Fahrendorf | Leuchtende Dunkelheit - dunkles Licht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 436 Seiten

Fahrendorf Leuchtende Dunkelheit - dunkles Licht

Neue Teishos zu klassischen ZEN-Koans

E-Book, Deutsch, 436 Seiten

ISBN: 978-3-347-78533-5
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ein 2008 autorisierter Lehrer für ZEN-Kontemplation im "Programm Leben aus der Mitte" präsentiert in seinem fünften Buch eine Auswahl an klassischen sog. Koans aus der ZEN-Tradition mit Dharma-Unterweisungen, die immer wieder schauen, ob und wieweit diese alten Texte Relevanz für uns moderne Menschen haben und was dem klassischen Verständnis aus unserer heutigen Übungs- und Lebenspraxis hinzugefügt werden kann und muss, damit ZEN lebendig bleibt.
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Kapitel 1 ZEN ES GIBT KEIN ZEN!? Das Neue Jahr, das Jahr 2022, hat gerade begonnen. Wir beginnen es in dieser Sangha, die sich über Jahre gebildet hat, immer in Veränderung ist und sich mit Hilfe der modernen digitalen Hilfsmittel auch erweitert hat, an diesem Abend, den 3. 1. 2022, digital. EIN NEUES JAHR BEGINNT Wenn ein neues Jahr beginnt, fühlen sich viele Menschen gedrängt, etwas Bedeutungsvolles zu sagen – im Rückblick auf das vergangene und im Ausblick auf das kommende Jahr. Etwas Bedeutungsvolles sagen zu wollen, (vermeintlich) sagen zu müssen, ist übrigens nach meiner Beobachtung eine ziemlich große und oftmals grassierende Versuchung für Menschen auf spirituellen Wegen, auch dem des Zen. Und wenn man es nicht mit Worten so richtig auf die Reihe zu bekommen glaubt, geschieht das, was der für seine drastischen und zuweilen auch sarkastisch klingenden Aussprüche berühmte japanische Zen-Meister Kodo Sawaki so beschrieb: „Schlaue Menschen machen schlaue Gesichter!“ Als ich neulich den täglich in der WAZ abgedruckten Comic von den Peanuts anschaute, ging mir genau das als Assoziation durch den Kopf. 1. Bild: Lucie: „Dieses Jahr fühle ich mich so anders.“ HÜTEN WIR UNS VOR BEDEUTUNGSVOLLEM Ja, so ist das mit dem „Ich glaube“, usw. Und dem Bedeutungsvollen. Sobald wir ansetzen, das, was uns bewegt, das, was wir zu fühlen, zu spüren oder als Glauben zu empfinden meinen, in Worten und durch sie gekennzeichnete Gedanken auszudrücken, ihnen (und uns!!!) dadurch Bedeutung verleihen wollen, wird es schief. Und je länger und genauer wir üben, umso mehr werden wir diesen Effekt bei uns erleben und bei anderen beobachten können. Und so uns (und anderen, besser uns Menschen überhaupt) auf die Schliche kommen können. Also hüten wir uns vor Überhöhungen und Idealisierungen und dem Herausstellen von Überzeugungen. Beschränken wir uns besser darauf, die Relativität und Unsicherheit all dieser lediglich vermeintlich so festen Dinge, die letztlich nur aus unserem Denkorgan stammen, zu erkennen. Anlass für dieses Neujahrs-Teisho 2022 ist ein Kapitel zum Koan Hekiganroku Nr. 11, bekannt als „Ôbakus ‚Tresterfresser‘“, welches ich bei Barry Magid in seinem dritten Buch: „Nothing is Hidden“ las.1 Das Koan geht so: Ôbaku unterwies seine versammelten Mönche und sagte zu ihnen: „Ihr seid alle Tresterfresser! Wenn ihr so weitermacht auf eurem Weg, wann werdet ihr dann euer „Jetzt“ erleben? Wisst ihr nicht, dass es im ganzen Land der T´ang-Dynastie keinen einzigen Zenlehrer gibt?“ Da trat ein Mönch nach vorne und sagte: „Was sagt Ihr dann über die, welche an vielen Orten ihre Mönchsgemeinschaft anleiten und ihre Anhänger lehren?“ Ôbaku erwiderte: „Ich sage nicht, es gibt kein Zen, sondern es gibt keine Zenlehrer.“ Ein ausführliches Teisho dazu habe ich vor einigen Jahren gehalten. Es findet sich in meinem ersten Buch abgedruckt.2 Zwei Schwerpunkte werden durch das Koan gesetzt. SEKUNDÄRMATERIAL UND PRIMÄRERFAHRUNG Der eine ist die Klassifizierung als bloße Tresterfresser, d. h. der immer wieder aufflackernden (und bei manchen leider chronisch vorhandenen) Neigung, sich mit dem Bodensatz zu begnügen und sich sozusagen mit dem Sekundärmaterial zu berauschen, wo doch der Zen-Weg ein Weg ist, der den Übenden auf sich selbst verweist, um so sein Jetzt zu erleben, wie Ôbaku es ausdrückt. Aus diesem Sekundärmaterial werden dann Bedeutungen herausgefischt, die wir auf uns und unser Erleben übertragen wollen. Aber damit bleibt es Fremdmaterial, es sei denn, wir können aufgrund eigener Einsichten und (Primär-)Erfahrungen sozusagen aus uns selbst heraus das bestätigen, was Generationen vor uns ausgedrückt haben oder zeitgenössische Quellen uns sagen. Jedes Koan-Üben sieht so aus. Immer wieder aufs Neue wird ein Koan-Schüler oder eine Koan-Schülerin für sich selbst zu Antworten kommen müssen, die