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E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Drexl / Kraus Nicht einmal bedingt abwehrbereit

Die Bundeswehr in der Krise. Komplett überarbeitete und erweiterte Neuausgabe

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-96092-791-4
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Bundeswehr ist für ihre Kernaufgabe, die Landes- und Bündnisverteidigung, völlig unzureichend aufgestellt: personell stark ausgedünnt, das Material veraltet, die Gerätschaften kaum einsatzbereit. Und nun deckt auch noch die Corona-Krise wie fast überall in der Gesellschaft Missstände und Fehlentwicklungen gnadenlos auf.

Ausgehend von dem desaströsen Status quo der Bundeswehr werfen Spiegel-Bestsellerautor Josef Kraus und Oberst a. D. Richard Drexl einen Blick auf ihre 65-jährige Geschichte und legen dar, wie sie seit der Wiedervereinigung nahezu systematisch kaputtgespart wurde. Sie entlarven aber nicht nur die tiefgreifende Misere, in der die Bundeswehr steckt, sondern formulieren auch konkrete Forderungen und entwerfen somit einen möglichen Weg aus der Krise.

Zudem werfen die Autoren einen Blick auf die brennenden Fragen der Zukunft: Welchen Rückhalt hat die Bundeswehr noch in unserer Gesellschaft? Welche Rolle nimmt sie ein zwischen den europäischen Armeen und der NATO? Welchen Einfluss auf die sicherheitspolitische Lage haben neue Machtfaktoren wie der Expansionskurs Chinas, das aggressive Auftreten Russlands und die Orientierung der USA Richtung Asien? Und wie ist die Bundeswehr im Hinblick auf Cyber-Bedrohungen, den globalisierten Terrorismus des 21. Jahrhunderts oder künftige Pandemiekrisen aufgestellt?

Mit einem exklusiven Vorwort von Prof. Dr. Rupert Scholz,
Verteidigungsminister a. D.

