Hoefert / Klotter | Wandel der Patientenrolle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 335 Seiten

Hoefert / Klotter Wandel der Patientenrolle

Neue Interaktionsformen im Gesundheitswesen

E-Book, Deutsch, 335 Seiten

ISBN: 978-3-8409-2283-1
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Zu den wesentlichen Veränderungen des Gesundheitswesens der letzten beiden Jahrzehnte zählt der Wandel der Patientenrolle im professionellen Behandlungskontext. Der Band zeigt die Hintergründe sowie aktuelle Entwicklungen auf, die zu einem neuen Verhältnis zwischen Behandler und Patient geführt haben.
Die Autoren des Bandes erläutern, wie sich u.a. durch erweiterte Informationsmöglichkeiten, den Einfluss von Verbraucherorganisationen und der Gesundheitspolitik das Krankheitsverständnis und Erwartungen auf Seiten der Patienten verändert haben. Welche Implikationen sich daraus für die Arzt-Patient-Beziehung ergeben, wird beispielhaft anhand der Partizipativen Entscheidungsfindung diskutiert. In weiteren Beiträgen wird die Attraktivität des alternativen Gesundheitsmarktes erörtert sowie auf spezielle Veränderungen der Patientenrolle in den Kontexten der Psychiatrie, Psychotherapie und Rehabilitation eingegangen. Das Buch bietet damit einen aktuellen Überblick über den Themenkomplex der neuen Patientenrolle und Anregungen für angemessene Interaktionen zwischen Behandelnden und Patienten.
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Zielgruppe


Mediziner, Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten sowie andere Professionelle im Gesundheitsbereich.

Weitere Infos & Material


1;Wandel der Patientenrolle;1
2;Vorwort der Reihenherausgeber;7
3;Inhalt;9
4;Vorwort;11
5;Teil I Historische Hintergründe und neuere Entwicklungen;17
5.1;Der arbeitende Patient;19
5.2;Die Empowerment-Bewegung und ihre Auswirkungen auf das Gesundheitswesen;35
5.3;Der informierte Patient: Wunsch und Wirklichkeit;49
5.4;Internet und E-Patienten: Potenzielle Auswirkungen auf die Autonomie der Patienten und die Behandler-Patient-Beziehung;69
5.5;Evidenzbasierte Patienteninformation;103
5.6;Patientenrechte – Belastung der Arzt-Patient- Beziehung? Ein Plädoyer für gute Organisation und Gesetzesregelung;119
6;Teil II Interaktionen zwischen Professionellen und Klienten;135
6.1;Partizipative Entscheidungsfindung – Wunsch und Realität;137
6.2;Gewünschte und wahrgenommene Teilhabe an medizinischen Entscheidungen – Empirische Befunde zu hämatoonkologischen Patienten;149
6.3;Gesundheit als „Ware“? – Erfahrungen aus Sicht der „ Kunden“;159
6.4;Krankenstand als Verhandlungsergebnis zwischen Arzt und Patient;177
6.5;Das Ringen um Compliance und Adhärenz;193
7;Teil III Attraktivität des zweiten Gesundheitsmarktes;217
7.1;Patienten zwischen konventioneller und komplementär-alternativer Medizin;219
7.2;Spiritualität in therapeutischen Beziehungen;237
7.3;Zulauf zu „ Heilern“ – ein Versuch, Umfang und Gründe zu erfassen;257
8;Teil IV Veränderungen in institutionellen Kontexten;267
8.1;Wandel der Patientenrolle in der Psychiatrie;269
8.2;Wandel der Patientenrolle in der Psychotherapie;285
8.3;Wandel der Patientenrolle in der Rehabilitation;297
8.4;Selbsthilfegruppen und ihre Auswirkung auf therapeutische Beziehungen;317
9;Die Autorinnen und Autoren des Bandes;331
10;Stichwortverzeichnis;334


Gewünschte und wahrgenommene Teilhabe an medizinischen Entscheidungen – Empirische Befunde zu hämatoonkologischen Patienten (S. 147-148)
Jochen Ernst, Christina Schröder und Elmar Brähler
1 Einleitung und Fragestellung
Im Kontext der gesundheitspolitischen Diskussionen der letzten Jahre sind der Wandel der Patientenrolle und veränderte Interaktionsmuster im Arzt-Patient-Verhältnis zu einem zentralen Thema geworden. In diesem Zusammenhang hat das Konzept des „Shared Decision Making“ (bzw. Partizipative Entscheidungsfindung) auch im deutschsprachigen Raum Verbreitung gefunden. Dieses Modell der Arzt-Patient-Beziehung hebt sich vom paternalistischen Entwurf ab, indem es ein gemeinsames, partizipatives Vorgehen von Arzt und Patient in den Vordergrund stellt. Es bezieht sich dabei vorrangig auf die Therapieentscheidungen und misst dem Informationsaustausch sowie dem Erkennen und Respektieren von Patientenpräferenzen seitens des Arztes große Bedeutung zu (Charles et al., 1997, Flynn et al., 2006, Makoul & Clayman, 2006).