wiederum eingebettet sind in die jahrhundertalte Zen-Tradition zu diesen Koans und den dahinterstehenden, auf zahlreichen Erfahrungen von Zen-Praktizierenden fußenden, Erkenntnissätzen zur Wirklichkeitserfahrung. KEINE ZEN-LEHRER Den zweiten Schwerpunkt bildet die Aussage von Ôbaku, es gebe keine Zen-Lehrer, wohl aber Zen. Dazu wird üblicherweise – und so auch von mir in meinem Teisho aus dem Februar 2016 – darauf abgehoben, dass Zen nicht gelehrt werden könne. Denn wie soll jemand, der sich Zen-Lehrer nennt, einem das Erleben des Jetzt, die Erfahrung des wahren Selbst „lehren“ können? Es kann doch nur etwas Unmittelbares sein, das einem geschieht. „Denn nur einer ist euer Lehrer: Christus.“ (Mt 23, 10) Der Christus, der in euch ist (Kol 1, 27). Buddhistisch gefasst: Buddha = Buddhanatur. Zusammengenommen: Wesensnatur, Wahres Selbst, unendliche Wirklichkeit. Wir dürfen also Worte machen, wir müssen das auch tun. Aber wir müssen wissen, was gelehrt werden kann, was nicht; was gelernt werden kann und was nicht. Das ist ein wesentliches Element unserer Praxis. Das immer mehr zu erüben. Und uns nicht in Konzepten und Vorstellungen zu verstricken. „Euer einziges Bestreben sei, während ein Gedanke dem anderen folgt, an keinem Gedanken zu hängen.“ Wieder Originalton Ôbaku in der Wan-Ling-Niederschrift (Nr. 37, S. 118).3 So können wir sehr gut nachvollziehen, warum Ôbaku sagt, dass es keine Zen-Lehrer gebe. SONDERN NUR ZEN Aber was ist mit der Aussage, er wolle nicht sagen, dass es kein Zen gebe? Damit will ich mich heute etwas näher befassen. In meinem alten Teisho sagte ich, Zen sei „Wegnehmen“, um die wahre Form in der Leere des Jetzt erscheinen zu lassen.4 Wenn ich diesen Gedanken weiterverfolge, stellt sich unweigerlich die Frage, ob „das“, was da als Wegnehmen oder Wegnehmendes bezeichnet wird, nicht ebenfalls etwas Wegzunehmendes ist. Ist Zen nun all das, was im Laufe der Jahrhunderte bzw. sogar der Jahrtausende dazu erlebt, erdacht, geglaubt und in all die Worte des buddhistischen Kanons des Zen gefasst, gekleidet und umschrieben worden ist? Ist Zen also etwas, was es gibt? Etwas was als unverrückbare und strikt zu beachtende Tradition innerhalb des Buddhismus, isoliert von allen Zeitläufen und kulturellen Umbrüchen, existiert? Ist „unser“ Zen das des klassischen China namentlich des 8. und 9. Jahrhunderts und/oder das des klassischen Japans (oder Koreas)? Und was ist mit dem Trester, d. h. all den überlieferten Texten? EINE PRAXIS DES VERTRAUENS Klar ist, wir stehen sozusagen auf den Schultern all der Generationen vor uns, unseres Lehrers und dessen Lehrern und all der ganz großen Zen-Gestalten. Wir wurden und werden von ihnen und dem, was sie uns gaben und weiterhin geben, in unserer Praxis bereichert und bestärkt. Sie geben uns all das an die Hand, worauf sich das Dharma im konkreten Feld von Hier und Jetzt stützt und weiter entwickeln kann, im Einklang mit den jeweiligen historischen, kulturellen und religiösen Zusammenhängen.5 Und genauso wie in der Vergangenheit geschieht dies durch die einzelnen Menschen, die sich der Praxis verschreiben, einer dialektischen Praxis von Selbst-Entdeckung, die niemand für uns anstellen kann, und eines Sich- Selbst-Vergessens, d. h. eines Loslassens des eigenen Willens und eines sich dem Leben und der Praxis Überlassens. Einer Praxis, die nicht unsere eigene Kreation ist,6 der wir uns aber aufgrund eines Vertrauens, welches eine so lange und tiefgehende und von so vielen ernsthaften Menschen getragene und weitergegebene Tradition verdient, anvertrauen können. UND DES WEITERGEBENS So wird jeder Übende Teil eines Flusses, der stetig weiterfließt, sich aber mal langsam, mal schnell, mal glatt und ohne Wirbel, mal mit verschiedenen Strömungen bewegt. Immer derselbe Fluss, aber immer wieder neu und anders gefüllt. Da die Weitergabe von Generation zu Generation von den jeweiligen äußeren Zusammenhängen und von der Realisierung des Weitergegebenen durch die jeweilige Generation für sich selbst und für ihr Umfeld beeinflusst wird, finden Änderungen statt. Aber immer ist genau zu schauen, was lediglich kulturelle oder religiöse Ausprägungen sind, die den Kern von Dharma und Praxis nicht berühren. Zu fragen, was ist Zen, ist gleichbedeutend mit der oft in Koans ausdrücklich oder sinngemäß gestellten Frage danach, was der Weg sei. Und all die Reaktionen, seien es Gesten, Laute oder Worte der Zen-Meister zeigen auf den Fragenden, werfen ihn (und uns) zurück in die (Wesens-)Frage! KEIN ZEN, AUSSER PRAXIS UND LEBEN Es gibt kein Zen, außer du praktizierst und du lebst es – in dem vorhin aufgezeigten dialektischen Sinne. Es?...


