Douglass | Mein Leben als amerikanischer Sklave | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 154 Seiten

Douglass Mein Leben als amerikanischer Sklave

E-Book, Deutsch, 154 Seiten

ISBN: 978-3-15-961975-0
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



»Wer Amerika verstehen will, muss dieses Buch lesen.« Barack Obama Frederick Douglass ist eine Ikone des afroamerikanischen Befreiungskampfes - mit seiner 1845 erschienenen Autobiographie, die jetzt in einer neuen Übersetzung vorliegt, wurde er schlagartig berühmt. Darin blickt er auf sein Leben in der Sklaverei zurück. Er erzählt vom Alltag der Ausgebeuteten, den Herrschaftsstrukturen auf den Plantagen und den kleinen Fluchten, die ihm das Leben als Diener einer Familie ermöglichte. Als Junge lernte er heimlich Lesen und erfuhr so immer mehr über Unterdrückung und Ausbeutung der Schwarzen. Schließlich gelang ihm die Flucht - und eine aufsehenerregende Karriere als Aktivist gegen die Sklaverei und als Politiker begann. Seine Schilderungen führen auf die Tabakplantagen Marylands und in die Häfen Baltimores. Dabei beschreibt Douglass die Brutalität der Aufseher, die Lebensumstände der Sklaven, ihre Solidarität untereinander - und nicht zuletzt seinen mühseligen Weg in die Freiheit. Ganz nebenbei entsteht das Porträt einer starken Persönlichkeit, die sich schon in jungen Jahren für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzt - mit einer unverwechselbaren Stimme.

Frederick Douglass (ca. 1817-1895) entkam der Sklaverei im US-Bundesstaat Maryland und wurde ein prominenter Anti-Sklaverei-Aktivist, Politiker und Schriftsteller. Seine erste Autobiographie »Narrative of the Life« of Frederick Douglass, an »American Slave« (1845) wurde ein Bestseller und wird bis heute viel gelesen. Es folgten »My Bondage and Freedom« (1855) und »Life and Times of Frederick Douglass« (1881). Der Übersetzer: Hans-Christian Oeser, geb. 1950, ist freier Übersetzer und hat für Reclam bereits u. a. Mark Twain, Virginia Woolf und George Orwell ins Deutsche übertragen. 2020 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW. Mit einem Nachwort von: Hannah Spahn ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Potsdam.
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Weitere Infos & Material


Douglass, Mein Leben als amerikanischer Sklave
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Epilog

Anhang
Vorwort von William Lloyd Garrison
Brief von Wendell Phillips, Esq.
Zu dieser Ausgabe
Anmerkungen
Nachwort


