Dibelius / Feldhaus-Blumin / Piechotta-Henze | Lebenswelten von Menschen mit Migrationserfahrung und Demenz | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Dibelius / Feldhaus-Blumin / Piechotta-Henze Lebenswelten von Menschen mit Migrationserfahrung und Demenz

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-456-95546-9
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Demenziell erkrankte Migrantinnen und Migranten sind dem Dreifachrisiko Alter, Demenz und Migration ausgesetzt. Auch ihre pflegenden Angehörigen sind überdurchschnittlich belastet. Migrationsbedingte Hürden wie z.B. mangelnde Deutschkenntnisse verhindern häufig den Zugang zu den Regelleistungen des deutschen Gesundheitssystems. Damit sind sie häufiger von frühzeitiger Pflegebedürftigkeit, sozialer Isolation und Verarmung betroffen. Obwohl es zunehmend Beratungsstellen für demenziell erkrankte Menschen gibt, mangelt es an Angeboten für diese spezielle Personengruppe. Insofern muss nach wie vor die Versorgungslage dieser wachsenden Personengruppe als sehr prekär eingestuft werden. Bezeichnend ist ebenso, dass es keine repräsentativen Untersuchungen zu der Anzahl und Versorgungssituation von demenziell erkrankten Menschen mit Migrationshintergrund gibt. Darüber hinaus sind die Ressourcen und Bewältigungsformen der Erkrankten und der Angehörigen wenig erforscht. Hier setzt das Buch neue Impulse bezüglich Prävention, Gesundheitsförderung, Beratung und Vernetzung. Aus dem Inhalt Transkulturalität: Chancen und Grenzen Versorgungsstrukturen demenziell erkrankter Menschen in der Türkei Altersvorstellungen und Pflegeorientierungen Lebenswelten von demenziell erkrankten Migrantinnen und Migranten Expertinnen von Beratungsstellen und Pflegeanbietern im Kontakt mit Angehörigen demenziell erkrankter Menschen türkischer Herkunft „Kontoauszüge im Kühlschrank“ Einzelfallanalysen und Teilnehmende Beobachtung Schlussfolgerungen
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Zielgruppe


