Greving / Hülsmann / Menke | Gesprächsführung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 132 Seiten

Greving / Hülsmann / Menke Gesprächsführung

Kommunizieren in psychosozialen Berufen

E-Book, Deutsch, 132 Seiten

ISBN: 978-3-17-036670-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Helfenden Berufe sind gekennzeichnet durch überdurchschnittlich hohe Anteile an sozialer Kommunikation im beruflichen Handeln. Hilfeprozesse werden nur durch gelingende Kommunikation wirksam und kompetente Gesprächsführung wird so zum Schlüssel für erfolgreiches berufliches Handeln. Der Band bietet eine grundlegende Einführung zum Thema "Gesprächsführung" für Fachkräfte im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens. Präsentiert wird Basiswissen zu den zentralen Themenfeldern der Kommunikation, des Zuhörens und des Sprechens. Skizziert werden ausgewählte Handlungsfelder der Gesprächsführung im Sozial- und Gesundheitswesen, wobei konkrete Beispiele die professionelle Gesprächsführung veranschaulichen.
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2 Vom Zuhören
In diesem Kapitel geht es um ein für diese Einführung grundlegendes Thema: das Zuhören. Der Grundgedanke dabei ist, dass nicht so sehr das Sprechen die zentrale und bedeutsame Aktivität bei der Gesprächsführung ist, sondern vielmehr das Zuhören: Das Wahrnehmen des anderen, das Wahrnehmen der eigenen Person, das Hinhören, das Schweigen und das auf dieses Hinhören und Schweigen Reagieren stehen somit im Mittelpunkt dieses Kapitels. In einem ersten einführenden Schritt geht es darum, zu zeigen, dass tatsächlich das Zuhören und Schweigen die Königsdisziplinen in der Gesprächsführung sind (? Kap. 2.1). Nicht so sehr also das Reden und das Spiegeln (wie dieses z.?B. beim Aktiven Zuhören schon seit vielen Jahrzehnten fokussiert und angewandt wird), sondern vielmehr das tatsächliche Zuhören und das in die Stille Hineinhorchen, das Lauschen, das konkrete und bewusste Wahrnehmen des anderen stehen hierbei im Mittelpunkt. In einem zweiten Kapitel werden das Zuhören und das Zusehen erörtert (? Kap. 2.2). Hierbei werden körperliche Aspekte, aber auch die hier widerspiegelnden Emotionen und Gefühle betrachtet. Aber auch genderbezogene und interkulturelle Aspekte sollen und müssen hierbei eine zentrale Rolle spielen. Darauffolgend werden einige Hinweise gegeben, wie und wodurch Zuhören gelenkt werden kann: Das heißt, es geht dabei auch darum, wie Zuhören gelernt werden kann (? Kap. 2.3). Daran anschließend wird die Perspektive verändert: Es wird die Situation des Zuhörens in Gänze noch einmal dargelegt und hierbei stehen dann sowohl derjenige, der spricht, als auch derjenige, der zuhört, im Mittelpunkt (? Kap. 2.4). Hierbei wird es auch darum gehen, festzustellen, dass das Zuhören als Kategorie und Aktion auf beiden Seiten des Gesprächsführungsprozesses notwendig ist. Weiterhin wird erläutert, dass die Prozesse des Zuhörens in größeren Gruppen, also in Teams oder in Beratungsprozessen von Teams, noch einmal eine ganz andere Rolle spielen, da das Zuhören bei vielen unterschiedlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch zu vielen unterschiedlichen Deutungen und Spiegelungen führen (kann). Abschließend wird zusammenfassend auf die Macht des Zuhörens eingegangen (? Kap. 2.5). Jeder Unterpunkt schließt wiederum ab mit einigen Aufgaben und Übungen zum Zuhören. 2.1 Zur Einführung: Reden ist Blei – Schweigen ist Platin
In diesem Kapitel geht es um die »Hermeneutik des Hörers« (Pörksen/Schulz von Thun 2014, 23). Bei dieser Hermeneutik des Hörers ist der Grundgedanke zentral, dass der »Hörer, nicht der Sprecher, ... die Bedeutung einer Aussage (bestimmt)« (Pörksen/Schulz von Thun 2014, 23). Das, was gesagt wird, ist somit als »Gemeinschaftsprodukt« (Pörksen/Schulz von Thun 2014, 23) zu verstehen: Das, was wechselseitig wahrgenommen wird, welche Botschaften, welche Deutungen, welche Missverständnisse, welche Fehldeutungen, wie Humor, wie Tragik definiert werden, welche Inhalte kommuniziert werden, steht somit immer im wechselseitigen Prozess des Sagens und (hierbei bedeutsam) des Hörens beider (oder mehrerer) Handlungs- und Kommunikationspartner. Pörksen und Schulz von Thun führen hierzu aus, dass die Interpretation des Hörenden darüber entscheidet, was im Gespräch wahrgenommen wird, was geschieht, welche Wendungen dieses Gespräch nimmt, welche Verständnisse und Missverständnisse möglicherweise gemeinsam kommuniziert werden (vgl. Pörksen/Schulz von Thun 2014, 24?f.). Vor diesem Hintergrund kann das Sprichwort variiert werden, dass eben nicht Reden Silber und Schweigen Gold sei, sondern dass Reden häufig Blei, Schweigen jedoch Platin ist: Das, was geredet wird, was in den Raum gesetzt wird, woran sich der andere möglicherweise reibt oder was ihn durch den Wortschwall und die Wortwahl des anderen möglicherweise einengt, liegt vielleicht bleischwer auf seinen Emotionen, in seinen Gedanken und in seiner Vorstellungskraft. – Umgekehrt dazu verhält es sich mit dem Schweigen: Dieses lässt Räume offen und nötigt den