Eifert | Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 45, 123 Seiten

Reihe: Fortschritte der Psychotherapie

Eifert Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)

E-Book, Deutsch, Band 45, 123 Seiten

Reihe: Fortschritte der Psychotherapie

ISBN: 978-3-8444-3045-5
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) ist ein transdiagnostischer kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz, der darauf abzielt, Menschen zu vermitteln, emotionalen Problemen mit Achtsamkeit und Mitgefühl offen zu begegnen und gleichzeitig in ihrem Leben das zu verfolgen, was ihnen wirklich am Herzen liegt. Die Neubearbeitung des Bandes liefert eine Einführung in die Grundlagen und Methoden der ACT und stellt störungsübergreifende therapeutische Strategien praxisnah dar.
In der ACT geht es nicht primär um die Beseitigung und Kontrolle von Symptomen, sondern darum, eine größere psychologische Flexibilität durch das Lernen von achtsamer Akzeptanz zu entwickeln. Anhand zahlreicher Beispiele beschreibt der Band, wie Klientinnen und Klienten lernen können, mit mehr Freundlichkeit auf ihr ungewolltes inneres Erleben zu reagieren, sanft mit ihren Gefühls- und Gedankenbarrieren umzugehen sowie den Fokus auf die Verfolgung von Lebenszielen zu konzentrieren, die bisher oft dem Management von Ängsten, Sorgen, Depressionen und anderen Belastungen zum Opfer gefallen sind. Dazu werden zahlreiche erfahrungsbezogene Übungen, Metaphern, Achtsamkeitstechniken und Methoden der Verhaltensaktivierung vorgestellt. Die Neuauflage des Bandes informiert über aktuelle Entwicklungen der ACT: So ist in den letzten Jahren die Evidenzbasis der ACT durch zahlreiche Studien enorm angewachsen, das Verständnis der Therapieprozesse hat sich insbesondere in Bezug auf die Beobachterperspektive vertieft und der therapeutische Fokus hat sich durch ein stärkeres Betonen des Beobachtens schwieriger Erlebensinhalte aus der Beobachterperspektive und durch die Integration von Techniken zur Förderung von Selbstmitgefühl erweitert.
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Zielgruppe


Psychotherapeut_innen, Psychiater_innen, Klinische Psycholog_innen, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


