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E-Book

E-Book, Deutsch, 120 Seiten, Format (B × H): 125 mm x 190 mm

Reihe: übermorgen

Fischer Liebe

E-Book, Deutsch, 120 Seiten, Format (B × H): 125 mm x 190 mm

Reihe: übermorgen

ISBN: 978-3-218-01415-1
Verlag: Kremayr & Scheriau
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Let’s talk about love.
Liebe ist ein komplexes Phänomen. Wenn wir all ihre Bedeutungen verstehen, entdecken wir eine Fülle von Möglichkeiten, wie wir lieben können.

Wenn es um die Liebe geht, wird es oft kompliziert. Viel zu schnell verbinden wir damit eine romantische Beziehung. Veronika Fischer seziert, was mit Liebe alles gemeint sein kann, wie man mit ihren Facetten achtsam umgeht und Klarheit gewinnt. Das Verständnis von Liebe prägt unseren Alltag, in allen gesellschaftlichen und kulturellen Ordnungen. Und nicht zuletzt ist es relevant für die Achtung der Menschenrechte, steht Sexismus und Diskriminierung entgegen – über Liebe zu sprechen ist ein politischer Akt.
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Liebe als Idee
„I’m in love with you.“ Wenn wir anfangen, über Liebe zu sprechen, so können wir dorthin schauen, wo Liebe anfängt. In den meisten Darstellungen wird der Beginn einer Liebesgeschichte als ein Zustand gezeigt, in dem Körper und Geist eine ganz verrückte Symbiose eingehen, irgendwas zwischen Wahnsinn und Rausch, von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Oftmals wird das als „Liebe“ bezeichnet, aber man meint etwas anderes, und zwar: das Verlieben. Eine Unkontrollierbarkeit, ein Ausgeliefertsein, eine Überwältigung. Die schwedische Politikwissenschaftlerin Liv Strömquist beschreibt es in ihrem genialen Comic Der Ursprung der Liebe so: „Sich zu verlieben bedeutet ja, dass man völlig machtlos ist, ohne Arme und Beine, sozusagen Dönerfleisch, das sich in einer fettigen Imbissbude immer im Kreis dreht, zu nichts fähig, außer gegrillt zu werden, hilflos, man kann nichts mehr, ist einfach eine Art Ort, ein Ort, der einen Wunsch beherbergt, einen einzigen Wunsch, und zwar, einem blöden Typen namens Kevin (oder so) nah zu sein.“7 Wie aber passiert es, dass man sich von einem normalen Menschen zu Dönerfleisch verwandelt? Im krassesten Fall geschieht das Verlieben innerhalb von Sekunden. „Liebe auf den ersten Blick“ nennt sich dieses Phänomen und wir alle wissen (mal wieder dank Hollywood und Walt Disney), wie es abläuft: Eine Person betritt den Raum und plötzlich steht die Welt still, alles bewegt sich in Zeitlupe, Sterne fallen vom Himmel, Geigenmusik erklingt und es ist klar, dass dieser eine Moment nun das ganze Leben verändern wird – man hat den Menschen gefunden, mit dem man zusammen sein will: Man ist verliebt! Die biologische Forschung hat diesen Prozess unter die Lupe genommen und festgestellt, dass er tatsächlich ein bisschen in Richtung Wahnsinn geht. Auf hormoneller Ebene und in Hirnscans kann man sehen, dass frisch Verliebte die gleichen Auffälligkeiten zeigen wie Menschen mit Zwangsstörungen oder Suchterkrankungen. Die Hormone bewegen sich irgendwo zwischen Panikmodus und erhöhter Annäherungsbereitschaft, was sich auch evolutionsbiologisch gut begründen lässt. Für die Kontaktaufnahme zwischen zwei Menschen, die sich nicht kennen, ist es nämlich wichtig, dass die gewohnten Mechanismen für einen Moment außer Kraft gesetzt werden und man sich darauf einlassen kann, mit einer fremden Person innerhalb kürzester Zeit sehr eng und intim zu werden – was ja im „Normalzustand“ nicht vorgesehen ist. Wenn sich aus einer Begegnung eine feste Beziehung entwickelt, pendeln sich die Hormone wieder ein.8 Es zeigt sich also schon rein körperlich, dass Verliebtsein etwas anderes ist als das, was wir meinen, wenn wir von „Liebe“ sprechen. Es ist begrifflich strikt voneinander zu trennen – und das Verlieben eine Analyse wert, um zu verstehen, was Liebe eben nicht ist. In der Abhandlung Über die Liebe analysiert der Schriftsteller und Philosoph Marie-Henri Beyle unter dem Pseudonym Stendhal die Verliebtheit und nennt sie durchgehend „Liebe“ – ein Trugschluss, den man auch in anderen Schriften oft findet. Damit erweist Stendhal uns einen großen Dienst, denn er zeigt, wie nahe die Begriffe beieinander liegen und wie schnell Missverständnisse entstehen. Zu seinen Lebzeiten findet Stendhals Werk wenig Anklang und wird nur siebzehn Mal verkauft. Er selbst fragt sich, woher das Desinteresse der Gesellschaft an diesem großen Thema rührt und beschließt, dass sein Werk eigentlich für die Zukunft reserviert sei. Und tatsächlich: Nach seinem Tod wird er zur Kultfigur des „Beylismus“ – wie Stendhal selbst seine Weltanschauung scherzhaft nannte. Er findet Lob und Anerkennung bei den großen Literaten wie Nietzsche, Balzac, Tolstoi und Goethe, der ihn so beschreibt: „Er zieht an, stößt ab, interessiert und ärgert, und so kann man ihn nicht loswerden.