salz gereinigt und in Kirche der Jungfrau von Afrika umbenannt worden war, von ihrem Vater zum Ritter geschlagen. Für die jungen Prinzen war dies ein schicksalhafter Moment. In Ceuta hatten die Portugiesen einen ersten Blick auf den Reichtum Afrikas und des Orients erhascht. Die Stadt war der Endpunkt für die Karawanen, die Gold vom Senegal quer durch die Sahara transportierten, und der westlichste Umschlagplatz des islamischen Gewürzhandels mit Indien. Hierher kamen, so der portugiesische Chronist, alle Kaufleute der Welt, aus „Äthiopien, Alexandria, Syrien, dem Land der Berber, Assyrien … sowie jene aus dem Orient, die auf der anderen Seite des Euphrat lebten, und aus Indien … und aus vielen anderen Ländern, die sich jenseits der Achse befinden und jenseits unserer Augen liegen“.7 Die christlichen Eroberer hatten mit eigenen Augen die Vorräte an Pfeffer, Gewürznelken und Zimt gesehen und sie dann auf der Suche nach verborgenen Schätzen vorsätzlich zerstört. Sie hatten die Stände von angeblich 24.000 Händlern geplündert und sich gewaltsam Zutritt zu prachtvoll mit Teppichen verzierten Häusern reicher Kaufleute und in wunderschön gewölbte und gekachelte unterirdische Zisternen verschafft. „Unsere armen Häuser sahen verglichen mit denen Ceutas wie Schweineställe aus“, schrieb ein Augenzeuge.8 An diesem Ort bekam vor allem Heinrich zum ersten Mal den Reichtum zu Gesicht, der „jenseits der Achse“9 errungen werden konnte, falls es gelang, die Barriere der islamischen Welt über die afrikanische Küste zu umgehen. Ceuta markierte den Beginn der portugiesischen Expansion, das Überschreiten der Schwelle zu einer neuen Welt. Es war das Schicksal Portugals und zugleich sein Glück, dass das Land von der geschäftigen Arena des Handels und der Ideen im Mittelmeer ausgeschlossen war. Am äußersten Rand Europas gelegen, an der Peripherie der Renaissance, konnten die Portugiesen nur voller Neid auf den Reichtum von Städten wie Venedig und Genua blicken, die den Markt mit Luxusgütern aus dem Orient – Gewürze, Seide und Perlen – dominierten, die über die islamischen...


Crowley, Roger
Roger Crowley hat am Emmanuel College, Cambridge, Englische Literatur unterrichtet. Dem Mittelmeer und der Geschichte seiner Anrainer galt früh sein Interesse. In der mediterranen Welt ist er zuhause, er hat auf Malta und in Istanbul gelebt. Heute wohnt er mit Familie in Gloucestershire, England und arbeitet als freier Sachbuchautor. Seine Bücher sind vielfach ausgezeichnet, u. a. als New York Times Bestseller.

Roger Crowley hat am Emmanuel College, Cambridge, Englische Literatur unterrichtet. Dem Mittelmeer und der Geschichte seiner Anrainer galt früh sein Interesse. In der mediterranen Welt ist er zuhause, er hat auf Malta und in Istanbul gelebt. Heute wohnt er mit Familie in Gloucestershire, England und arbeitet als freier Sachbuchautor. Seine Bücher sind vielfach ausgezeichnet, u. a. als New York Times Bestseller.


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