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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 20, 193 Seiten

Reihe: Erste Hilfen

Herberg Humor als therapeutische Ressource

Ratgeber für die Betreuung von Menschen mit Demenz

E-Book, Deutsch, Band 20, 193 Seiten

Reihe: Erste Hilfen

ISBN: 978-3-86321-679-5
Verlag: Mabuse
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Wie kann Humor eingesetzt werden, um Menschen mit Demenz zu aktivieren? Humor ist in der Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen eine unverzichtbare Ressource, die vielfältige therapeutische Funktionen erfüllt: Er ist motivierend, stimulierend, spannungslösend und konfliktregulierend.
Martin Herberg zeigt anhand von mehr als 50 Praxisbeispielen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Humor in der Arbeit mit Demenzerkrankten, zum Beispiel in Verbindung mit Musik, Basteln, Gymnastik und kognitivem Training. Er geht außerdem darauf ein, wie Humor in die Unternehmenskultur von Pflegeeinrichtungen integriert werden kann.
Das Buch ist ein Handlungsleitfaden für die tägliche demenztherapeutische Arbeit. Es richtet sich an professionell Begleitende wie auch alle am Thema Interessierten.
Mit zehn Leitsätzen für die Betreuung von Menschen mit Demenz und achtstufigem Humortraining
Herberg Humor als therapeutische Ressource jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Vorwort 9
1 Einleitung 11
1.1 Auf dem Weg zu einer neuen Betreuungskultur 11
1.2 Der Beruf der Betreuungskräfte nach § 43 b) SGB XI 13
1.3 Humor – ein Phänomen mit vielen Facetten 15
1.4 Was ist therapeutischer Humor? 18
1.5 Der veränderte Humor demenzbetroffener Menschen 22
1.6 Über dieses Buch 24
2 Grundsätzliches zum Humoreinsatz in der Demenzbegleitung 27
2.1 Der eingesetzte Humor sollte authentisch sein 28
2.2 Setzen Sie leicht verständlichen Humor ein! 31
2.3 Wiederholungen sind willkommen! 34
2.4 Die Bewohner:innen zu eigenen lustigen Ideen animieren 36
2.5 Nutzen Sie Ihren Körper als Quelle von Komik! 39
2.6 Humorgrenzen respektieren! 42
2.7 Probleme mit Humor angehen –
und sie dennoch ernst nehmen 44
3 Witze, die wehtun. Zur Vermeidung unangemessener Formen von Humor 47
3.1 Bitte nicht über Fehlleistungen lachen! 49
3.2 Ironische Bemerkungen besser unterlassen! 51
3.3 "Schlagfertigkeit" ist fehl am Platz 54
3.4 Zur Unangemessenheit belehrenden Humors 56
3.5 Die Gefahr des infantilisierenden Humors 59
4 Tipps für die humorvolle Gestaltung der Beschäftigungsangebote 62
4.1 Kognitives Training 64
4.1.1 Stellen Sie amüsante Quiz- und Rätselfragen! 64
4.1.2 Nutzen Sie lustiges Bildmaterial! 66
4.1.3 Die Verwendung lustiger Requisiten 69
4.1.4 Aktivierungen mit Puppen 72
4.2 Humor und Musik 74
4.2.1 Komische Spaßlieder singen 74
4.2.2 Amüsante Aktivierungen mit Schlagern 76
4.2.3 Auch hier: Lustige Requisiten 79
4.2.4 Verwenden Sie Humor im richtigen Moment und in der richtigen Dosis 82
4.3 Humor und Gymnastik 84
4.3.1 Erzählen Sie lustige Bewegungsgeschichten! 84
4.3.2 Gymnastik mit lustigen Requisiten 87
4.3.3 Lustige Tänze und komische Pantomime 89
4.3.4 Freies Spielen mit einem Ball 91
4.4 Humor beim Basteln und kreativen Gestalten 94
4.4.1 Zur Einstimmung lustige Bilder zeigen 94
4.4.2 Das Basteln in lustige Dialoge einbetten 97
4.4.3 Verwenden Sie lustige Schablonen und Stempel! 99
4.4.4 Niedliche Geschöpfe herstellen 101
5 Humor als Bewältigungsstrategie in Problemsituationen 105
5.1 Machen Sie sich selbst zum Clown! 109
5.2 In schwierigen Situationen lustige Lieder singen 112
5.3 Ein humorvolles Gespräch anknüpfen 116
5.4 Der Humor sollte inkludierend sein 118
5.5 Machen Sie Gebrauch von scherzhaften Balgereien! 121
5.6 Die Kunst, heitere "Frotzel-Beziehungen" einzugehen 125
5.7 Manchmal helfen Geduld und ein Lächeln 128
6 Auf dem Weg zur humorfreundlichen Organisation 132
6.1 Formulieren Sie mit den Kolleg:innen ein gemeinsames Humorkonzept! 135
6.2 Erforderlich sind auch humorfreundliche Vorgesetzte 139
6.3 Integrieren Sie den Humor in die Pflegedokumentation! 142
6.4 Die Förderung von Humor durch Weiterbildungsmaßnahmen 145
6.5 Humor ist auch eine Frage der nötigen Ressourcen 149
7 Schluss: Humor, ein heiterer Alleskönner 153
7.1 Die salutogenetische Kraft des Humors 153
7.2 Der Humor demenziell erkrankter Menschen 156
7.3 Humor als Arbeitswerkzeug der Betreuungskräfte 159
7.4 Humor tut auch dem Personal gut 161
7.5 Humor als reflektierte therapeutische Praxis 164
Anhang 1: Ein Humor-Standard für die Betreuung von Menschen mit Demenz 169
Anhang 2: Ein achtstufiges Humortraining für Betreuungskräfte 172
Literaturverzeichnis 181
Register 192


