Herbers | Geschichte des Papsttums im Mittelalter | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Herbers Geschichte des Papsttums im Mittelalter

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-534-74413-8
Verlag: wbg Academic in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Papsttum beansprucht für sich in ungebrochener Kontinuität über die Jahrhunderte die höchste Autorität in der Christenheit. Unvergleichlich in seiner Verbindung aus transzendentalem Heilsversprechen, irdischem Glanz und Verstrickung in die weltliche Politik errang es seit dem 11. Jahrhundert auch politisch eine ungeheure Macht, die erst durch verschiedene Umbrüche seit dem späten Mittelalter erschüttert wurde.
Klaus Herbers gelingt eine souveräne, umfassende Darstellung der Entwicklung des Papsttums von den Anfängen bis zur Renaissance. Unter Einbeziehung von Quellen und ausgesprochen anschaulich, problemorientiert und mit hervorragender Sachkenntnis schreibt er eine Geschichte der Päpste als Oberhäupter der Kirche. Dabei bezieht er auch die Sozial-, Kultur- und Geistesgeschichte mit ein. Herbers Darstellung macht nicht nur die politische Dimension des Papsttums deutlich, die die "Uniformierung" des christlichen Abendlandes erst ermöglicht hat, sondern charakterisiert auch die vielfachen kulturellen Transferprozesse, die diese Institution geprägt haben, die ihrerseits prägend wirksam wurde - ein großes, neues Werk zum Papsttum.
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I.
Einführung: Papstgeschichte des Mittelalters –
Chancen, Probleme, Aufgaben
Dass die römische Kirche vom Herrn allein gegründet worden sei, dass allein der römische Bischof zu Recht als universal bezeichnet werde, dass er allein kaiserliche Insignien benutzen könne, dass es jenem erlaubt sei, Kaiser abzusetzen1 – so lauten einige Sätze über die päpstlichen Rechte (1, 2, 8 und 12), die 1075 in das Register Gregors VII. eingefügt worden sind. Sie markieren einen Höhepunkt päpstlicher Macht, etwa 1000 Jahre nachdem sich das Christentum als Religionsgemeinschaft zu formieren begonnen hatte. Das insgesamt wichtigste Zentrum dieser Gemeinschaft lag nun eindeutig in Rom, dort, wo man die Apostel Petrus und Paulus verehrte. Hatte Gregor VII. als Petri Nachfolger damit nicht konsequent das biblische Vermächtnis erfüllt? Die Geschichte des Christentums beginnt zwar im Römischen Reich, aber nicht in Rom. Am See Genezareth – nicht weit von Kapharnaum und vom sogenannten Berg der Seligpreisungen entfernt – findet sich die „Primatskapelle“, die um einen Felsen gebaut ist. Hier soll der Apostel Petrus auf die dreifache Frage hin Jesus seiner besonderen Liebe versichert und dann jeweils die Antwort „Weide meine Lämmer“ beziehungsweise „Weide meine Schafe“ erhalten haben. Aufgeschrieben ist dies im Anhang des Johannesevangeliums (vielleicht von einem Schüler des Johannes, Joh. 21, 15–17). Ob dies eine besondere Auszeichnung des Petrus bedeutete oder ob die Bibelstelle eher mit der dreifachen Verleugnung des Petrus korreliert, wird diskutiert. Jedenfalls dient sie zusammen mit einer weiteren Passage oft dazu, die Vorrangstellung des Petrus zu begründen: Neben dem auch bei Markus (9, 27–30) und Lukas (9, 18–21) verzeichneten Messiasbekenntnis des Petrus handelt es sich dabei um die in Rom später häufig zitierten Worte, die Matthäus jenseits des Jordans, in Cäsarea Philippi, ansiedelt: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben, und was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. Vor allem mit diesen Worten aus dem Matthäusevangelium (16, 18–19) wird das Papsttum begründet. Wenige biblische Sätze sind so