Dengler / Froschauer / Jenschke | Ambulante spezialfachärztliche Versorgung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

Dengler / Froschauer / Jenschke Ambulante spezialfachärztliche Versorgung

Grundlagen, Umsetzung, praktische Hilfen

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

ISBN: 978-3-17-042867-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) unterbreitet Patienten mit seltenen oder komplexen Erkrankungen ein neues Versorgungsangebot.
Im Werk werden die entscheidenden Aspekte der ASV wie die Ausgestaltung der ASV-Richtlinie, der Konkretisierungen und der Appendizes, sowie Best-Practice-Beispiele bezüglich des Anzeigeverfahrens und der laufenden Teilnahme (Patienteneinschluss, Abrechnung etc.) dargestellt. Außerdem werden rechtliche Probleme sowie deren Lösung beschrieben. Aus den Ergebnissen der Versorgungsforschungsstudie GOAL-ASV im Rahmen des Innovationsfonds des G-BA werden Rückschlüsse auf nötige Anpassungen und Empfehlungen zur Optimierung der ASV und ihrer künftigen Perspektive gezogen.
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2 Der Weg in die ASV
2.1 Aufbau und Zusammenstellung des ASV-Teams
2.1.1 Aufbau des interdisziplinären Teams
Die Bildung eines interdisziplinären Teams mit einer sog. Teamleitung ist eine der wichtigsten inhaltlichen Neuerungen der ASV-RL. Es setzt sich aus drei Ebenen (sog. Zwiebelschalen-Modell) zusammen (? Abb. 4): 1. Teamleitung: ein Arzt/eine Ärztin aus dem Kernteam koordiniert die ASV fachlich und organisatorisch. Die Teamleitung ist in der Regel Hauptansprechpartner des eLA. 2. Kernteam: Fachärzte, die aufgrund ihrer Erfahrung und Kenntnis an der Behandlung beteiligt sind. Die Mitglieder des Kernteams sowie die Teamleitung sind namentlich zu benennen (§ 2 Abs. 2 S. 4 ASV-RL). 3. Hinzuzuziehende Fachärzte: Fachärzte und Psychotherapeuten, deren Erfahrung und Kenntnis zur Behandlung der Patienten ergänzend benötigt wird. Für hinzuzuziehende Ärzte ist in der Regel eine institutionelle Benennung ausreichend (§ 2 Abs. 2 S. 5 ASV-RL). Abb. 4:Aufbau des ASV-Teams am Beispiel chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) Für den Bereich der gastrointestinalen Tumoren und Tumoren der Bauchhöhle (GIT) muss das interdisziplinäre Team 17 bis zwanzig Fachgruppen beinhalten (je nachdem, ob auch Tumoren der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse behandelt werden sollen), bei der Tuberkulose (TBC) sind es elf bis 14 Fachgruppen (abhängig davon, ob auch Patienten vor dem 18. Lebensjahr eingeschlossen werden). Sofern der G-BA in der Konkretisierung nichts anderes vermerkt hat, sind alle vorgegebenen Fachgruppen zwingend einzubinden, um eine ASV-Berechtigung zu erhalten. Aus diesem Grund ist die Mehrfachbesetzung von Fachgruppen zu empfehlen, da das Ausscheiden eines Teammitglieds dann nicht gleich zur Gefährdung der ASV-Berechtigung des gesamten Teams führt (? Kap. 4.2). Für den Bereich der Hinzuzuziehenden ermöglichen viele eLA eine sog. institutionelle Benennung entsprechend der Vorgabe aus § 2 Abs. 2 S. 5 ASV-RL. D.?h., es werden nicht tatsächlich die einzelnen Personen dem eLA benannt, sondern die Institution, in welcher sie tätig sind. Es wird davon ausgegangen, dass stets ein Facharzt dieser Disziplin in der Institution vorhanden ist, der die Leistung mit der geforderten Qualität erbringen kann. Dies wird unstreitig in Krankenhäusern bzw. Krankenhausabteilungen und ggf. auch MVZ der Fall sein. Vorteil ist dabei, dass Vertretungsmeldungen