Emmrich / Oomen | Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Emmrich / Oomen Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler

Arzt aus Leidenschaft - Die Biografie

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-95883-553-5
Verlag: Fischer & Gann
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Auf der Grundlage der wenigen überlieferten Quellen zeichnet dieses Werk ein umfassendes Bild des damals wie heute umstrittenen Mediziners und seiner "Biochemischen Methode" zu Beginn der naturwissenschaftlich orientierten Medizin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu zeichnen.
Wilhelm Heinrich Schüßler verkörpert exemplarisch die Zeit des Übergangs der romantischen Naturphilosophie zu einer Medizin, die ausschließlich die neuen Erkenntnisse in Physik und Chemie gelten lassen wollte. Die therapeutischen Hinweise seiner "biochemischen Therapie" fanden in weiten Teilen Europas und den USA Beachtung. Daran hat sich bis heute wenig geändert.
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3  |  DAS ALTE STÜRZT – DAS NEUE BRICHT SICH BAHN
Wir sind gleichsam Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen, um mehr und Entfernteres als diese sehen zu können …« BERNHARD VON CHARTRES († nach 1124) »EIN WENDEPUNKT FÜR DIE ÄRZTESCHAFT« – mit diesen Worten charakterisierte K. BENEKE112 die Bedeutung der 29. »Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte« in Wiesbaden im Jahre 1852. Genau 776 Teilnehmer, mit Ausnahme der Stiftsdame von Auer aus Wiesbaden der Zeit entsprechend ausschließlich Männer113, fanden sich am Morgen des 18. September im Kurhaus von Wiesbaden ein. Im Unterschied zu den vorhergehenden Versammlungen war diese also nach dem Revolutionsjahr 1848 wieder außerordentlich gut besucht, ein deutliches »geistiges Symbol von der Einheit des deutschen Volkes«114. Begrüßt wurden die Teilnehmer von dem ersten Geschäftsführer Prof. Dr. FRESENIUS mit den Worten: … Wie wir nun im Leben des Mannes drei Altersstufen unterscheiden, von denen das Jünglingsalter den Beginn macht, die frohe Zeit des Ringens und Strebens, da die Brust noch von Hoffnung schwillt, da uns kein Weg zu weit und keine Höhe zu steil scheint, so hat auch die Entwicklung der Wissenschaft in einem Lande Altersstufen. Bei uns nun sind die Naturwissenschaften im frischen Jünglingsalter und wir tragen nicht Leid darüber; denn wir vergessen gern des noch geringen Besitzes in der Freude über den erwachten Thatendrang, wir versuchen durch Begeisterung zu ersetzen, was uns an Erfahrung fehlt, wir achten die schönen Anfänge der Vergangenheit, freuen uns der Gegenwart und hoffen auf die Zukunft …115 Dieser Tatendrang, verbunden mit der Hoffnung auf die Zukunft, fand nicht nur in der erstaunlich großen Zahl der Teilnehmer seine Bestätigung, sondern auch in dem breiten beruflichen und gesellschaftlichen Spektrum. Neben Ärzten, Professoren, Apothekern und Pfarrern waren auf dieser Tagung u. a. auch Gastwirte, Kaufleute, Weinhändler, Hüttenwirte und ein Artillerieoffizier ebenso wie ein Hauptmann oder General, ein Buchhalter, Forstassistent oder Handschuhmacher, Gutsbesitzer und Geheimer Hofrath anwesend. Sie kamen aus allen Ländern Deutschlands und den europäischen Staaten wie Holland, Frankreich, Irland oder England. Ganz offensichtlich hatte die Begeisterung für die neueren Entwicklungen in den Naturwissenschaften alle Bevölkerungsschichten erfasst, und man scheute offenbar keine Mühen und Kosten, um sich darüber aus