Gerber | Warum die Medizin die Philosophie braucht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 380 Seiten

Gerber Warum die Medizin die Philosophie braucht

Für ein umfassendes Verständnis von Krankheit und Gesundheit

E-Book, Deutsch, 380 Seiten

ISBN: 978-3-456-96023-4
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Auf der Suche nach der genuinen Medizin - klug, spannend und lehrreich auch für Nichtphilosophen!

Die Medizin ist im Wandel, sie scheint sich vom Menschen zu entfremden. Wie ist diese Entwicklung zu interpretieren und was ist von ihr zu halten? Welche Medizin wollen wir überhaupt, was könnte man verbessern und wie müsste dies geschehen? Um die sich aufdrängenden Fragen im Kontext von Gesundheit, Krankheitsentstehung, Krankheitserleben und Medizinverständnis zu formulieren und vor allem auch Antworten darauf zu finden, ist eine ethisch-philosophische Herangehensweise erforderlich.

Dem Autor des Buches gelingt es, als erfahrener Arzt und zusätzlich studierter Philosoph, dem Leser die anspruchsvollen Themen näher zu bringen und ihm adäquates Rüstzeug für die Wahrnehmung und den Umgang mit medizin-philosophischen Herausforderungen bereitzustellen.

In diesem Buch geht es um Themen wie Begrifflichkeiten rund um Gesundheit und Krankheit - Salutogenese und Pathogenese - Um den Kranken in seiner Krankheit - Suggestion und Konditionierung - Placebo-/Noceboeffekt - Handeln oder situativ Nicht(s)tun in der Medizin - Entscheidungen in Unsicherheit - Mitleid oder Empathie - Trost und Trauer etc.

Es geht um die Medizin, die wir uns wünschen, um den Patienten, dem diese Medizin zukommen soll und um den Arzt, dessen Aufgabe es ist, dem Patienten eine sinnvolle und sich am Patientenwohl orientierende Medizin anzubieten. Das kann nur dann erfolgreich gelingen, wenn alle Beteiligten bereit und gewillt sind, unsere Medizin neu zu gestalten.

Auf der Suche nach der genuinen Medizin, nach einer Medizin, die eine Medizin für den Menschen ist, findet der Leser in diesem Werk einen wahren Fundus an Erkenntnissen, Ideen und Impulsen, um letztendlich kluge Schlussfolgerungen und Verbesserungen vielleicht auch für sich selbst zu übernehmen
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Zielgruppe


Ärzte in Klinik und Praxis, Tätige in medizinischen Gesundheitsberufen, Patientenvertreter, alle die an medizinisch ethisch-philosophischen Fragestelllungen interessiert sind.


