Heine / Hennecke / Schulte | Bühnentexte von Gottfried Heine, Jost Hennecke, Johannes Schulte und Franz Rinsche | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Heine / Hennecke / Schulte Bühnentexte von Gottfried Heine, Jost Hennecke, Johannes Schulte und Franz Rinsche

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-7526-5017-4
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Unter dem Vorzeichen der sogenannten Heimatbewegung gab es im katholischen Teil Südwestfalens zu Weimarer Zeit einen erneuten Auftakt zum plattdeutschen Theaterspiel. Nach der aktuellen Gesamtausgabe aller Mundartstücke des "Altmeisters" Friedrich Wilhelm Grimme (1827-1887) erschließt dieser neunte Band der Reihe "Sauerländische Mundart-Anthologie" jetzt sechs Bühnentexte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Autoren sind der aus Schmallenberg-Bödefeld stammende Gottfried Heine (1849-1917), Jost Hennecke (1873-1940) aus Meschede-Remblinghausen, der in Finnentrop-Habbecke geborene Attendorner Johannes Schulte (1864-1948) und Franz Rinsche (1885-1948) aus Brilon-Scharfenberg. Die Stücke spiegeln das Leuteleben in der Landschaft und die sozialen Standorte der Verfasser. Mit Ausnahme des "niggen Fürsters" von Schulte sind sie ganz dem Genre "Lustspiel" zugehörig. Thematisch stehen wieder Liebesdinge, Komplikationen der Brautwerbung ("Friggen") und Fragen nach der materiellen Basis für Heiratspläne im Mittelpunkt. Auch für ledige Jungfern und "Oihmen" im fortgeschrittenen Alter stellt sich die Frage: Ist es wirklich zu spät für eine glückliche Jugend? Magdalene Fiebig hat diese Edition mit Texten zwischen 1905 und 1938 bearbeitet. Von Peter Bürger (Chr. Koch-Mundartarchiv am Museum Eslohe) stammt die Einführung zu den Dichtungen. Die Bände 8-10 dieser Reihe sind erneut unter Förderung der Rottendorf-Stiftung entstanden.

Gottfried Heine (1849-1917) aus (Schmallenberg-)Bödefeld, bestand 1870 sein Examen am Lehrerseminar Büren und wurde - wegen seiner herausragenden Musikalität - 1883 an das Gymnasium Paulinum Münster berufen. In Münster gründete er 1898 zusammen mit Bernhard Stehling aus Berlar den Verein "De Suerländer". Heine war der erste Präsident und ab 1909 auch "Ehrenpräsedänt" dieses Vereins von Sauerländern, die in Münster sogar ihr eigenes Schützenfest feierten. Genau besehen handelte es sich bei diesem Verein um einen landsmannschaftlichen Stammtisch, für dessen wöchentliche Zusammenkunft am Dienstag die Devise ausgegeben wurde: "Kuier platt, Drink saat, Nit twiäß, Goh late, Kumm fake!" Zur Heimatvergewisserung gehörten "nette Vertellekes un schoine Dönekes" aus dem Sauerland, die sich die Stammtischbrüder aus den Kreisen Arnsberg, Meschede, Brilon und Olpe erzählten. Heine wurde mit der Sammlung und der 1905/1907 erfolgten Veröffentlichung dieser mündlich ausgetauschten Schwänke beauftragt. - Quelle: Regionales Mundartautorenlexikon "Im reypen Koren" (2010) von P. Bürger.
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I.
