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E-Book, Deutsch, Band 1735, 279 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Hartmann Frauen in der Antike

Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora

E-Book, Deutsch, Band 1735, 279 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-76658-9
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der vorliegende Band bietet eine anregende Einführung in über eintausend Jahre Geschichte der Frauen in griechischer und römischer Zeit. Das Themenspektrum reicht von Kindheit und Erziehung der Mädchen in der Antike über die Stellung der Frau als Gattin und Bürgerin, als Hetäre und Priesterin bis hin zu ihrer Rolle als Herrscherin und Märtyrerin.

Die Autorin beschreibt zum einen, wie die Zeitgenossen über die Stellung der Frau dachten, zum anderen, wo die Frauen real ihren Platz in Haus, Gesellschaft, Wirtschaft, Religion, Philosophie, aber auch in der Politik fanden, und schließlich, welche Aktivitäten und Erfahrungen von Frauen in diesen Zusammenhängen vorstellbar sind. Anhand zahlreicher Einzelbeispiele aus Mythos und Geschichte – etwa Penelope, Sappho, Medea, Messalina und Theodora – wird die allgemeine Darstellung stets mit konkreten Lebensgeschichten bzw. Lebensentwürfen kontrastiert. So ist ein lebendiges, facettenreiches Buch entstanden, das gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über die Stellung der Frauen in der Gegenwart eine reizvolle Lektüre verspricht.
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Einleitung
Die Spuren, welche die Frauen der Antike hinterlassen haben, erscheinen oft unscheinbar: tönerne Webgewichte, die sich im Innern eines ausgegrabenen Wohnhauses fanden, ein Stück Papyrus mit dem Auszug eines Briefes, eine Inschrift, welche die Stifterin einer längst verlorenen Weihgabe zu Ehren einer Gottheit verzeichnet … Zudem stammen die meisten archäologischen, vor allem aber die literarischen Zeugnisse, die Aufschluss über Frauen geben, bekanntlich zum überwiegenden Teil nicht von Frauen: Geschichtsschreiber, Dichter, Gerichtsredner, Philosophen waren in verschiedener Hinsicht privilegierte Männer – sie zählten zu den Freien und waren Angehörige der Bildungselite. Diese antiken Autoren haben ihre Schriften in der Absicht verfasst, ihre Leserschaft zu belehren, zu erbauen oder zu unterhalten – kaum aber, um der Nachwelt zu erklären, wie Frauen in ihrer Zeit gelebt, gefühlt oder gedacht haben. Dennoch liefern sie wichtige Informationen sowohl über Erwartungen, die an Frauen herangetragen wurden, und über die Wertvorstellungen jener längst vergangenen Kulturen, als auch über soziale Strukturen und gesellschaftliche Praktiken. Dieses Buch verfolgt zwei Ziele: zum einen exemplarisch Muster des antiken Denkens über Frauen aufzuzeigen, also zu erklären, ‹was›, ‹in welchem Kontext› und ‹auf welche Weise› in der Antike über Frauen geschrieben wurde. Zum zweiten sollen schlaglichtartig ‹weibliche Lebenswelten› beleuchtet werden, indem gefragt wird, welche Bedeutung Frauen, ihren Tätigkeiten und Beziehungen in unterschiedlichen sozialen und politischen Gefügen, im antiken Schrifttum beigemessen wurde. Der Fokus dieses Buches richtet sich auf mehr oder weniger bekannte weibliche Gestalten der Antike (seien dies literarische Figuren oder historische Personen) und auf deren Behandlung in antiken literarischen Texten. Dabei sollen weder die Verfasser der Texte noch die Frauengestalten als ‹Persönlichkeiten› rekonstruiert oder gar beurteilt werden. Die Frauengestalten werden nicht als Prototypen weiblichen Handelns, sondern als literarische Figuren angesehen, deren