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Inhalt, Dank und Mehr als ein Vorwort – ein Vorsatz;9
2;Die Platane des Hippokrates – eine Metapher;21
3;Einleitung;27
4;1 Ausgangslage;33
4.1;1.1 Ein gewisses Unbehagen;34
4.2;1.2 Wer bestimmt die Ziele der Medizin?;35
5;2 Medizin und Philosophie;37
5.1;2.1 Die Beziehung zwischen Medizin und Philosophie;37
5.1.1;2.1.1 Medizin und Philosophie – eine Verwandtschaft?;38
5.1.2;2.1.2 Die Medizin braucht die Philosophie;40
5.1.3;2.1.3 Medizin und Philosophie – komplementäre Kompetenzen;41
5.2;2.2 Wer definiert die Medizin?;42
5.3;2.3 Einleitendes zur Sinnfrage in der Medizin;44
5.4;2.4 Über die Notwendigkeit eines Philosophikums in der Medizin;45
6;3 Gesundheit, Krankheit, Medizin und Medikalisierung;49
6.1;3.1 Über die Begriffe Gesundheit, Krankheit und Medizin;50
6.1.1;3.1.1 Was ist Gesundheit und was ist Krankheit?;50
6.1.2;3.1.2 Die Große und die Kleine Gesundheit – die Große und die Kleine Krankheit;51
6.1.3;3.1.3 Die Aspekte der Kontingenz und des Menschen als kulturelles Wesen;53
6.1.4;3.1.4 Gesundheit zu besitzen ist im Wesentlichen Glück;54
6.2;3.2 Die faktisch praktizierte Medizin und die Medizin für den Menschen;56
6.3;3.3 Sinnfragen im Kontext von Krankheit und Medizin;57
6.3.1;3.3.1 Zur Frage 1: Vom Sinn der Krankheit selbst;58
6.3.2;3.3.2 Zur Frage 2: Hat Krankheit einen Sinn für den an einer Krankheit leidenden Menschen?;59
6.3.3;3.3.3 Zur Frage 3: Gibt (oder macht) der kranke Mensch in der Gesellschaft einen Sinn?;61
6.4;3.4 Die Bedeutsamkeit in der Medizin;61
6.5;3.5 Die Medikalisierung, Ausdruck und Konsequenz einer inexistenten Gesundheitsdefinition;62
7;4 Krankheit und der Aspekt des Selbstverschuldens;69
7.1;4.1 Selber schuld?;69
7.1.1;4.1.1 Über die Absurdität der Schuldzuweisung;70
7.1.2;4.1.2 Die Krux mit der Prävention;73
7.2;4.2 Die quartäre Prävention;76
7.3;4.3 Heilsversprechen durch Farben, Düfte, Klänge …;78
7.4;4.4 Verhaltensänderung durch (E-)Nudging;80
8;5 Über Lebensqualität, das gute Leben und das Wohl des Patienten;83
8.1;5.1 Der Aspekt der Lebensqualität;83
8.2;5.2 Das gute Leben;86
8.3;5.3 Das Wohl des Patienten;87
9;6 Der Kranke und seine Krankheit;93
9.1;6.1 Krankwerden und Kranksein;93
9.2;6.2 Gedanken über das Hinnehmen einer Krankheit;95
9.3;6.3 Klarstellung zum Begriff der Krankheitsentstehung;97
10;7 Salutogenese, Resilienz und individuelle Reaktionen auf Suggestion und Konditionierung;99
10.1;7.1 Das Konzept der Salutogenese – nach Aaron Antonovsky;99
10.2;7.2 Verhaltenskontrolle durch Selbstregulation;105
10.3;7.3 Resilienz und Coping;106
10.3.1;7.3.1 Resilienz;106
10.3.2;7.3.2 Coping;109
