Herbers / Rückert | Pilgern – Heil – Heilung | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 25, 219 Seiten

Reihe: Jakobus-Studien

Herbers / Rückert Pilgern – Heil – Heilung

E-Book, Deutsch, Band 25, 219 Seiten

Reihe: Jakobus-Studien

ISBN: 978-3-381-10133-7
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Beiträge des Bandes nähern sich dem komplexen Thema um Pilgern, Heil und Heilung aus unterschiedlichen Richtungen: Dabei geht es zunächst um die historischen Erfahrungen, von Wundergeschichten um den hl. Jacobus bis hin zu beispielhaften Pilgerspuren, welche die Suche nach Heil und Heilung verbinden. Hier wird die Verbindung von körperlicher Heilung und seelischem Heil konkret, ebenso wie liturgische Formen Heilssuche und Heilsvermittlung in einem festen religiösen Rahmen wiederfinden lassen. Auch die Gnadenmittel der Kirche werden vorgestellt, die "Heiligen Jahre" und die Frömmigkeitstheologie des späten Mittelalters, die zu Heil und Heilung führen sollten. Die aktuellen Bezüge des Themas werden aus philosophischer Perspektive lebensnah betont, ebenso wie die therapeutische Wirkung des Pilgerns aus medizinischer Sicht beeindruckt. Die Vielfalt von Heilssuche und Heilserwerb im Spannungsfeld von Realität und Imagination erscheint zeitlos und erhält hier deutliche Konturen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven.
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Weitere Infos & Material


Inhalt

Klaus Herbers und Peter Rückert
Pilgern - Heil - Heilung: Zur Einführung

Klaus Herbers
Heil oder Heilung? Wunder und Übernatürliches beim Pilgern

Wilhelm Schmid
Pilgern als Lebenskunst. Wie Menschen auf neue Weise Heimat finden

Beate Brieseck
Aus dem Tal - Psychiatrie auf dem Jakobsweg

Jürgen Bärsch
Heil und Heilung in Riten der Pilgerliturgie. Liturgiehistorische Beobachtungen zu Wallfahrtsmotiven und -interessen in Mittelalter und Frühneuzeit

Christiane Laudage
Heilung durch Ablass? Heilige Jahre und Wege zum Himmel

Berndt Hamm
Das spätmittelalterliche Pilgern im Kraftfeld von Mobilität und "naher Gnade"

Julia Burkhardt
Heil und Genesung: Dimensionen und Wirksamkeit geistigen Pilgerns im Mittelalter

Peter Rückert
Heilung für Körper und Seele? Margarethe von Savoyen auf dem Weg nach Santiago de Compostela

Resúmenes

Register der Orts- und Personennamen
Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsnachweise


Pilgern – Heil – Heilung
Zur Einführung Klaus Herbers und Peter Rückert Stehen Benedikt und Jakobus mit dem Ort der Jahrestagung 2021, welche die Deutsche St. Jakobus-Gesellschaft vom 23. bis 26. September 2021 in Benediktbeuern unter dem Titel „Pilgern – Heil – Heilung“ abhielt, in einem engen Verhältnis? Ja und Nein. Bekannt und gerühmt sind die Hinweise der Benediktusregel, wie man an einem festen Ort Heil und Heilung erlangen kann. Der Ansatz der hier dokumentierten Tagung ging aber weniger von der ortsgebundenen Heilssuche aus, als vielmehr vom pilgernden Unterwegssein. Und dennoch inspirierte der Ort. Fast 1300 Jahre ist das Benediktinerkloster Benediktbeuern alt; um 739 unter Mitwirkung des hl. Bonifatius mit den Patrozinien Benedikt und Jakobus gegründet, um Missionierung und Urbarmachung des Loisachtals sicherzustellen. Benediktbeuern bietet eines der frühesten Jakobuspatrozinien in Deutschland überhaupt. Bischof Ulrich von Augsburg – Benediktbeuern liegt im Bistum Augsburg – richtete nach dem Ungarnsturm dann 955 ein Stift für Regularkanoniker ein, und erst 1031 kamen erneut Benediktiner aus Tegernsee ins Kloster. Es ist mithin ein Ort, der Geschichte atmet und der auch durch eine große Klosterbibliothek hervorsticht. Um 1250 sollen es etwa 250 Handschriften gewesen sein, darunter die bekannten „Carmina Burana“. Nach einer Reformorientierung im 15. Jahrhundert gelangte das Kloster nach dem Dreißigjährigem Krieg wieder zu neuer Blüte: wirtschaftlich und kulturell. Zu erwähnen ist das Klostergymnasium, aber auch das commune studium, denn das Hochschulstudium der bayerischen Benediktinerkongregation war zeitweilig in Benediktbeuern untergebracht. Ab 1669 wurde die Klosteranlage erneuert, klingende Namen trugen zu der heute noch imposanten Barockanlage bei: Johann Baptist Zimmermann, Johann Michael Fischer, Hans Georg Asam und andere. Nach 1806 spielte Joseph von Fraunhofer eine Rolle, danach hatte das Kloster als Besitz des bayerischen Königreiches verschiedene Funktionen, bis die Salesianer Don Bosco 1930 die Anlage erwarben. Das „Rad der Fortuna“ drehte sich mit diesem Tagungsort zugunsten unserer Ziele. Und dieses Rad kann man deshalb konkret ansprechen, weil Benediktbeuern mit den Beuerner Liedern, den „Carmina Burana“, verbunden ist, die besonders Carl Orff bekannt gemacht hat. Vielleicht wurde die Sammlung – wie der Dialekt der mittelhochdeutschen Teile verrät – teilweise in der Steiermark geschrieben, trotzdem verbindet sie sich eng mit Benediktbeuern. Die heute in München aufbewahrte Handschrift aus dem 13. Jahrhundert bietet eigentlich das, was man vom Mittelalter gemeinhin nicht direkt erwartet: Spottgesänge, Liebes- und Trinklieder, ja auch geistliche Theaterstücke. Und Kirchenkritik gibt es zu Hauf: Ämterkauf und Geldgier von Kirche und Klerus werden angeprangert. Oder es wird das Liebeskonzil in Remiremont besungen. Hier bietet das Gedicht jeder „Frau Kardinal“ oder anderen Frauen ihren Auftritt. Weitere Gedichte zum presbyter cum sua matrona, dem Priester mit seiner Ehefrau, oder Visionen vom utopischen Schlaraffenland oder Vagantenlieder, die im aufkommenden Universitätsleben eine Rolle spielen sollten, eröffnen ein breites Panorama. Das „Rad der Fortuna“, das auch die Handschrift schmückt, verdeutlicht aber, wie schnell man unten oder oben sein kann (Abb. 1). Was bietet das Bild mit dem Rad der Fortuna für den vorliegenden Sammelband „Pilgern – Heil – Heilung“? Ist es so, dass wir unten erdrückt liegen und das Schicksalsrad uns plötzlich nach oben katapultiert – oder auch umgekehrt? Wer dreht denn das Rad? Oder können wir doch selbst etwas dazu beitragen, um nach oben zu kommen? Der Pilgergesang aus dem Codex Calixtinus Dum pater familias vermittelt eine weitere Perspektive (Abb. 2): Hier steht zwischen den Strophen der Satz mit deutschen und lateinischen Worten: Herru Sanctiagu, got Sanctiagu, e ultreia, e suseia, deus aia nos – „Herr Santiago, guter, großer (?) Santiago, und weiter, und aufwärts. Gott helfe uns“. Abb. 1: Das Rad der Fortuna in der Handschrift der „Carmina Burana“, 13. Jahrhundert (Bayerische Staatsbibliothek München Clm 4660, fol. 1r) Abb. 2: Codex Calixtinus, 12. Jahrhundert (Archiv der Kathedrale von Santiago de Compostela, fol. 222r) Aus dieser Perspektive scheinen eher Jakobus und Gott zu helfen, um weiter und aufwärts zu kommen. Bedeutet „Pilgern – Heil – Heilung“, dass wir uns beim Pilgern fallenlassen können oder dass wir uns aufrichten oder aufgerichtet werden? Inwiefern bedarf es bei diesen Prozessen der eigenen Mitwirkung? Ein früher angedachter Titel der Jahrestagung in Benediktbeuern lautete: „Pilgern tut gut“ – aber warum? Wie geschieht das? Welche Gnadenmittel gibt es dazu? Sowohl das Programm der Tagung als auch die Beiträge des Bandes sind verschiedene Näherungsversuche, die das Thema keinesfalls vollständig ausleuchten. Mehrere Aufsätze thematisieren die