Pflegestudierende, Pflegelehrer, Heimleitungen, Pflegefachpersonen

Weitere Infos & Material


1;Lebenswelten von Menschen mit Migrationserfahrung und Demenz;4
1.1;Inhaltsverzeichnis;6
1.2;Vorwort;12
1.3;Danksagung;14
1.4;Einleitung;16
2;1. Das Fremde verstehen? – Eine theoretische Rahmung;20
2.1;1.1 Einleitung;20
2.2;1.2 Lebensweltbegriffe;21
2.2.1;1.2.1 Der Lebensweltbegriff bei Husserl;21
2.2.2;1.2.2 Der Lebensweltbegriff bei Schütz und Luckmann;22
2.2.3;1.2.3 Der Lebensweltbegriff bei Habermas;23
2.2.4;1.2.4 Fazit;24
2.3;1.3 Das Konzept der Transkulturalität (Welsch);25
2.4;1.4 Transkulturalität aus (wissens-)soziologischer Perspektive;30
2.5;1.5 Transkulturalität, Lebenswelt und Demenz;32
2.6;1.6 Methodische Implikationen;33
3;2. Versorgungsstrukturen für Menschen mit Demenz in der Türkei;36
3.1;2.1 Einführung;36
3.2;2.2 Demenz in der Türkei: ein Überblick;37
3.3;2.3 Versorgung von Menschen mit Demenz;39
3.4;2.4 Entwicklungen und (Bildungs-)Projekte;44
3.5;2.5 Kritisches Fazit;46
4;3. Demenzdiagnostik bei Menschen türkischer Herkunft – TRAKULA;52
4.1;3.1 Einleitung;52
4.2;3.2 Ältere Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland;54
4.2.1;3.2.1 Aspekte des Migrationserlebnisses;55
4.2.2;3.2.2 Lebensumstände türkischstämmiger Migrantinnen und Migrantenin Deutschland;56
4.2.3;3.2.3 Bildungsspezifische und kulturelle Besonderheiten der türkischstämmigen Menschen;57
4.3;3.3 Demenz und Demenzdiagnostik;59
4.3.1;3.3.1 Aspekte der Demenzdiagnostik;61
4.3.2;3.3.2 Probleme der Demenzdiagnostik bei Menschen mit Migrationshintergrund;67
4.3.3;3.3.3 Etablierung von EASY, einem kulturfairen Screening-Verfahren;68
4.3.4;3.3.4 Nonverbal testen mit dem TRAKULA;69
4.3.4.1;3.3.4.1 Anwendungsbereich des TRAKULA;71
4.3.4.2;3.3.4.2 Beschreibung der TRAKULA-Subtests;72
4.3.4.3;3.3.4.3 Figuren-Rekognitionstest;72
4.3.4.4;3.3.4.4 Labyrinth-Test;73
4.3.4.5;3.3.4.5 Figuren-Legen;73
4.3.4.6;3.3.4.6 Paarassoziationslernen;73
4.3.4.7;3.3.4.7 Konzept-Erkennen;74
4.3.4.8;3.3.4.8 Uhren-Zuordnungstest;74
4.3.4.9;3.3.4.9 Figur-Farbe-Test;75
4.3.4.10;3.3.4.10 Objekt-Symboltest;75
4.3.5;3.3.5 Empirische Ergebnisse und Validität des TRAKULA;77
4.3.6;3.3.6 Weiterer Forschungsbedarf;82
5;4. Überblick über das Forschungsvorgehen;90
5.1;4.1 Zum Stand der Forschung;90
5.2;4.2 Projektentwicklung;94
5.3;4.3 Forschungsdesign;95
5.4;4.4 Dokumentenanalyse;96
5.5;4.5 Expertinnen-Interviews;97
5.6;4.6 Interviews mit (pflegenden) Angehörigen türkischer Herkunft;98
5.7;4.7 Einzelfallanalysen;99
5.8;4.8 Analyse von Beratungssituationen mittels teilnehmender Beobachtung;100
6;5. Ergebnisse der Dokumentenanalyse nach einer Internet-Recherche;104
6.1;5.1 Einleitung;104
6.2;5.2 Deutschsprachige Dokumentenanalyse;105
6.2.1;5.2.1 Internet;105
6.2.2;5.2.2 Radiosender;109
6.2.3;5.2.3 Fernsehsender;110
6.2.4;5.2.4 Informations- und Schulungsmaterial;111
6.3;5.3 Türkischsprachige Dokumentenanalyse;111
6.3.1;5.3.1 Internet;111
6.3.2;5.3.2 Fernsehsender;112
6.4;5.4 Methodenkritik;113
7;6. Expertinnen über die Lebenswelten demenziell erkrankter ­Migrantinnen und Migranten;116
7.1;6.1 Einleitung;116
7.2;6.2 Die Untersuchungsgruppe;116
7.3;6.3 Methodik;117
7.4;6.4 Beispiel für die Lebenswelt einer Expertin;118
7.5;6.5 Ergebnisse;119
7.5.1;6.5.1 Die zweite Generation pflegt die erste Generation;119
7.5.2;6.5.2 Biografischer und beruflicher Hintergrund der Expertinnen;120
7.5.3;6.5.3 Betreuungsformen aus Sicht der Expertinnen;120
7.5.4;6.5.4 Zusammenfassung;123
7.6;6.6 Die Lebenswelt der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen;124
7.6.1;6.6.1 Familiärer Bereich;124
7.6.2;6.6.2 Altersbild;126
