E-Book, Deutsch, Band 116, 216 Seiten, PDF
Zehn Jahre europäischer Hochschulraum
E-Book, Deutsch, Band 116, 216 Seiten, PDF
Reihe: GEW-Materialien aus Hochschule und Forschung
ISBN: 978-3-7639-4366-1
Verlag: wbv Media
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
Diese Tagungsdokumentation fasst die unterschiedlichen Erwartungen an den Bologna-Prozess und die Diskussion der bestehenden Probleme zusammen. Nach einer Bestandsaufnahme ziehen die Experten eine erste Bilanz und befassen sich mit den sich daraus ergebenden Perspektiven. Die nationalen Probleme der Umsetzung in Deutschland werden ebenso behandelt wie neue Handlungsfelder und Eingriffsoptionen auf internationaler Ebene. Am Ende des Bandes stehen konkrete Erwartungen an den Bologna-Prozess 2010 bis 2020 und ein Ausblick der GEW an Bologna nach 2010.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Pädagogik Pädagogik Bildungssystem Bildungspolitik, Bildungsreform
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Regierungspolitik Kultur-, Wissenschafts- & Technologiepolitik
- Sozialwissenschaften Pädagogik Schulen, Schulleitung Universitäten, Hochschulen
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Regierungspolitik Innen-, Bildungs- und Bevölkerungspolitik
Weitere Infos & Material
Einleitung
Klemens Himpele, Andreas Keller und Sonja Staack
Wie weiter im Bologna-Prozess?
Grußwort von Wojciech Pillich, NSZZ Solidarno's'c
A Zehn Jahre Bologna - Bilanz und Perspektiven
A1 Europa als neue normative Weltmacht? Einsichten aus dem Bologna-Prozess
Eva Hartmann
A2 Bologna in Deutschland - Reform der ungenutzten Chancen
Ulf Banscherus, Annerose Gulbins, Klemens Himpele und Sonja Staack
A3 Operation gelungen, Patient tot?
Ein Einwurf zu zehn Jahren Europäischer Hochschulraum
Klaus Landfried
A4 Die soziale Dimension des Europäischen Hochschulraums
Dominic Orr
B Studienstrukturreform im Bildungsföderalismus
B1 "Schön, dass wir darüber gesprochen haben." Was kann und wird der Bund noch tun?
Peter Greisler
B2 Kurskorrektur oder Kurs halten? Die KMK als Rahmengeberin der Bologna-Umsetzung
Birger Hendriks
B3 Umsetzung der Bologna-Reformen an den deutschen Hochschulen: Erfolge und Weiterentwicklung
Peter A. Zervakis
B4 Macht der Bachelor krank?
Studieren zwischen Druck, Kontrolle und Konkurrenz - Anforderungen an eine neue Studierendengeneration
Achim Meyer auf der Heyde
B5 Der Bachelor auf dem Arbeitsmarkt: Erfahrungen der Wirtschaft mit einem neuen Studienabschluss
Henning Dettleff
B6 Mobilität im Europäischen Hochschul- und Forschungsraum: Rahmenbedingungen und Hindernisse für Studierende und Beschäftigte
Walter Mönig
B7 Mobilität ohne Ende oder das Ende der Mobilität? Studierendenmobilität im Zeichen von Bologna
Siegbert Wuttig
B8 Studium Internationale - Wie viel Mobilität wollen wir wirklich?
Sarina Jessica Schäfer
b9 Akademische Wanderarbeit - Leitbild für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im 21. Jahrhundert
Anja Mihr
C "best practice"- oder "worst practice"-Beispiel?
C1 Kompetenz als Maßstab - die Reform der Lehrerbildung aus Hochschulperspektive
Ulrich Druwe
C2 Weiterentwicklung ohne Bachelor und Master: Lehrerausbildung in Baden-Württemberg
Ulrich Lübke
C3 Studierende ins Zentrum - studentische Erwartungen an die Lehrerbildung
Sven Lehmann
C4 Gewerkschaftliche Anforderungen an eine zukunftsfähige Lehrerbildung
Doro Moritz
D Zwischen Bologna und Brüssel
D1 Qualitätssicherung auf europäischer Ebene - ein Handlungsfeld für Studierendenvertretungen und Gewerkschaften
Colin Tück
D2 Bologna 2010 - was kommt danach?
Bastian Baumann
D3 Der Europäische Hochschulraum als Handlungsfeld für Gewerkschaften und Studierende
Nina Gustafsson Åberg
D4 Zwischen Konvergenz und Vielfalt: Zur Rolle neuer Transparenzinstrumente im Europäischen Hochschulraum
Christiane Gaehtgens
E Empfehlungen für "Bologna 2.0"
E1 Der Bologna-Prozess und Lebenslanges Lernen: Die Durchlässigkeit des zweistufigen Studiensystems
Katrin Heyl
E2 Promovieren im Europäischen Hochschulraum - Impulse für eine Weiterentwicklung der Promotionsphase
Alexander Katzer
E3 Qualitätssicherung und Akkreditierung: Erwartungen an Bologna nach 2010
Achim Hopbach
E4 Geschlechtergerechtigkeit als Qualitätsmerkmal von Studium und Lehre - Forderungen und Empfehlungen
Beate Kortendiek
E5 Gute Arbeit - gute Bildung: Personelle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Studienreform
Roland Bloch und Carsten Würmann
E6 Von Bologna nach Bad Wildbad - Erwartungen und Empfehlungen an die Bildungsgewerkschaft GEW
Qualitätssicherung und Akkreditierung
Margret Bülow-Schramm
Die soziale Dimension im Bologna-Prozess
Sabine Kiel
Promovieren im Europäischen Hochschulraum
Anne Krüger
E7 Gute Bildung - gute Arbeit: Verbesserung der Betreuung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Studienreform
Carmen Ludwig
E8 Geschlechtergerechtigkeit als Qualitätsmerkmal von Studium und Lehre
Dorothea Mey, Lydia Kocar und Klemens Himpele
E9 Durchlässigkeit der Studienstrukturen und lebensbegleitendes Lernen
Uta Sändig
F Bologna: Endstation oder Wegmarke?
