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E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Feige Anders katholisch

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-451-81843-1
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Katholiken sind im Lande Luthers die Minderheit. "Auf diesem Hintergrund meint ´anders katholisch´ also, vor Ort eine eigene Geschichte zu haben und mit besonderen Prägungen und Herausforderungen unterwegs zu sein, die sich von der kirchlichen Wirklichkeit in anderen Ländern oder Regionen merklich unterscheiden. Oftmals verbindet sich damit sogar ein unverwechselbarer ´Stallgeruch´." Dass das nicht Anlass zu Verdruss oder Selbstmitleid, sondern Gelegenheit zum freimütigen Auftreten sein kann, zeigt der Magdeburger Bischof Gerhard Feige in seinen Predigten und Ansprachen. Aus dem Rückblick in Zeiten der Auseinandersetzung mit Protestantismus und Sozialismus gewinnt er Orientierung für Gegenwart und Zukunft. Die Wege, die er aufzeigt, mögen klein und schmal sein – aber sie führen in die Zukunft und die Weite.
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1. Historische Einblicke
Katholiken im »Lande Luthers«: Ab-, Um- und ­Aufbrüche
Als die Reformation begann, gehörte das Gebiet des heutigen Bistums Magdeburg und größtenteils auch des heutigen Landes Sachsen-Anhalt zu den Bistümern Verden, Havelberg, Brandenburg, Halberstadt, Magdeburg, Merseburg, Meißen, Naumburg-Zeitz und Mainz.1 Unter politischen Gesichtspunkten handelte es sich hierbei vor allem um das Hochstift Magdeburg, die anhaltischen Länder, die brandenburgische Altmark und den sächsischen Kurkreis, daneben aber auch um Teile des Herzogtums Sachsen, die Grafschaften Mansfeld, Stolberg-Wernigerode und Blankenburg-Regenstein, die Hochstifte Halberstadt, Merseburg und Naumburg sowie um die Herrschaft Barby und die Abtei Quedlinburg.2 Besonders bedeutsam war das im Jahre 968 durch Kaiser Otto I. gegründete Erzbistum Magdeburg. Mit seinen ihm zu- und untergeordneten Suffraganbistümern – dazu zählten die im selben Jahr errichteten Bistümer Merseburg, Naumburg-Zeitz und Meißen sowie die schon etwas länger bestehenden Bistümer Havelberg (946) und Brandenburg (948) – gehörte es zu den einflussreichsten Bistümern im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation.3 Doch schon seit dem 8. Jahrhundert hatte sich das Christentum westlich der Saale und bis zur Elbe allmählich ausgebreitet. Einen markanten Ausdruck fand diese Entwicklung bereits 804, als das Bistum Halberstadt gegründet wurde. Bis zum 16. Jahrhundert waren unzählige Klöster und Pfarreien entstanden, hatten Romanik und Gotik die Landschaft geprägt. Zugleich gingen bis dahin relativ viele Heilige aus dieser Region hervor.4 Zu ihnen gehören z. B. Adalbert, der erste Erzbischof von Magdeburg, und Norbert von Xanten, der dieses Amt von 1126 bis 1134 ausgeübt hat, Burchard von Halberstadt und Bruno von Querfurt, Königin Mathilde und Jutta von Sangerhausen oder die mittelalterlichen Mystikerinnen Gertrud von Helfta, Mechthild von Magdeburg und Mechthild von Hackeborn. Durch die Reformation wurde diese jahrhundertelange christliche bzw. altkirchliche Prägung des heutigen Mitteldeutschlands schwer erschüttert und grundsätzlich infrage gestellt. Ein gewaltiger Ab- und Umbruch war die Folge. Der Raum zwischen Harz und Elbe, Altmark und Thüringen wurde zum Kernland der Reformation. Die Reformation setzt sich durch Vom Beginn bis zur flächendeckenden Durchsetzung der Reformation dauerte es freilich noch einige Zeit. Zudem verliefen die Auseinandersetzungen in den einzelnen Territorien des