Hartmann | Knochen der Weisen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 418 Seiten

Reihe: Hildesheim-Krimi

Hartmann Knochen der Weisen

E-Book, Deutsch, 418 Seiten

Reihe: Hildesheim-Krimi

ISBN: 978-3-8271-9684-2
Verlag: CW Niemeyer
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Eine mittelalterlich gewandete Frau wird am Tag nach dem Hildesheimer Kulturfestival „Wallungen“ bei Reinigungsarbeiten tot aufgefunden. Die feine Stichverletzung lässt vermuten, dass die Ermordete mit einem Degen oder Stilett erstochen wurde. Kofi und Moll finden in ihrer Wohnung weitere Gegenstände aus dem Mittelalter. Besteht hier ein Zusammenhang mit der historischen Hildesheim-Rallye? Und welche Rolle spielt der alte Mordfall aus dem 19. Jahrhundert rund um einen verschollenen Familienschatz? Als eine weitere Frau überfallen wird, spitzt sich die Lage dramatisch zu …
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2015
1 In der Arneken-Galerie „Stadtjubiläum!“ Iris Bender presste das Wort so zwischen ihren Zähnen hindurch, dass es wie ein Schimpfwort klang. Eben hatte sie den Fahrstuhl verlassen und ging nun, äußerlich gelassen, auf das Eiscafé zu. Gut, sie war etwas später dran als üblich. Aber das war doch kein Grund ... Da sie immer noch ihren Tisch fixierte, rempelte sie versehentlich einen älteren Herrn an, der von der Rolltreppe trat. Sie geriet ins Straucheln. Die Laptoptasche rutschte von ihrer Schulter und brachte sie noch stärker aus dem Gleichgewicht. Glücklicherweise erwischte sie im letzten Augenblick das Geländer. Sie erschrak, als sie bemerkte, wie tief es dahinter nach unten ging. Auch der Mann packte ihren Oberarm, um sie zu stabilisieren. „Herzlichen Dank, es geht schon, danke. Alles klar.“ „No problem. It was my fault.“ Vor Schreck fiel Iris nicht ein einziges englisches Wort ein. Sie zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht, wedelte entschuldigend mit der Hand und ging weiter auf das Eiscafé Vivo Gelati e Café zu. Manuel, ihr Lieblingskellner, kam ihr entgegen. „Haben Sie sich verletzt, Signora?“ „Nein, es ist nichts passiert. Ich habe nicht aufgepasst. Was ist mit meinem Tisch?“ Das Stadtjubiläum, 1200 Jahre Bistum und Stadt Hildesheim, schwemmte unglaubliche Touristenhorden in die Innenstadt. Selbst über der sonst so beschaulichen Eisdiele schwebte an diesem Mittwochmorgen um halb elf bereits eine babylonisch anmutende Sprachenvielfalt. Er zuckte mit den Schultern. „Ich konnte es nicht verhindern. Die beiden stammen aus Indien, eine weite Reise, sie haben bereits gezahlt. Dein erster Cappu geht auf mich! Quasi als Entschädigung.“ „Ein kleiner Trost. Danke. Ich hab gleich einen Termin.“ „Der Herr Apotheker Grages ist schon eingetroffen. Er sitzt im Rauchersalon.“ Iris sah ihn verblüfft an. Manuel lächelte. „Er hat mich darum gebeten, ihn unverzüglich zu informieren, sobald du eintriffst.“ „Wie sieht er aus?“ „Größer als du, schlank, fast hager, hellblond, sieht abgespannt aus. Hat schon zwei Espressi bestellt. Raucht Kette. Ziemlich nervös, wenn du mich fragst.“ „Gönn mir drei Minuten, um mich einzurichten.“ „Selbstverständlich!