Herger | Totschlagargumente für Anfänger | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 140 Seiten

Herger Totschlagargumente für Anfänger

Wie Sie erfolgreich jede Diskussion im Keim ersticken

E-Book, Deutsch, 140 Seiten

ISBN: 978-3-86470-814-5
Verlag: books4success
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ob Corona-Impfung oder Tempolimit, Erbschaftsteuer oder Aktienrente: Debattierfreudige Zeitgenossen finden in diesen Zeiten Themen en masse. Manche wollen wirklich debattieren, überzeugen und auch lernen. Andere sind da eher simpler gestrickt und erklären jeden, der nicht ihrer Meinung ist, für dumm, ungebildet oder einfach einen schlechten Menschen. Und eine dritte Spezies hat die Kunst des Totschlagarguments perfektioniert – und erstickt damit die meisten Diskussionen schnell in betretenem Schweigen. Floskeln von "Das haben wir schon immer so gemacht" bis hin zu "Das trifft wieder nur den kleinen Mann" begleiten uns zuhauf. Wie sie funktionieren, was man dagegen tun kann – und wie man sie im Notfall auch selber nutzt –, erklärt der Autor von "Sorry not sorry" augenzwinkernd in diesem Buch.
Herger Totschlagargumente für Anfänger jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Eskalationsstufe II:
Verzögerungstaktiken
Jeder gute Katastrophenfilm beginnt mit einem Wissenschaftler, dessen Warnungen ignoriert werden. Deutsche belächeln gern ihre südlichen Nachbarn. Nein, nicht die Bayern. Obwohl, die auch. Aber noch mehr lächeln sie über die noch südlicheren Nachbarn. Die, die auf den Bergen rumkraxeln: Österreicher und Schweizer, um genau zu sein. Die werden nicht nur wegen ihrer Dialekte als niedlich betrachtet, sondern auch als langsam wahrgenommen. Ein Deutscher und ein Wiener sammeln Schnecken ein, die im Vorgarten zu einer Plage geworden sind. Nach einer Stunde ist der Korb des Deutschen voll. Der Wiener hat jedoch noch keine einzige Schnecke erwischt. Als ihn der Deutsche völlig verwundert fragt, warum er noch keine Schnecke in seinem Korb hat, antwortet der Wiener: „Geh, I wass a ned, i drah mi um, will nach ihnen greifen, aber husch husch san sie weg.“ Auch die Zeitrechnung ist eine andere. Ruft man in einem Wiener Kaffeehaus einen Ober zu sich, dann schallt oft ein „Momenterl“ als Antwort zurück. Und das ist der Augenblick, wo sich Zeit und Raum zu dehnen und zu beugen beginnen, denn Kaffeehausbesucher wissen, dass ein „Momenterl“ eine eigene Kategorie in der Bemessung von Zeit darstellt. Zuerst kommt die Sekunde, dann die Minute, die Stunde, der Tag, die Woche, der Monat, das Jahr, die Dekade, das Jahrhundert, das Jahrtausend, die Jahrmillion, der Äon. Dann kommt lange nichts … und dann kommt das „Momenterl“. Für sehr langsame Menschen kennen wir einige passende Vergleiche: Dem kann man die Hosen beim Gehen flicken! Was Deutsche nicht verstehen, ist, dass die Zeitdehnung mitunter beabsichtigt ist, und das mit gutem Grund. Vom „Hudeln“ kommen nämlich die Kinder, wie das Volk in seiner Weisheit schon lange verstanden hat. Mitunter ist ein Hinauszögern eine allen dienliche Handlung. Während Deutsche immer eiligst die „Straße hochlaufen“, gehen es die südlichen Nachbarländer gemütlicher an. Sie „gehen auf der Straße“ und das muss nicht unbedingt ein Spaziergang sein. Die folgenden Kunstgriffe bieten uns alles: vom Trab in eine gemütlichere Gangart bis hin zum Stillstand. 4. Kunstgriff:
Wir brauchen mehr Information
Auf Gott vertrauen wir, alle anderen müssen Daten bringen. William Edwards Deming Die Natur in ihrem Einfallsreichtum hat eine Reihe von Lebewesen mit einer sehr wirksamen Waffe ausgestattet: Gift. So habe ich erst vor Kurzem gelernt, dass ein Tintenfisch gern Krebse frisst. In den Sinn wäre mir das nicht gekommen, denn wie soll der doch aus ziemlich vielen Weichteilen aufgebaute Krake mit seinen schlängelnden Tentakeln die harte Schale des Krebses durchbrechen? Dabei verstand ich, dass sich unter dem Tintenfischkopf eine Art Schnabel versteckt, mit dem es ihm gelingt, an das Fleisch im Inneren zu gelangen. Doch wie hält er den Krebs ruhig, während er an ihm herumknabbert? Indem er ihm ein Gift einspritzt, das den Krebs lähmt. So kann sich der Tintenfisch in Ruhe an das Aussaugen des Krebsfleisches machen. Solche Lähmungsmethoden hat die Natur auch anderen Raubtieren geschenkt: Schlangen, Spinnen und Sklaventreibern. Während Schlangen und Spinnen immer nur ein Opfer auf einmal erledigen, können die unter der wissenschaftlichen Bezeichnung „Manager“ bekannten Sklaventreiber aber ganze Organisationen zu Fall bringen. Sie machen das mit einem „schleichenden Gift“, das langsam seine Zerstörungskraft entfaltet. Es beginnt oft mit einem harmlos klingenden Satz auf eine vorgebrachte Idee: Wir brauchen mehr Informationen. Damit werden die hitzigen Jungspunde auf die Suche nach neuen Daten geschickt. Und wie beim Militär, wo man den Rekruten eine Übung immer und immer wieder wiederholen lassen kann, weil sich immer etwas finden lässt, was den Ansprüchen der Offiziere nicht gerecht