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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 208 Seiten

Reihe: Theologie für die Gemeinde III

Dremel / Ratzmann Nicht nur am Sonntagvormittag

Gottesdienst verstehen und gestalten

E-Book, Deutsch, Band 2, 208 Seiten

Reihe: Theologie für die Gemeinde III

ISBN: 978-3-374-03957-9
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Wo es christliche Gemeinden gibt, werden Gottesdienste gefeiert, meist am Sonntagvormittag und nach der Ordnung von Agende oder Messbuch. Aber Gottesdienste finden in unterschiedlicher Gestalt und auch zu ungewöhnlichen Zeiten statt. Mehr und mehr übernehmen Gemeindeglieder dabei auch eine leitende Verantwortung für deren Gestaltung. Besonders trifft das für die nebenamtlich tätigen Prädikantinnen und Prädikanten in unseren Kirchen zu. Die Veröffentlichung will ehrenamtlich für den Gottesdienst tätigen oder auch einfach liturgisch interessierten Gemeindegliedern elementare Kenntnisse vom Sinn bestimmter gottesdienstlicher Handlungen und Texte vermitteln und damit Kompetenzen vermitteln, die für die sachgemäße Gestaltung von Gottesdiensten, für das Beurteilen oder Anfertigen von Predigten oder Andachten Voraussetzung sind.
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3 Gottesdienst nach der Agende
3.1 Agende
Der Gottesdienst ist durchdacht aufgebaut und mit einer inneren Dramaturgie versehen. Die einzelnen Teile haben jeweils eine eigene Bedeutung und stehen zugleich in inhaltlicher Beziehung zueinander, insofern sie aufeinander aufbauen und verweisen. So entsteht ein komplexes Gewebe von einzelnen Abschnitten mit vielfältigen Bezügen untereinander. Diese Teile haben sowohl historische wie auch inhaltliche Bedeutungen, und sie basieren auf kulturellen anthropologischen Konstanten, die sich in ähnlicher Weise auch in den Ritualen anderer sozialer oder ethnischer Gemeinschaften finden lassen (z. B. rituelles Essen, das Singen als Ausdrucksweise des Transzendenten und als gemeinschaftliche Kommunikation, oder Körperhaltungen und Gesten als äußerliche Wirkungsmöglichkeit auf die Seele). 3.2 Das Evangelische Gottesdienstbuch (EGb)
Früher hatte jede Landeskirche eine eigene Agende. In den 1950er Jahren entstanden Agenden der beiden Kirchenbünde, also der VELKD und der EKU, die jeweils von den Landeskirchen übernommen wurden. Seit 1999 gilt in den meisten Landeskirchen innerhalb der EKD (wenn auch nicht in allen) das Evangelische Gottesdienstbuch (EGb) als gültige Agende. Die sieben Kriterien des evangelischen Gottesdienstes (nach EGb S. 15 – 17) lauten: Der Gottesdienst wird unter der Verantwortung und Beteiligung der ganzen Gemeinde gefeiert. Der Gottesdienst folgt einer erkennbaren, stabilen Grundstruktur, die vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten offen hält. Bewährte Texte aus der Tradition und neue Texte aus dem Gemeindeleben der Gegenwart erhalten den gleichen Stellenwert. Der evangelische Gottesdienst steht in einem lebendigen Zusammenhang mit den Gottesdiensten der anderen Kirchen in der Ökumene. Die Sprache darf niemanden ausgrenzen; vielmehr soll in ihr die Gemeinschaft von Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern sowie von unterschiedlichen Gruppierungen in der Kirche ihren angemessenen Ausdruck finden. Liturgisches Handeln und Verhalten bezieht den ganzen Menschen ein; es äußert sich auch leibhaft und sinnlich. Die Christenheit ist bleibend mit Israel als dem erstberufenen