Gontard | Buddhismus und kindliche Spiritualität | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Gontard Buddhismus und kindliche Spiritualität

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

ISBN: 978-3-17-035161-5
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Allen Kindern wohnt die Fähigkeit der Spiritualität, einer intrinsischen menschlichen Fähigkeit zur Transzendenz, inne. Sie zeigt sich in vielfältigen Ausdrucksformen wie Staunen, Verbundenheit mit allem Lebendigen und Weisheit. Viele Facetten der Spiritualität von Kindern und Jugendlichen können durch Buddhas Lehren, die immer stärker Eingang in die westliche Psychologie finden, verstanden werden. Deshalb widmet sich dieses Buch den Zusammenhängen zwischen buddhistischer und kindlicher Spiritualität. Es behandelt die Kindheit des Buddha sowie die Rolle des Kindes in seinen Lehren und in der buddhistischen Kunst. Die Mythologie des göttlichen Kindes wird in einen Kontext mit dem Verständnis von kindlicher Spiritualität in der Psychologie C. G. Jungs gestellt und Grundlagen kindlicher Spiritualität und Religiosität werden veranschaulicht. Der Autor vermittelt ein lebendiges und praktisch relevantes Verständnis von Spiritualität und Buddhismus und lässt Kinder selbst zu Wort kommen.
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Einleitung
      Die Lehren und Einsichten des Buddha haben ihren Weg von ihren asiatischen Ursprüngen in den Westen gefunden. Buddhismus wurde beschrieben als die »psychologischste der Weltreligionen und die spirituellste der Psychologien der Welt« (Epstein 1998, S. 6). In einem sehr praktischen Sinn fühlen viele Menschen ein tiefes spirituelles Bedürfnis und eine Sehnsucht, die in ihrem täglichen Leben nicht erfüllt ist. Die Essenz der Lehren des Buddha ist so zugänglich, praktisch und leicht einzusetzen, dass sie eine große Anziehungskraft hat. Zusätzlich sind die Lehren kompatibel mit anderen religiösen Glaubensrichtungen und humanistischen Werten. Durch ihre nachgewiesenen positiven Effekte wurde »Achtsamkeit«, einer der Aspekte der Lehren des Buddha, in die moderne Psychologie und in viele verschiedene Schulen der Psychotherapie integriert. In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von Büchern veröffentlicht, die sich mit so unterschiedlichen Themen wie Buddhismus und Meditation, Geschichte, Politik, Ethik, Weisheit, Psychotherapie, persönlichen Beziehungen und selbst Elternschaft beschäftigten – aber nur wenige, die sich auf Kindheit an sich bezogen. Eine Ausnahme ist das hervorragende akademische Werk mit dem Titel »Little Buddhas: Children and Childhoods in Buddhist Texts and Traditions« (Sasson 2013). Selbst in den ursprünglichen Texten des Buddha gibt es nur wenige Hinweise auf Kinder, jedoch beschreiben einige die Treffen des Buddha mit Jugendlichen. Die Vernachlässigung der Kindheit als Thema in buddhistischen Veröffentlichungen ist wirklich verblüffend. Zur gleichen Zeit hat sich eine zunehmende Aufmerksamkeit für die offene und spontane Spiritualität von Kindern und Jugendlichen entwickelt. Spiritualität wird verstanden als ein inhärenter Aspekt der menschlichen Entwicklung, die in jedem Menschen von Anfang an vorhanden ist. Sie ist nicht abhängig von Lernen, Ausbildung, individuellen Stärken, Fähigkeiten oder besonderen Lebensereignissen. Sie ist selbst für sehr junge Kinder zugänglich. Spirituelle Erfahrungen von Kindern sind tatsächlich so universell und häufig, dass die meisten Erwachsenen sich gut an sie erinnern und Einzelheiten wachrufen können. Tiefe spirituelle Einsichten von Kindern können Wendepunkte im Leben sein und als innere Ressourcen wirken, mit zukünftigen Krisen umzugehen und sie lösen zu können. Spiritualität wird definiert als die Fähigkeit und das Bedürfnis eines Individuums nach transzendenten Erfahrungen und als Sehnsucht nach Tiefe im Leben. Religiosität dagegen ist ein nicht individuelles System von transzendenten Werten, die in Institutionen, Glauben, Theologien und Ritualen formal strukturiert werden. Religiosität wird beeinflusst von historischen und kulturellen Faktoren, während Spiritualität auf jeden Menschen zutrifft, unabhängig davon, ob er oder sie sich als Atheist, Agnostiker oder Gläubiger bezeichnet. Für manche Menschen kann die Spiritualität innerhalb eines religiösen Rahmens erfahren werden. Sie kann ein lebendiger und bereichernder Aspekt einer wahren religiösen Hingabe sein. Für die meisten Menschen in säkularen Gesellschaften dagegen, zeigt sich die Spiritualität außerhalb einer religiösen Tradition. Diese spontane oder natürliche Spiritualität kann sich in verschiedenen Bereichen offenbaren. Typische Erscheinungsformen der Spiritualität bei Kindern umfassen das Wundern und Staunen, das Philosophieren, die interpersönliche Spiritualität, die Weisheit und das Unsichtbare sehen. Phänomenologisch sind diese Erfahrungen real für den Einzelnen, sie können kommuniziert werden und sogar von anderen verstanden werden, vorausgesetzt, dass sie auf Resonanz stoßen und anerkannt werden. Viele spirituelle Einsichten und Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen enthüllen ein