wurde, genauso ist es mit den mysteriösen „Informationen“: Es gibt immer noch mehr davon und die Informationen, die man schon hat, lassen sich ohne Mühe als „noch nicht ausreichend“ deklarieren. Die nächste Steigerungsstufe nach der Aufforderung zu mehr Informationen ist die nach einer besonderen Ausprägung davon: die den Informationen zugrunde liegenden Zahlen und Fakten. Haben wir dazu Daten? Damit testet man die Robustheit der – nein, nicht der Informationen – man testet die Robustheit der Jungspunde. Stehen sie nach dem ersten direkten Treffer immer noch auf den Beinen, dann schauen wir doch mal, wie sie auf eine Faustwatsche reagieren. Denn Daten zu sammeln ist weit aufwendiger als das Sammeln von Informationen. Die Natur der Daten hat es in sich, dass sie nie korrekt genug sind, es keine ausreichende Menge von ihnen gibt oder dass sie nicht um weitere Daten erweitert werden können. Daten sind wie Forderungen von Bürgern an die Regierung: ein Fass ohne Boden. Wurden entgegen allen Erwartungen und Naturgesetzen die Daten doch vollständig gesammelt, dann muss man zum ultimativen Todesschlag ausholen. Und der kommt aus der Symbiose, in der Sklaventreiber mit einer anderen, ebenso gefährlichen Art leben. Diese Spezies organisiert sich in einer sozialen Gruppe, die wir als „Rechtsabteilung“ kennen. Sobald der markerschütternde Kampfruf Dazu brauchen wir mehr Rechtssicherheit! ertönt, wissen die Opfer, dass es um sie geschehen ist. Gegen zwei so mächtige Räuber zusammen ist selbst die beste Idee, das sachlich fundierteste Argument und die schönste Vision nicht gerüstet. Das ist der Moment, in dem man wie Bud Spencer eine Genickwatsche austeilt. Und von der erholt sich bekanntlich keiner. Der wissenschaftliche Fachbegriff für diesen Kunstgriff lautet übrigens „Paralyse durch Analyse“ (auf Englisch: Analysis-Paralysis), welcher, ausgehend von der Forderung nach Informationen, gefolgt von der nach Daten, bis hin zur höchsten Eskalationsstufe, nämlich dem Ruf nach Rechtssicherheit, den Lähmungsgrad schmerzvoll steigert. Dieser Kunstgriff wird Sadisten Vergnügen bereiten, aber auch jenen zur Seite stehen, die den Anfängerfehler begangen haben, Interesse zu heucheln und deshalb unvorsichtigerweise nach mehr Informationen verlangt haben und diese Torheit nun beenden möchten. Wem das zu mühsam ist und wer schnelle Resultate haben möchte, dem wird nachfolgender Kunstgriff tauglich erscheinen. 5. Kunstgriff:
Wir machen das, wenn …
Als ich 14 war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit 21 war ich verblüfft, wie viel er in sieben Jahren dazugelernt hatte. – Mark Twain Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert waren sich die Experten in der Transportindustrie einer Sache ganz sicher: Der Markt ist noch nicht reif. Wenn er überhaupt reif werden sollte und dieses neumodische Zeugs, das Automobil, nicht doch wieder verschwinden würde. Der Markt war einfach nicht reif, um sich auf Neues einzulassen. Im frühen 21. Jahrhundert wiederholte sich das Spiel, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Keine Panik, nicht das Pferd kommt zurück und ersetzt das Auto. Vielmehr ziehen die Manager und Experten der heimischen Automobilindustrie durchs Land und verkünden selbstgewiss: „Sobald der Markt reif ist, ziehen wir unsere Blaupausen aus der Schublade und bauen dann auch Elektroautos und Robotertaxis.“ Und nicht nur das, denn „dann kann sich die Konkurrenz warm anziehen“. Denn „wenn die Deutschen mal loslegen, dann …“ und den Rest kann sich die Konkurrenz aus USA und China selbst ausmalen, aber es wird kein Honigschlecken, so viel können wir schon jetzt garantieren. Mit anderen Worten: Solche Leute sollen gar nicht erst mit neuen Ideen kommen und uns auf die Nerven fallen. Wann genau der „Markt reif“ sein wird, verschweigt man geflissentlich. Das kann nur der Experte, der Manager, der Entscheidungsträger selbst beurteilen. Damit ist per definitionem ganz klar, dass die Idee hier scheitert und die Argumente zerschellen. Der Markt ist jetzt, in diesem Moment, alles, nur eines nicht: reif. Und das Großartige ist, der Beurteiler der Marktreife wählt die Kriterien und ändert sie nach Belieben. Wir machen das, wenn der Markt reif ist. Diskussion erledigt! Dieser in der Wirtschaft so beliebte Kunstgriff drängt sich auch in anderen Lebenssituationen förmlich auf. Bei allem, was sich zum Reifen eignet, kann der Reifegrad als Argument angewandt werden. Eltern können ihren Kindern versprechen: Du kannst das machen, wenn du alt genug bist! Für den amerikanischen Satiriker Dave...


Dr. Mario Herger ist Technologietrendforscher und lebt seit 2001 im Silicon Valley. Der langjährige SAP-Entwicklungsleiter und -Innovationsstratege berät Firmen, wie sie den innovativen und unternehmerischen Spirit des Silicon Valley auf ihre Organisationen übertragen können. Herger ist zudem erfolgreicher Buchautor. Bei Books4Success erschien von ihm zuletzt im August 2021 "Sorry not sorry".


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.