Frederick Douglass
Mein Leben als amerikanischer Sklave
Erstes Kapitel1
Ich bin in Tuckahoe nahe Hillsborough in Maryland geboren, etwa zwölf Meilen von Easton in Talbot County entfernt. Von meinem genauen Alter habe ich keine Kenntnis, da ich nie einen zuverlässigen Eintrag darüber zu Gesicht bekommen habe.2 Die weitaus meisten Sklaven wissen über ihr Alter so wenig wie Pferde über das ihre, und die meisten Herren, die ich kenne, haben den Wunsch, ihre Sklaven in dieser Unwissenheit zu halten. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einem Sklaven begegnet zu sein, der den Tag seiner Geburt zu nennen vermochte. Selten können sie ihn näher bestimmen als mit einem Verweis auf Pflanz-, Ernte- oder Kirschenzeit, Frühjahr oder Herbst. Schon in der Kindheit war der Mangel an Informationen über mein Geburtsdatum eine Quelle des Unglücks für mich. Die weißen Kinder konnten ihr Alter angeben. Ich verstand nicht, weshalb mir dieses Privileg vorenthalten wurde. Bei meinem Herrn durfte ich mich nicht danach erkundigen. Alle Nachforschungen dieser Art vonseiten eines Sklaven hielt er für ungehörig und unverschämt, er nahm sie als Beweis für einen unruhigen Geist. Nach meiner besten Schätzung bin ich heute siebenundzwanzig oder achtundzwanzig Jahre alt. Darauf komme ich, weil ich irgendwann im Jahre 1835 meinen Herrn sagen hörte, ich sei um die siebzehn. Meine Mutter hieß Harriet Bailey. Sie war die Tochter von Isaac und Betsey Bailey, beides Farbige, und sie waren recht dunkelhäutig. Meine Mutter hatte eine noch dunklere Hautfarbe als meine Großmutter oder mein Großvater.3 Mein Vater war ein Weißer. Von allen, die ich je über meine Herkunft sprechen hörte, wurde er als Weißer beschrieben. Hinter vorgehaltener Hand wurde sogar darüber getuschelt, dass mein Herr mein Vater sei; aber ich weiß nicht, ob diese Aussage zutrifft; die Mittel, es zu erfahren, wurden mir verwehrt. Meine Mutter und ich wurden getrennt, als ich noch ein Säugling war – noch bevor ich wusste, dass sie meine Mutter war. In dem Teil von Maryland, aus dem ich weggelaufen bin, ist es ein üblicher Brauch, die Kinder bereits in sehr frühem Alter von ihren Müttern zu trennen. Häufig wird dem Kind, noch bevor es den zwölften Monat erreicht hat, die Mutter weggenommen und auf einer Farm in beträchtlicher Entfernung verdingt, und das Kind wird der Obhut einer alten Frau anvertraut, die zu betagt ist für die Feldarbeit. Zu welchem Zweck diese Trennung vorgenommen wird, weiß ich nicht, es sei denn, um das Kind daran zu hindern, Zuneigung zu seiner Mutter zu entwickeln, sowie die natürliche Zuneigung der Mutter zu ihrem Kind zu schwächen und zu zerstören. Denn das ist die unvermeidliche Folge. Meiner Mutter bin ich, seit ich mich erinnern kann, nicht mehr als vier- oder fünfmal in meinem Leben begegnet; und jedes Mal war die Begegnung von sehr kurzer Dauer und erfolgte bei Nacht. Sie war bei einem Mr Stewart verdingt, der etwa zwölf Meilen von meinem Zuhause entfernt wohnte. Um mich zu sehen, machte sie sich, nachdem sie ihr Tagwerk verrichtet hatte, nachts auf den Weg und legte die ganze Strecke zu Fuß zurück. Sie war Feldarbeiterin, und wer bei Sonnenaufgang nicht wieder auf dem Feld ist, wird mit Auspeitschen bestraft, es sei denn, ein Sklave oder eine Sklavin hat eine anderslautende Sondererlaubnis seines oder ihres Herrn – eine Erlaubnis, die sie nur selten bekommen und die demjenigen, der sie erteilt, den stolzen Namen eines gütigen Herrn einbringt. Ich kann mich nicht daran erinnern, meine Mutter jemals bei Tageslicht gesehen zu haben. Sie war nur nachts bei mir. Dann legte sie sich zu mir und geleitete mich in den Schlaf, aber noch bevor ich erwachte, war sie längst wieder fort. Es fand sehr wenig Kommunikation zwischen uns statt. Schon bald nahm uns der Tod das wenige, was wir haben durften, als sie noch lebte, und machte ihrem Elend und Leid ein Ende. Sie starb, als ich etwa sieben Jahre alt war, auf einer der Farmen meines Herrn, in der Nähe von Lee’s Mill. Ich durfte nicht bei ihr sein: weder als sie erkrankte noch als sie starb, und auch nicht, als sie beerdigt wurde. Sie war lange tot, bevor ich irgendetwas davon mitbekam. Da ich ihre wohltuende Gegenwart, ihre zärtliche und wachsame Fürsorge nie in nennenswertem Umfang genossen hatte, empfing ich die Kunde von ihrem Tod mit nahezu denselben Gefühlen, die ich beim Tod einer Fremden empfunden hätte. So plötzlich abberufen, ließ sie mich ohne die geringste Ahnung zurück, wer mein Vater war. Jenes Getuschel, dass mein Herr mein Vater sei, mag wahr sein oder nicht; doch ob wahr oder falsch, für meine Zwecke ist es von geringer Bedeutung, solange die Tatsache, dass Sklavenhalter verfügen können, und das Gesetz sie darin bestätigt, dass die Kinder von Sklavinnen in jedem Fall in die Stellung ihrer Mütter nachrücken müssen, in all ihrer himmelschreienden Schändlichkeit bestehen bleibt; und dies geschieht nur zu offensichtlich, um ihre eigenen Begierden zu stillen und die Befriedigung ihrer bösen Begierden ebenso einträglich wie vergnüglich zu gestalten; denn durch dieses ausgeklügelte