“ Während Iris und Manuel an der Säule vorbeigingen, erhoben sich die beiden sehr jugendlich wirkenden Inder, die an Iris’ Tisch gesessen hatten. Sofort ging sie zielstrebig darauf zu, hängte ihren Blazer über die Lehne, stellte ihr Fähnchen auf und bootete ihren Laptop. Sie gehörte privat eher nicht zu den ordentlichen Menschen. Da ihr Angebot, Recherchen aller Art, sie zwar ganz gut ernährte, aber keine Reichtümer abwarf, sparte sie sich die Kosten für die Büromiete und traf ihre Auftraggeber in diesem Eiscafé. Das hatte unter anderem den Vorteil, dass sie nicht mit jedem Hinz und Kunz zu einem trauten Tête-à-Tête in ihrer guten Stube zusammentraf, sondernsich zuerst in der Öffentlichkeit einen Eindruck verschaffen konnte. Ursprünglich hatte sie ihre Dienste hauptsächlich rund um Familienstammbäume und Namensforschung angeboten, doch seit einiger Zeit kamen die Menschen auch mit abwegigeren Anfragen. Sie hatte sich eben inzwischen einen Namen als Finderin gemacht. Als Finderin von weggelaufenen Jugendlichen zum Beispiel. Deshalb hatte sie nur eine sehr vage Vorstellung, was dieser Grages von ihr wollte. Der Rechner war noch nicht hochgefahren, als Manuel ihr den Cappuccino hinstellte und dadurch ihre Gedanken unterbrach. Sie lächelte ihm dankbar zu. „Du kannst ihm ruhig Bescheid sagen.“ Manuel nickte und verschwand in dem abgetrennten Nebenraum. „Guten Morgen, Frau Bender. Ich bin Edmund Grages. Wir sind verabredet.“ Der groß gewachsene Mann streckte ihr seine rechte Hand hin und schmunzelte. Er trug einen hellen, leicht zerknitterten Anzug und hielt eine Tasse Espresso in der linken. Eine Rauchwolke umwehte ihn. Über seiner Schulter baumelte ein Einkaufsbeutel. „Bitte, nehmen Sie Platz.“ Er stellte zuerst die Tasse ab, deponierte den Beutel daneben, setzte sich und legte seine Hand bemüht beiläufig auf die Tasche. Auf Iris wirkte er ein wenig umständlich, aber vielleicht war er auch einfach unsicher. „Was kann ich für Sie tun? Am Telefon haben Sie sich recht zurückhaltend geäußert.“ Edmund Grages schaute sich prüfend in ihrer Umgebung um. „Nun, ich muss darauf bestehen, dass Sie über alles, was ich Ihnen gleich offenbaren werde, absolutes Stillschweigen bewahren.“ Iris fand seinen unheilschwangeren Tonfall und die Geheimagentenmimikry ziemlich daneben und sagte deswegen: „Sie beabsichtigen aber nicht, mir einen Mord zu gestehen, oder?“ „Einen Mord? Wie kommen Sie denn darauf? Sie sind doch Historikerin, oder?“ Humor gehörte anscheinend nicht zu seinen starken Seiten. „Selbstverständlich. Worum geht es denn?“ Seine Hand strich behutsam über den Baumwollbeutel. Doch noch sagte er nichts. „Sie haben mir etwas mitgebracht, das ich mir ansehen soll?“ „Wie kommen Sie darauf?“ Sie wies mit dem Finger auf den Leinenbeutel. „Ach so, ja, natürlich. Selbstverständlich.“ Umständlich klappte er die Tasche auf, schaute hinein, ohne etwas herauszuholen, und sagte dann: „Ich meine es ernst, Sie müssen mir versprechen, dass niemand davon erfährt.“ Iris gelang es mit großer Anstrengung, nicht die Augen zu verdrehen, bevor sie ihm erklärte: „Ich sehe keinen Grund und habe auch kein Interesse daran, Informationen, die Sie mir im Rahmen Ihres Auftrags zur Verfügung stellen, an Dritte weiterzugeben, solange es sich nicht um etwas Gesetzwidriges handelt. Sie verstehen sicher, dass ich nicht bereit bin, ein Verbrechen zu decken. In diesem Fall sollten Sie Ihr Geheimnis lieber einem Priester anvertrauen.“ Das war nun deutlich brüsker ausgefallen als geplant, doch Grages schien jetzt so erschrocken, dass er sofort losplapperte. „Oh Gott, nein, Sie verstehen mich völlig falsch. Es ist nur so, ich ... wir könnten Begehrlichkeiten wecken ...“ Er verstummte mitten im Satz, zog kurz entschlossen etwas aus dem Beutel und legte es auf den Tisch. „Was sehen Sie da?“, fragte er und beobachtete sie dabei aufmerksam. ‚Ein schlecht gemachtes Freimaurersymbol‘, dachte Iris, sagte aber: „Ein Handyfoto!