De Pruzäß, oder:
Stoffel contra Biäz un Deyne
Ne kleine Kumerge in drei Däilen36 (1905) Gottfried Heine Personen: STOFFEL Kähren, Sneyder (Kläger). FRAU KÄHREN (Klägerin). BIÄZ STRUNK, Muiermann (Verklagter). DEYNE, Biäzens Frugge (Verklagte). SÖREL, Biäzens Dochter (Zeugin). ALDICK, Biäzens Nohwer (Zeuge). Frau SANDER (Zeugin). JETTE SCHLUN (Zeugin). HAHN, Wäirt (Zeuge). GUSTAV WEBER (Zeuge). DE PRUZÄß Ne kleine Kumerge in drei Däilen 1 Däil. (Der Richter sitzt im Gerichtssaal am grünen Tische. Vor ihm liegt das Bürgerliche Gesetzbuch. Neben dem Richter befindet sich der Schreiber, der in den Akten herumblättert. Rechts vom Tische sind auf einer langen Bank der Kläger Stoffel Kähren, seine Frau und die Zeugen Sörel Strunk, Frau Sander, Näherin Henriette Schlun, Heinrich Aldick, Gustav Weber, Wirt Hahn. Links auf der Anklagebank sitzen Biäz Strunk und seine Frau Deyne. Die Zeugen führen unter sich einen lauten Diskurs. Da ertönt die Glocke des Richters.) RICHTER: Jetzo gebiet’ ich Ruh’ und Ordnung, Damit eröffne ich die Sitzung. Auf daß wir hören die Sachlage, Herr Schreiber, lesen Sie die Klage. SCHREIBER (liest): Anklageschrift des Schneiders Kähren. „Man wolle mir die Bitt’ gewähren, Gerichtlich einen Fall zu schlichten, den ich nach Wahrheit will berichten: ‚Mal abends beim Nachhausegehen, ist schweres Unrecht mir geschehen. An Schulten hab’ ich Biäz getroffen, war selbstverständlich ganz besoffen. Ich half mit, ihn nach Hause bringen, fürwahr, ich sag’s, kein leichtes Dingen! Zum Danke kriegt man mich am Kragen, um mich ganz apfelweich zu schlagen. Sodann die Klöpperei beendet, hat man mir auch das Geld entwendet. Dann tät man meine Frau arg prellen, um Schinken, Brot und Butterwellen. Nun bitt’ ich nach den Paragraphen, die ganze Sippe zu bestrafen. – Gezeichnet Schneider Stoffel Kähren, wohnhaft beim Wirt Tau’m bloen Tweeren‘.“ RICHTER: Zu allererst will ich nun fragen, ob die Partei’n sich woll’n vertragen? STOFFEL: Heer, froget nit, of ik dät dauh’, ik hewwe kännen Grund dertau. BIÄZ: Wat sall ik mik verdriägen? Wäit nicks van seynen Sliägen. DEYNE: Näi, näi, de Klage is te graut, se liet jo usse Ehre blaut. RICHTER: Herr Schreiber, dann die Akten auf. Wie war der Leute Lebenslauf? SCHREIBER (liest) Als brav hat Stoffel stets gegolten, er ist bis dato unbescholten. Bei Biäz ist das ne andre Frage, von ihm steht hier schon manche Klage: Ist Vorstehr’s in den Hof gedrungen, hat da skandalt und laut gesungen. ’m Pastor tut er durchs Fenster schauen, den Küster hat er durchgehauen. Bei Schulten hat er Brand gestiftet, dem Förster einen Hund vergiftet. Erst kürzlich hat er noch ein Fohlen dem Bauern Klug vom Kamp gestohlen. Sehr böse, schmutzige Geschichten sind von Frau Deyne zu berichten. Sie hat geklommen Brot und Würste, desgleichen eine Wichsebürste. Im Streit hat sie ein Weib gebissen, ein andres in den Dreck geschmissen. Sie tut verleumden und viel lügen, auch, wo sie kann, die Leut’ betrügen. Dann säuft sie mit dem Manne Fusel, drum ist sie auch fast stets im Dusel. RICHTER (zu Stoffel): Soll die Klage genau so bleiben, oder woll’n Sie’n Zusatz schreiben? STOFFEL: Wat drin stäiht, is ganz wohr und gwiß, et blitt am besten, as’ et is. RICHTER (zu den Angeklagten): Die Angeklagten möcht’ ich fragen, was sie zur Sache wollen sagen. BIÄZ: Ik sweyge still, ik kui’re nit. ’t is nit egal, wat me hey siet; Doch Deynens Miulwiärk is jo graut, dät kuiert alltehaupe daut. Kumm, Schladderke, un sey mol slau un dauh mol klauk un stell dik gau; Niu rass’le dät ne’t Miul opstäiht, Un dät ne Hör’n un Saihn vergäiht. DEYNE: Des Owends in d’r elften Stunde, mak’r ik düart Hius nau mol de Runde, do hoort ik op d’r Stroote anken. Ik raip: „Do liet gewiß ne Kranken!