Arrangement unterhält der Sklavenhalter in nicht wenigen Fällen seinen Sklaven gegenüber die doppelte Beziehung von Master und Vater. Ich weiß von solchen Fällen; und es ist bemerkenswert, dass solche Sklaven stets größere Unbill erleiden und mehr zu ertragen haben als andere. Zunächst einmal sind sie ihrer Herrin ein ständiges Ärgernis. Diese ist stets geneigt, an ihnen herumzukritteln; selten können sie es ihr recht machen; nie ist sie zufriedener, als wenn sie sie unter der Peitsche sieht, zumal wenn sie ihren Mann verdächtigt, seinen Mulattenkindern Vergünstigungen zu erweisen, die er seinen schwarzen Sklaven vorenthält. Aus Rücksicht auf die Gefühle seiner weißen Frau ist der Master oft gezwungen, diese Sorte Sklaven zu verkaufen; und so grausam es erscheinen mag, dass ein Mann seine eigenen Kinder an Menschenfleischhändler verkauft, ist es doch häufig ein Gebot der Menschlichkeit, dass er es tut. Denn tut er es nicht, so muss er sie nicht nur selbst auspeitschen, sondern dabeistehen und zuschauen, wie sein weißer Sohn den eigenen Bruder, dessen Hautfarbe nur um wenige Nuancen dunkler ist als seine eigene, fesselt und dessen nackten Rücken mit der blutigen Peitsche bearbeitet; und wenn er ein Wort der Missbilligung lispelt, wird es auf seine väterliche Voreingenommenheit zurückgeführt und verschlimmert die Sache nur noch, sowohl für ihn selbst als auch für den Sklaven, den er doch schützen und verteidigen wollte. Jedes Jahr bringt eine Vielzahl von Sklaven dieser Kategorie hervor. Zweifellos geschah es im Wissen um diese Tatsache, dass ein großer Staatsmann des Südens den Untergang der Sklaverei aufgrund des unvermeidlichen Bevölkerungsgesetzes vorhersagte. Ob diese Prophezeiung jemals in Erfüllung geht oder nicht, es liegt auf der Hand, dass im Süden eine ganz anders aussehende Gruppe von Menschen heranwächst und in Sklaverei gehalten wird als die, die ursprünglich aus Afrika in dieses Land verbracht wurde; und wenn ihre Zunahme auch sonst nichts Gutes bewirkt, so wird sie doch die Kraft des Arguments beseitigen, dass Gott den Ham verflucht habe4 und die amerikanische Sklaverei daher berechtigt sei. Wenn laut der Heiligen Schrift nur die direkten Nachkommen Hams versklavt werden sollen, so ist gewiss, dass die Sklaverei des Südens in Bälde der Heiligen Schrift zuwiderlaufen muss; denn alljährlich werden Tausende in die Welt gesetzt, die wie ich ihre Existenz weißen Vätern verdanken, und meist sind ihre Väter ihre eigenen Herren. Ich habe zwei Herren gehabt. Der Name meines ersten Herrn war Anthony.5 An seinen Vornamen kann ich mich nicht erinnern. Er wurde allgemein »Captain Anthony« genannt – ein Titel, den er, wie ich vermute, erworben hatte, als er in der Chesapeake Bay segelte. Als reicher Sklavenhalter galt er nicht. Er besaß zwei oder drei Farmen und etwa dreißig Sklaven. Seine Farmen und seine Sklaven wurden von einem Aufseher verwaltet. Der Aufseher hieß Plummer. Mr Plummer war ein elender Säufer, ein gotteslästerlicher Flucher und ein brutales Scheusal. Er lief immerzu mit einer Peitsche aus roher Kuhhaut und einem schweren Knüppel bewaffnet umher. Ich habe erlebt, wie er den Frauen die Köpfe so schrecklich zerschnitt und zerschlitzte, dass sogar Master über seine Grausamkeit in Wut geriet und drohte, ihn auszupeitschen, wenn er sich nicht in Acht nähme. Master war deswegen jedoch kein humaner Sklavenhalter. Es bedurfte schon außergewöhnlicher Unmenschlichkeit seitens eines Aufsehers, damit ihn irgendetwas rührte. Er war ein grausamer Mann, abgebrüht durch ein langes Leben der Sklavenhaltung. Manchmal schien es ihm großes Vergnügen zu bereiten, einen Sklaven auszupeitschen. Oft wurde ich bei Tagesanbruch von den herzzerreißenden Schreien einer meiner Tanten geweckt, die er an einen Querbalken band und der er den nackten Rücken peitschte, bis sie buchstäblich mit Blut bedeckt war. Keine Worte, keine Tränen, keine Gebete seines blutüberströmten Opfers schienen sein steinernes Herz von seinem blutrünstigen Vorhaben abbringen zu können. Je lauter sie schrie, desto härter peitschte er sie; und wo das Blut am schnellsten floss, dort peitschte er sie am längsten. Er peitschte sie, um sie zum Schreien zu bringen, und er peitschte sie, um sie zum Schweigen zu bringen; und erst wenn er von Müdigkeit überwältigt war, hörte er auf, seine blutverklumpte Peitsche zu schwingen. Ich erinnere mich, wie...


Frederick Douglass (ca. 1817–1895) entkam der Sklaverei im US-Bundesstaat Maryland und wurde ein prominenter Anti-Sklaverei-Aktivist, Politiker und Schriftsteller. Seine erste Autobiographie »Narrative of the Life« of Frederick Douglass, an »American Slave« (1845) wurde ein Bestseller und wird bis heute viel gelesen. Es folgten »My Bondage and Freedom« (1855) und »Life and Times of Frederick Douglass« (1881).

Der Übersetzer:
Hans-Christian Oeser, geb. 1950, ist freier Übersetzer und hat für Reclam bereits u. a. Mark Twain, Virginia Woolf und George Orwell ins Deutsche übertragen. 2020 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW.

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