10.3.3;7.3.3 Logotherapie oder der Wille zum Sinn;111
10.4;7.4 Individuelle Reaktionen auf Suggestion und Konditionierung;112
10.4.1;7.4.1 Der Placeboeffekt – spektakuläre Perspektiven in der (modernen) Medizin;112
10.4.2;7.4.2 Der Noceboeffekt;117
10.5;7.5 Die Krux der irrationalen Therapien;119
11;8 Achtsamkeit, Gelassenheit und die Einstellung zur Krankheit;123
11.1;8.1 Achtsamkeit;124
11.1.1;8.1.1 Achtsamkeit: Definitionen (nach Oxford Dictionary, Jon Kabat-Zinn, Paul Grossman);125
11.1.2;8.1.2 Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion;128
11.1.3;8.1.3 Achtsamkeit in der Medizin;128
11.2;8.2 Gelassenheit;130
11.2.1;8.2.1 Gelassenheit und Negative Ethik;131
11.2.2;8.2.2 Gelassenheit und Krankheit;133
11.3;8.3 Einstellung zur Krankheit;134
11.3.1;8.3.1 Einstellung in Bezug auf Krankheit und Medizin;135
11.3.2;8.3.2 Optimisten leben länger;136
12;9 Die Leiblichkeit in der Philosophie und Medizin;137
12.1;9.1 Die Leiblichkeit;137
12.1.1;9.1.1 Die Leiblichkeit in der Philosophie;137
12.1.2;9.1.2 Die Leiblichkeit in der Medizin;139
12.2;9.2 Der phänomenologische Ansatz;141
12.3;9.3 Chronische Krankheiten als komplexe Systeme;143
12.4;9.4 Das Dilemma der modernen Medizin;144
13;10 Affektivität in der Krankheit – Gefühle, Mitgefühle und Haltungen;147
13.1;10.1 Gefühle;147
13.2;10.2 Angst;148
13.3;10.3 Grübeln – oder das Sinnieren in Endlosschlaufen;150
13.4;10.4 Schmerz;152
13.4.1;10.4.1 Schmerz aus phänomenologischer Sicht;153
13.4.2;10.4.2 Das therapeutische Potenzial liegt (auch) im Personalen;155
13.5;10.5 Leid;156
13.6;10.6 Mitleid und Empathie;159
13.6.1;10.6.1 Über Mitleid;159
13.6.2;10.6.2 Arthur Schopenhauers Mitleidsethik;160
13.6.3;10.6.3 Mitleid bei Friedrich Nietzsche;161
13.6.4;10.6.4 Empathie;161
13.6.5;10.6.5 Empathie statt Mitleid?;163
13.7;10.7 Liebe und Hoffnung;163
13.7.1;10.7.1 Über die Liebe;163
13.7.2;10.7.2 Über die Hoffnung;165
13.7.3;10.7.3 Hoffnung im Kontext von Krankheit und Medizin;165
13.8;10.8 Trost und Trauer;168
13.8.1;10.8.1 Über den Trost (in) der Philosophie;168
13.8.2;10.8.2 Über die Trauer;172
14;11 Unsicherheit, Kontingenz und Serendipität im Kontext von Krankheit;175
14.1;11.1 Ungewissheit und Unsicherheit;175
14.1.1;11.1.1 Grundlegendes über Sicherheit und Unsicherheit;176
14.1.2;11.1.2 Die Sicherheitsdebatte oder Unsicherheit als Conditio humana;179
14.1.3;11.1.3 Optimierung von Entscheidungen in Unsicherheit;183
14.1.4;11.1.4 Der Aspekt der Ungewissheit und Unsicherheit in der Medizin;185
14.2;11.2 Kontingenz;188
14.2.1;11.2.1 Kontingenz oder die Möglichkeit des Auch-anders-sein-Könnens;189
14.2.2;11.2.2 Kontingenz und Lebenswelt;192