Gottesvolk verbunden. Die Reihenfolge der Kriterien ist zugleich als eine gewisse Rangfolge zu verstehen. Es ist kein Zufall, dass als erstes Kriterium das Bemühen gilt, die Verantwortung der gesamten Gemeinde für den Gottesdienst zu stärken und ihre bessere Beteiligung zu ermöglichen. Dieses Anliegen unterstützt die Agende durch das stärkere Angebot liturgischer Formen, an denen die Gemeinde aktiv beteiligt sein kann, wie z. B. Fürbittgebete mit Gebetsrufen der Gemeinde, durch das Bemühen um eine verständliche Beschreibung einzelner gottesdienstlicher Elemente und durch die Notwendigkeit der Auswahl einzelner liturgischer Vorschläge für den konkreten Sonn- oder Feiertag, die an verschiedenen Stellen des Gottesdienstes eine bewusste liturgische Entscheidung der Liturgen – oder vielmehr: eines liturgischen Arbeitskreis in der Gemeinde – voraussetzen. Eröffnung und Anrufung Verkündigung und Bekenntnis Abendmahl Sendung und Segen Die vier Teile erfüllen nicht nur eine jeweilige Funktion im Ablauf des Gottesdienstes, z. B. die Gemeinde abzuholen und einzustimmen im Teil A, sondern sie werden zugleich durch verbindliche elementare Texte des Ordinariums inhaltlich bestimmt, wie z. B. durch das Glaubensbekenntnis im Teil B oder die Einsetzungsworte im Teil C. Durch das Prinzip, liturgische Vielfalt zuzulassen und zu integrieren, dabei aber stets die gottesdienstliche Grundstruktur erkennbar zu machen, versucht diese Agende, der Gefahr einer liturgischen Beliebigkeit zu entkommen und gestalterische Flexibilität mit der zugleich notwendigen Wiedererkennbarkeit der Liturgie zu verbinden. Das EGb versucht in einer ähnlich integrativen Weise, sowohl neue Texte aus dem Gemeindeleben von heute wie auch aus der Geschichte einzubeziehen (drittes Kriterium), und es räumt ebenso dem Reichtum der Spiritualität anderer Kirchen der Ökumene einen Platz ein (viertes Kriterium). Diese ökumenische Offenheit kommt beispielsweise darin zum Ausdruck, dass die in vielen Kirchen der Ökumene übliche eucharistische Gestalt der Abendmahlsfeiern als erste Form des evangelischen Abendmahls favorisiert wird (vgl. dazu unten 5.12). 3.3 Strukturelemente des traditionsorientierten Gottesdienstes
Im Folgenden werden diese Einzelstücke der Liturgie erläutert, immer mit dem Versuch, dabei die grundlegende Form und übergeordnete Struktur nicht aus den Augen zu verlieren. Eine solche Erklärung der Teile aus der Geschichte und historischen Entstehung heraus und mit der theologischen Interpretation ihrer Bedeutung versehen, mag traditionell anmuten. Zugleich ist die Kenntnis der inhaltlichen Bedeutung der Stücke des Gottesdienstes auch die Voraussetzung für einen kreativen und lebendigen Umgang mit Liturgie. Wenn die Inhalte und die Funktionen der Elemente des Evangelischen Gottesdienstes bekannt sind, können Teile auch bewusst fortgelassen oder durch eine besondere Ausführung (z. B. musikalisch) betont und herausgestellt werden. A ERÖFFNUNG & ANRUFUNG