erster Hand informieren zu lassen. Allein die Fahrt nach Wiesbaden bedeutete in der damaligen Zeit für die meisten Teilnehmer eine mehrtägige Reise. Die Eisenbahnstrecken waren zum großen Teil noch im Bau. Wer zum Beispiel aus dem eigentlich naheliegenden Raum um Stuttgart nach Wiesbaden reisen wollte, kam mit dem Zug lediglich bis Heilbronn. Die restliche Wegstrecke musste er mit einer Pferdekutsche zurücklegen. Probleme gab es mit Sicherheit auch bei der Suche nach einigermaßen preiswerten Unterkünften. Wiesbaden mit seinen ungefähr 15.000 Einwohnern verfügte nur über ein begrenztes Angebot an Zimmern, die vermietet wurden. Mit Erfolg hatten sich daher die Geschäftsführer bei der Taunuseisenbahn um eine kostenlose Beförderung der Teilnehmer von Wiesbaden nach Biebrich und Frankfurt bemüht, wo das Zimmerkontingent sicherlich größer war. Angesichts der nicht unerheblichen zeitlichen und finanziellen Belastungen empfahl LORENZ OKEN, Gründer der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, nicht ohne Grund allen Interessierten schon 1823, ihre Teilnahme an den Versammlungen »als eine Ferienreise, eine Erholung von den jährlichen Arbeiten«116 aufzufassen. Diese Versammlung hätte einen ähnlichen Ablauf wie alle vorhergehenden Zusammenkünfte genommen, wären die Teilnehmer nicht mit dem Vorschlag des Arztes FRIEDRICH WILHELM BENEKE (1824–1882) konfrontiert worden, über die Gründung eines »Verein[s] für gemeinschaftliche Arbeiten zur Förderung der wissenschaftlichen Heilkunde« abzustimmen. Als Begründung für diesen Antrag führte Dr. JULIUS VOGEL (1814–1880), Direktor der inneren Klinik in Gießen, Professor für spezielle Pathologie und Therapie und früherer Lehrer von BENEKE, in der Sitzung der »VI. Section für Medicin, Chirurgie und Geburthilfe« am 17. September an: Immer bestimmter und in immer weiteren Kreisen macht sich das Bedürfnis geltend, der practischen Medicin eine eben so sichere Basis zu geben, als die ist, welche die Naturwissenschaften in den letzten Jahren bereits gewonnen haben. Dieses Bedürfnis nach Fortschritt in der Medicin hat bereits, und gerade in der letzten Zeit manche treffliche Arbeiten hervorgerufen. Aber die noch zu lösenden Aufgaben sind so gross, dass die Kräfte des Einzelnen, sei er auch der fleissigste und geschickteste Arbeiter, und seien auch seine äusseren Verhältnisse auch noch so günstig, damit verglichen, verschwindend klein erscheinen.117 Es ist unzweifelhaft, dass VOGEL mit den »trefflichen Arbeiten« die Publikation von BENEKE meinte, die nur kurz zuvor erschienen war unter dem Titel: Unsere Aufgaben. Ein Versuch zur Anbahnung gemeinschaftlicher Arbeiten für die rationelle Heilkunde.118 Die Resonanz auf seinen Vorschlag war zunächst verhalten, und man beschloss, darüber in einer besonderen Sitzung, die drei Tage später stattfinden sollte, weiter zu beraten. Am 20. September konstituierte sich der Verein; wiederum drei Tage später wurde das Programm den Gründungsmitgliedern vorgestellt, in dem es u. a. heißt: Die ausserordentlichen Fortschritte, welche in den letzten Decennien die Physik, Chemie, Histologie, Physiologie etc. gemacht haben, konnten nicht verfehlen, auch auf die practische Medicin einen bedeutenden Einfluss auszuüben. Sie mussten bei Allen, denen der Fortschritt der wissenschaftlichen Heilkunde am Herzen liegt, den Wunsch hervorrufen, dieselben Methoden, welche in den eigentlichen Naturwissenschaften von so großen Erfolgen begleitet waren, auch auf die Medicin anzuwenden und die letztere allmälig zu einer exacten Wissenschaft zu machen.119 Nicht zu Unrecht wird diese Tagung als Wendepunkt für die Ärzteschaft charakterisiert, »indem hier die Gegensätze von alter und neuer Zeit, von Theorie und Praxis aufeinanderprallen«120. Gleich in der ersten Ausgabe der Vereinszeitschrift erläuterte VOGEL unter dem Titel: »Was wir wollen?