“ „Handy? Auf gar keinen Fall.“ Er beugte sich über den Tisch, damit er noch leiser sprechen konnte, so als befürchte er tatsächlich, dass sie belauscht werden könnten. „Wissen Sie nicht, wie leicht es möglich ist, die Daten aus einem Handy auszulesen? Da braucht nur jemand an Ihnen vorbeizugehen, schon ist es passiert. Denken Sie nur an den Mann. Sie wissen schon, den, der Sie angerempelt hat. Dass er Ihnen nicht Ihr Portemonnaie gestohlen hat, können Sie relativ schnell und einfach überprüfen. Welche Daten er Ihnen von Ihrem Handy oder Ihrem Laptop entwendet hat, erfahren Sie unter Umständen niemals.“ Instinktiv tastete Iris nach ihrem Geldbeutel in ihrer Jackentasche. „Nun, eigentlich habe ich ihn angerempelt. Aber das erscheint mir momentan nebensächlich. Es gibt also einen anderen Grund, warum das Foto so schlecht ausgeleuchtet ist?“ „Ja“, bestätigte Grages. „Wofür halten Sie das?“ Iris nahm das Foto in die Hand und betrachtete es eingehend. Sie sah etwas, das auf den ersten Blick wie ein steinerner Altar wirkte. Jemand hatte ziemlich roh einen Zirkel und ein Lineal in den Stein gemeißelt. Auf der Oberfläche stand eine Schale, daneben lagen verschiedene Werkzeuge. Was sich im Hintergrund befand, konnte Iris nicht erkennen. Anscheinend war die Fotografie in einer Höhle oder einem Gewölbekeller entstanden. Sie befeuchtete ihre Lippen, bevor sie ihre Gedanken aussprach. Der Apotheker hörte ihr aufmerksam zu und nickte beinahe bei jedem Wort. Dann tippte er auf das Zeichen in der Mitte. „Freimaurer, oder?“ „Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Sehen Sie, Freimaurer wären Fachleute auf diesem Gebiet. Dieser Bund entstand im 15. Jahrhundert, und der Begriff leitet sich vermutlich von einem weichen Stein, dem Freestone, ab, der in Kent bearbeitet wurde. Damals waren die Baumeister oder Steinbildhauer in Bauhütten organisiert, sie nannten sich Freestone-Masons. Daraus ist unser Begriff entstanden. Daher stammen auch die geschichtlich überlieferten Symbole wie Maurerkelle, Winkelmaß und Zirkel, die Sie ja hier ebenfalls auf Ihrem Altar sehen.“ „Genau das meine ich.“ „Aber die Ausführung erscheint mir doch eher laienhaft. Haben Sie eine Vorstellung davon, wann dieses Emblem in diesen Stein geritzt wurde?“ „Nein, genau das ist ja mein Problem.“ Er hüstelte. „Beziehungsweise Ihre Aufgabe.“ Er legte weitere Fotos auf den Tisch. Sie zeigten den Stein aus verschiedenen Blickwinkeln. Dahinter und daneben konnte man gut erkennen, dass jemand Regale oder vielleicht eine Art Schränke in die Felswände...


Sabine Hartmann wurde 1962 in Berlin geboren. Seit 1982 lebt sie in Sibbesse. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Nach vielen Jahren als freiberufliche Übersetzerin und Dozentin in der Erwachsenenbildung arbeitet sie heute als Schulleiterin in Alfeld.
Als Tochter eines Polizisten interessierte sie sich schon früh für Detektivgeschichten und Krimis. So lag es nahe, dass sie, als die Schreiblust sie packte, dieses Genre bevorzugte. Neben Krimis für Erwachsene schreibt sie auch für Kinder und Jugendliche. Im Regionalkrimibereich hat sie bisher in Hildesheim und im Weserbergland morden lassen. In Lesungen, Vorträgen und Schreibworkshops versucht sie, auch andere für Krimis zu interessieren.
Für ihre Kurzkrimis, die in Anthologien und Zeitschriften erschienen sind, hat sie zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten. Sie ist Mitglied bei den ,Mörderischen Schwestern‘ und im ,Syndikat‘.


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