|8|2  ACT-„Störungsmodell“ und Therapieprozesse
2.1  Was verursacht psychisches Leiden?
Viele leidende Menschen, die psychotherapeutische Hilfe suchen, tun dies, weil ihr Leben nicht mehr funktioniert, d.?h. ihr Lebens- und Handlungsspielraum ist so eingeschränkt geworden, dass sie unzufrieden und unglücklich sind und oft nicht mehr wissen, wie es weiter gehen soll – sie stecken fest. Oberflächlich berichten sie von schwierigen, teilweise sehr intensiven Emotionen und quälenden Gedanken, Vorstellungen und Sorgen in der Hoffnung, dass der Therapeut diese irgendwie lindern oder beseitigen kann, da ihnen dies bisher trotz aller Anstrengung nicht gelungen ist. Doch wie die nachfolgenden Darstellungen zeigen, sind genau diese durch Sprache begünstigten rigiden Vermeidungs- und Kontrollversuche oft das Problem und nicht die erhoffte Lösung. Psychische Inflexibilität entsteht dadurch, dass Sprache und Kognition in für uns schwierigen Lebenssituationen auf eine Weise zum Tragen kommen, die es uns verwehrt, unser Verhalten optimal auf das Erreichen langfristiger Ziele einzustellen. Ein Kernproblem ist dabei, dass die Sprache und das logisch-rationale Denken, welche in vielen Lebenssituationen ungemein nützlich sind, in Situationen und Umständen eingesetzt werden, in denen sie weder nützlich noch erforderlich sind (Hayes, 2020). Dies ist der Grund dafür, dass im Rahmen der ACT die verhaltenssteuernde Funktion von nicht hilfreichen Kognitionen hinterfragt wird und zugleich das sanfte Annehmen negativen Erlebens angestrebt wird statt dessen Beseitigung: „Jede Maßnahme, subjektives Leiden absichtsvoll zu reduzieren, bringt diese Maßnahme in eine Beziehung mit dem Leiden. Das führt zu der natürlichen Paradoxie, dass der Versuch, es zu beseitigen, das Leiden aufrechterhält und seine Bedeutsamkeit erhöht“ (Sonntag, 2004, S. 302). Sowohl experimentelle als auch klinische Untersuchungen haben diese Zusammenhänge eindrucksvoll empirisch belegt (Monestès et al., 2018). Aus diesem Grunde steht bei der ACT die Veränderung der Funktion und des Kontextes von Sprache und Kognition im Mittelpunkt des Behandlungsgeschehens. Luoma, Hayes und Walser (2017) bezeichneten die menschliche Sprache gleichermaßen als Segen sowie auch als Fluch unserer Existenz. Mit dieser Aussage brachten die Autoren ein Kernpostulat der ACT auf den Punkt: Psychisches Leiden ist nicht Folge schwieriger Emotionen oder irrationalen Denkens an sich, sondern entsteht, wenn wir, beeinflusst durch sprachlich-kulturelle Lernprozesse, unser Verhalten darauf ausrichten, aversives inneres Erleben |9|nicht zu haben. Diese rigide Form der Erlebensvermeidung wird in unserer „Wohlfühlkultur“ von Kindheit an suggeriert, modelliert und immer wieder kulturell verstärkt, selbst wenn solches Verhalten nicht unbedingt hilfreich ist und langfristig der Erreichung unserer Lebensziele im Wege steht (Hayes, Wilson, Gifford, Follette & Strosahl, 1996). Haben wir irgendwelche Schmerzen (körperlicher oder seelischer Art), dann nehmen wir gleich irgendeine Pille, trinken Alkohol oder lenken uns ab, nur um nicht das zu haben, was wir sowieso haben. Diese psychische Inflexibilität ist aus Sicht der ACT die primäre Ursache vielen psychischen Leidens. Gemeint ist damit das Bestreben, immer wieder vor dem eigenen Erleben wegzulaufen (egal, was es kostet), und die Unfähigkeit oder Nicht-Bereitschaft, in schwierigen Situationen Verhalten zu zeigen, das auf das Erreichen als wichtig eingeschätzter Lebensziele ausgerichtet ist. Merke Die ACT geht davon aus, dass psychisches Leiden nicht die Folge schwieriger Emotionen oder dysfunktionaler Kognitionen an sich ist, sondern vielmehr die Folge von krampfhaften und rigiden Versuchen, solch ungewolltes Erleben zu beseitigen. Diese Kontrollversuche führen zu zunehmender psychischer Inflexibilität und der Einengung des Verhaltens- und Lebensspielraum. Gelernte sprachlich-kognitive Prozesse spielen in diesem Geschehen eine maßgebliche Rolle. 2.2  Störungsrelevante Prozesse
