Gratz / Roser / Führer | Spiritual Care in Qualifizierungskursen für nicht-seelsorgliche Berufe | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 74 Seiten

Gratz / Roser / Führer Spiritual Care in Qualifizierungskursen für nicht-seelsorgliche Berufe

Grundsätze der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin

E-Book, Deutsch, 74 Seiten

ISBN: 978-3-17-034637-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Lehre von Spiritual Care im Kontext von Hospizarbeit und Palliative Care ist in vielen Curricula fester Bestandteil. Was aber sind zentrale Lernziele und Unterrichtsthemen? Vielfach ist es den Veranstaltern bzw. den Referenten überlassen, das Thema zu füllen. So individuell Spiritualität ist, so wenig beliebig ist aber die Antwort auf die Frage, was bei der Lehre von Spiritual Care für nicht-seelsorgliche Berufe von Bedeutung ist und welche (berufsspezifischen) Rahmenaspekte zu beachten sind. Die Grundsätze der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin geben Referenten eine Orientierung und erleichtern bildungsinteressierten Mitarbeitern die Auswahl eines Angebotes.
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2          Grundlegendes
    2.1       Begriffe
2.1.1     Spiritualität als Teil menschlichen Lebens
Bezüglich einer Definition von Spiritualität gibt es kontroverse Meinungen. Das ist gut und richtig. Es geht nicht darum, Spiritualität abschließend zu definieren, was »zum Scheitern verurteilt« (Borasio 2013, S. 90) wäre. Wie auch soll etwas beschrieben werden, das höchst individuell ist und sich jeglichen Vorgaben von außen entzieht, etwas, das sich erst in der konkreten Begegnung erschließt? Es geht vielmehr um Interaktion und Kommunikation zwischen Begleitern und Betroffenen. »[B]ei seinen Gefühlen und Erlebnissen anzusetzen, sie einem anderen anzuvertrauen, die gleiche Kommunikationsebene zu finden, um auch wirklich verstanden zu werden, ist eine Fähigkeit, die es einzuüben gilt. Diese bewusste Versprachlichung spirituellen Erlebens oder das Suchen nach Ausdrucksformen der eigenen spirituellen Dimension« (Hagen und Raischl 2011, S. 287) ist eine Kompetenz, die es zu erwerben gilt. Genau dazu soll durch Qualifizierungsmaßnahmen befähigt werden, es soll erlernt werden, wie die individuelle Spiritualität zu Sprache gebracht und wie diese Sprachfähigkeit in der Begegnung mit kranken Menschen genutzt werden kann. Dazu muss sie allerdings und als erstes im Bildungskontext zur Sprache gebracht werden. Als Grundlage dazu dienen Arbeitsbeschreibungen (Paal et al. 2015, S. 95: »The use of a single, recognised definition of spiritual care would be helpful. Referring to other definitions and working on what spiritual care is in a group are both helpful«). Methodisch sinnvoll eingesetzt unterstützen sie, mit den Begriffen Spiritualität, Religiosität, Glaube sensibler, sicherer und differenzierter umzugehen. Zudem bieten sie einen persönlichen Zugang und helfen, der Spiritualität des Begleiteten und mit dem Begleiteten auf die Spur zu gehen. Innerhalb von Palliative Care wurden deshalb in den vergangenen Jahren zwei Arbeitsbeschreibungen von Spiritualität entwickelt, welche die Wesensmerkmale der Unbestimmtheit und Personenbezogenheit integrieren. Definition der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP):
Die Sektion Seelsorge der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (früher: »Arbeitskreis Spirituelle Begleitung«) hat in ihrem Konzept eine Arbeitsdefinition erarbeitet: »Unter Spiritualität kann die innere Einstellung, der innere Geist wie auch das persönliche Suchen nach Sinngebung eines Menschen verstanden werden, mit dem er Erfahrungen des Lebens und insbesondere auch existenziellen Bedrohungen zu begegnen versucht.« (DGP 2007, S. 1) In einer Aktualisierung des Konzeptes hat die Sektion Seelsorge die Konsensusdefinition der EAPC übernommen und ihrem Ansatz von Spiritual Care zugrunde gelegt (Labitzke und Kuhn-Flammensfeld 2017). Definition der European Association for Palliative Care (EAPC):
In einer Consensus Conference, die mit dem Ziel der Verbesserung der Qualität von Spiritual Care als Dimension von Palliative Care stattfand, wurde eine Arbeitsdefinition von Spiritualität entwickelt: Spiritualität ist die dynamische Dimension menschlichen Lebens, welche sich auf die Art und Weise bezieht, in der Personen (Individuen und Gemeinschaften) Sinn, Bedeutung und Transzendenz erfahren, ausdrücken und/oder suchen, und die Art und Weise, wie sie sich mit dem Moment, mit sich selbst, mit anderen, mit der Natur, mit dem Bedeutsamen und/oder dem Heiligen verbinden. •  Existenzielle Fragen (bezüglich z. B. Fragen nach Identität, Sinn, Leiden und Tod, Schuld und Scham, Versöhnung und Vergebung, Freiheit und Verantwortung, Hoffnung und Zweifel, Liebe und Freude) •  Wertorientierte Einstellungen und Haltungen (individuelle Priorisierung hinsichtlich Beziehung zu sich selbst, Familie, Freunden, Arbeit, dingliche