“9 Was man über Stendhal noch wissen sollte, ist, dass er Jahre seines Lebens in einer unerfüllten Liebe zu der politischen Aktivistin Métilde Viscontini Dombrowsky verbringt, Gattin eines napoleonischen Generals, die ihn nie erhört. Er bewegt sich also in der Sphäre eines mittelalterlichen Minnesängers, der seine Geliebte nicht berührt, der die Monologe, die er in seinem Inneren führt, niemals in ein reales Gespräch umsetzt, der nicht verwirklichen kann, wovon er unentwegt träumt. Stendhal erlebt in seinem Leben keine Liebesbeziehung, er verweilt im Verliebtsein. Und das beschreibt er in folgender Metapher: „In den Salzburger Salzgruben wirft man in die Tiefe eines verlassenen Schachtes einen entblätterten Zweig; zwei oder drei Monate später zieht man ihn über und über mit funkelnden Kristallen bedeckt wieder heraus; […] man erkennt den einfältigen Zweig gar nicht wieder.“10 Dieses Bild überträgt Stendhal auf die Verliebtheit, da man die geliebte Person seiner Ansicht nach ebenfalls mit strahlenden und funkelnden Eigenschaften überzieht. Es geht um eine Form der Verklärung und Verzauberung einer anderen Person. Die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz fügt in ihrer Abhandlung Warum Liebe weh tut einen wichtigen Gedankengang hinzu: „[Die romantische Einbildungskraft] verwandelt die Liebe in ein vorgreifendes Gefühl, ein Gefühl also, das empfunden und erträumt wird, bevor es sich in Wirklichkeit einstellt; dieses vorgreifende Gefühl wiederum beeinflußt die Einschätzung der Gegenwart, weil es ermöglicht, daß sich reale und fiktionale Emotionen überlagern und ersetzen.“11 Es ist also nicht nur eine andere Person, sondern auch die Liebe selbst, in die man sich verliebt. Die Idee, dass man jemanden lieben könnte und die Fantasie, wie das dann im Detail aussieht, wie es sich anfühlt und welches Glück es bringt, erzeugt und verstärkt die große Sehnsucht nach der Person, auf die man alles projiziert. Der von Stendhal beschriebene Prozess der Kristallisation führt zu einem Kreislauf aus Hoffnung und Angst vor der Enttäuschung, der sich immer tiefer in die Seele des Verliebten einfrisst. Je größer die Einbildungskraft ist, je bunter das Bild vom glücklichen Leben ausgemalt wird, je klarer man das Luftschloss sieht, desto drastischer ist das Leid, wenn es nicht real wird. Versuche, wieder zurück zu der ursprünglichen Gefühlswelt zu kommen, scheitern. Der Prozess wird immer intensiver und krasser. Verliebte wandeln „am Rande eines schrecklichen Abgrundes, während das vollkommene Glück greifbar vor [ihnen] schwebt […]“ – diese Phase sieht Stendhal als entscheidend zwischen den Möglichkeiten, „geliebt zu werden oder sterben zu müssen“.12 Hierbei wird deutlich, welche Rolle der Erwiderung der Gefühle sowie deren Umsetzung in eine Partnerschaft oder zumindest in einen Dialog gleicher Erwartung zugeschrieben wird: der des vollkommenen Glücks. Die Liebesbeziehung wird als Erlösung angesehen, als Befreiung und Heilung. Die Hoffnung auf eine Verwandlung von Verliebtsein in Liebe ist also immer Teil des Programms. Das Verliebtsein kann in einem Augenblick entstehen und uns vollkommen unvermittelt überwältigen. Ist es aber deshalb vollständig losgelöst von der inneren Haltung eines Menschen? Was unterscheidet eine Situation, in der sich zwei Menschen kurz anschauen und bis über beide Ohren verliebt sind, von einer Alltagssituation an der Supermarktkasse, in der nichts passiert, trotz Blickkontakt? Eine Antwort hierauf findet sich in einer der berühmtesten Liebesgeschichten der letzten Jahrhunderte: Romeo und Julia. Als die beiden sich zum ersten Mal begegnen, ist Romeo eigentlich gerade mit einer anderen Herzensangelegenheit beschäftigt, und zwar mit seinem Leid darüber, dass eine gewisse Rosalinde seine Zuneigung nicht erwidert. Romeo zerfließt im Liebesleid: „Liebe ist Rauch, gemacht aus Seufzerschwaden; Geschürt: ein Augenfeuer, drin Verliebte baden; Erstickt: ein Meer, gespeist mit Tränenströmen. Was ist sie sonst? Nur kühlste Raserei, Zuckrige Galle, schale Näscherei.“ Von seinem Freund Benvolio erhält er den Rat, er solle seinem Auge Freiheit gönnen und sich andere Frauen anschauen. Für Romeo ist das zunächst ausgeschlossen, da er Rosalinde für unübertrefflich schön hält, aber dann erscheint Julia auf seiner Bildfläche und – zack – ist es um ihn geschehen. „Sie hat das Licht zum Leuchten erst gebracht! Sie funkelt an den Wangen dieser Nacht wie im Ägypterohr ein Edelstein – Schönheit unfassbar reich, der Welt zu rein! […] Augen, vergesst! Kannt ich der Liebe Macht? Nie sah ich solche Schönheit bis heut Nacht!“ Romeo war also schon auf der Suche nach einer Liebschaft, er hatte bereits eine Idee von Liebe und verspürte Sehnsucht nach einer Beziehung. Er wurde nicht aus dem...


