Geissler / Vloet / Romanos | Verhaltenstherapie bei ADHS im Jugendalter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 94, 210 Seiten

Reihe: Therapeutische Praxis

Geissler / Vloet / Romanos Verhaltenstherapie bei ADHS im Jugendalter

Ein modular aufgebautes Therapieprogramm

E-Book, Deutsch, Band 94, 210 Seiten

Reihe: Therapeutische Praxis

ISBN: 978-3-8444-2979-4
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Im Jugendalter verändert sich die Symptomatik der ADHS. Die Hyperaktivität nimmt ab und Schwierigkeiten bei Organisation, Emotionsregulation, Selbstwert und Beziehungsgestaltung treten in den Vordergrund. Die Anforderungen an die Fähigkeit zur Selbstregulation und Selbststrukturierung steigen, während das Bewusstsein für die ADHS-spezifischen Schwierigkeiten wächst. Da Betroffene im Gegensatz zu Gleichaltrigen viel Unterstützung benötigen, ist ihr Selbstbild oft deutlich negativ geprägt. Das vorliegende kognitiv-verhaltenstherapeutische Therapieprogramm wurde speziell für diese jugendtypischen Schwierigkeiten entwickelt.
Neben einer Einführung zum Störungsbild, den Ursachen und der Diagnostik der ADHS wird im Manual auch auf die Pharmakotherapie und den aktuellen Forschungsstand zur Verhaltenstherapie der ADHS eingegangen. Den Rahmen des Therapieprogramms bilden ein Basis- und Abschlussmodul. Je nach den individuellen Problemen des Jugendlichen können dann drei oder mehr der zehn Schwerpunktmodule ausgewählt werden. Dabei sollten für jedes Modul zwei Therapiesitzungen eingeplant werden. Inhalte der Schwerpunktmodule sind z.B. die Verbesserung der Selbstorganisationsfähigkeit, Emotionsregulation und Stressbewältigung, der Aufbau von Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit sowie der Abbau von Ambivalenzen gegenüber der Medikation. Unter Einbezug der Eltern kann zusätzlich die intrafamiliäre Kommunikation verbessert und die Erziehungskompetenz und psychische Gesundheit der Eltern gestärkt werden. Da das Therapiekonzept v.a. im Hinblick auf Problembereiche entwickelt wurde, die durch Medikation wenig veränderbar sind, stellt es eine wertvolle therapeutische Ergänzung der multimodalen Behandlung dar. Es stehen zahlreiche Arbeitsblätter auf einer CD-ROM zum Ausdruck zur Verfügung.
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Zielgruppe


Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychiater, Kinder- und Jugendmediziner, Schulpsychologen, Sozialarbeiter, (Sozial-)Pädagogen sowie Mitarbeiter der Jugendhilfe