14.2.3;11.2.3 Kontingenz und Krankheit;195
14.3;11.3 Serendipität;196
14.3.1;11.3.1 Über das Phänomen der Serendipität;196
14.3.2;11.3.2 „Was sehen wir eigentlich, wenn wir nichts sehen?“;197
14.3.3;11.3.3 Serendipität und Krankheit;199
15;12 Vanitas – Sterben und Tod;201
15.1;12.1 Die menschliche Vergänglichkeit;201
15.2;12.2 Gedanken zur Unsterblichkeit;203
15.3;12.3 Das Unsterblichkeitsenzym;204
15.4;12.4 Phaidon – Philosophieren heißt sterben lernen;206
15.5;12.5 Das Sterben und der Tod – ein Beitrag der Philosophie;207
15.5.1;12.5.1 Über das Leben und den Tod;207
15.5.2;12.5.2 Die Wertung des Todes;210
15.5.3;12.5.3 Der Sinn des Lebens in Anbetracht des Todes;213
15.5.4;12.5.4 Strategien der Todesbewältigung;214
15.5.5;12.5.5 Das Motiv des Absurden;214
15.6;12.6 Über das Sterben heute;216
15.6.1;12.6.1 Sterben als „Machsal“;217
15.6.2;12.6.2 Entscheidungen am Lebensende;218
15.6.3;12.6.3 Selbstbestimmtes Sterben;220
16;13 Medizin – Quo vadis?;225
16.1;13.1 Biopolitik und Biomacht;231
16.1.1;13.1.1 Michel Foucault;231
16.1.2;13.1.2 Verschiedene Aspekte von Biopolitik und Biomacht;232
16.2;13.2 Die Medizin im Wandel;237
16.2.1;13.2.1 Vier Merkmale des Wandels innerhalb der Medizin;238
16.2.2;13.2.2 Gedanken zum Wandel innerhalb der Medizin;239
16.3;13.3 Entfremdet sich die Medizin?;241
16.4;13.4 Personalisierte Medizin;243
16.5;13.5 „Self-Tracking“ oder die Selbstvermessung des Körpers;246
17;14 Situatives Nicht(s)tun in der Medizin;251
17.1;14.1 Über das Tun und Nicht(s)tun;252
17.1.1;14.1.1 Worum geht es?;252
17.1.2;14.1.2 Handlungstheoretische Grundlegung;253
17.1.3;14.1.3 Das Tun in der Medizin und im Gesundheitswesen;255
17.1.4;14.1.4 Die Macht in der Medizin;258
17.2;14.2 Das Nicht(s)tun in der Medizin;261
17.2.1;14.2.1 Was meint situatives Nicht(s)tun in der Medizin – und was nicht?;261
17.2.2;14.2.2 Die argumentative Begründung des situativen Nicht(s)tuns in der Medizin;263
17.2.3;14.2.3 Die Risiken und Gefahren des situativen Nicht(s)tuns in der Medizin;265
17.2.4;14.2.4 Über Wesen und Gehalt von situativem Nicht(s)tun in der Medizin;267
17.2.5;14.2.5 Situatives Nicht(s)tun in der Medizin und das „gute Leben“;267
17.3;14.3 Die Ethik des Nicht(s)tuns;269
17.3.1;14.3.1 Der Umgang mit ethischen Herausforderungen;270
17.3.2;14.3.2 Argumentationen zur Ethik des Nicht(s)tuns;270
17.4;14.4 Die Handlungsgründe in der Medizin;273
17.4.1;14.4.1 Gründe und Ursachen;273
17.4.2;14.4.2 Gute, fragwürdige und schlechte Gründe;274
17.5;14.5 Was tun wir, wenn wir nichts tun? Oder: Eine ganz andere Weise von Tun;278
17.6;14.6 Nicht(s)tun als Chance für das genuin Ärztliche;280