Funktion innerhalb der antiken Kulturen, die vornehmlich in den Texten greifbar wird, es zu erklären gilt. Zuweilen zeichnet diese Gestalten aus, dass über sie in der Antike Geschichten kursierten, die gerade außergewöhnliches, spektakuläres oder gar skandalöses Verhalten herausstellen oder diese Frauen als besonders tugendhaft oder vorbildlich charakterisieren. Solche Schilderungen entwickeln ein Eigenleben: Sie sind einprägsam, weil sie oft pittoresk, plastisch oder gar drastisch daherkommen. Sie sind verführerisch, weil sie für sich selbst zu sprechen scheinen, als bedürften sie keiner weiteren Erklärung. Doch genügt es nicht, die antiken Autoren, die sich über die Frauengestalten entsprechend geäußert haben, in den Anmerkungen zu zitieren; nur wenn wir den Autoren, ihren Texten und den Zusammenhängen, in denen sie entstanden, Aufmerksamkeit widmen, lässt sich herausfinden, vor welchem Hintergrund diese Geschichten entstanden und ihre Wirkmächtigkeit entfalteten. Von solchen Geschichten ausgehend sind die Autoren vorzustellen, welche diese geschrieben haben, weniger, um sie als individuelle Personen in den Blick zu nehmen, sondern vielmehr als Stimmen im Chor der antiken Textüberlieferung. Die Beispiele stellen zentrale literarische Gattungen vor, sie werden im Hinblick auf die ihnen jeweils innewohnende Tendenz untersucht. An Textpassagen wird für die jeweilige Gattung Typisches aufgezeigt und der Frage nachgegangen, in welchem historischen und literarischen Zusammenhang welche Äußerungen über Frauen getroffen werden und welche Rückschlüsse dies auf die Wahrnehmung von Frauen zulässt. Die gewählten Themenschwerpunkte ermöglichen es, einige grundlegende Strukturen der antiken Gesellschaften zu erläutern – etwa zu erklären, was eine ‹Familie› in Athen oder Rom auszeichnete, oder inwiefern die Bindung von Macht an quasidynastische Prinzipien z. B. im römischen Kaiserhaus dazu führen konnte, dass in diesem Zusammenhang traditionelle Geschlechterhierarchien durchbrochen werden konnten. Die anonyme Masse der Frauen in den jeweiligen antiken Gesellschaften bleibt dabei weitgehend unberücksichtigt, denn die literarische Überlieferung bildet nur unzureichend das Faktum ab, dass die antiken Gesellschaften Agrargesellschaften waren, in denen mehr als drei Viertel aller Menschen (darunter zahllose Sklaven und Sklavinnen) in der Land- und Viehwirtschaft arbeiteten, viele auch als Handwerker. Die literarischen Zeugnisse konzentrieren sich meistens auf das Handeln von Angehörigen der Eliten. Wenn diese ‹elitären Texte› trotz der Tatsache, dass sie nur ein winziges Segment der Gesellschaft berücksichtigen, ins Zentrum gestellt werden, dann geschieht dies auch aus dem Grund, dass sich auf diese Weise Gestalten in den Blick nehmen lassen, denen gerade im Hinblick auf ihr Nachwirken bis in die heutige Zeit gewissermaßen der Status von Leitfossilien zukommt, da sie noch heute unser Bild von der Antike prägen. Die kontextualisierende Betrachtung der literarischen Zeugnisse erlaubt es, zu rekonstruieren, welchen Frauen oder welchen Aspekten weiblichen Lebens im jeweiligen Zusammenhang besondere Beachtung beigemessen wurde. Die Darstellung ist chronologisch angelegt und folgt dabei der konventionellen Einteilung der Epochen von der archaischen Zeit bis in die Spätantike. Die behandelten Themen und Beispiele spiegeln freilich eine (persönliche) Auswahl wider, die weder Anspruch auf Vollständigkeit noch darauf erhebt, alle ‹bedeutenden› Frauengestalten oder Autoren erfasst zu haben oder in jedem Fall ‹Typisches› aufzuzeigen. Archäologische Zeugnisse und Bilder werden nur vereinzelt