7.6.3;6.6.3 Überforderung pflegender Angehöriger und professionelle Unterstützung;128
7.6.4;6.6.4 Zugangswege zum deutschen Versorgungssystem;129
7.6.5;6.6.5 Hürden beim Zugang zu gesundheitsorientierten Angeboten;130
7.6.6;6.6.6 Ressourcen und positive Krankheitsbewältigung;131
7.6.7;6.6.7 Kritik an der jetzigen Situation und Veränderungswünsche der Expertinnen;132
7.6.8;6.6.8 Zusammenfassung;133
8;7. «Kontoauszüge im Kühlschrank» – Belastungen und ­Ressourcen von Angehörigen;136
8.1;7.1 Einleitung;136
8.2;7.2 Gewinnung von Gesprächspartnerinnen und -partnern: Anfragen und Überlegungen;138
8.3;7.3 Durchführung der Interviews, Interviewgruppe;139
8.4;7.4 Migrationsmotivation und Migrationserfahrungen;141
8.5;7.5 Die Emigration – Vorstellungen und Veränderungen;141
8.6;7.6 Familientrennung, Familienzusammenführung;142
8.7;7.7 Ende gut, alles gut?;143
8.8;7.8 Emigration als Problemlösung;144
8.9;7.9 Demenz: unbekannt, verdrängt, offenkundig, annehmbar;145
8.10;7.10 Symptomatik und Diagnose;147
8.11;7.11 Am Limit: Wenn sich Lebens- und Wohnsituation ändern müssen;150
8.12;7.12 Daheim, kein Heim;154
8.13;7.13 Belastungen;155
8.14;7.14 Problemfelder «Finanzen» und «Behörden»;157
8.15;7.15 Problemfeld «innerfamiliäre Unterstützung»;158
8.16;7.16 Ressourcen und Entlastungen;159
8.16.1;7.16.1 Soziale Ressourcen;160
8.16.2;7.16.2 Versorgungsressourcen;162
8.17;7.17 Zusammenfassung;164
9;8. Häusliche-Pflege-Skala;166
10;9. Einzelfallanalysen –vertiefte Auseinandersetzung mit dem Erleben Angehöriger;168
10.1;9.1 Einleitung;168
10.2;9.2 Die pflegende Tochter eines erkrankten Vaters;169
10.2.1;9.2.1 Die Situation der Beteiligten;170
10.2.1.1;9.2.1.1 Die Situation der pflegenden Tochter;170
10.2.1.2;9.2.1.2 Die Situation des erkrankten Vaters;171
10.2.1.3;9.2.1.3 Die Situation der Ehefrau des erkrankten Mannes;172
10.2.1.4;9.2.1.4 Die Rolle der Geschwister der pflegenden Tochter;173
10.2.2;9.2.2 Die Bedeutung der Vater-Tochter-Beziehung;173
10.2.3;9.2.3 Die Bedeutung von Kultur und Religion;175
10.2.4;9.2.4 Die «Patientenkarriere» des Vaters;176
10.2.5;9.2.5 Handlungsempfehlungen;177
10.3;9.3 Die pflegende Tochter einer erkrankten Mutter;178
10.3.1;9.3.1 Die Situation der Beteiligten;179
10.3.1.1;9.3.1.1 Der familiäre Kontext der pflegenden Tochter;179
10.3.1.2;9.3.1.2 Die psychosoziale Situation der Tochter;180
10.3.1.3;9.3.1.3 Die Situation der Mutter;181
10.3.2;9.3.2 Die Migrationsgeschichte der Familie;183
10.3.3;9.3.3 Handlungsempfehlungen;184
10.4;9.4 Die pflegenden Töchter – ein Vergleich;184
10.5;9.5 Die Expertin in der Tagespflege;185
10.5.1;9.5.1 Das Konzept der Tagespflege;186
10.5.2;9.5.2 Ein Leben zwischen zwei Kulturen;186
10.5.3;9.5.3 Sprachkompetenz der Mitarbeitenden;187
10.5.4;9.5.4 Die psychosoziale Situation der Angehörigen;187
10.5.5;9.5.5 Überforderung der Angehörigen;187
10.5.6;9.5.6 Beratung der (pflegenden) Angehörigen;189
10.6;9.6 Die Einzelfallanalysen – eine Annäherung;190
10.7;9.7 Schlussfolgerungen;191
10.8;9.8 Teilnehmende Beobachtungen – Zwischen Belastungen und Ressourcen;192
10.8.1;9.8.1 Beratung von zwei Töchtern;193
10.8.2;9.8.2 Beratung einer Tochter;195
10.8.3;9.8.3 Die Ehefrau des erkrankten Mannes;196
10.8.4;9.8.4 Schlussfolgerungen;197
10.9;9.9 Fazit;198
11;10. Kritische Konklusion;200
11.1;10.1 Einleitung;200
11.2;10.2 Ressourcen und Belastungen;201
11.3;10.3 Familie;202
11.4;10.4 Die Rolle der pflegenden Angehörigen;204
11.5;10.5 Bildung und Bildungskarrieren;204
11.6;10.6 Glaube;205
11.7;10.7 Methodische Reflexion;205
11.8;10.8 Zugangshürden;207
11.9;10.9 Handlungsempfehlungen für Praxis, Entscheidungsträgerinnen und Forschung;210
12;Verzeichnisder Autorinnen und Autoren;214
13;Sachwortverzeichnis;220