oft zitiert, wenige aber auch so oft kritisiert worden. Bedeuteten diese Worte einen göttlichen Auftrag an Petrus? Oder wird Petrus hier nur als einer von vielen angesprochen, schreiben doch andere Stellen der Bibel allen Aposteln die Binde- und Lösegewalt zu. Die bis heute unter Theologen anhaltenden Streitigkeiten um die richtige Interpretation der einschlägigen Bibelstellen müssen eine historische Darstellung nicht belasten, denn zweifellos haben die Passagen eine enorme historische Kraft entfaltet; die eingangs zitierten Positionen Gregors VII. entwickelten sich nicht zuletzt auf der Grundlage dieser biblischen Zeugnisse. Allerdings, im Matthäuszitat 16, 18 wird eine Person angesprochen, keine Institution. Seit wann verbindet sich also mit Petrus und seinen Nachfolgern auch die Vorstellung einer fest gefügten Einrichtung? Blicken wir heute nach Rom, so treten uns Person und Institution gleichermaßen gegenüber, wie 2005 eindrücklich in den letzten Tagen der Krankheit und nach dem Tod Johannes Pauls II. deutlich wurde: Auch wenn der damalige Papst nur noch bedingt handlungsfähig schien, so funktionierte doch die Institution mit diplomatischem Apparat, Beratungsinstanzen und anderen Behörden. Längst ist heute im Vatikan die Kontinuität des Papsttums über den Tod des einzelnen Amtsinhabers hinaus gewährleistet. Jedoch bleibt die Frage, seit wann und vor allem wie sich aus der Abfolge einzelner Päpste eine über die Einzelperson hinausweisende Institution bildete. Das Innere von Alt Sankt Peter auf einem Fresko des 16. Jhs. in der Basilika von San Martino, Rom. Papstgeschichtsschreibung
Das Papsttum ist eine der wenigen geschichtlichen Institutionen, die von der Antike über das Mittelalter bis in die Gegenwart Bestand hatten. Nicht nur die europäische Geschichte ist maßgeblich von ihm bestimmt worden. Schon lange übt es sowohl auf Anhänger wie auch auf Kritiker eine besondere Faszination aus. Weil das Thema aber von unterschiedlichen Grundüberzeugungen her angegangen werden kann, ist die Papstgeschichtsschreibung von Kontroversen gekennzeichnet: Schon seit dem 6. Jahrhundert gab es Schriften und Notizen, die sich nur mit der Geschichte der Päpste befassten. Für die Entstehung einer eigenständigen Geschichtsschreibung zum Papsttum und zu den Päpsten wurde aber die Reformation zentral, denn der Protestantismus sprach dem Papsttum den Rang einer von Gott gestifteten Einrichtung ab. Einigen protestantischen Autoren ging es darum aufzuzeigen, wie „niederträchtig“ jener Weg gewesen sei, den die Päpste hin zu ihren jurisdiktionellen Ansprüchen und zu ihrem weltlichen Reichtum beschritten hatten. Dies wollten zum Beispiel die sogenannten Magdeburger Zenturiatoren mit ihrem Hauptvertreter Flacius Illyricus (1520–1575) dokumentieren. Sie versuchten in ihrem umfangreichen, nach Jahrhunderten (Zenturien) gegliederten Werk zu beweisen, dass sich das Papsttum als Produkt von Betrug und Lüge entwickelt habe. Ihre Historia ecclesiastica (Kirchengeschichte) geriet so über weite Teile entgegen dem eigentlichen Titel zur „Papstgeschichte“.2 Und so wurde nicht ohne eine gewisse Berechtigung bemerkt, dass die Papstgeschichte ursprünglich eine Erfindung des Protestantismus gewesen sei. Aber die katholische Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Caesar Baronius (1538–1607) trat mit seinen Annales ecclesiastici zum Gegenbeweis an. Kontroversen und Polemik blieben für die konfessionell bestimmten Werke in der Folgezeit kennzeichnend. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, immer wieder Beweise und Gegenbeweise zusammenzustellen. Deshalb waren die Auseinandersetzungen von der Sichtung umfänglichen Quellenmaterials begleitet, das zunehmend in Editionen verfügbar gemacht wurde. Die entsprechenden Werke sind noch heute zuweilen wichtige Fundgruben, zumal manches Material nicht oder inzwischen nicht mehr in Archiven oder Bibliotheken vorhanden ist. Hinzu traten quellenkritische Fragen: Waren wirklich alle frühen Papstbriefe echt? Wurde manches vielleicht erst später „zurechtgebogen“ oder zugespitzt? Während die katholische Seite sich stärker mit der Aufarbeitung des Materials beschäftigte, begannen protestantische Forscher seit dem 19. Jahrhundert, zusammenhängende und wertende Überblicke zu verfassen. In Deutschland veröffentlichte der bekannte Historiker Leopold von Ranke 1834–1836 eine Geschichte der römischen Päpste des 15. bis 19. Jahrhunderts, die bereits 1874 ihre sechste Auflage erlebte. Vielen gilt dieses Werk als eine wichtige Überwindung der in der Papstgeschichte lange dominierenden konfessionellen Geschichtsschreibung, denn Ranke entwickelte eine durchaus neue Sichtweise: Er löste sich aus altprotestantischer Enge und zeigte sich gegenüber vielen Entwicklungen des Papsttums verständnisvoll, ohne jedoch eine grundsätzlich protestantische Perspektive aufzugeben.3 Vielleicht war für ihn die Beschäftigung mit den Päpsten eher ein ästhetisch zu genießendes Drama, wie es Philipp Funk wenig später im „Hochland“, einer katholischen Zeitschrift, formulierte.4 Dass Papstgeschichte weiterhin vor allem in Deutschland aus einer kritischen Grundhaltung heraus geschrieben wurde, lag vielleicht auch an der Dominanz protestantischer Historiker an deutschen Universitäten, die vielfach sogar die grundsätzliche Ansicht vertraten, dass katholische, „ultramontan“ (also auf Rom bezogen) geprägte Historiker zu großen geistigen Leistungen in der Geschichtsschreibung kaum fähig seien. Der Kulturkampf im Bismarck’schen Kaiserreich verstärkte dieses Vorurteil, rief aber auch katholische Reaktionen hervor. Konflikte innerhalb der katholischen Kirche bewirkten zudem einen weiteren Entwicklungsschub: Nach dem Beschluss zur Unfehlbarkeit des Papstes (wenn dieser ex cathedra in Glaubens- und Sittenfragen urteilt) auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869–1870) kam es zur Abspaltung der Altkatholiken, zu denen sich auch einige Gelehrte bekannten, die dem Papsttum vorwarfen, dieses neue Dogma leite sich aus geschichtlichen Fälschungen her. So bestimmten der Münchener Gelehrte Ignaz von Döllinger (1799–1890) und andere Verfechter alter katholischer Positionen mit zahlreichen Beiträgen die wissenschaftliche Diskussion in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts.5 Papstgeschichte wurde damit zeitweise eine bevorzugte Domäne der Altkatholiken, blieb es aber auch weiterhin für Protestanten wie Jacob Burckhardt oder Ferdinand Gregorovius, der sich als Außenseiter mit einer monumentalen Geschichte Roms hervortat.6 Ludwig Pastor, der auf Initiative seiner katholischen Mutter mit erst zwölf Jahren katholisch...


Herbers, Klaus
Klaus Herbers, geb. 1951, ist Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Erlangen/Nürnberg und einer der führenden deutschen Mediävisten insbesondere zur Geschichte des Papsttums.

Klaus Herbers, geb. 1951, ist Professor für Mittelalterliche Geschichte in Erlangen/Nürnberg und einer der führenden deutschen Mediävisten zu den Themen Papsttum, spanische Geschichte und zum Jacobus-Kult. Bei der WBG erschienen von ihm ›Mirakelberichte des frühen und hohen Mittelalters‹ (2005) und ›Pilgerwege im Mittelalter‹ (2005, zus. mit Norbert Ohler, Bernhard Schimmelpfennig u.a.).


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