Dietel | Charité - Aufbruch nach der Wende | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 464 Seiten

Dietel Charité - Aufbruch nach der Wende

Eine Innenansicht

E-Book, Deutsch, 464 Seiten

ISBN: 978-3-940615-67-1
Verlag: ABW Wissenschaftsverlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Kurz nach der deutschen Wiedervereinigung übernahm Manfred Dietel die Leitung des berühmten Rudolf-Virchow-Hauses. Zweiundzwanzig Jahre lang führte er das Institut für Pathologie der Charité, diente als Dekan und Ärztlicher Direktor und hatte entscheidenden Anteil am Auf- und Umbau des traditionsreichen Berliner Krankenhauses.
Nach einer kurzen Darstellung seines Werdegangs schildert Manfred Dietel die turbulenten Ereignisse und kontroversen wissenschaftspolitischen Auseinandersetzungen, die sich nach der Wende in der Berliner Universitätsmedizin abspielten. Spannend und eindrücklich beleuchtet er die oft unglückliche Rolle des Berliner Senats wie auch hausinterne Ost-West-Konflikte und die schwierige Position des Wissenschaftsrates in dieser bewegten Zeit.
Anschließend bietet der Autor eine ebenso verständliche wie anschauliche Einführung in das faszinierende Fach der „klinischen und molekularen Pathologie“. Die Integration neuer immunologischer und molekularer Techniken hat diesem für die klinische Diagnostik so zentralen Fach in den letzten drei Jahrzehnten – speziell in der Krebsdiagnostik – einen enormen Bedeutungszuwachs beschert. So entwickelte sich etwa die histologische Gewebediagnostik von einer zumeist deskriptiven zur eher prädiktiven, sprich die Therapieentscheidung direkt beeinflussenden, Disziplin. Der Beitrag, den die Pathologie der Charité durch jahrelange intensive Forschungsarbeit in der Onkologie dazu geleistet hat, ist kaum zu überschätzen und wird exemplarisch dargestellt. Abgerundet werden die Innenansichten durch die amüsante Skizzierung besonderer Ereignisse und origineller Aktivitäten sowie persönlicher Erfahrungen.
Originell und humorvoll berichtet Manfred Dietel in diesem Buch von den komplexen Abläufen in der weltberühmten Charité und präsentiert so bewegende Einblicke in eine prägende Zeit der Medizingeschichte.
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2HAMBURG – MEDIZINSTUDIUM, UK EPPENDORF, PATHOLOGIE
1968 nahm ich – in meiner Entscheidung maßgeblich von meinem Vater beeinflusst – das Studium der Medizin auf. Dass ich damals ohne Verzögerung beginnen konnte, verdanke ich einer nur kurzfristig gültigen Sonderregelung der Zulassungsbestimmungen, die besagte, dass Hamburger Schüler, die in Hamburg studieren wollten, um eine Note bessergestellt wurden. So konnte ich das Studium mit einem Durchschnitt von 3,0 und einem Numerus clausus von 2,5 umgehend aufnehmen. Mein primäres Interesse galt damals nach wie vor dem Segeln und weniger dem Studieren, sodass meine Aktivitäten sich im Wesentlichen auf die Wintersemester konzentrierten. Da ich einen guten und eifrigen Freund hatte (Dr. Arthur THALER), der die Einschreibefristen und Anwesenheitsnachweise in den Sommersemestern für mich wahrnahm - heute ein unvorstellbarer Vorgang -, konnte ich das Studium nach 12 Semestern erfolgreich abschließen. Zugegebenermaßen waren die damaligen Anforderungen und die kollegiale Durchführung des ausschließlich mündlichen Staatsexamens für mich günstig. Ich erinnere mich noch an die Prüfung in Pädiatrie, die schlichtweg eine Katastrophe war und eigentlich mit einem „Ungenügend“ hätte enden müssen. Der prüfende Professor meinte hingegen, wir – die vier Prüflinge - seien eigentlich ganz nette Kollegen und wir sollten in vier Wochen, mit besseren Kenntnissen in der Pädiatrie, noch einmal wiederkommen. Am Rande sei bemerkt, dass alle vier später gute und engagierte Ärzte geworden sind. Ob man daraus schließen darf, dass es nicht von Prüfungsergebnissen abhängt, ob jemand einmal ein kompetenter Mediziner wird, sei dahingestellt. 2.1DIE PATHOLOGIE DES UNIVERSITÄTSKLINIKUMS EPPENDORF