Introitus Der Gottesdienst beginnt mit dem Introitus (= Eingang, Eintritt): Das ist ein Gesang, während dessen die im Gottesdienst sichtbar Handelnden in die Kirche oder den Altarraum »eintreten«. Musik und Text und Bewegung sind hier eng verbunden. Im Wort »Eingangslied« ist der Begriff noch wiederzuerkennen. Dieser Gesang bestand seit der frühen Kirche aus Psalmversen, die von einer Antiphon umrahmt waren. Die Antiphon nimmt in dichterischer Form meist einen Vers aus dem Psalm wie einen Refrain auf, der regelmäßig wiederholt wird und der den Charakter des Psalms zusammenfasst. Von den Antiphonen haben oft die Sonntage ihren Namen erhalten (z. B. »Jubilate« = Jubelt, »Laetare« = Freue dich, »Judica« = Schaffe mir Recht). Einzug Wenn heute in vielen Gemeinden ein Einzug von Pfarrer, Lektor und anderen Aktiven oft nur noch zu festlichen Anlässen geschieht (z. B. Konfirmation, Amtseinführung), so wird bei diesen Gelegenheiten spürbar, welch feierliche Bedeutung die ersten Momente des Gottesdienstes haben. Die Blicke und die Gedanken gehen mit den Liturgen zum Altarraum, dort, wo gleich das Evangelium gelesen wird, wo gebetet und Abendmahl gefeiert wird. Die Bedeutung dieses Eintretens wird durch die Musik, den Gesang hervorgehoben. Es lohnt sich, den Einzug während des Vorspiels oder des Eingangsliedes auch für »normale« Gottesdienste wiederzugewinnen. Wenn dies (z. B. bei kleinen Teilnehmerzahlen) nicht passend erscheint, kann der Introitus dennoch verdeutlichen, dass es sich um ein »geistiges Eintreten« in einen besonderen Raum und Rahmen handelt. Gloria Patri An den Psalm schließt sich das Gloria Patri an. Der Name bezieht sich auf die ersten Worte einer trinitarischen Formel (Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, vgl. EG 177), die man in der frühen Kirche den Psalmen anfügte, um sie auf die Dreieinigkeit Gottes zu deuten. Kyrie eleison Im Kyrie wendet sich die Gemeinde Gott zu, indem sie ihn mit dem Ehrentitel KYRIOS (= Herr) anredet und mit ihm Kommunikation aufnimmt. Es wird hier eine Beziehung aufgebaut – wie in einem Gruß – und das Verhältnis zwischen Gott und Mensch bestimmt, das nur auf Gottes Erbarmen gründen kann (eleison = erbarme dich). Das Kyrie ist ein huldigendes Rufen zum Herrn, ohne inhaltliche Bestimmung. Es definiert die existentielle Situation der Menschen vor Gott. Sie bekennen ihre Angewiesenheit auf seine Zuwendung und drücken ihr Vertrauen aus. Eine Kombination des Kyrie eleison mit einem Schuldbekenntnis ist irreführend und sollte unterbleiben. Gloria in excelsis Das Gloria in excelsis ist einer der großen Lobgesänge der Christenheit (dt. = Ehre sei Gott in der Höhe). Dabei stimmen die Menschen sozusagen in die Chöre der Engel mit ein. Sie singen den Text, von dem aus der Weihnachtsgeschichte überliefert ist, dass die Engel mit ihm die Geburt des Heilands verkündigen (Lk 2,14). Diesem Engelschor wurden schon im 4. Jahrhundert weitere Lobverse auf die Größe des himmlischen Gottes und auf seinen Sohn Jesus Christus hinzugegeben. Damit ist dieser frühchristliche Hymnus einer der ältesten Texte des Christentums: Einem Bibelvers werden ausdeutende Preisungen nach Art der Psalmen angefügt, die seine Eigenschaften bekannt machen. Diesen alten und festlichen Hymnus, der die Größe und Herrlichkeit Gottes besingt, sollte man möglichst nicht auseinanderreißen oder Teile weglassen. Votum zur Eröffnung Das Votum (lat. = Wunsch, Bitte) besteht aus zwei Teilen, die dem Vorbereitungsgebet...


Wolfgang Ratzmann, Dr. theol. habil., Jahrgang 1947, Pfarrer und Theologieprofessor i.R., war neben der Professur für Praktische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig von 1993 bis 2010 Leiter des Liturgiewissenschaftlichen Instituts der VELKD. Er ist Mitglied der Wiss. Gesellschaft für Theologie und der Societas Liturgica und in verschiedenen Vereinen tätig, u. a. als Vorsitzender des Fördervereins der Theologischen Fakultät Leipzig.


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