17.7;14.7 Die Rezeption von situativem Nicht(s)tun in der Medizin;281
17.8;14.8 Erkenntnisse und Konsequenzen, die sich aus der These ergeben;282
17.8.1;14.8.1 Erkenntnisse;282
17.8.2;14.8.2 Die praktischen Konsequenzen des situativen Nicht(s)tuns in der Medizin;283
18;15 Medical Humanities – Die Suche nach dem Ganzen in der Medizin;287
18.1;15.1 Medical Humanities;287
18.2;15.2 Das „Ganze“ in der Medizin;289
18.3;15.3 Der Beitrag der Medizin selbst;292
19;16 Alternative Heilmethoden – Qualitätsbegriff;295
19.1;16.1 Die Krux des Einbezugs von alternativen Heilmethoden in die Schulmedizin;295
19.1.1;16.1.1 Grundlegendes zu alternativen Heilmethoden;296
19.1.2;16.1.2 Einige Überlegungen zur Implementierung alternativer Heilmethoden;297
19.2;16.2 Qualität im Kontext der Medizin;300
19.2.1;16.2.1 Qualität in der Medizin umfasst messbare und nicht messbare Qualität;301
19.2.2;16.2.2 Normativer und nicht normativer Qualitätsbegriff;303
20;17 Palliative Care und Spiritual Care;305
20.1;17.1 Sterbebegleitung und Palliative Care;305
20.2;17.2 Spiritual Care;307
20.2.1;17.2.1 Über Spiritualität in der Medizin;307
20.2.2;17.2.2 Die religiöse Spiritualität;308
20.2.3;17.2.3 Die agnostische und die atheistische Spiritualität;310
20.2.4;17.2.4 Spiritualität und Neurobiologie;316
20.2.5;17.2.5 Spiritual Care als Ressource;317
20.2.6;17.2.6 Spiritual Care – Aufgaben und Zuständigkeiten aus theologisch-ethischer Sicht;319
20.3;17.3 Kooperation von Palliative Care und Spiritual Care;322
21;18 Auf der Suche nach der genuinen Medizin;325
21.1;18.1 Modelle integrierter Medizin;333
21.1.1;18.1.1 Thure von Uexküll;334
21.1.2;18.1.2 Das Modell von Thure von Uexküll;335
21.1.3;18.1.3 Gedanken zum bio-psycho-sozialen Postulat;338
21.2;18.2 Das erweiterte bio-psycho-soziale Modell;341
21.2.1;18.2.1 Emergenz als Bedingung für das erweiterte bio-psycho-soziale Modell;341
21.2.2;18.2.2 Dem Ganzen auf der Spur?;342
21.3;18.3 Die Perspektive des Patienten und die Rehabilitierung des Subjektiven;344
21.3.1;18.3.1 Subjektivität und Objektivität;345
21.3.2;18.3.2 Die Verschränkung von Subjektivität und Objektivität als emergentes Geschehen?;346
21.4;18.4 Der Begriff des Ganzen im umfassenderen Sinn;347
22;19 Eine Medizin für den Menschen;351
22.1;19.1 Was ist eine Medizin für den Menschen?;352
22.2;19.2 Die Betrachtung der Medizin aus drei unterschiedlichen Perspektiven;353
22.3;19.3 Der Begriff der Heilung;354
22.4;19.4 Über Dramen und Rollentausch;355
22.5;19.5 Der kompetente Arzt;357
22.6;19.6 Der kompetente Patient;358
23;Über den Autor;361
24;Literaturverzeichnis;363
25;Personenverzeichnis;372
26;Sachwortverzeichnis;375