Das ACT-Modell psychischen Leidens lässt sich als Hexagon darstellen, in dem sechs Prozesse interagieren und zu zunehmender psychischer Inflexibilität und der Einengung des Verhaltens- und Lebensspielraumes führen (vgl. Abbildung 1). Dabei ist es wichtig, festzuhalten, dass diese Prozesse bei einer Vielzahl von psychischen Störungen eine Rolle zu spielen scheinen, wenn auch im konkreten Fall auf unterschiedliche Art und Weise, und dass die Grenze zwischen gesundem zu gestörtem Verhalten fließend ist. Obwohl alle sechs Prozesse wichtig sind, sind die Erlebensvermeidung, die kognitive Fusion sowie das Festhalten am konstruierten Selbst die zentralen Prozesse, die maßgeblichen Einfluss auf die drei anderen Prozesse ausüben. 2.2.1  Erlebensvermeidung Erlebensvermeidung bezieht sich auf die Bemühungen und Anstrengungen von Menschen, die Form und Häufigkeit negativ bewerteter innerer Erlebnisse wie Gefühle, Körperempfindungen, Gedanken, Vorstellungen und Er|10|innerungen zu vermeiden, zu unterdrücken oder anderweitig zu verändern (Hayes et al., 1996). Die Funktion dieses Vermeidungsverhaltens ist es, das Erleben aversiver innerer Ereignisse zu beseitigen oder zu minimalisieren. Aus dieser Sicht vermeiden beispielsweise agoraphobische Personen nicht öffentliche Plätze an sich, sondern das Erleben von aversiven Gedanken und Gefühlen, die mit Panik in solchen Situationen verbunden sind. Etwas vereinfacht kann man sagen, dass Menschen versuchen, vor ihrem eigenen Erleben und damit gewissermaßen vor sich selbst davonlaufen. Dies führt oft zu einer kurzfristigen Erleichterung, wodurch dieses Verhalten negativ verstärkt wird. Langfristig führt es jedoch zu einer oft weitreichenden Einschränkung des Lebens, welche dann die betroffenen Menschen dazu veranlasst, therapeutische Hilfe aufzusuchen – ein Beispiel dafür mit Daten von Menschen mit Zwangsproblemen liefert die Untersuchung von Angelakis und Pseftogianni (2021). Das rigide und unflexible Herunterregulieren von Emotionen durch entsprechende Verhaltensmuster gilt mittlerweile als eine der wesentlichen Bedingungen nicht nur für die Entstehung und Aufrechterhaltung der geläufigen Angst- und Depressionsstörungen einschließlich somatoformer Probleme (Barlow et al., 2019; Buhk, Schadegg, Dixon & Tull, 2020; Eifert & Gloster, 2016), sondern auch für Suchtprobleme (Hayes & Levin, 2012), Essstörun|11|gen (Timko, Eifert & Harres, 2013) und die psychische Beeinträchtigung durch chronische Schmerzen (Dahl & Lundgren, 2006). Obwohl viele dieser Studien korrelativer Natur sind, gibt es auch einige experimentelle Studien. Beispielweise zeigten zwei Experimente von Kashdan et al. (2006), dass emotionales Vermeidungsverhalten ein generalisierter psychologischer Störungsanfälligkeitsfaktor darstellt, mit eher passivem und nicht sehr effektivem Bewältigungsverhalten verbunden ist und auch einen wesentlichen Einfluss auf die Art der Emotionsregulierung hat. Rigide Versuche, Emotionen zu unterdrücken und zu vermeiden, gingen mit verringerter Lebensqualität und psychischem Wohlbefinden im täglichen Leben einher. Interessanterweise hatten selbst kognitive Neubewertungen einen weitaus geringeren Einfluss auf das psychische Wohlbefinden als das Ausmaß von Erlebensvermeidung. Auch eine Langzeitstudie über vier Jahre mit 2.316 Teilnehmern von Spinhoven, Drost, de Rooij, van Hemert und Penninx (2014) bestätigte, dass ein solches Vermeidungsverhalten langfristig mit hohen sozialen und persönlichen Kosten verbunden ist. 2.2.2  Kognitive Fusion Kognitive Fusion findet statt, wenn wir die Distanz zu unseren Gedanken und Vorstellungen verlieren und so stark mit ihnen „verschmolzen“ sind, dass sie unser Verhalten dominieren (Luoma et al., 2017). Die ACT geht davon aus, dass kognitive Fusion dann zum Problem wird, wenn Menschen ihre Gedanken und Vorstellungen nicht mehr als Produkte ihres Verstandes sehen, sondern sie beim Wort nehmen, sie als Wahrheiten und Fakten sehen, an sie glauben und sich dann ihnen entsprechend verhalten. Das Letztere ist aus klinischer Sicht oft die fatalste Folge der Fusion mit bewertenden Gedanken: Das...


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