F1 Jetzt die Weichen für den Kurswechsel stellen
Andreas Keller
Autorinnen und Autoren
B1 "Schön, dass wir darüber gesprochen haben …" Was kann und wird der Bund noch tun? (S. 57-58)
Peter Greisler
Als die GEW mir angeboten hat, in diesem Tagungsband einen Beitrag unter obigem Titel zu veröffentlichen, wollte ich das zunächst ablehnen, weil dieser Titel falsche Vorurteile transportiert. In etwa: Debattieren nutzt nichts, zentral regeln kann der Bund nichts, aber darauf käme es eigentlich an. Tatsächlich ist das eine wunderbare Gelegenheit, dieser Sicht zu widersprechen und zwar in allen drei Punkten.
Der Bologna-Prozess, den wir auf der Tagung „Endstation Bologna?“ gründlich erörtert haben, ist selbst der beste Beweis dafür, dass Debatten etwas bewirken. Die Bologna-Erklärungen sind alle völkerrechtlich nicht verbindlich und dennoch halten sich die Staaten weitgehend daran, weil in langen Debatten auf verschiedenen Ebenen Ministerien, Hochschulrektoren, Studierende, Gewerkschaften und Arbeitgeber/-innen einen Konsens gefunden haben, den sie richtig finden und nun auch durchsetzen wollen. Die Debatten vermehren auch das Wissen übereinander und führen zu Lern erfolgen, die die Beteiligten in ihren Ländern umsetzen. Inspiriert durch das niederländische Beispiel haben wir zum Beispiel die Auslandsförderung ab dem ersten Semester für Auszubildende mit ständigem Wohnsitz im Inland eingeführt. Das regelmäßige Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Staaten bringt neue Erkenntnisse, ebenso wie der Datenvergleich zwischen den nationalen Bildungssystemen: Woran liegt es, dass in Deutschland die an ausländischen Hochschulen erbrachten Leistungen relativ schlecht anerkannt werden? In langen Debatten mit ausländischen Kollegen und Kolleginnen fiel eine unterschiedliche Herangehensweise auf. Die Kollegen und Kolleginnen sagten, man habe die Studienleistung anerkannt, da sie sich von der in der inländischen Universität verlangten Leistung nicht wesentlich unterscheide, während die Deutschen meinten, man könne sie nicht anerkennen, da sie nicht gleichwertig sei. Hier ist die gleiche rechtliche Grundlage, nämlich die Lissabon-Konvention, einmal so und einmal so verstanden worden. Tatsächlich soll die Anerkennung nur verweigert werden, wenn sich die Leistung wesentlich unterscheidet.
Neue Debatten, neue Perspektiven
Neue Begrifflichkeiten, die in der Debatte entstehen, eröffnen neue Perspektiven. Der Begriff „participative equity“ wird verwendet für das Ziel, das wir in London beschlossen haben: „(…) that the student body entering, participating in and completing higher education should reflect the diversity of our populations“ (London Communiqué 2007). Die deutschen Begriffe Gleichheit, Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit haben lange den Blick darauf verstellt, dass wir bestimmte Gruppen unserer Gesellschaft ungleich behandeln müssen, damit sie ausreichend an Bildung teilhaben können. Werden alle gleich behandelt, dann kann es immer noch passieren, dass eine große Gruppe einer Religionsgemeinschaft oder von Migranten und Migrantinnen nicht ausreichend an der Hochschulbildung teilhat, was für die Gesellschaft langfristig schädlich ist. Das definierte Ergebnis (Teilhabe aller Gruppen der Gesellschaft) müssen wir mit allen geeigneten Maßnahmen anstreben. In der Dresdner Erklärung der Bundesregierung und der Regierungschefs der Länder vom 22.10.2008 finden sich Beispiele für gezielte Förderung bestimmter unterrepräsentierter Gruppen, um gleiche Teilhabe an Bildung und Arbeit zu erreichen. Zwei Beispiele: „die Länder wollen … mehr Männer als Fachkräfte für die Erziehung … der Kinder gewinnen“, „der Bund will mit dem nationalen Pakt für mehr Frauen in MINT-Berufen … gezielt junge Frauen für diese Berufe“ gewinnen – Felder, in denen pure Gleichberechtigung (jeder Mann hat das gleiche Recht wie Frauen, sich auf die Stelle im Kindergarten zu bewerben, jede Frau hat das gleiche Recht wie Männer, sich im Fach Maschinenbau einzuschreiben) nicht zum gewünschten Ergebnis führte.