« nochmals detailliert die Ziele des Vereins: Durch die grossartigen Fortschritte der Naturwissenschaften in den letzten Decennien und die Anwendung der physikalischen, chemischen, mikroskopischen, statistischen etc. Untersuchungsmethoden auf die Medicin sind ihre Hülfsmittel ausserordentlich vermehrt worden; es wurden dadurch grosse, früher kaum bekannte Gebiete eröffnet, deren Ausbeutung für die Medicin zur unabweisbaren Nothwendigkeit geworden ist: man hat erkannt, dass die Heilkunde einer exacten Bearbeitung in gewissem Sinne ebenso fähig und bedürftig ist, als die übrigen sogenannten Naturwissenschaften. Die Erkenntnis eines solchen Bedürfnisses schliesst aber den Wunsch ein, mit allen Kräften nach seiner Erfüllung zu streben … Der Hauptzweck des Vereins ist: Förderung der wissenschaftlichen Heilkunde durch Hervorrufung und Beförderung gemeinschaftlicher Arbeiten … Er will mithelfen an der Errichtung des Gebäudes einer wissenschaftlichen Medizin … Ebendeshalb wirbt der Verein seine Mitglieder nicht blos unter den praktischen Ärzten, sondern auch unter den Physiologen, Physikern, Chemikern, Meteorologen etc, weil auch diese mithelfen müssen, die Fundamente der praktischen Medizin zu legen.121 Seit dieser Tagung, auf der FRIEDRICH WILHELM BENEKE die Gründung eines »Verein[s] für gemeinschaftliche Arbeiten zur Förderung der wissenschaftlichen Heilkunde« forderte, stand auch für die Ärzte die Bedeutung der Naturwissenschaften für die praktische Medizin endgültig im Vordergrund. Die Forderungen, die MEZLER schon Jahrzehnte zuvor erhoben hatte und die von Onken intensiv weiter gefördert worden waren, fanden jetzt endlich allgemeine Anerkennung. BENEKE war nicht nur der Initiator, sondern er übernahm zugleich auch die geschäftliche und wissenschaftliche Leitung. Sein Gründungsaufruf war eine Kampfansage an die Vertreter der Naturphilosophie, genauer gesagt an deren Vorstellung einer Lebenskraft, ein Begriff, der – seiner Ansicht nach – ihre Unwissenheit nur allzu deutlich widerspiegelte. Innerhalb weniger Jahre erklärten...


Peter Emmrich ist Diplom-Biologe, Chemiker und Facharzt für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Homöopathie, Naturheilverfahren, Akupunktur, Sportmedizin, Manuelle Medizin und Palliativmedizin. Er führt in Pforzheim eine Hausarztpraxis und hat einen Lehrauftrag für Allgemeinmedizin an der Universität Tübingen. Als Präsident des Europäischen Naturheilbundes e.V., Vizepräsident des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin e. V. (ZAEN) und Vorstandsmitglied der Hufelandgesellschaft e. V. befasst er sich seit Jahren intensiv mit natürlichen Heilverfahren und biologischer Medizin.

Prof. Dr. Gert Oomen, geb. 1941, ist Historiker und außerordentliches Mitglied bei der "Göttinger Gesellschaft homöopathischer Ärzte" und der "Freunde der Göttinger Homöopathie e.V." Zusammen mit Peter Emmrich leitet er die Veranstaltungen "Klinische Homöopathie" in Tübingen. Verschiedene Publikationen zu Hahnemann und seinen Nachfolgern in der "Zeitschrift für Klassische Homöopathie".


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