dadurch entfallen, weil in diesen Institutionen stets ein entsprechender Facharzt anwesend sein muss. In einigen eLA ist ein Facharzt der Institution zu benennen, für den dann auch entsprechende Qualifikationsnachweise vorzulegen sind. Streitig ist, ob bei Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) eine institutionelle Nennung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-RL erfolgen kann. Während der G-BA in seinen Tragenden Gründen zu dieser Regelung (G-BA 2013, S. 4) die BAG namentlich als Institution bezeichnet, für die eine institutionelle Nennung ihrer Mitglieder möglich ist, sieht das LSG Bayern (Urteil vom 08.?04.?2022 – L 12 KR 546/21, Vorinstanz: SG München, Urteil vom 05.?10.?2021 – S 28 KR 499/21, vgl. dazu Makoski 2022) eine institutionelle Nennung einer BAG im Rahmen der 3. Ebene (hinzuzuziehende Fachärzte) nicht als zulässig an, weil die BAG selbst – nach Ansicht des LSG – nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. Zur ausführlichen Auseinandersetzung mit diesem LSG-Urteil vgl. Jenschke 2023. Die Revision wurde zugelassen und ist unter dem Aktenzeichen B 3 KR 9/22 R beim BSG anhängig. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidung das BSG trifft. Praxistipp In neuen Anzeigen sollte aufgrund der herrschenden Rechtsunsicherheit bis zur Entscheidung durch das BSG darauf verzichtet werden, BAGen als institutionelle Leistungserbringer zu benennen. Altanzeigen mit BAGen als benannte institutionelle Leistungserbringer dürften unproblematisch weiterbestehen, solange der eLA keinen anderslautenden Bescheid erlässt. Gegen einen solchen sollte Widerspruch eingelegt und dem eLA das Ruhen des Verfahrens bis zum Vorliegen der Entscheidungsgründe des zu erwartenden BSG-Urteils vorgeschlagen werden, um ggf. anschließend alles dabei zu belassen oder entsprechend Ärzte persönlich zu benennen. 2.1.2 Qualifikation der Ärzte
Es ist zu beachten, dass ausschließlich Ärzte mit erworbener Facharzt- bzw. Schwerpunktbezeichnung in das Team benannt werden können. Ärzte in Weiterbildung können zwar auf dem Wege der Delegation einbezogen werden (? Kap. 4.2), sind jedoch keine regulären Teammitglieder. Ähnliches gilt für Sicherstellungsassistenten. Da sie keinen eigenen Vertragsarztstatus haben, können sie regulär nicht in das Team aufgenommen werden. Der Sicherstellungsassistent kann aber, wie auch in der vertragsärztlichen Versorgung, quasi in Vertretung in die ASV-Tätigkeit eingebunden werden. Die Verantwortung verbleibt dann beim benannten ASV-Mitglied, Leistungserbringung und Abrechnung erfolgen auch in dessen Namen. Grundsätzlich besteht keine Einschränkung in Bezug auf die Teilnahme eines Leistungserbringers an mehreren ASV-Teams, auch nicht zur selben Indikation. Eine solche Einschränkung könnte allenfalls im Sinne eines »Wettbewerbsverbots« in der Kooperationsvereinbarung des ASV-Teams verankert werden, wobei hierbei wiederum zu beachten ist, dass eine Einschränkung eines Arztes aus einer Arztgruppe mit nur sehr wenigen Leistungserbringern (z.?B. Humangenetik) auf ein Team sittenwidrig (§ 138 BGB) oder wettbewerbswidrig sein könnte (§ 134 BGB i. V. m. den Regelungen des UWG). Soll damit anderen Teams die ASV-Teilnahme verwehrt sein, da sie auf diesen Leistungserbringer nicht zurückgreifen können, weil dieser sich aufgrund des Wettbewerbsverbots daran gehindert sieht, könnte dies einerseits gegen einen eventuell bestehenden Kontrahierungszwang des Hinzuzuziehenden verstoßen oder aber die Teilnahme anderer