»Hochaktuell und lesenswert.«
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Warum dieses Buch?
Die Bundeswehr pfeift beinahe aus dem letzten Loch. Seit der Wiedervereinigung wurde sie kaputtgespart, »Friedensdividende« war angesagt. Jetzt steht sie personell ausgedünnt da, die Motivation der Truppe ist teilweise im Keller, das Material kaum einsatzfähig, die Organisation in einem desaströsen Zustand. Eine Reform jagt die nächste, die Armee ist zeitgeistigen Strömungen und den Eitelkeiten der Verantwortlichen ausgesetzt. Besser ist dadurch kaum etwas geworden, außer dass der Reformeifer die Illusion des Fortschritts aufkeimen ließ. Tatsächlich ist die Bundeswehr, allerdings mit Ausnahme einzelner Verbände, zu einer Reformruine geworden. Aber nicht nur Deutschland hat es schwer mit seiner Armee, auch die Bundeswehr hat es mit Deutschland nicht leicht. Denn es ist noch weniger als »freundliches Desinteresse«, das die Bundeswehr in Politik und Gesellschaft vorfindet. Deren Haltung oszilliert zwischen Gleichgültigkeit und Aversion. Im Alltag ist die Bundeswehr kaum noch sichtbar. Die Wehrpflicht ist seit 2011 ausgesetzt, die verbliebenen Soldaten scheuen sich immer mehr, außerhalb ihrer Dienststellen in Uniform aufzutreten. Die Maßnahmen der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, wieder stärker auf öffentliche Gelöbnisse von Rekruten zu setzen und Soldaten in Uniform die kostenlose Nutzung der Bahn zu ermöglichen, gehen in die richtige Richtung. Am Ausgangsbefund werden sie aber nur wenig ändern können. Zugleich befindet sich die Bundeswehr seit einem Vierteljahrhundert im »Einsatz«. Nicht THW-ähnlich, sondern im kriegerischen Einsatz, Deutschland konnte sich nach der Wiedervereinigung nicht länger verweigern. Der mit der NS-Vergangenheit begründete pazifistische Sonderweg genügte nicht mehr, denn mittlerweile wird solche Argumentation, angesichts der kriegerischen Konflikte mitten in Europa und vor dessen Haustür, eher als Ausrede verstanden. Mit deutscher Sonder- und Hypermoral ist es nicht mehr getan. Wir sind mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende der Sowjetunion nicht am Ende der Geschichte angelangt. Eine allumfassend friedliche und liberale Weltordnung wird es aber wohl nie geben. Von solcher Illusion ließ sich deutsche Politik paralysieren – nach dem Motto: Milliarden sparen und sozialpolitisch segensreich wirken. Mit Sparvorgaben kann eine ganze Armee aus dem Tritt gebracht werden. Jede Armee besteht aus Einzelverbänden, die eine durchsetzungsfähige Streitmacht bilden können, wenn alle Teile von der Kompanie bis zur Division zusammenwirken. Spätestens seit den Strukturreformen aus der Amtszeit von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in den Jahren 2011 bis 2013 ist kein größerer Kampfverband mehr einsatzbereit. An Brigaden, der kleinsten Großformation mit rund 5000 Soldaten, hält die Bundeswehr keine einzige mit Vollausstattung bereit, also allem Personal, Fahrzeugen und Waffen. Zum Vergleich: Das amerikanische Heer unterhält etwa zehn aktive Divisionen mit jeweils etwa vier Brigaden und acht Reservedivisionen. Auch Frankreich und Großbritannien verfügen über mehrere Heeresdivisionen, darunter kampferprobte Verbände. Außerdem existieren daneben Truppen, die in Deutschland gar nicht erwünscht wären: etwa die französische Fremdenlegion mit rund 8500 ausländischen Soldaten oder die nepalesischen Gurkhas der britischen Armee. Die materielle Einsatzbereitschaft aller 69 Hauptwaffensysteme der Bundeswehr ist sehr unterschiedlich, zum Teil schlichtweg defizitär. Sie liegt im Durchschnitt Ende 2020 zwar bei (nur) 74 Prozent. Bei fabrikneuen ungeschützten LKW sind über 90 Prozent einsatzbereit (warum nur 90 Prozent?), bei Hubschraubern nur knapp 40 Prozent. Beim Eurofighter sind es 66 Prozent, beim A400M 43 Prozent. Die angestrebte Zielmarke von 70 Prozent übertrafen 41 Hauptwaffensysteme, zwölf indes waren schlechter als 50 Prozent. Hauptwaffensysteme mit nach wie vor stark verbesserungswürdiger Einsatzbereitschaft sind der Kampfhubschrauber Tiger, die »Modularen Sanitätseinrichtungen« sowie Altsysteme wie Tornado, Transporthubschrauber CH-53 oder die Marinehubschrauber Sea King und Sea Lynx. Zwischen 33 und 86 Prozent einsetzbar sind unter anderem CH-53, P-3C ORION und Betriebsstofftransporter.1 Die Ursachen dieser aktuellen Probleme liegen allerdings schon Jahre und zum Teil Jahrzehnte zurück.2 Neue Waffensysteme wurden aus Ersparnisgründen ohne ausreichend Ersatzteile und Rahmenverträge für ihre Instandsetzung eingeführt. Es galt die Überzeugung, von lauter Freunden umgeben und keinerlei Zeitdruck ausgesetzt zu sein. Auf die damit verbundenen Gefahren haben die militärisch Verantwortlichen seinerzeit hingewiesen. Parlament und Regierung ignorierten die Einwände, bis 2014 das Erwachen mit der Ukraine-Krise einsetzte. Die Bundeswehr leistete den Offenbarungseid, sie war zur Bündnisverteidigung nicht mehr in der Lage. Es passiert, was passieren musste: Wenn Inspektionen fällig werden und