Hofert | Hört auf zu coachen! | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 193 Seiten

Hofert Hört auf zu coachen!

Wie man Menschen wirklich weiterbringt

E-Book, Deutsch, 193 Seiten

ISBN: 978-3-8006-7395-7
Verlag: Franz Vahlen
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Wir können nur denken, was wir denken. Was wir nicht denken, ist nicht da. Denken ist immer auch Fühlen. Es die Voraussetzung für freies und kreatives Handeln.
Ich bin, wie ich bin? Ein Irrtum. Wir Menschen werden. Wir sind nicht fertig.

Auch als Erwachsene können wir uns entwickeln. Die Richtung dieser Entwicklung folgt einem nachvollziehbaren Muster. Dieses zu kennen, ist für alle essenziell, die mit Change, Integration, Lernen und Entwicklung zu tun haben. Ob Coach oder Führungskraft: Dieses Buch schärft ihren Blick für Menschen. Sie erhalten Fragebögen und Übungen. Und lernen sich en passant auch selbst besser kennen.

Im Coaching gehen wir oft von einer falschen Grundannahme aus: Wir denken, wir hätten es mit gefestigten Persönlichkeiten zu tun, die einem eigenen Gewissen folgen und danach entscheiden können. Doch laut Expertenmeinungen sind weniger als die Hälfte aller Fach- und Führungskräfte in einer entsprechenden Ich-Entwicklungsphase. Coaching ist hier nicht hilfreich. Wir müssen deshalb die Form unserer Unterstützung auf die individuellen Voraussetzungen der Adressaten abstimmen.

Hofert beschreibt in diesem Buch ihre Erfahrungen aus mehr als einem Vierteljahrhundert Coaching und Beratung, in denen sie ein Muster erkannte. Sie spürte die Grenzen ihrer eigenen Ausbildungen. Als sie vor zehn Jahren dann das erste Mal in Berührung mit entwicklungspsychologischen Ansätzen kam, öffnete ihr das die Augen. Kein Ansatz war je so hilfreich und praxisrelevant gewesen. Zahlreiche Fallbeispiele, Übersichten und Checklisten in diesem Buch geben dazu wichtige Impulse und Denkanstöße.

In dieser überarbeiteten Neuauflage sind neben Aktualisierungen auch inhaltliche Erweiterungen vorgenommen worden, vor allem im Bereich Agile Coaching.
Aus dem Inhalt:
Die innere Reise des Menschen

Die wundersame Ich-Entwicklung

Coaching für Entwicklung und Veränderung

Über diese Brücken musst du gehen

Praxisteil: Phasenbewusst coachen (praktische Übungen und Reflexionsfragen)
Svenja Hofert
bewegt und entwickelt Menschen, Teams & Organisationen. Sie ist Geschäftsführerin von Teamworks GTQ GmbH und Autorin von mehr als 30 Büchern.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