Weitere Infos & Material


|18|Kapitel 3
Pharmakotherapie der ADHS
Nach der im Jahr 2017 aktualisierten S3-Leitlinie der AWMF wird auch weiterhin empfohlen, dass die Behandlung stets im Rahmen eines multimodalen therapeutischen Gesamtkonzeptes erfolgen soll. Darin können entsprechend der individuellen Symptomatik, dem Funktionsniveau, der Teilhabe sowie den Präferenzen des Patienten und seines Umfeldes psychosoziale, psychotherapeutische und pharmakologische sowie ergänzende Interventionen kombiniert werden. Grundsätzlich soll zudem eine umfassende Psychoedukation angeboten werden. Hinsichtlich der Pharmakotherapie ist festgehalten, dass diese nicht vor einem Alter von drei Jahren angeboten werden soll. Während bei einem leichten Schweregrad der ADHS eine Pharmakotherapie als lediglich ergänzend angesehen wird, sollte bei einer moderat ausgeprägten ADHS in Abhängigkeit der konkreten Bedingungen des Patienten entweder eine intensivierte psychosoziale/psychotherapeutische Intervention oder eine pharmakologische Behandlung bzw. Kombinationstherapie angeboten werden. Bei einer schweren ADHS-Symptomatik soll nach intensiver Psychoedukation bereits primär eine Psychopharmakotherapie angeboten werden. Darin kann parallel eine intensive psychosoziale/psychotherapeutische Intervention integriert werden. Da die mittlerweile ebenfalls erschienenen aktuellen Versionen der NICE-Guidelines sowie der amerikanischen Fachgesellschaften eine Pharmakotherapie bei ADHS sogar unabhängig vom Schweregrad empfehlen, ist die Haltung der Deutschen Leitlinien gegenüber dem Einsatz einer Pharmakotherapie als eher konservativ zu bewerten. Bei der Indikationsstellung zur Pharmakotherapie sollten verschiedene Faktoren einfließen. Dazu zählen das Alter des Patienten, der Schweregrad der Symptomatik und die daraus resultierende Schwere der Beeinträchtigung in den verschiedenen Lebensbereichen. Zudem sind die Präferenzen der Familie und des Patienten sowie die Wirksamkeit der bereits im Vorfeld eingeleiteten Interventionsmaßnahmen zu berücksichtigen. Insgesamt werden folgende Präparate zur Behandlung der ADHS empfohlen: Psychostimulanzien (Methylphenidat, Amphetamin, Lisdexamphetamin) Atomoxetin Guanfacin Es liegen zahlreiche Studien vor, die die positiven Wirkungen von Medikamenten zur Behandlung der ADHS, insbesondere Psychostimulanzien dokumentieren (siehe z.?B. Briars & Todd, 2016). 3.1 Psychostimulanzien
Das wichtigste und bekannteste Psychostimulans ist Methylphenidat (MPH). In den letzten Jahren ist die Verschreibung von MPH deutlich angestiegen (Garbe et?al., 2012). Die Vorteile und die Wirksamkeit von MPH wurden in mehr als hundert kontrollierten Studien an Kindern im Schulalter bis hin zum Jugendalter nachgewiesen. Entsprechend sind Psychostimulanzien derzeit die am besten erforschten psychotropen Medikamente zur Behandlung von ADHS. Gemessen an standardisierter Verhaltensbeobachtung durch Eltern und Lehrer konnte gezeigt werden, dass die Verabreichung von Psychostimulanzien zu einer signifikanten Verbesserung der Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität führt. Auch neuropsychologische Studien konnten zeigen, dass Psychostimulanzien kognitive Funktionen verbessern. Psychostimulanzien aktivieren den Sympathikus und ähneln strukturell den endogenen Katecholaminen. Sie wirken auf zentrale Dopamin- und Noradrenalintransmitterwege, die u.?a. für die Funktion des Frontalhirns wichtig sind. Darüber hinaus wirken Psychostimulanzien im Striatum. Sie binden |19|an den Dopamintransportern, was zu einem Anstieg von Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt führt. Ursprünglich gab es nur Präparate mit sofortiger Freisetzung von MPH und entsprechend kurzer Wirkungsdauer, die nach oraler Verabreichung Aufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität für drei bis fünf Stunden verbesserten. Diese Präparate erforderten mehrere Dosen pro Tag, meistens morgens und mittags. Gegenwärtig sind Präparate mit verlängerter Freisetzung verfügbar. In den meisten Fällen ermöglichen sie die Verabreichung einer Einzeldosis am Morgen mit einer maximalen Wirkung zwischen ein bis fünf Stunden. Bei vielen Kindern dauert der Wirkeffekt sogar