Natur, Kunst und Kultur, Ethik und Moral und das Leben an sich) •  Religiöse Überzeugungen und Fundamente (Glaube, Glaubensinhalte und Praktiken, die Beziehung zu Gott oder dem Endgültigen) (Nolan et al. 2011, S. 88; Übersetzung: Kammerer et al. 2013, S. 141) Selbstverständlich gibt es in der Fachliteratur weitere Beschreibungen von Spiritualität. Für Lehrzwecke bzw. für die Entwicklung einer trägereigenen Definition sind eigene Recherchen lohnend. Letzteres bedeutet auch Transparenz einer Einrichtung des Gesundheitswesens gegenüber den ihr anvertrauten Menschen bezüglich seiner spirituellen bzw. konfessionellen Ausrichtung, die für ihr Begleitungs-, Beratungs- bzw. Versorgungsangebot prägend ist. 2.1.2     Spiritual Care als Konzept
Spiritual Care als die »Sorge um spirituelle Themen, Nöte, Fragen und Ressourcen in Hospizarbeit und Palliativversorgung« (Labitzke und Kuhn-Flammensfeld 2017, S. 2), die spirituelle Begleitung als wichtige Aufgabe erachtet, versteht diese als »Selbstsorge des einzelnen Menschen, die durch Fürsorge und Begleitung unterstützt und gefördert wird« (Labitzke und Kuhn-Flammensfeld 2017, S. 2). Merkmale von Spiritual Care sind: •  Die Zielgruppe von Spiritual Care:
Im Blick sind Menschen, die mit einer Erkrankung konfrontiert sind. Dies schließt ihre An- und Zugehörigen ausdrücklich mit ein. Weil diese Zielgruppe selbsterklärend nicht auf Menschen begrenzt ist, die einer bestimmten Konfession oder Religion angehören, setzt Spiritual Care ebenso wie Seelsorge keine Zugehörigkeit von Patient/in, an- und zugehöriger Person zu Religion, Konfession, Weltanschauung voraus. •  Der Ansatz von Spiritual Care:
Der Ansatz ist analog zu Palliative Care personenzentriert. Der individuelle Mensch steht im Mittelpunkt des Planens und Handelns. Persönliche Themen, Nöte, Fragen und Ressourcen einschließlich der persönlichen Lebenskonzepte, Hoffnungen und Perspektiven sind gesprächs- und handlungsleitend. Dem folgend verbieten sich Vorgaben, Meinungen, Dogmen von außen. (Konfessionelle) Konzepte, Bilder, Lösungen, Antworten verstehen sich allenfalls als reflektiert eingebrachtes und unterstützendes Angebot auf dem je persönlichen Weg, das angenommen oder abgelehnt werden kann. •  Das Ziel von Spiritual Care:
Im Fokus stehen die spirituellen Bedürfnisse und Nöte des einzelnen Menschen. Mit kranken Menschen und ihren An- und Zugehörigen darüber zu kommunizieren, ihnen Raum zu geben, einen Rahmen zu schaffen, der auch dem Unaussprechlichen und gleichzeitig im Krankheitsverlauf Belastenden Geltung verschafft, den Weg der Krankheit und des Sterbens damit zu unterstützen und Halt und Sinnfindung zu fördern, sind wichtige Ziele. Ziel ist «empowerment«, die Unterstützung des Gegenübers, spiritueller Akteur zu sein. •  Der Ort von Spiritual Care:
Erkrankte Menschen sind ambulant und stationär überall dort, wo Medizin, Pflege, psychosoziale Begleitung und Beratung etc. stattfinden, kurz: in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Im Besonderen sind Einrichtungen von Hospizarbeit und Palliative Care gefordert, weil ihr Leitgedanke, die Definition von Palliative Care (WHO 2002), die spirituelle Dimension des Menschen als gleichwertig begleitungs- und versorgungsrelevant definiert wie die physische und psychosoziale Dimension. •  Die Verantwortlichkeit von Spiritual Care:
Wenn Spiritual Care alle Menschen im Blick hat, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens ambulant und stationär begleitet und versorgt werden, und Betroffene für ihre spirituellen Bedürfnisse und Nöte Mitarbeiter ihres Vertrauens ansprechen (oder von diesen angesprochen werden wollen), so sind Ehren- und Hauptamtliche aller Professionen im Gesundheitswesen unmittelbar gefordert. •  Die Voraussetzung für Spiritual Care: –  Beauftragung: Wenn Spiritual Care als die Sorge um spirituelle Themen, Nöte, Fragen und Ressourcen realisiert werden soll, so darf dies nicht nur von den Mitarbeitenden der ehren- und hauptamtlichen Professionen als notwendig erachtet werden, sondern muss vom Träger gewollt sein und als Auftrag definiert werden. Die Entscheidung, ob und inwieweit spirituelle Themen, Fragen, Ressourcen angesprochen und thematisiert werden, bleibt beim Betroffenen. –  Implementierung: Spiritual Care braucht eine konzeptionelle Verankerung in der Einrichtung. Die Mitarbeitenden mit ihrer jeweils individuellen Fähigkeit und Bereitschaft sind eingebunden und werden gefördert, spirituelle Begleitung wird als Teamaufgabe verankert. Die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen (Zeit,...


Margit Gratz ist Leiterin des Hospizes St. Martin in Stuttgart. Weitere Themenschwerpunkte sind u.a. Spiritual Care, Palliative Care, Implementierung.
Prof. Dr. theol. Traugott Roser ist Professor für Praktische Theologie an der WWU in Münster. Weitere Themenschwerpunkte sind u.a. Seelsorge, Spiritual Care, Palliative Care.


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