2Grundsätzliches zum Humoreinsatz in der Demenzbegleitung
Beginnen wir mit einigen allgemeinen Prinzipien. Die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen ist Beziehungsarbeit.44 Unter diesem Vorzeichen stehen auch die folgenden Ausführungen zum Humor. Alles, was professionelle Demenzbegleiter:innen tun, dient dem Ziel, positive Beziehungen zu den Bewohner:innen aufzubauen, ihr Wohlbefinden zu steigern, vorhandene Ressourcen zu mobilisieren und ihnen Momente des Glücklichseins und der Selbstkompetenz zu ermöglichen. „Die kürzeste Entfernung zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln“, sagte der Musik-Clown Victor Borges. Humor – ob im normalen Alltag oder in der Betreuung demenziell erkrankter Menschen – ist ein wichtiges Mittel der Beziehungsgestaltung. Geschickt eingesetzt, erzeugt Humor positive, von Sympathie und gegenseitigem Vertrauen geprägte Interaktionen. Gemeinsam zu lachen und zu scherzen bedeutet, den demenzbetroffenen Menschen als Person anzuerkennen; als gleichwertige:n und kompetente:n Interaktionspartner:in; als jemand, mit der oder dem man gerne Zeit verbringt. Menschen mit Demenz sind „anders“. Sie vergessen vieles. Sie sind desorientiert. So manches, was sie sagen oder tun, erscheint seltsam. In der Atmosphäre, die erfahrene Betreuungskräfte erzeugen, fällt dies aber nicht weiter ins Gewicht. Die Teilnehmenden fühlen sich akzeptiert. Sie fühlen sich normal und kompetent, sie fühlen sich als Teil der Gemeinschaft. „Finding common ground“ (eine gemeinsame Grundlage finden) – so lautet der Titel einer Veröffentlichung, in der zwei Ergotherapeutinnen die Grundsätze ihrer Arbeit beschreiben.45 Das Motto lässt sich auch auf die demenztherapeutische Arbeit übertragen. Es geht darum, Brücken zu bauen. Ziel ist es, Situationen zu schaffen, in denen die Beteiligten das Gefühl haben, auf der gleichen „Wellenlänge“ zu schwingen. Spielerische Interaktionen und Humor sind für die Erzeugung solcher Situationen von herausragender Bedeutung. Was heißt dies nun konkret? Die folgenden Tipps sind ein erster Schritt, die eben genannten Ziele in die Tat umzusetzen. 2.1Der eingesetzte Humor sollte authentisch sein
Menschen mit Demenz sind empfänglich für alles Zwischenmenschliche. Die logischen und analytischen Fähigkeiten, die „Ratio“, werden durch die Krankheit stark in Mitleidenschaft gezogen. Die emotionalen Kompetenzen bleiben demgegenüber lange Zeit erhalten.46 Stimmungen springen schnell über. Auch ein Lächeln springt schnell über. Dies macht den Einsatz von Humor für die Betreuung demenziell erkrankter Menschen so wertvoll. Er hilft, eine positive Atmosphäre zu schaffen. Damit dies gelingt, muss der eingesetzte Humor echt sein. Authentizität, Echtheit, ist ein Prinzip, das in der Betreuung demenziell erkrankter Menschen ganz generell von großer Bedeutung ist.47 Menschen mit Demenz spüren in der Regel ganz genau, mit welcher Einstellung man sich ihnen nähert.48 Ist die