und vorwiegend illustrativ herangezogen. Jedes Kapitel beginnt mit einem Quellenzitat, um die Leserinnen und Leser unmittelbar mit der antiken Überlieferung bekannt zu machen. Das Buch versucht weder, die umfangreiche Forschungsliteratur zu den hier behandelten Themen vollständig zu erfassen, noch eine Synthese zu bieten. Bei der Aufnahme in die Bibliographie wurden vorwiegend Publikationen berücksichtigt, die einer vertiefenden Lektüre dienen. Die Namen und Werke mehrfach zitierter antiker Autoren werden abgekürzt (s. Abkürzungsverzeichnis). Das letzte Kapitel «Forschungsgeschichte und aktuelle Fragestellungen» richtet sich an Leserinnen und Leser, die an einer wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung der im vorliegenden Buch behandelten Themen und verfolgten Methoden interessiert sind. Was sind Frauen? Während jede wissenschaftliche Untersuchung gehalten ist, den Gegenstand, dessen sie sich annehmen will, zu definieren, erscheint es auf den ersten Blick unnötig, dies im Hinblick auf ‹Frauen› zu tun: Was Frauen sind, weiß doch jede(r)! Doch hat gerade die historische Frauenforschung der letzten zwanzig Jahre gezeigt, dass der gesellschaftliche Konsens darüber, was Männer und was Frauen sind, durchaus dem historischen Wandel unterliegt. Daher werden einige allgemein in der Antike vorherrschende Grundannahmen im Hinblick auf das ‹Wesen› der Frauen vorausgeschickt. In der Antike wurden Menschen als ‹Frau› oder ‹Mann› grundlegend positioniert: Jungen wurden anders erzogen und sozialisiert als Mädchen; für Männer und Frauen galten jeweils andere Normen, sie hatten unterschiedliche Handlungsspielräume. Über die Verschiedenartigkeit der Geschlechter wurde in der Antike in unterschiedlichen Zusammenhängen reflektiert. Die expliziten Äußerungen dazu oszillieren zwischen der Vorstellung, dass jeder Mensch eine Mischung von weiblichen und männlichen Anteilen aufweise, und der Annahme radikaler Differenz. Im medizinisch-naturwissenschaftlichen Diskurs ist – was uns wenig verwundern mag – die Gebärfähigkeit das zentrale Merkmal des weiblichen Geschlechts. Befremdlicher wirkt, dass die physiologische Ursache des Unterschieds zwischen Mann und Frau in einer angeblich geschlechtsspezifischen Temperatur gesehen wurde. Sowohl in der medizinischen Literatur wie auch in zahlreichen anderen Texten finden sich darüber hinaus Belege für die Auffassung, dass Frauen naturgemäß schwächer, triebhafter und leichtsinniger seien als Männer, weswegen es ratsam schien, sie in besonderer Weise unter männliche Aufsicht zu stellen. So begründet Xenophon von Athen mit der natürlichen Schwäche der Frau, dass diese sich bevorzugt im Haus aufhalten solle, und der römische Jurist Gaius (1, 144 f.) führt die alte Institution der Vormundschaft (tutela) auf die Annahme eines genuinen Leichtsinns der Frauen (levitas animi) zurück. Für die gesamte Antike lassen sich Belege für die Ansicht finden, dass Männer, die sich als schwach, triebhaft und leichtsinnig erwiesen, als verweichlicht und verweiblicht angesehen werden. Umgekehrt gelten Frauen, die wortgewaltig, sichtbar und wirkmächtig agieren, als ‹vermännlicht›. Die Adaption von Eigenschaften des ‹anderen Geschlechts› gab in der Regel Anlass zur Verspottung, Diffamierung oder Ausgrenzung. Mit der Unterschiedlichkeit der Charaktere der Geschlechter wurde auch die zur Norm erhobene...


Elke Hartmann ist Professorin für Alte Geschichte an der Technischen Universität Darmstadt. Sie hat sich durch einschlägige Publikationen über die Geschichte der Frauen in der Antike ausgewiesen.


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