Mehr als ein Vorwort – ein Vorsatz
Auch wenn viele der hier angesprochenen Themen in Form von Mutmassungen und Fragen zur Debatte stehen, besteht nie die Vorstellung, zu diesen jeweils die zutreffenden und verbindlichen Antworten zu kennen. Im Gegenteil: Es ist die Philosophie, die uns wachsam halten soll, der Versuchung der Gewissheit nicht zu erliegen. Die Erkenntnis, von der hier die Rede ist und nach der wir suchen, verpflichtet uns dazu, Gewissheiten nicht als Beweise von Wahrheiten zu verkennen. Denn die Vorstellung und Weltsicht, die wir haben, ist nicht die Vorstellung und die Weltsicht, sie sind bloss eine von vielen, die wir mit andern hervorbringen. Dabei sei Weltsicht auch verstanden als Weitsicht und Vorstellung ganz besonders auch als eigene, subjektive Einschätzung. Unverzichtbar dabei ist eine vertiefte Reflexion und die Bereitschaft, nicht grundsätzlich auf dem zu beharren, was für uns als gewiss erscheint. Für jede Art von philosophischem Denken sind zudem Neugier und Begeisterungsfähigkeit erforderlich, und besonders auch das Bestreben, sich für anderes und andere zu öffnen. Nur so entledigen wir uns der Gefahr der eigenen Verkennung, der Illusion vermeintlicher Sicherheit und der kognitiven Verkümmerung infolge isolationistischen und reduktionistischen Denkens und Handelns. Bei der Lektüre dieses Buches soll eben dies getan werden: Hinterfragen und geduldiges Reflektieren des bis anhin Gedachten und Gelebten, aber auch des hier Geschriebenen und Gemeinten. Loslassen tradierter Vorstellungen und Gewissheiten betreffend all der hier zur Sprache kommenden Themen. Sich Neuem und Anderem mutig anvertrauen, in gespannter Erwartung und mit der dazu notwendigen (selbst)kritischen Einstellung. Immer wissend, dass die hier zur Diskussion stehenden Beiträge nie vollständig und abschliessend sein können, ja, dass auch Wichtiges und Wesentliches fehlen wird. Jede philosophische Auseinandersetzung mit den sich im Rahmen einer Krankheit oder eines Unfalls stellenden Herausforderungen, aber auch jede Reflexion über grundsätzliche Fragen zur Medizin erfordern die hier aufgeführten Kompetenzen. Nur so kann es gelingen, aus der Summe des Angedachten den Zugang für das Wesentliche und dabei Entscheidende zu schaffen. Und nur so wird es jedem Einzelnen im Rahmen seiner individuellen Auseinandersetzung mit der Krankheit und deren Folgen einen persönlichen Nutzen bringen. Genau deshalb, weil auf eine komplexe Frage oft keine simple und konklusive Antwort folgt, braucht es diese Kompetenzen. Nur so kann es gelingen, zu verstehen, dass auch das Ausbleiben einer solchen Antwort ein brauchbares Ergebnis sein kann und oft wertvolle Schlussfolgerungen zulässt. Wegweisend für den Aufbau dieses Buches war demnach auch die sehr breite Fächerung der Themen. Aus den verschiedensten Perspektiven sollen wesentliche Themenbereiche, komplexe Probleme und kritische Punkte philosophisch betrachtet, ergründet und hinterfragt werden. Dabei entstehen unterschiedlichste Zugänge und Auffassungen, die differenzierte Erkenntnisse zu den jeweiligen Gebieten erst ermöglichen. Aber auch solche Erkenntnisse implizieren immer deren Relativierung, im Wissen, dass Gewissheit stets relativ ist. Jede philosophische Auseinandersetzung, unabhängig vom jeweiligen Themenbereich, verlangt kritisches Hinterfragen von Gewissheiten, vertieftes reflektieren über Bekanntes und Unbekanntes und Offenheit für Anderes und Neues. Den Vorsatz zu fassen, sich diese Kompetenzen im Laufe der Lektüre möglichst zu verschaffen, das ist das Credo dieses Vorworts. Mit diesem Buch soll in erster Linie versucht werden, dem Leser, ob gesund oder krank, den Prozess der philosophischen Auseinandersetzung mit existentiellen Themen, die sich aus der Konfrontation mit einer Krankheit ergeben, zu erleichtern. Zudem soll dieses Buch ein Plädoyer dafür sein, auch im Krankheitsfall weiter zu leben, solange die Krankheit dies noch zulässt. Krank sein hat seine körperlichen und mentalen Aspekte – über die ersteren wird üblicherweise sehr viel geschrieben und gesprochen, über die letzteren hingegen deutlich weniger. Demnach geht es in erster Linie um diese mentalen, philosophischen Aspekte des Krankseins und auch darum, aufzuzeigen, dass diese für den Erkrankten mindestens so lebens- und leidensbestimmend sind, wie die körperlich-medizinischen Aspekte. Hier sind nun aber weder simple Antworten auf komplexe Fragen zu erwarten, noch werden einfache Lösungen für Probleme geboten. Im Weiteren werden die Notwendigkeit und Dringlichkeit aufgezeigt, uns auf den Weg zu machen zu einer Medizin, die den Namen einer Medizin für den Menschen verdient. Dieser Weg kann