13Kapitel 1
Hört auf zu coachen!
Der Dialog auf der Party ist erfunden, aber jede der Stimmen kenne ich. Ich will Ihnen jetzt eine echte Geschichte anbieten: meine eigene. Meine ersten Ausbildungen haben mir nicht die Kenntnisse vermittelt, die ich gebraucht hätte, um Therapiefälle rechtzeitig zu erkennen. Sie haben mir auch nicht gesagt, wann es sinnvoll ist, die Vergangenheit mit einzubeziehen und wann nicht. Sie sensibilisierten auch nicht für die Anwendung von Testverfahren. Ich lernte auch nicht die spezielle Bedeutung von Gruppen und Kontext kennen, die ich heute für essenziell halte. Ich sensibilisierte mich selbst. Da war ein großes Bedürfnis, nicht nur intuitiv, sondern auch kompetent zu sein. Ich habe viele Menschen über Jahre und Jahrzehnte begleitet. Es kamen Studenten zu mir, die es über verschiedene Führungsebenen bis zum Vorstand brachten. Moderatoren schickten mir ihre jugendlichen Kinder. Meine vielen Büchern sorgten für Vertrauen. Ich arbeitete mit Politikern und Fachkräften. Eine Zeitlang war ich auf Existenzgründung und Unternehmer spezialisiert. In dieser Zeit, etwa bis 2005, veröffentlichte ich auch viele Standardwerke und bis zu zehn Auflagen. Um die Jahrtausendwende war ich als HR-Consultant in große Outplacement-Projekte involviert gewesen. Bei diesen Projekten war auch nie ganz klar, ob man berät, coacht, trainiert oder doch auch mal unfreiwillig therapiert. Damals verloren viele Menschen ihren Job. Der Arbeitsmarkt war noch ein ganz anderer. Ein Jobverlust ist vielfach ein Trauma. Wie man mit Traumata umgeht, habe ich da aber nicht gewusst. Heute gibt es viel, viel mehr Coachingausbildungen. Bessere, aber vermutlich auch schlechtere. Der Markt ist ja nicht reguliert, und kommerzielle Interessen herrschen vor. Ich hatte immer und immer wieder das Gefühl, dass ich ein paar Dinge wissen müsste. Deshalb hängte ich spät ein Wirtschaftspsychologie-Master an meinen Magister Artium. Rückblickend hat mir das Kenntnisse in Statistik beschert. Die finde ich sehr wichtig. Ich habe aber auch gemerkt, dass mir das meiste längst bekannt war. 14Ich lernte mehr durch Reflexion meiner Erfahrungen. Fast ein Jahrzehnt war ich in gemeinsamer Praxis mit einer Psychotherapeutin. Meine Intervisionsgruppen mit Therapeuten, Beratern und Coaches gaben mir immer wieder neue Blickwinkel und öffneten blinde Flecken. Ich lernte auch durch Grenzerfahrungen. Der erste Borderline-Fall etwa, für den ich einfach nicht gewappnet war. Als ein junger Mann mir vom Selbstmordplänen seiner Freundin erzählte, konnte ich darüber zum Glück mit meiner Kollegin reflektieren. Ich lernte am meisten, wenn ich mich mit anderen über meine Gedanken austauschen konnte. Etwa, ob es in diesem Fall besser war, nur an der Oberfläche zu arbeiten oder doch tiefer zu gehen. Oder ob es vertretbar sei, über drei Jahre und 90 Stunden mit einem Klienten an seiner Selbstständigkeit zu arbeiten. Meine Zielgruppen veränderten sich immer wieder. Zeitweise arbeitete ich auch mit jungen Menschen, die gerade das Abitur gemacht hatten. Bei ihnen spürte ich diese »Uncoachbarkeit«. Sie konnten gar nicht selbst wahrnehmen, was sie wollten. Sie spürten ihre Bedürfnisse nicht. Und das ist kein Wunder: Auf welche Erfahrung bitte soll ein 18-Jähriger zurückgreifen? Sie stochern in Fantasien. Mein Fazit: Hier braucht es wirklich valide Testverfahren. Ich hatte auch oft Professoren im Coaching. Da merkte ich, dass ein Professorentitel und ein IQ jenseits der 130 keine Garanten für gereifte Persönlichkeiten sind. Was mich aber am meisten überraschte, war, dass gerade Topmanager oft gar keinen Bezug zu sich und ihren Emotionen hatten. Sie agierten in einer Art Automatenmodus. Sie hatten eine ausgefeilte Sprache und wirkten sehr eloquent, aber oft war das wie eine Hausfassade ohne Haus dahinter. Ich lernte viel, auch über Emotionen und Kognitionen, beschäftigte mich mit Neurowissenschaften. Es blieben Fragezeichen. Und ein Fremdeln mit dem, was unter dem Begriff Coaching immer breitere Bekanntheit erlangte. Meine Erfahrungen haben mich später dazu gebracht, gemeinsam mit meinem Kollegen Thorsten Visbal eine eigene Ausbildung zu etablieren. Es ist bewusst keine Coachingausbildung. Davon gibt es genug, wenn nicht zu viel. Unser besonderes Augenmerk gilt dem Gestalten von Teams. Hier fördern wir das Bewusstsein für unterschiedliche Rollen zwischen Moderation, Coaching und Beratung. Die Ich-Entwicklung spielt dabei eine besondere Rolle. Denn eins ist mir klar geworden: Wenn Menschen mit Menschen arbeiten, müssen Sie erst einmal auf sich selbst schauen. 15Auf der Couch oder beim Coach