heutigen Sachsen-Anhalts unterschiedlich intensiv. Im Kurfürstentum Sachsen mit Wittenberg als Residenzstadt und gewissermaßen Wiege der Reformation in Deutschland – hier hatte Martin Luther mit nur geringfügigen Unterbrechungen von 1508 bis zu seinem Tod 1546 gelebt und gewirkt – wurde, durch landesherrliche Visitationen unterstützt, bereits im Jahre 1539 die Einführung der Reformation abgeschlossen.5 Im Erzstift Magdeburg hingegen, in dem besonders heftig gestritten wurde, zog sich dieser Prozess noch länger hin. Das betraf vor allem sowohl Halle, wo sich seit 1506 die Residenz des Erzbischofs befand, als auch Magdeburg.6 Lange Zeit versuchte Kardinal Albrecht von Brandenburg als Landesherr zu verhindern, dass evangelische Prediger eingesetzt würden. Dabei erschienen ihm als einem hochgebildeten, weltoffenen und geistlichen Mann diplomatische Verständigung, Ausgleich und Frieden angebrachter als ein gewaltsames Vorgehen. So hat er sich auch von einigen katholischen Reformtheologen unterstützen lassen. Außerdem gelang es ihm, den Dominikaner Michael Vehe nach Halle als Propst des Domstiftes zu berufen und ihn – als Reaktion auf Luthers liturgische Initiativen – dafür zu gewinnen, das erste katholische Gesangbuch herauszugeben; dieses enthielt etwa 50 geistliche Lieder, bereits bekannte, aber auch nach Psalmen neu gedichtete. Trotz vieler katholischer Bemühungen fasste die Reformation im Erzstift Magdeburg immer mehr Fuß und begann sich auszubreiten. In Magdeburg selbst kam es schon 1524 nach Predigten Luthers und aufgrund intensiver Bestrebungen der Stadt, von der Herrschaft des Erzbischofs unabhängig werden zu wollen, dazu, dass sich die sechs Pfarrkirchen der Altstadt und das Augustinerkloster der Reformation anschlossen. Andere Klöster sowie das Domkapitel und zwei Vorstadtpfarreien blieben zunächst noch katholisch. In den folgenden Jahren aber entwickelte sich Magdeburg recht schnell zu einer Hochburg des Protestantismus und des Widerstandes gegen Kaiser Karl V. (1500–1558). Zahlreiche Druck- und Flugschriften gingen von hier aus, sodass die Stadt evangelischerseits schon bald als »Unseres Herrgotts Kanzlei« bezeichnet wurde. Für Halle war das Jahr 1541 ein entscheidendes. Zum einen setzte sich in ihm die Reformation durch, zum anderen verließ Kardinal Albrecht resigniert die Stadt. Nach einem längeren Aufenthalt in Aschaffenburg ist er dann 1545 in Mainz gestorben. Sowohl für Halle als auch für Magdeburg dauerte es aber noch bis 1561, ehe Erzbischof Sigismund von Hohenzollern schließlich in seinem Machtbereich der Reformation endgültig zum Durchbruch verhalf. Nach seinem Tod trat 1567 auch das Domkapitel zum evangelischen Bekenntnis über, die Dompropstei jedoch vollzog diesen Schritt wohl erst 1723. Damit hatte das Erzbistum Magdeburg fast 600 Jahre nach seiner Gründung aufgehört zu existieren. In den anhaltischen Gebieten7 war es vor allem Fürst Wolfgang von Anhalt-Bernburg-Köthen, der sich schon 1526 ausdrücklich der Reformation zuwandte und sie bald auch in seinen Territorien einführte. Im Fürstentum Anhalt-Dessau hingegen verteidigte Margarete von Münsterberg, die als Witwe seit 1516 die Regentschaft innehatte, bis zu ihrem Tod 1530 leidenschaftlich die alte Kirche, bemühte sich aber auch mithilfe eines katholischen Theologen um notwendige Reformen. Ihre drei Söhne jedoch, die danach gemeinsam die Herrschaft übernommen hatten, bekannten sich zur Reformation und führten sie 1534 endgültig ein. In besonderer Weise geht dies auf den profiliertesten von ihnen, Fürst Georg III., zurück. In Anhalt-Zerbst schließlich, das sowohl von Bernburg-Köthen