2 Versorgungsstrukturen für Menschen mit Demenz in der Türkei (S. 35-36)

Türkan Yilmaz und Deniz Pamuk1

Einführung

Die Zahl der älteren Menschen nimmt auch in der Türkei zu. Bei einem Vergleich der demografischen Entwicklung mit europäischen Ländern fällt auf, dass die Türkei zwar noch eine junge Bevölkerung hat, betrachtet man aber die Daten des Statistischen Amtes der Türkei, zeigt sich auch, dass ein rapider Anstieg der Älteren zu verzeichnen ist.

Während 2007 die Einwohnerzahl der Türkei bei 70,5 Millionen lag, stieg sie im Jahre 2013 auf 76,5 Millionen an. 2007 lag die Zahl derer, die 65 Jahre und älter waren, bei 5 Millionen, 2013 lag sie bei 6 Millionen In 6 Jahren nahm die Bevölkerung um 6,5 Millionen zu; 1 Million davon machen allein die Menschen aus, die 65 Jahre und älter sind (TÜIK, 2013)2. Der Bevölkerungszuwachs ist demnach nicht auf die Neugeborenen zurückzuführen, sondern auf die Generation 65+. Die 6 Millionen Menschen, die in der Türkei im Jahre 2013 65 Jahre und älter waren, machten 9 % der türkischen Gesamtbevölkerung aus. Da die Bevölkerung insgesamt weiterhin wächst, blieb der «versteckte Alterungsprozess» trotz Anstieg des prozentualen Anteils der alten Menschen an der Gesamtbevölkerung, vorerst unbemerkt. Im Jahre 2050 wird die Gesamtbevölkerung voraussichtlich ca. 86 Millionen Personen betragen. Der Anteil der über 65-Jährigen wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach von derzeit ca. 8 % auf ca. 19 % ansteigen (TÜIK, 2013). Alle diese Prognosen zeigen, dass die Türkei im Jahre 2050 mit unter den Ländern sein wird, die die älteste Bevölkerung der Welt haben (Arun, 2014: 3).

Es gibt nur sehr wenige Informationen über die Verbreitung und Verteilung von demenziell erkrankten Menschen in der Türkei. Statistische Daten sind primär über Menschen mit Behinderung zu finden, über die von der Alzheimer-Krankheit und anderen Formen von Demenz betroffenen Personen existiert keine statistische Datenbasis (Tufan, 2011: 19). Auf Landesebene gibt es keine Studien zu diesem Thema. Informationen beruhen auf Arbeiten, die in einigen Städten durchgeführt worden sind und auf deskriptiven Statistiken basieren (Bulut, Ekici, Polat ve digerleri, 2002; Arslantas ve digerleri, 2009; Harmanci ve digerleri, 2003; Keskinoglu ve digerleri, 2006; Gurvit ve digerleri, 2008).

Die Notwendigkeit für ein öffentliches Bewusstsein steigt mit jedem Tag, dennoch sind Bemühungen rund um die ständig wachsenden Bedarfe für Menschen mit Demenz bislang nur von bestimmten Einrichtungen und Verbänden zu verzeichnen. In diesem Kapitel wird vor allem das Erbringen von Pflege und Pflegeleistungen beleuchtet und es werden Projekte dargestellt und wissenschaftliche Untersuchungen analysiert.

Die Begriffe «Alzheimer» und «Demenz» werden in der türkischen Sprache oft synonym gebraucht, obwohl die Alzheimer-Krankheit eine Demenzform ist. In diesem Kapitel wird, sofern nicht explizit differenziert, die synonyme Begriffsverwendung beibehalten.

Demenz in der Türkei: ein Überblick

In der Pressemitteilung vom 21. September 2014 hat die Psychiatrische Vereinigung der Türkei erklärt, dass die Türkei für die erforderlichen Versorgungsbedürfnisse der schnell wachsenden älteren Bevölkerung nicht gerüstet ist. Laut dieser Erklärung wird im Rahmen einer Diagnose die erste Stufe der «Krankheit im Alter» beurteilt, in der fortgeschrittenen Phase von Auffälligkeiten wird dann von «Demenz» gesprochen (TPD3, Abteilung Geriatrische Studien, 2014).


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