anderen positiv dazu, möglicherweise in sich selbst hineinzuhören und ein Verständnis des gemeinsamen Sprach- und Redeprozesses, des gemeinsamen Kommunikations- und Gesprächsraumes zu entwickeln. Zuerst muss deshalb das Reden näher beleuchtet werden: Reden ist etymologisch u.?a. mit den Begriffen des Beratens und Ratschlagens verwandt: Menschen geben sich schon seit vielen tausend Jahren Rat, sie gehen in Rathäuser, um sich dort Rat zu holen. Man redet aber auch, um sich selber darzustellen, man redet, um von sich abzulenken – hierauf und auf die vielfältigen Konnotationen und Konfrontationen und Konsequenzen, die sich daraus ergeben hat Friedemann Schulz von Thun schon vor langer Zeit hingewiesen (s.?o.) (vgl. Schulz von Thun 2010b; Thomann/Schulz von Thun 2014). – Reden ist somit die Kommunikationsform des Menschen. Auf der anderen Seite ist das Hören zu benennen: Das Zuhören, das »ganz beim anderen (und gleichermaßen bei sich selbst) sein«. Und dieses realisiert sich vollständig und konsequent tatsächlich nur, wenn man schweigt. Wenn man zuhört. Mit Bentele und Piwinger (vgl. Bentele/Piwinger 2009, 28?–?47) kann Schweigen als ein zentraler Bestandteil der Kommunikation betrachtet werden. Und dieses Schweigen, als wortloser Anteil kommunikativer Prozesse, ist nun alles andere als paradox zu bewerten. Im Gegenteil: Schweigen kann eine angemessene, eine höfliche, sogar eine kluge Möglichkeit sein, in einer kommunikativen Situation zu interpunktieren. Es kann Wege aufzeigen und Optionen vorhalten, Räume der Offenheit in Kommunikationsprozessen zu gestalten. Es kann allerdings auch eine Möglichkeit sein – und darauf wird später in diesem Kapitel (? Kap. 2.5) noch einmal verwiesen werden –, in einer Kommunikationssituation Druck auszuüben und Macht zu gestalten. Es stellt sich hierbei immer wieder die Frage, wer in diesen Kommunikationsprozessen wann, wem gegenüber schweigt bzw. an welchen Stellen das Schweigen eingesetzt wird. Ob es sich um ein Schweigen aus Verzweiflung, aus Frust, aus Niedergeschlagenheit oder um ein Schweigen aus strategischen Gründen oder sogar um ein Schweigen handelt, welches offene Räume noch weiter öffnen kann. Schweigen hat somit einen fundamentalen Anteil an der Kommunikation: So wie die Pausen in der Musik das zentrale rhythmisierende Element sind, wie die schwarzen Löcher im Universum zentrale Markierungen von physikalischen Grundorientierungen sind, so ist das Schweigen ein zentrales Moment in der Kommunikation. Schon die deutsche Sprache bemüht sich intensiv das Schweigen zu kennzeichnen: Dieses mag »beredt«, »vielsagend«, »eisig« und »peinlich« und vieles andere mehr sein. – Immer ist es bedeutsam, dass das Schweigen in Kommunikationsprozessen eine wichtige Rolle einnimmt und über die Art und Weise der Interpunktion, also des Einsetzens des Schweigens, diese Kommunikation inhaltlich und strukturell zu steuern vermag.
Schweigen umfasst somit unter anderem folgende Phänomene: · Man pausiert mit Schweigen, indem man einfach nicht mehr weiterredet, indem diese Pause möglicherweise der Erholung oder auch dem gedanklichen »Sacken-lassen« des gehörten Inhalts dient. Ebenfalls bekommt so der gegenüber die Möglichkeit, in sich selbst zu hören, um ggf. von sich aus auf eine Lösung zu kommen. · Des Weiteren kann Schweigen aber auch Warten bedeuten: warten darauf, dass der oder die andere im Kommunikationsprozess wieder einmal das Thema aufnimmt – dieses rhetorische Stilmittel des Schweigens kann demnach auch in Kommunikationsprozessen zum Spannungsaufbau dienen. · Zudem kann das Schweigen auch dazu dienen, Dinge zu verschweigen: Bestimmte Themenbereiche mögen nicht mehr wahrgenommen werden oder sie sollen nicht mehr wahrgenommen werden. Hieraufhin hat dann derjenige, der angeschwiegen wird, möglicherweise zu reagieren und dieses Verschweigen zu thematisieren. · Eine sehr intensive Ausprägung des Schweigens stellt dann die Aussageverweigerung dar, indem jemand z.?B. in juristischen Beratungsprozessen tatsächlich nichts mehr sagt. Das Schweigen kann also tatsächlich als bedeutungsvolles Schweigen bezeichnet werden. Und zwar als methodisch eingesetztes und aktiv genutztes Schweigen. Über das Schweigen kann der andere genau beobachtet und wahrgenommen werden, um ihm dann Rückmeldungen erteilen zu können, über das, was gehört, was gesehen, was erfahren, was offenbar gespiegelt werden konnte. Es handelt sich also in diesen Schweigeprozessen um ein aktives Schweigen. Um das zu unterstreichen, kann dieses auch zu Beginn einer Beratungs- oder einer Gesprächssituation thematisiert werden. Grundlegend stammt Schweigen etymologisch von »still sein, nicht sprechen, keinen Laut von sich geben« (vgl. Pfeifer...


Prof. Dr. Heinrich Greving lehrt Allgemeine und Spezielle Heilpädagogik an der Katholischen Hochschule NRW in Münster sowie Behindertenpädagogik an der Universität Hamburg. llona Hülsmann, Heilpädagogin, hat langjährige Berufserfahrung in den Bereichen Organisations-, Team- und Leitungsberatung.


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