jedoch nicht von uns Ärzten und Ärztinnen allein vorgezeichnet werden, denn die Richtung dorthin zu bestimmen und rechtzeitig die wesentlichen Wegmarken festzulegen ist eine Aufgabe, die sich uns allen stellt. Das Ziel dieses Buches ist denn auch, ein Krankheits- und Medizinverständnis zu wecken und zu fördern, welches dem Menschen in seinem Menschsein gerecht wird. Es ist weder als Lebenshilfe noch als weiterer medizinischer Ratgeber im üblichen Sinn zu verstehen. Hier sind weder Rezepte für ein gesundes Leben noch Garantien für eine erfolgreiche Krankheitsbewältigung zu erwarten, hingegen aber konstruktive Gedanken über das krank sein selbst, instruktive Hinweise betreffend Umgang mit Krankheit und zudem eine kritische Sicht auf gewisse Entwicklungen, die unsere heutige Medizin zunehmend bestimmen und prägen. Das Buch ist aufgeteilt in drei Teile. In einem ersten Teil geht es um die Exposition verschiedener Themenbereiche. Ausgehend vom Status quo unserer modernen Medizin werden einige der aktuellen Probleme und der sich aufdrängenden Fragen im Kontext von Gesundheit, Krankheit und Medizin vorgestellt. Sehr rasch wird der Bezug der Medizin zur Philosophie hergestellt – mein Hauptanliegen in diesem Buch! Die Medizin braucht die Philosophie dringend und auch die Patienten und Patientinnen, die Ärzte und Ärztinnen brauchen sie. Im zweiten Teil wird das Krankheitserleben thematisiert. Hier geht es um den Kranken in seiner Krankheit. Erleben ist immer stark subjektiv geprägt und etwas ganz Persönliches – das gilt insbesondere auch für das Erleben von Krankheit und Medizin. In diesem zweiten Teil werden zudem Kenntnisse über verschiedene Modelle der Krankheitsentstehung und über unterschiedliche Weisen der Auseinandersetzung des Erkrankten mit seiner Krankheit vermittelt, und es geht auch um Affektivität und Unsicherheit gegenüber psychischen und körperlichen Leiden. Und letztlich um unsere Vergänglichkeit, ums Sterben und den Tod. Im dritten und letzten Teil wird über das Medizinverständnis gesprochen. Die Medizin ist im Wandel – entfremdet sie sich vom Menschen? Wie ist diese Entwicklung zu interpretieren? Was wollen wir überhaupt, was könnte man verbessern und wie müsste dies geschehen? Hier werden nicht nur Fragen gestellt, sondern konkrete Vorschläge zur Verbesserung unserer modernen Medizin gemacht. Wir sind auf der Suche nach der genuinen Medizin, nach einer Medizin, die eine Medizin für den Menschen ist. Die insgesamt neunzehn Kapitel dieses Buches werden eingeleitet durch Einführende Bemerkungen. Übersichtsmässig und stichwortartig wird hier über die in diesem Kapitel zu erwartenden Themen informiert. Im zweiten und dritten Teil des Buches sind zudem unter dem Titel Die Stimme der Philosophen je zwei philosophische Texte untergebracht (insgesamt vier), die in direktem Zusammenhang mit der jeweiligen Thematik stehen und mit Absicht sehr nahe am Originaltext vorgestellt werden. Das Ziel ist, die Sprache, Gedanken und Argumente von ausgewählten Philosophen zu Themen der Medizin hier möglichst unverfälscht und authentisch wiederzugeben. Sie sollen die Art und Weise des Denkens und Argumentierens der Philosophen exemplarisch aufzeigen. Das Medizinverständnis, welches diesem Buch zugrunde liegt – und welches explizit meinem eigenen entspricht – basiert erstens auf der Einsicht, dass weder der ausschliesslich naturwissenschaftliche noch der bloss geisteswissenschaftliche Zugang der Medizin dem kranken Menschen gerecht werden kann. Und zweitens entspricht es meiner Überzeugung, dass der immer grösser werdende Prioritätsanspruch (und Machtanspruch) der Naturwissenschaften gegenüber den Geisteswissenschaften einer dem Menschen angemessenen Definition einer modernen Medizin nicht mehr standhalten kann. Weder der schon beinahe legendäre Satz des berühmten Arztes Bernhard Naunyn (1839–1925) „Die Medizin wird Naturwissenschaft sein oder sie wird nicht sein“, noch seine absolute Gegenposition, werden dem Menschen, insbesondere dem Menschen in seiner Krankheit, gerecht.1 Zu diesem Schluss kommt jeder Arzt, der einerseits bei seinen Patienten die oft spektakulären Erfolge unserer naturwissenschaftlichen Medizin aus nächster Nähe miterlebt. Der andererseits aber immer wieder feststellt, wie stark auch nichtbiologische, also anthropologische und kulturelle Faktoren, das Erleben und Bewältigen einer Krankheit mitbestimmen, und der auch immer wieder registriert, wie aber in unserer modernen Medizin diese Aspekte oft viel zu wenig mit einbezogen werden. Eine wirklich erfolgreiche Medizin, eine Medizin, die für den Menschen gedacht ist, wird ihre...


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