tiefes und weises Verständnis des menschlichen Lebens. Viele ihrer Erkenntnisse sind sogar vollständig kompatibel mit den Lehren des Buddha – ohne dass die Kinder und Jugendliche jemals buddhistische Texte gelesen oder meditiert hätten. Diese Einsichten tauchen auf, da sie tiefe, universelle Wahrheiten widerspiegeln. Das Ziel dieses Buches ist es, die Assoziationen zwischen kindlicher Spiritualität und den Lehren des Buddha (auch Dharma genannt) zu untersuchen. Die erste Annahme dabei ist, dass alle Menschen (Kinder, Jugendliche und Erwachsene) Zugang zu einer spontanen, persönlichen und natürlichen Spiritualität haben. Obwohl Unterricht und Übung die Wahrscheinlichkeit für spirituelle Erfahrungen erhöhen können, ist die spontane Spiritualität jedoch nicht abhängig von irgendwelchen Bedingungen oder Voraussetzungen wie Alter, Erfahrung oder Training. Sie kann jederzeit und an jedem Ort auftauchen und in ihrem Grad der Ausprägung von leichten bis überwältigenden Erfahrungen mit positiven wie auch negativen Qualitäten variieren. Obwohl sie vorübergehende Erfahrungen darstellen, weisen sie auf universelle Wahrheiten hin, die leicht von Kindern verstanden werden. Die zweite Annahme lautet, dass die spontanen spirituellen Erkenntnisse von Kindern mit den Einsichten, die der Buddha vor vielen Jahrhunderten umrissen hat, übereinstimmen. Da sich die Erkenntnisse des Buddha über eine so lange Zeit in verschiedenen Ländern entwickelt haben, ist dieses Buch nicht Ausdruck einer spezifischen Schule des Buddhismus, im Gegenteil, es ist nicht an eine buddhistische Konfession oder Richtung gebunden. Buddhistische Traditionen wurden in verschiedenen Kulturen integriert und haben deshalb unterschiedliche Schwerpunkte. In ihren vielen Differenzen tragen sie zu der Vielfalt und dem Reichtum des Buddhismus bei. Trotz aller Unterschiede verweisen sie alle auf die Grundverständnisse und Lehren des Buddha. Wie der amerikanische Dharma-Lehrer Joseph Goldstein eines seiner Bücher passend benannte, es gibt nur ein Dharma. Damit drückt er aus, dass »es eine tiefe gemeinsame Übereinstimmung von befreiender Weisheit gibt, die durch alle Überlieferungen des Buddhismus läuft« (Goldstein 2002, S. 6). Dieses Buch versucht, eine praxisorientierte Essenz der Lehren des Buddha (d. h. des Dharmas) so zu vermitteln, wie Kinder sie erfahren, d. h. die wesentliche Spiritualität und nicht religiöse oder philosophische Interpretationen. Aus diesem Grund werden primär die ursprünglichen Lehren des Buddha herangezogen und weniger spätere Kommentare. Das Buch wird drei Themenbereiche verfolgen, die miteinander verbunden und verflochten sind: Im ersten Teil werden die Verbindungen zwischen Buddhismus und Kindheit untersucht, beginnend mit der eigenen Kindheit des historischen Buddha, gefolgt von seiner Hagiographie und Mythologie. Themen und Hinweise auf Kindheit in seinen Lehren werden aufgegriffen und im historischen, sozialen und psychologischen Zusammenhang aufgezeigt. Das »göttliche Kind« ist eine der Hauptarchetypen in der Psychologie C. G. Jungs und kann Ganzheit, Neuanfang und Erlösung symbolisieren. Der Archetyp des »göttlichen Kindes« ist in anderen Religionen, wie beispielsweise im Hinduismus und Christentum, hochrelevant. Die weniger deutliche Rolle des »göttlichen Kindes« im Buddhismus wird diskutiert, obwohl die zukünftige, weltverändernde Möglichkeit des jungen Siddhartha Gautama schon kurz nach der Geburt erkannt wurde. Der zweite Teil des Buches wird der Spiritualität und Religiosität von Kindern und Jugendlichen gewidmet und umfasst Definitionen, Häufigkeit, Erscheinungsform und günstige Bedingungen für Spiritualität. Das »Numinose« in der Psychologie C. G. Jungs und Spiritualität sind zwei Begriffe, die synonym verwendet werden können. Die Relevanz der Jung’schen Sicht, um die kindliche Spiritualität in Psychotherapie und im Alltag zu verstehen, wird untersucht. Im dritten Teil werden Verbindungen und Übereinstimmungen zwischen der natürlichen, spontanen Spiritualität und den Lehren des Buddha dargestellt und diskutiert. Nur die Lehren, die besonders wichtig für Kinder sind, werden detailliert erläutert: Vergänglichkeit ist einer der wichtigsten Aspekte kindlicher Erkenntnisse und Gedanken: Warum verändert sich alles, warum kann es nicht gleichbleiben, warum folgt der Herbst auf den Sommer und der Tod auf das Leben? Fragen über Leiden werden anschließend behandelt. Weltliche Bedingungen und Hindernisse der Spiritualität sind ebenfalls Teil ihrer täglichen Erfahrungen. Ethik, Gerechtigkeit und Fairness sind echte Besorgnisse vieler Kinder und Jugendlicher. Die Grundlagen der edlen vier Wahrheiten werden aus kindlicher Sicht und Erfahrung erläutert. Dabei liegt der Fokus auf den Lehren des Buddha auf dem mittleren Weg, der in dem achtfachen Pfad ausgedrückt ist. Zum Schluss sind interpersonelle Aspekte der...


Alexander von Gontard, Prof. Dr. med., ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderheilkunde und Psychotherapeutische Medizin; er war Lehrstuhlinhaber und Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes.


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