Fahrendorf, Klaus
ZUM AUTOR: Klaus Fahrendorf, geb. 1947 in Gelsenkirchen-Buer. Studium der Rechtswissenschaft, Dr. jur., Richter, Ruhestand 2012. Verheiratet, zwei Söhne. Zen- Praxis seit 1989. 1990 Schüler bei P. Johannes Kopp (Hôun-ken Roshi). 2008 Ernennung zum Zen-Lehrer (Cloud of Merciful Awareness) im „Programm Leben aus der Mitte – Zen-Kontemplation im Bistum Essen“ zusammen mit Marlis Fahrendorf (Cloud of Infinite Beginning; verst. 9. 12. 2008). 2009 Gründung der Regionalgruppe Bochum. Seit 2015 auch Zen-Kurse im Kardinal-Hengsbach-Haus in Essen-Werden. Nach Schließung des Kardinal-Hengsbach-Hauses Kurse in verschiedenen anderen Häusern.

ZUM AUTOR: Klaus Fahrendorf, geb. 1947 in Gelsenkirchen-Buer. Studium der Rechtswissenschaft, Dr. jur., Richter, Ruhestand 2012. Verheiratet, zwei Söhne. Zen- Praxis seit 1989. 1990 Schüler bei P. Johannes Kopp (Hôun-ken Roshi). 2008 Ernennung zum Zen-Lehrer (Cloud of Merciful Awareness) im "Programm Leben aus der Mitte – Zen-Kontemplation im Bistum Essen" zusammen mit Marlis Fahrendorf (Cloud of Infinite Beginning; verst. 9. 12. 2008). 2009 Gründung der Regionalgruppe Bochum. Seit 2015 auch Zen-Kurse im Kardinal-Hengsbach-Haus in Essen-Werden. Nach Schließung des Kardinal-Hengsbach-Hauses Kurse in verschiedenen anderen Häusern.


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