Betreuungskraft wirklich bereit, sich auf sie einzulassen? Hat sie Zeit? Ist sie mit dem Herzen bei der Sache, freut sie sich auf die bevorstehende gemeinsame Aktivität? Menschen mit Demenz erfassen dies alles meist sehr schnell und intuitiv. Das Prinzip der Authentizität gilt auch im Bereich des Humors. Der eingesetzte Humor sollte echt sein. Auf keinen Fall sollte man Formen von Komik einsetzen, die bloß „aufgesetzt“ sind, mit denen man sich selbst nicht wirklich identifizieren kann. Menschen mit Demenz lesen „zwischen den Zeilen“. Sie merken es, wenn man ihnen etwas vormacht, wenn ein Lächeln gekünstelt ist.49 Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass die Betreuenden ihren eigenen, persönlichen Humorstil finden. Der persönliche Humorstil eines Menschen hat zu tun mit seiner Biografie, seinem Temperament, seiner Herkunft. Bei einer introvertierten Person äußert sich der Humor anders als bei einer extrovertierten Person. Jemand aus dem Rheinland hat einen anderen Humor als ein Norddeutscher. Und ein reifer Mensch hat in der Regel einen von Güte und Menschlichkeit geprägten Humor, während ein junger Mensch vielleicht mehr zu einem frechen, albernen und experimentierfreudigen Humor neigt.50 Wie das folgende Beispiel zeigt, können die Mitglieder eines Teams recht unterschiedliche Arten von Humor haben (die im folgenden verwendeten Namen, auch der Name der Einrichtung, sind Pseudonyme): Im Haus Erlenhof arbeiten vier Betreuungskräfte: Erika, Hans, Inka und Monika. Sie alle haben ihren eigenen, unverwechselbaren Humor. Hans ist der Clown des Teams. Er macht viele Faxen. Monika dagegen ist eher ruhig. Ihr Humor steckt in ihrem Lächeln, in ihrer gütigen, heiteren und geduldigen Art. Auch Erika und Inka sind humorvoll. Inka arbeitet viel mit lustigen Puppen. Sie hat es auf diesem Gebiet zu großer Könnerschaft gebracht. Hans sagt über Monika: „Monika ist super. Sie muss gar nicht viel machen. Sie hat eben diese besondere Ausstrahlung. In ihren Gruppen herrscht immer Heiterkeit. Bei ihr kommt das von innen“. – Und Monika, nach Hans gefragt, antwortet: „Was soll ich sagen (lacht). Hans ist eben Hans.“ Wie hier deutlich wird, haben die Mitglieder des Betreuungsteams im Haus Erlenhof alle ihren je eigenen, individuellen Humorstil. Dennoch ist es so, dass sie einander respektieren, voneinander lernen und Erfahrungen austauschen. Grundsätzlich können bei der Betreuung demenziell erkrankter Menschen viele, ganz unterschiedliche Arten von Humor zum Einsatz kommen. Manche Formen von Humor funktionieren gar nicht (wir werden noch sehen, welche dies sind). Davon abgesehen gibt es große Gestaltungsspielräume. Ein eher sanfter und stiller Humor wie der von Monika kann ebenso zum Erfolg führen wie ein eher frecher und alberner Humor wie der von Hans. Wichtig ist aber, dass der Humor von einem echten Gefühl der Freude begleitet ist, und dass dies bei den Bewohner:innen auch so ankommt. Einzelne Betreuungskräfte