Nach der Approbation habe ich mit Chirurgie, Gynäkologie und Orthopädie geliebäugelt. Klar war mir aber von Anfang an - das war damals auch so üblich -, dass ich zunächst ein oder zwei Jahre in der Pathologie verbringen wollte, um die pathologische Anatomie, die funktionellen Zusammenhänge der Organe besser kennenzulernen und - etwas, das für mich sehr wichtig war - ein Gefühl für die Struktur, Festigkeit, Geschmeidigkeit, Konsistenz etc. von Gewebe zu erhalten. Dies würde ich auch heute insbesondere denjenigen empfehlen, die später chirurgisch tätig sein möchten. Aber auch für einen Internisten oder Kollegen aus anderen Fachgebieten ist es sehr hilfreich, einen Herzinfarkt, eine Zystenniere oder einen malignen Lungentumor einmal direkt gesehen und in der Hand gehabt zu haben. Danach hat man eine viel konkretere Vorstellung von der Erkrankung, als wenn diese nur im Röntgenbild oder Ultraschall relativ abstrakt dargestellt wurde. Das Fritz-Schumacher-Haus im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, ehemaliges Institut für Pathologie des UKE; heute medizinhistorisches Museum und Institut für Geschichte und Ethik der Medizin. Da ich wegen des Segelns unbedingt in Hamburg bleiben wollte, war es klar, dass ich mich in der Pathologie am Universitätsklinikum Eppendorf beim damaligen Chef Prof. Gerhard SEIFERT bewerben musste. Durch die Fürsprache eines mir zugeneigten Herrn in Eppendorf durfte ich schon nach kurzer Wartezeit 1974 als Jungassistent (offiziell „wissenschaftlicher Assistent“) im Institut beginnen. Diese erste Anstellung war auf zwei Jahre begrenzt; genau genommen war es eine verlängerte Probezeit. Mein großes, mich für mein zukünftiges (Berufs-)Leben prägendes Glück war die sich schon im ersten Pathologiejahr entwickelnde Bindung an den damaligen leitenden Oberarzt Prof. Eberhard ALTENÄHR. Er war ein national und international anerkannter Experte in der Prostatadiagnostik und der endokrinologischen Pathologie. Er erklärte mir schon früh den Lehrsatz von Rudolf VIRCHOW „Omnis cellula a cellula“ als eine wichtige Basis des morphologischen Verständnisses von Zellen. Er führte mich - liebevoll und fordernd - in die wissenschaftliche Arbeit ein und bestimmte das Thema meiner Dissertation: „Wirkung von verschiedenen Kalziumkonzentrationen, Dibutyryl-cAMP und 1,25-Dihydroxycholecalciferol auf die Nebenschilddrüsen“. Er lehrte mich an vielen schwierigen Fällen das sorgfältige und strukturanalytische Herangehen an histopathologische Mikroskopbilder, um am Ende des diagnostischen Prozesses eine möglichst konkrete Diagnose stellen zu können. Diese sollte sowohl die Krankheit klar benennen als auch die Prognose und, soweit möglich, die am ehesten effektive Therapie vorschlagen. Wir nannten es damals „funktionelle Pathomorphologie“. Diese Forderung an die Gewebediagnostik und der gleichzeitig praktische Ansatz in der täglichen Befundung haben mich mein ganzes Leben lang begleitet und geprägt. Als Mensch war Eberhard ALTENÄHR ein mir stets sehr zugewandter und dem Stil des Instituts entsprechend kollegialer Vorgesetzter, besser Leiter, der wissenschaftlichen Arbeit, der es verstanden hat, Führung und Freundschaft miteinander zu verbinden. Wäre er nicht viel zu früh verstorben, wäre ein gemeinsamer langjähriger und fruchtbarer Berufsweg sehr wahrscheinlich gewesen, da er mich 1978 nach seiner Berufung nach Berlin als Direktor