über den gesamten Schultag an. Man geht außerdem davon aus, dass die nur einmalige Einnahme am Tag die Compliance und Adhärenz deutlich verbessert. Darüber hinaus sind das stete pharmakokinetische Profil der lang wirkenden Wirkstoffe und der konsistentere Medikationseffekt vorteilhaft. Auch eine transdermale Anwendung ist derzeit verfügbar und wird von Patienten bevorzugt, die das Schlucken fester oraler Darreichungsformen schwierig finden. Darüber hinaus bietet diese Darreichungsform aufgrund des fehlenden First-Pass-Effekts eine höhere Bioverfügbarkeit als oral verabreichte Präparate. Ein weiteres wichtiges Psychostimulanz zur Behandlung von ADHS ist d-Amphetamin, das die dopaminerge und noradrenerge Neurotransmission, ähnlich der Wirkung von Methylphenidat, verstärkt. Ein Isomer von Amphetamin (so genanntes „l-Amphetamin“) setzt Noradrenalin sowie Dopamin frei. Zum Teil respondieren Kinder mit ADHS besser auf eine Mischung aus d- und l-Amphetaminsalzen als auf reines d-Amphetamin. Das Nebenwirkungsprofil von Methylphenidat sowie den genannten Amphetaminen ist vergleichbar. V.?a. in den USA werden Amphetaminsalze noch häufig verwendet. Präparate mit einer verlängerten Freisetzung, die zur Hälfte aus einem schnell freisetzenden Anteil und zur anderen Hälfte aus verlängert freisetzendem Anteil bestehen, setzen für vier bis sechs Stunden den Wirkstoff frei. Im Allgemeinen wird die Behandlung mit gemischten Amphetaminsalzen gut toleriert und führt häufig zu einer signifikanten und anhaltenden Verbesserung der Symptomatik und der allgemeinen Funktionsfähigkeit. Lisdexamphetaminedimesylat (LDX; USA: Vyvanse®; Deutschland: Elvanse®) ist ein neues Prodrug von d-Amphetamin, das die natürlich vorkommende Aminosäure L-Lysin umfasst, die kovalent über eine amidbindende Gruppe an d-Amphetamin gebunden ist. LDX ist das erste Prodrug des d-Amphetamins, das für die Behandlung von ADHS bei Kindern ab dem Alter von sechs Jahren und bei Erwachsenen in den USA und Kanada zugelassen ist. LDX ist für den klinischen Gebrauch auch in einer Reihe anderer europäischer Länder zugelassen. Nach der Einnahme beträgt die Wirkungsdauer von LDX 13 Stunden bei Kindern und 14 Stunden bei Erwachsenen. Eine Überprüfung von Steer, Froelich, Soutullo, Johnson und Shaw (2012) ergab, dass LDX eine stabile klinische Wirksamkeit bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aufweist. Eine einfachblinde, offen-geführte Studie zur Dosisoptimierung mit LDX bei 28 Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren zeigte, dass Kinder ohne bisherige Stimulanzientherapie mit ADHS mehr unerwünschte Wirkungen aufwiesen als Kinder, die bereits Psychostimulanzien eingenommen hatten (Wigal et?al., 2012). Eine Studie von Coghill, Caballero, Sorooshian und Civil (2014) kam zu dem Schluss, dass das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von LDX bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS dem anderer Psychostimulanzien ähnlich ist. Die vorliegenden Studien und klinische Erfahrungen haben gezeigt, dass 70 bis 80?% der Kinder von einer Behandlung mit mindestens einem Psychopsychostimulans profitieren, wenn das Medikament richtig titriert wird. Die durchschnittliche Effektgröße für Psychostimulanzien (0,91 für die Präparate mit sofortiger Freisetzung und 0,95 für lang wirkende Präparate) ist größer als die durchschnittliche Wirkung für Nicht-Psychostimulanzien (0,62), obwohl es eine große Variabilität gibt (Metaanalyse von Faraone, 2009). Neuere Daten haben gezeigt, dass LDX bei Kindern größere Effektstärken als Methylphenidat (etwa 1,2 bis 1,6) aufweist. Die Ergebnisse können jedoch nicht auf Erwachsene übertragen werden (Coghill, Caballero, Sorooshian & Civil, 2014; für eine Übersicht siehe Faraone, 2012). Die Wirksamkeit von MPH ist bei Erwachsenen ähnlich wie bei Kindern. In einer Metaanalyse, die 140 mit MPH behandelte Erwachsene mit ADHS und 113 Erwachsene mit ADHS in der Placebogruppe umfasste, betrug die mittlere Effektgröße 0,9 mit noch höheren Effekten bis zu 1,3, wenn die Behandlung auf hohe Dosen optimiert wurde (Faraone, Spencer, Aleardi, Pagano & Biedermann, 2004). ...


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