Fischer, Veronika
wurde 1987 im Allgäu geboren. Sie hat Deutsche Literatur und Philosophie in Konstanz und Berlin studiert. Eine anschließende Dissertation zum modernen Liebesbegriff hat sie nach etlichen Jahren erfolgreich abgebrochen und zum vorliegenden Buch umgeschrieben. Sie lebt am Bodensee, ist Mutter von drei Kindern und arbeitet freischaffend als Autorin, Journalistin, Texterin und Philosophin. Außerdem führt sie einen Liebesbriefservice.

Veronika Fischer wurde 1987 im Allgäu geboren. Sie hat Deutsche Literatur und Philosophie in Konstanz und Berlin studiert. Eine anschließende Dissertation zum modernen Liebesbegriff hat sie nach etlichen Jahren erfolgreich abgebrochen und zum vorliegenden Buch umgeschrieben. Sie lebt am Bodensee, ist Mutter von drei Kindern und arbeitet freischaffend als Autorin, Journalistin, Texterin und Philosophin. Außerdem führt sie einen Liebesbriefservice.

wurde 1987 im Allgäu geboren. Sie hat Deutsche Literatur und Philosophie in Konstanz und Berlin studiert. Eine anschließende Dissertation zum modernen Liebesbegriff hat sie nach etlichen Jahren erfolgreich abgebrochen und zum vorliegenden Buch umgeschrieben. Sie lebt am Bodensee, ist Mutter von drei Kindern und arbeitet freischaffend als Autorin, Journalistin, Texterin und Philosophin. Außerdem führt sie einen Liebesbriefservice.


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