Teams am Wettbewerb unlauter beschränken. Umgang mit erworbenen Fachbezeichnungen nach älteren Fassungen der Weiterbildungsordnung Die in der Richtlinie verwendeten Facharzt-?, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen richten sich nach der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer. In einigen eLA gab es Schwierigkeiten, wenn im Rahmen der Anzeige Ärzte über Bezeichnungen nach älteren Fassungen der Weiterbildungsordnung verfügten. Dabei weist die ASV-RL explizit darauf hin, dass Ärzte mit umfasst sind, die eine entsprechende Bezeichnung nach altem Recht führen (§ 3 Abs. 3 ASV-RL). Die Mitglieder des ASV-Teams müssen laut ASV-RL über ausreichend Erfahrung in der Behandlung von Patienten des jeweiligen Versorgungsbereichs verfügen und sollen regelmäßig an spezifischen Fortbildungsveranstaltungen sowie interdisziplinären Fallbesprechungen teilnehmen. Für den Nachweis der Erfahrung fordern einige eLA entsprechende Nachweise, in der Regel Eigenerklärungen, in denen man beispielsweise Patientenzahlen, die Teilnahme an entsprechenden Fortbildungen, Tätigkeit in Forschung und Lehre oder Zertifizierungen aufführen kann. Die ASV-RL sieht vor, dass die Mitglieder des Kernteams die ASV-Leistungen am Tätigkeitsort der Teamleitung oder zu festgelegten Zeiten mindestens an einem Tag in der Woche am Tätigkeitsort der Teamleitung anbieten müssen (§ 3 Abs. 2 Satz 4 ASV-RL). An immobile Apparate gebundene Leistungen sowie die Aufbereitung und Untersuchung von bei Patienten entnommenem Untersuchungsmaterial sind von den Regelungen ausgenommen (§ 3 Abs. 2 Satz 5 ASV-RL). Hier ist darauf zu achten, dass die wöchentliche »ASV-Sprechstunde« als Angebot, nicht als ständige Vorhaltung formuliert ist. Die Inanspruchnahme einer solchen Konsultation mit mehreren Kernteammitgliedern erfordert wie alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung eine medizinische Notwendigkeit als Teil des Wirtschaftlichkeitsgebots, deren Vorliegen durch die behandelnden Ärzte zu beurteilen ist. Es sollte daher ausreichend sein, für eine eventuell notwendige gemeinsame Sprechstunde im Kernteam ein Zeitfenster zu vereinbaren, z.?B. in zeitlichem Zusammenhang mit der ohnehin stattfindenden Tumorkonferenz. In welcher Frequenz dies dann tatsächlich individuell genutzt wird, hängt von den jeweiligen individuellen Bedürfnissen der Patienten ab. Zu verneinen ist indes ein grundsätzlicher Anspruch des Patienten auf gleichzeitige Konsultation aller Kernteammitglieder. Beispiel: Gewinnung der nötigen Fachgruppen Die Gewinnung aller nötigen Fachgruppen für das ASV-Team kann eine Herausforderung darstellen. Denn meist sind die Vorteile einer ASV-Teilnahme nicht für alle Fachgruppen gleichermaßen gegeben. Dies kann mit der Erlössituation in der vertragsärztlichen Versorgung...


Prof. Dr. med. Robert Dengler ist Vorsitzender des Vorstands des Bundesverbandes ambulante spezialfachärztliche Versorgung e.V. (BV-ASV), Professor für Gesundheitsmanagement an der FOM München sowie Vorstand des BNHO; Sonja Froschauer, Dipl. Phys., ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BV-ASV sowie Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Rheumatologen e.V.; RA Prof. Dr. Christoff Jenschke, LL.M., ist Justitiar des BV-ASV und Professor für Wirtschafts- und Gesundheitsrecht an der bbw Hochschule Berlin; PD Dr. med. Harald Rau ist stellv. Vorsitzender des BV-ASV sowie niedergelassener Arzt für Nuklearmedizin.


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