Man lernt auch durch andere. Was ist deren Selbstverständnis? Besonders in einer Lebensphase, in der ich Anfang, Mitte Vierzig war, nahm ich mehrere Stunden bei verschiedenen Coaches. Damals hatte ich die Idee, etwas ganz anderes zu machen. Ich wollte kein Coach mehr sein. Ich hatte alles gesehen, glaubte ich. Erst rückblickend verstehe ich, dass ich damals in einer Phase feststeckte, die Sie in den weiteren Kapiteln als Flexibel-Phase kennenlernen werden. Teils stellte ich mich als Versuchskaninchen in Coachingausbildungen zur Verfügung, teils wandte ich mich an Profis. In den Coachings spürte ich dann bei mir selbst, was ich in der fiktiven Party-Diskussion beschrieben habe. Ich war da wie Sabine. Das gab es die toughen und strukturierten Coaches. Sie wollten Ziele mit mir vereinbaren. Ich wollte das aber nicht. Ich wollte nicht an die Kette gelegt werden. Schon gar nicht wollte ich Ziele smart beschreiben, also spezifisch, messbar, aktiv, realistisch und »timeboxed«. Der Widerstand, der mir ins Gesicht geschrieben war, blieb bei den Toughen allerdings unbemerkt. Wenn ich es ansprach, waren sie beleidigt. Auch die Variante mit strukturierter Prozesssteuerung an Flipchart & Co. empfand ich bei aller Empathie des Coaches als unangenehm. Das kann für einige genau richtig sein, aber eben nicht für alle. Unter den Toughen erlebte ich auch »Mansplaining.« Ein älterer, männlicher Coach meinte, mir väterlich persönliches Feedback aufgrund eines Tests geben zu müssen. Ich hielt aber schon den Test nicht für aussagekräftigt. Der Coach verteidigte ihn wie sein Heiligtum, meine Bedenken wollte er wegargumentieren. Darauf reagierte ich allergisch. Dem Strukturierten gegenüber steht die weiche, fürsorglich-mütterliche Coach-Variante. Eines dieser Coaching-Experimente fand im Life Coaching-Kontext statt. Der Coach kam aus dem NLP, dem Neurolinguistischen Programmieren. Hier wird Coaching anders definiert. Der Verband DVNLP e. V. schreibt in seiner Definition: »Coaching ist die individuelle Begleitung eines Menschen in beruflichen oder persönlichen Reflexions- und Veränderungsprozessen.« Das ist näher am Verständnis von Coaching als psychosoziale Beratung oder auch Counseling. Es zieht aus meiner Erfahrung etwas andere Leute an. Meine Coachin war jedenfalls davon überzeugt, dass die Lösung in mir lag. Sie sagte: »Die Antwort liegt immer im Klienten selbst, du bist Expertin für dein Anliegen.« Sie mag recht haben. Aber damals reagierte ich trotzig, sah das nicht so. Ich wollte andere Meinungen, Gedanken und Gefühle zu meinem Anliegen kennenlernen. Ich sagte, »Sagen Sie mir doch einfach, was Sie dazu denken«. Dann wollte sie mit mir mit Bodenankern arbeiten, auf die sie Begriffe schrieb, die mit meiner Frage zu tun hatten. Welche das waren, weiß ich nicht mehr genau. 16Vermutlich waren es die verschiedenen Möglichkeiten meiner eigenen Weiterentwicklung, die mich beschäftigten. Man kann alles so und so sehen, es gibt unendlich viele Perspektiven. Das mit der Flexibel-Phase teilweise einhergehende Thema »destruktiver Relativismus« kenne ich aus eigener Erfahrung nur zu gut. Mit Bodenankern kam ich da jedenfalls gar nicht weiter. Heute kann ich das einordnen. Ich war damals von einer verbreiteten »Nebenwirkung« befallen. Ich hatte meinen Standpunkt verloren. Es gab keine übergeordnete Orientierung. Der Metablick hätte mir damals mehr geholfen. Es ging nicht um Entscheidung für das eine oder andere, wie es die Coachin interpretierte. Das Thema war nicht das Thema. Mir liegt es fern, die Arbeit mit Bodenankern als falsch zu deklarieren. Sie kann sehr wirksam sein, aber es muss passen und der Klient muss es wollen. Meine Reise durch die Coaching-Landschaft war danach noch nicht zu Ende. Ich habe auch Klopftechnik, Transaktionsanalyse und Wingwave® ausprobiert. Aber es geht nicht um den Ansatz – der ist (meist) unschuldig. Es geht um denjenigen, der ihn oft zu wenig differenzierend anwendet. Nehmen wir Wingwave®. Die Methode arbeitet mit der Reaktion des Körpers und impliziert, dass die Antworten im Körper gespeichert sind. Zunächst wird der Coachee durch Handbewegungen in einen traumähnlichen Zustand versetzt. Dann folgt ein sogenannter »Myostatiktest«. Der Coachee bildet mittels Daumen und Zeigefinger einen festen Muskelring. Der Coach hält diesen dann mit maximaler Kraft. Ein schwacher Muskeltest, also ein schnelles Auflösen der Kraft zwischen Muskel und Zeigefinger deutet auf Stress hin. Das lässt sich beispielsweise nutzen, um Fragen zu beantworten wie: »Soll ich mit meinem Kollegen eine GmbH gründen oder nicht?« Es ist eine großartige Methode, die ausgesprochen nützlich sein kann. Das stelle ich nicht in Abrede. Aber mein damaliger Coach wandte es an, als würde er mir ein Designerkleid verkaufen. Er war so überzeugt von der Methode, dass bei mir...


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