als auch von Dessau gemeinsam regiert wurde, konnten der Rat und ein Großteil der Bürger trotz ihrer frühzeitigen Sympathie für die Reformation seit 1522, als Luther dort gepredigt hatte, diese wegen des Widerstandes, der vor allem von der Dessauer Fürstin Margarete kam, erst mittels Gewaltaktionen 1527 einführen. In der Altmark, die zu Brandenburg gehörte, gab es bis 1535 kaum irgendwelche reformatorischen Bewegungen.8 Kurfürst Joachim I., ein Bruder von Kardinal Albrecht und energischer Verteidiger der alten Kirche, wusste dies zu verhindern. Nach seinem Tod jedoch wendete sich das Blatt. Sein Sohn, Kurfürst Joachim II., mühte sich bis 1541 zwar noch um kirchliche Reformen und Vermittlung zwischen den sich bildenden Konfessionen, orientierte sich daneben aber zunehmend an reformatorischen Vorstellungen und Praktiken. Schließlich billigte er auch eine neue Kirchenordnung und ließ bis 1544 Visitationen durchführen. Männerklöster wurden aufgelöst und Frauenklöster in Damenstifte umgewandelt. In diesem Zusammenhang setzte sich auch in den Städten der Altmark die Reformation immer mehr durch. In den heute vor allem im Süden Sachsen-Anhalts gelegenen Gebieten, die zum Herzogtum Sachsen gehörten, verlief die Entwicklung ähnlich.9 Bis zu seinem Tode bekämpfte Herzog Georg der Bärtige mit allen Mitteln ein Eindringen der Reformation in seinem Machtbereich, zugleich unterstützte er aber andere kirchliche Reformvorstellungen und holte entsprechende Theologen – wie z. B. auch Julius von Pflug – an seinen Hof. Sein Bruder Heinrich der Fromme hingegen stellte sich 1539 seinen Untertanen gleich als protestantischer Fürst vor und nutzte eine Visitation, um die Reformation in weiteren Städten seines Herzogtums einzuführen. In der Grafschaft Mansfeld, wo Martin Luther – 1483 in Eisleben geboren und dort schließlich 1546 auch verstorben – einen Teil seines Lebens verbracht hatte, bekannten sich zwei der Grafen – Gebhard und Albrecht – schon 1525 zur Reformation, während der dritte – Hoier – bis zu seinem Tod 1540 katholisch blieb. Auch in den anderen Grafschaften – Stolberg-Wernigerode, Blankenburg-Regenstein und Barby – sowie in der Abtei Quedlinburg gelang es größtenteils erst über zwanzig Jahre nach dem Beginn der Reformation, diese endgültig einzuführen.10 In den Hochstiften bzw. Bistümern Merseburg, Naumburg-Zeitz und Halberstadt brauchte das sogar noch wesentlich mehr Jahre.11 Zunächst hatten in Merseburg bis 1544 Bischöfe regiert, die die Reformation energisch abzuwehren versuchten. Als fünf Jahre lang ein evangelischer Administrator die Macht innehatte, setzte sich die Reformation fast durch. Doch von 1549 bis 1561 wurde ihr Siegeslauf noch einmal durch den katholischen Bischof Michael Helding unterbrochen. Auch in Naumburg-Zeitz verzögerte – gewissermaßen als Zwischenspiel – die Amtszeit des letzten katholischen Bischofs und Vermittlungstheologen Julius von Pflug von 1546 bis 1564 noch einmal die vollständige Durchsetzung der Reformation.12 Am längsten ließ die Vollendung der Reformation in Halberstadt auf sich warten. Nach...


Dr. Gerhard Feige, geb. 1951 in Halle (Saale), Studium der Philosophie und Theologie in Erfurt, 1978 Priesterweihe, 1988 Promotion, Studienaufenthalt in Rom, 1994 Berufung zum Professor für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Ostkirchenkunde in Erfurt, ab 1999 Weihbischof in Magdeburg, seit 2005 Bischof von Magdeburg, seit 2012 Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, seit 2014 Mitglied des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.


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