des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Steglitz der Freien Universität gefragt hat, ob ich mit ihm als leitender Oberarzt dorthin gehen würde. Dies habe ich aus vollem Herzen bejaht, wollte aber zunächst meine Habilitation in Hamburg abschließen. In diesem Zeitraum ist er leider verstorben. Prof. Eberhard ALTENÄHR, Oberarzt des Instituts für Pathologie, UKE Hamburg, später Direktor der Pathologie der Freien Universität Berlin, Klinikum Steglitz. Der große Chef der Pathologie in Hamburg-Eppendorf, Professor SEIFERT, beobachtete meine Entwicklung und die Beziehung zu seinem leitenden Oberarzt mit skeptischem Wohlwollen. Die Skepsis bezog sich auf mein für damalige Verhältnisse ungewöhnliches Äußeres: Ich hatte wenige Haare auf der Stirn, dafür aber umso längere drum herum, und entsprach auch sonst nicht den Vorstellungen eines konservativen Ordinarius darüber, wie ein wissenschaftlicher Assistent auszusehen hätte, auch fuhr ich mit einem alten Motorrad (Zündapp 175) auf dem Eppendorfer Gelände herum (was natürlich verboten war). Umso höher ist es ihm anzurechnen, dass er mir nicht den Stuhl vor die Tür setzte, sondern, was vermutlich auch der Unterstützung seines Oberarztes zu verdanken war, meinen Vertrag verlängerte. Damit war der Weg zur Habilitation und zum Facharzt geebnet. In einem späteren Gespräch mit meiner Frau erklärte SEIFERT einmal halb vertraulich, warum er mich verlängert hatte, sinngemäß sagte er: Er war einer, der bei jeder an ihn gestellten Aufgabe Ja sagte und wenige Tage später lieferte. In der Hamburger Zeit habe ich mit zwei weiteren Kollegen besonders eng zusammengearbeitet, das waren die Profes. Hartmut ARPS und Axel NIENDORF, unterstützt durch die exzellente MTA Birgit SCHÄFER. Da wir uns in unseren Qualitäten ergänzten, konnten wir erfolgreich zahlreiche Forschungsanträge stellen, die dann in wissenschaftlichen Projekten und Publikationen mündeten und zur Habilitation von beiden Kollegen geführt haben. Hier wurde auch der Grundstein zu einer weiteren Karriere in der Pathologie gelegt. Christoph RÖCKEN, später leitender Oberarzt in der Charité und jetzt Ordinarius der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, begann seinen Weg ebenfalls in unserer Gruppe. Die Forschung fand zumeist in den Laboratorien im Untergeschoss des Instituts statt. Dort hatten wir uns eine kleine, fast autonome Insel geschaffen, in der es gelegentlich nicht nur um die hehre Wissenschaft, sondern auch um feuchtfröhliche Geselligkeit ging. Gerhard SEIFERT hat mein ganzes Berufsleben geprägt. Er war stets fair und offen zu seinen Assistenten, unterstützte sie, wann und wo immer er konnte, wirkte bei unvermeidbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen seinen Mitarbeitern stets väterlich ausgleichend und vermochte es, eine gute, aber auch konsequent fachlich und wissenschaftlich produktive Atmosphäre zu schaffen. Ein von ihm gelegentlich ausgesprochener Satz, der ihn und seinen Führungsstil charakterisiert, lautete: „Wer im hiesigen Institut [er meinte eigentlich, bei ihm] als Arzt arbeiten darf, hat wissenschaftliches Potential, morphologische Begabung und menschliche Qualitäten, sonst wäre er nicht hier.“ Aus Sicht der Assistenten musste dieser Satz durch den Zusatz „nur wer schreibt, der bleibt“ ergänzt werden. Ob dies in jedem Fall zutraf, sei dahingestellt; die Tatsache aber, dass sich seine Schüler noch immer jedes Jahr einmal zum sogenannten Habips-Treffen versammeln, um seiner zu gedenken, spricht für sich. Die Bilanz des Institutes während der Seifert-Ära sind 24 Habilitationen und 6 Ordinariate (E. ALTENÄHR, W. BÖCKER, M. DIETEL, G. KLÖPPEL, H. OTTO, und A....


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