bringen in ihre Arbeit zusätzliche Fähigkeiten ein – so wie Betreuungskraft Inka (s. o.), die über spezielle Künste als Puppenspielerin verfügt. Puppen haben enormes Komikpotenzial. Mit ihnen lassen sich im Handumdrehen heitere Interaktionen herbeiführen. Weiter unten werden wir noch genauer darauf eingehen, was man mit lustigen Puppen alles bewirken kann.51 Nun ist es so, dass der Einsatz lustiger Puppen alles andere als einfach ist. Es handelt sich um eine komische Kunst, die viel Übung erfordert. Nicht alle Betreuungskräfte haben das dafür nötige Training und/oder Talent. Die Betreuungskräfte im Hause Erlenhof sagten oft Dinge wie: „Wir bewundern Inka mit ihren Puppen. Wir würden es auch gern können. Wenn man keine Erfahrung damit hat, lässt man es aber besser. Nichts ist für die Bewohner:innen schlimmer als eine unausgereifte und peinliche Darbietung.“ Diese Einstellung ist sehr zu begrüßen. Sie zeugt von Bescheidenheit, von einer realistischen Selbsteinschätzung. Erfahrene Betreuungskräfte, so das Fazit, haben ihren eigenen Humorstil. Ein wichtiger Erfolgsfaktor besteht darin, dass der eingesetzte Humor authentisch ist. Erfahrene Betreuungskräfte kultivieren ihren eigenen, persönlichen Humor. Sie wissen, was zu ihnen passt, sie folgen ihrem eigenen Geschmack und Gespür, sie kennen aber auch ihre Grenzen. 2.2Setzen Sie leicht verständlichen Humor ein!
Auf den veränderten Humor demenziell erkrankter Menschen sind wir anfangs schon eingegangen. Menschen mit Demenz haben nicht mehr die sprachlichen und kognitiven Kompetenzen, über die ein gesunder Mensch verfügt. Ihre Verstehensmöglichkeiten – auch in Sachen Humor – sind begrenzt.52 Aus diesem Grunde sollten die Humorstimuli, die eingesetzt werden, möglichst einfach und leicht nachvollziehbar sein. An einer Klinik in London wurde vor einigen Jahren im Rahmen einer Laboruntersuchung versucht, die Humorfähigkeiten demenziell erkrankter Menschen wissenschaftlich zu messen. Den Versuchspersonen wurden Cartoons vorgelegt. Sie sollten sagen, ob sie die Cartoons lustig fänden, und falls ja, warum. Ergebnis: Die Cartoons wurden gar nicht verstanden. Der Humor war den Teilnehmenden zu abstrakt. Die Forscher:innen deuteten dies so, dass der Humor der Leute „verkümmert“ sei, dass der Humor durch die Krankheit zerstört werde.53 Im vorliegenden Buch wird eine andere Meinung vertreten. Menschen mit Demenz sind sehr wohl humorvoll. Ihr Humor entfaltet sich aber nicht in der anonymen Atmosphäre eines Forschungslabors. Demenziell erkrankte Menschen sind humorvoll, wenn sie mit Personen zusammen sind, die sie kennen und mögen.54 Sie sind humorvoll, wenn der eingesetzte Humor einen Bezug zu ihnen selbst...


Martin Herberg, Dr., geb. 1969, ist Soziologe, Sozial- und Pflegewissenschaftler sowie Demenzbegleiter (nach § 43 b SBG XI). Er arbeitet als Dozent an Pflegefachschulen und freier Kommunikationstrainer


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