ein Kollisionsschaden hinzukommt, steht etwa die ganze U-Boot-Flotte still, weil ohne Ersatzteile eine Instandsetzung kurzfristig nicht möglich ist.3 Die hierfür ursächlichen Entscheidungen wurden von früheren Parlamenten und Regierungen getroffen, die verantwortungslos vom immerwährenden Frieden ausgingen. Die strategische Zäsur erfolgte unter Verteidigungsminister Peter Struck. »Die herkömmliche Landesverteidigung gegen einen konventionellen Angriff als allein strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht nicht mehr den aktuellen sicherheitspolitischen Erfordernissen. Die nur für diesen Zweck bereitgehaltenen Fähigkeiten werden nicht länger benötigt«, hieß es in den Verteidigungspolitischen Richtlinien vom 20. Mai 2003.4 Die noch verfügbaren Haushaltsmittel wurden auf die weltweite Konfliktverhütung, Krisenbewältigung und Terrorismusbekämpfung konzentriert. »Bundeswehr im Auslandseinsatz« lautete die Devise. Das übrige Gerät wurde nicht mehr betriebsbereit gehalten, stillgelegt oder gar verschenkt. So wird eine Armee zum Gespött von Karikaturisten, und die Motivation der Soldaten leidet. Spätestens Verteidigungsminister zu Guttenberg beseitigte letzte Grundlagen einer verantwortbaren Streitkräfteplanung mit seinem Diktum: »Der Haushalt bestimmt die Struktur.« Er hatte sich bereit erklärt, nach der Finanzkrise 2009 weitere 8 Milliarden Euro aus dem Verteidigungsetat einzusparen. Auch die Personalprobleme der Bundeswehr sind gewaltig. Vor allem ist der Übergang von der Wehrpflicht- zur Freiwilligenarmee nicht gelungen. Es gibt weit »mehr Häuptlinge als Indianer«, jeder vierte Soldat ist heutzutage Offizier. In der Truppe ist zugleich das Personal knapp, die Verwaltung wurde extrem aufgebläht, jeder Vorgang bedarf mittlerweile der Dokumentation. Der »Bürokratiewahnsinn« (Bericht des Wehrbeauftragten vom 29. Januar 2019) lähmt die Initiative und trägt zur Diffusion von Verantwortung bei. Alles und jedes muss gemeldet werden, gefördert von einer misstrauischen, zentralistisch geprägten höheren Führung. Die Nachwuchsschwierigkeiten dürften bald überhandnehmen. Nicht nur schlägt der gravierende demografische Wandel durch (im Jahr 2025 wird es rund 11 Prozent weniger Schulabgänger geben als 2015), auch die zwiespältige Einstellung der Bevölkerung zur Bundeswehr und ihren Einsätzen zeigt Wirkung. Seit Aussetzung der Wehrpflicht muss sich niemand mehr mit der Armee befassen. Eine empfehlenswerte allgemeine Dienstpflicht wird nur halbherzig diskutiert, wiewohl dadurch für ausreichend Nachwuchs gesorgt werden könnte. So aber grassiert ein eklatanter Personalmangel. Mit Stand 14. Juli 2020 waren 21 218 Dienstposten (13,2 Prozent der Gesamtzahl) frei. So die Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Marcus Faber.5 Zudem soll die Bundeswehr von 183 000 Soldaten bis 2027 auf 203 000 anwachsen. Mit dem Fachkräftemangel wird das doppelt schwierig. Die organisatorischen Schwierigkeiten passen ins Bild. Privatisierungen wurden mit großem Aplomb und Milliardenaufwand betrieben, um am Ende wieder rückabgewickelt zu werden. Die zahllosen Standortschließungen seit der Wiedervereinigung haben die Infrastrukturverantwortlichen, auch Ämter und Stäbe, insbesondere aber die Soldaten und Zivilbediensteten, massiv belastet. Eine Anmerkung der Autoren in eigener Sache: Die in diesem Buch vorgetragene Kritik geht ans Eingemachte. Über die bestehenden Schwierigkeiten hinwegzusehen, ist jedoch keine Lösung, eine Verteufelung der Armee aus Prinzip aber gleich gar nicht. Wir verbinden unsere Kritik mit zahlreichen Lösungsvorschlägen. Die Bundeswehr ist unseres Erachtens eine zutiefst wichtige Einrichtung für unser Land und für Europa. Sie wieder zum Laufen zu bringen, ist daher jeden Schweißtropfen wert. Über die beschriebenen Probleme hinaus verfügt unsere Armee auch heute noch über Tausende hoch motivierter Soldaten und ziviler Mitarbeiter, die ihre Treuepflichten gewissenhaft erfüllen. Ganz gewiss soll treues Dienen mit diesem Werk nicht schlechtgeredet werden. Im Gegenteil: Der Blick soll geschärft und verstärkt darauf gerichtet werden, wo es kneift: sowohl politisch und gesellschaftlich als auch im Innenverhältnis der Streitkräfte. Und das Ziel dabei ist, den Dienst für das Vaterland künftig zu...


Richard Drexl ist Oberst a. D. Von 1972 bis 2013 war er Berufssoldat, davon 15 Jahre im Verteidigungsministerium. Als Abteilungsleiter im Waffensystemkommando der Luftwaffe trug er Verantwortung für die Rüstung fliegender Systeme der ganzen Bundeswehr, über 15 Jahre war er Kommandeur verschiedener Einheiten. Seit 2014 ist er ehrenamtlicher Präsident des Bayerischen Soldatenbundes von 1874 e.V.

Josef Kraus, Diplom-Psychologe und Gymnasiallehrer, war 20 Jahre lang Oberstudiendirektor an einem bayerischen Gymnasium. Der Bildungsexperte war ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung sowie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und der Deutschen Atlantischen Gesellschaft.


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