“ Int Hius dehn vey ne met’r Driäge, un gäfften me de äiste Fliäge. Saufoot heww ik et Fuier stuaket un Thäi un Hawergüarte kuaket. De Dank seyd niu dai boisen Klagen, vey härren Stoffel unweys slagen. Ik möggte wual sau harre greynen, dät gloiwet ey ment Biäzes Deynen. 2 Däil. RICHTER: Die Zeugenvernehmung fängt jetzt an, zuerst ist Sörel Strunk daran. Die andern Zeugen allzumal verlassen jetzt den Sitzungssaal. (zu Sörel) Nun sag uns mal geschwind, wie alt bist du, mein Kind? SÖREL: Dün Dag wer’k drüttaihn Johr; Dät stemmet oppen Hoor. RICHTER: Religion? – Verstehst du, was ich sage? (Sörel nickt zustimmend mit dem Kopfe.) Dann gib schnell Antwort auf die Frage. SÖREL: Ik mag et gar nit geeren siegen, därr’k hewwe ungenügend kriegen. Wat soll dät ok vam’ Lehrer haiten? Et was ment wiägen Kleinigkeiten. Gebuade, mein’r ik, wören’t siewen, Hauptsünnen söll’ wual väier’ giewen. Füär: „Du sollst Vater und Mutter ehren“, saggt ik, me söll de Ellern nähren. Un diän se härr’n bey Jericho funnen, dai do wör unner d’ Räuwer kummen, diän härr’n se daut hoggt op d’r Strooten un dann ’ne halfdaut liegen loten. De Lehrer woorte spinnengiftig un slaug mik met’m Stocke düftig. Hai saggte fräit, ik söll nit laigen, un ussen Hiärguatt selw’st bedraigen. RICHTER: Schon gut, hör auf, ich weiß Bescheid. Erzähl jetzt, was du weißt vom Streit. Das anzuführen brauchst du nicht, was gegen deine Eltern spricht. SÖREL: Et is, as’ usse Mutter saggte, dät Stoffel op d’r Stroote laggte. Se raip: „Geswind kumm, Vatter, Sörel! Hey liet gewiß ne dauen Kerel.“ Vey läggten ne in Vatters Berre un biären alle in de Werre. RICHTER (zum Schreiber): Schreiben Sie’s ins Protokoll. SCHREIBER: Soll gescheh’n, ja wohl, ja wohl! RICHTER: Wo ist der Zeuge Heinrich Aldick? ALDICK: Hey sey ik, Heer, sau hait ik. RICHTER: (nachdem er Fragen über Alter, Religion etc. an ihn gerichtet hat): Wir haben über Sie gelesen, dass Sie nicht sind bestraft gewesen. Nun sagen Sie mal unumwunden, wie Sie die Sache denn gefunden. ALDICK: Jo, Heer, dät well ik dauh’n ganz ficks, ik siege blaut, ik wäit van nicks. Drüm’ lat mik foot wier häime gohn, denn wat sall ik hey rümme stohn. RICHTER: Nachhausegehen kommt nachher; Jetzt erst mal von der Sache mehr. ALDICK: Meyn Vaar gafft’ mey d’n gurrn Root: Bleyf hüaflich, fröndlich un akroot. Doch imme Kuiern do sey fiul, äin Woort te viel, is sliem, halt’t Miul. RICHTER: Sie können wenigstens doch sagen, wie Sie als Nachbarn sich vertragen. ALDICK: As’ Nowers, Heer, tau iährem Siägen, konn’ vey us, Guatt sey Dank, verdriägen. Se seyd sau lustig un gesällig, un ok op iähre Art gefällig. Sey vey des Muargens nau am’ Droimen, dann statt s’ all unnern Appelboimen. Se maket ümmer reine Saken, vey briuker’t dann nit mehr te maken. Dauh vey d’n Blagen Büters schmiären, se helpet geeren metvertiären. Gäiht meyne Frugge intem Stalle, dann is et met d’m Melken alle. Se doht ok altens füar us speyken, un’t Water us vam’ Grase te deyken. De Frugge, ik metsamt d’m Baaren, vey meint, se wöll’n us Arwet sparen. RICHTER (für sich): Nach dem Bericht weiß jedes Kind, wes Geistes diese Leute sind. (zum Schreiber) Schreiben Sie’s ins Protokoll. SCHREIBER: Soll...


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