historischen Erfahrungen, von Wundergeschichten des Jakobsbuches (Klaus Herbers) bis hin zu neuen, bisher unbekannten Pilgerspuren der Margarethe von Savoyen (Peter Rückert). Diese beiden Untersuchungen bieten damit den Rahmen des Bandes. Geht es in den zentralen Wundergeschichten des „Liber Sancti Jacobi“ nur darum, wie körperliche Heilung erreicht wird? Natürlich nicht, aber wie stellte man die Verbindung von körperlichem und seelischem Heil her, wie war beides aufeinander bezogen? Der Aufsatz von Klaus Herbers fragt damit zugleich danach, in welchen Vorstellungswelten mittelalterliche Pilger und die darüber schreibenden Autoren sich bewegten, welche Rolle der Pilger selbst einnahm, um etwas als Wunder, als Heil und Heilung wahrzunehmen. Ob und inwieweit die Reisen der Margarethe von Savoyen von ähnlichen Vorstellungen bestimmt waren, können wir nur vermuten. Die neuen Spuren der Pilgerbewegung, die Peter Rückert aus dem Quellenkorpus zu dieser adeligen Frau erschließt, zeigen jedenfalls, wie verbreitet die Sehnsucht nach Heil und Heilung war, wie sehr vielleicht auch gerade im späten Mittelalter die Kraftquelle Pilgern den Lebensrhythmus der Menschen in allen sozialen Gruppen bestimmte. Hier wird die Verbindung von körperlicher Heilung mit seelischem Heil konkret: in den weiten Reisen der Margarethe von Savoyen, die gezielt Heilbäder, Kuraufenthalte und Wallfahrtsziele verbanden. Bis heute bleibt für viele, die sich auf den Weg machen, bestimmend, wie Pilgern gleichsam zur Therapie werden kann. Wilhelm Schmid stellt in seinem breiten philosophischen Umblick viele Ansatzpunkte zum Problemkreis vor, inwieweit Pilgern in seiner Vielfalt und in seinen Erscheinungsformen menschlichen Sehnsüchten entgegenkommt. Damit greift er aktuelle Fragen der Lebensführung auf, die nicht nur Christen bis heute umtreiben. Therapie kann aber auch sehr konkret medizinisch bzw. psychologisch gefasst werden. Beate Brieseck überschreibt ihren Forschungsbericht mit den bezeichnenden Worten „Aus dem Tal“ und lässt uns an ihren spannenden Erfahrungen teilhaben, die sie mit Betroffenen des Marienhospitals Eickel gemacht hat. Der Pilgerweg nach Santiago wurde dabei zum gemeinsamen Erlebnis mit therapeutischer Wirkung. – „Psychiatrie auf dem Jakobsweg“ lautet entsprechend der programmatische Untertitel des Beitrags. Nicht nur die Medizin ist gefragt, um zu erläutern, wie Heil und Heilung unterstützt werden können. Liturgische Formen bringen Heilssuche und Heilsvermittlung in einen festen religiösen Rahmen. Jürgen Bärsch stellt dies an speziellen „Liturgien der Wallfahrt“ vor. Dabei sind mittelalterliche Formen deutlich von nachtridentinischen Ordnungen zu unterscheiden, etwa beim Aufbruch zur Pilgerfahrt, dem „Pilgersegen“, oder bei der Pilgerliturgie am Wallfahrtsziel. „Heil“ und „Heilung“ werden so als theologische Kategorien in der Praxis der Pilgerliturgie fassbar. 2021/22 war in einmaliger Weise ein doppeltes Heiliges Jahr. Wie stand man früher und wie steht man heute zu den institutionellen Gnadenmitteln? In Santiago wird das Angebot bis heute genutzt. Müssen wir unser Verständnis vom Ablass, das immer noch sehr von den Diskussionen um die Reformation geprägt ist, vielleicht überprüfen? Christiane Laudage zeigt die Entwicklungswege und Variationen des Ablasses, der als Gnadenmittel in der katholischen Kirche verschiedene Ausprägungen erfahren hat und noch heute ausweist. Der daran anschließende Aufsatz von Berndt Hamm bettet diese verschiedenen Entwicklungen in die Frömmigkeitstheologie der Zeit vor der Reformation ein, indem er die räumliche Mobilität der spätmittelalterlichen Gesellschaft mit dem Konzept der „nahen Gnade“ in Verbindung bringt. Muss man aber dazu in körperlicher Bewegung sein? Vielleicht geht es bis heute auch darum, gerade in Zeiten einer Pandemie, die wir noch immer nicht überwunden haben, das Heil nicht nur an einem ausgewiesenen Gnadenort, wie in Santiago, zu suchen? Die Möglichkeiten, um im Geiste zu pilgern, stellt Julia Burkhardt vor und bietet damit wichtige Einblicke in die Vielfalt von Heilssuche und Heilserwerb im Spannungsfeld von Realität und Imagination. Dabei unterstreicht sie die Heilswirksamkeit geistigen Pilgerns im Mittelalter, das sowohl spirituelle Heiligung wie auch seelisch-körperliche Genesung versprechen konnte. Die Vorträge, die in Benediktbeuern gehalten wurden, sind damit bis auf zwei in diesem Band dokumentiert. Für die Drucklegung hinzu kam der...


Prof. Dr. Klaus Herbers ist Senior-Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen.und Präsident der Union académique internationale.

Prof. Dr. Peter Rückert ist Abteilungsleiter im Landesarchiv Baden-Württemberg und leitet das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Er ist Honorarprofessor an der Universität Tübingen für Landesgeschichte und Historische Hilfswissenschaften.


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