Die Forschung hat in den letzten Jahren nach Wegen gesucht, eine gemeinsame Entscheidungsfindung vor allem im Bereich der chronischen Erkrankungen zu verbessern und Patienten Möglichkeiten zu eröffnen, sich zusätzliche Informationen und Entscheidungshilfen nutzbringend zu erschließen. Im Fokus standen dabei die Ermittlung des Patientenwunsches nach Entscheidungsteilhabe, die Sicht der Ärzte und die Implementierung von „ Decision Aids“, um Patienten und Mediziner bei der Umsetzung des Shared Desicion Making zu unterstützen (Ernst et al., 2007, O’Brien et al., 2009, Wirtz et al., 2006). Untersucht wurden hierbei unterschiedliche Krankheitsbilder (Härter et al., 2005), vor allem aber auch maligne Tumorerkrankungen. Gut befundet ist der Status quo bei Brust- oder Prostatakrebspatienten, da hier einerseits häufig gleichwertige Behandlungsalternativen mit entsprechenden Wahlmöglichkeiten existieren, andererseits aufgrund der höheren Inzidenz größere Stichproben erzielt werden und differenzierte Forschungsfragen geklärt werden können (Harcourt & Rumsey, 2004, Hawley et al., 2007, Janz et al., 2004, Vogel et al., 2008, Williams et al., 2008).

Für die soliden Tumore belegen umfangreiche empirische Befunde den Wunsch von Patienten nach Entscheidungspartizipation und Autonomie (Deber et al., 2007, Hack et al., 2006, Mandelblatt et al., 2006). Eine gemeinsame Entscheidung wird von 40 bis 89 % der onkologischen Patienten gewünscht, insbesondere hinsichtlich der Therapiewahl oder auch der Rahmenbedingungen der Behandlung (z. B. zu welchem Zeitpunkt die Behandlung erfolgen sollte, Kraetschmer et al., 2004). Über die Studien hinweg sind es etwa drei Viertel der Patienten, die an Therapieentscheidungen beteiligt sein möchten, rund jeder Fünfte wünscht dabei eine eher passive Rolle bzw. überlässt dem Arzt die Entscheidung allein (Deber et al., 2007). Als Einflussfaktoren für einen größeren Wunsch nach Einbeziehung in Behandlungsentscheidungen sind u. a. jüngeres Alter, bessere Bildung sowie eine höhere Gesundheitskompetenz beschrieben worden, wobei Interaktionseffekte, z. B. zwischen dem Alter und dem Bildungsstand, zu beachten sind (Bleicher et al., 2008, Hawley et al., 2007, Janz et al., 2004).

Vielfach werden positive Auswirkungen der Patientenbeteiligung berichtet, vor allem bei chronischen Krankheiten und einer längeren Entscheidungsabfolge (Joosten, DeFuentes-Merillas et al., 2008). So kann eine aktive Patientenbeteiligung mögliche Entscheidungskonflikte und psychische Belastungen mindern und die Compliance sowie Behandlungszufriedenheit verbessern (Mandelblatt et al., 2006). Auch Kliniker nehmen eine gemeinsame Entscheidungsfindung langfristig als hilfreich wahr und können somit vom Shared Decison Making profitieren (Joosten, de Weert et al., 2008).

Wenige Kenntnisse gibt es zur Patientenpräferenz und -mitwirkung in Bezug auf maligne hämatologische Erkrankungen. Dies dürfte vor allem auf die relativ niedrige Prävalenz dieser Erkrankungen (Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. & Robert Koch Institut, 2006) und auf die erschwerte klinische Zugänglichkeit zu den Patienten (u. a. akute Beschwerden) zurückzuführen sein. Im Vergleich zu Patienten mit soliden Tumoren sind das Fehlen einer subjektiven körperlichen Verortung des Krankheitsgeschehens maßgebend, die Unabwägbarkeit von bestimmten Behandlungsstrategien (z. B. bezüglich der Risiken und Langzeitfolgen) sowie die Notwendigkeit, Entscheidungen mit einer hohen Antizipationsleistung zu erbringen. Letztlich sind getroffene Entscheidungen über einen großen Zeitraum und unter dem Einfluss „krankmachender“ Therapien und einer invasiven Begleitdiagnostik aufrecht zu erhalten (Koehler et al., 2006, Montgomery et al., 2002). Vereinzelte Befunde – meist auf der Grundlage kleiner Stichproben – legen den Schluss nahe, dass hämatoonkologische Patienten im Unterschied zu anderen Patientengruppen ein relativ passives Verhalten zeigen, sowohl hinsichtlich der Informationssuche als auch der Beteiligung an medizinischen Entscheidungen (Friis et al., 2003, Yogaparan et al., 2009). Ein Grund hierfür könnte die häufig berichtete extreme psychische Belastung dieser Patienten sein, sowohl infolge der Erkrankung als auch der zu erwartenden invasiven und komplexen Therapien (z. B. Knochenmarktransplantation). Unter diesen Bedingungen lassen sich eine latente Hilflosigkeit der Patienten und eine ausgeprägte Abhängigkeit vom medizinischen Expertentum beobachten. Dies schränkt den Wunsch nach aktiver Entscheidungsbeteiligung ein bzw. lässt eine Mitwirkung an medizinischen Entscheidungen möglicherweise als zusätzliche Belastung erscheinen (Montgomery et al., 2002). Onkologisch tätige Ärzte sind in einer australischen Studie zu eigenen Erfahrungen mit dem Entscheidungsverhalten ihrer Patienten befragt worden.


Klotter, Christoph
Prof. Dr. habil. Christoph Klotter ist Professor für Ernährungspsychologie und Gesundheitsförderung an der Hochschule Fulda

Hans-Wolfgang Hoefert
Prof. Dr. habil. Christoph Klotter ist Professor für Ernährungspsychologie und Gesundheitsförderung an der Hochschule Fulda


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