Jansen | Zeuge und Aussagepsychologie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 410 Seiten

Reihe: Praxis der Strafverteidigung

Jansen Zeuge und Aussagepsychologie

E-Book, Deutsch, 410 Seiten

Reihe: Praxis der Strafverteidigung

ISBN: 978-3-8114-5713-3
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Bei Zeugenbefragungen unentbehrlich:

Der Zeuge ist das häufigste Beweismittel im Strafprozess. Die Beurteilung der Aussage ist insbesondere in Fällen, in denen "Aussage gegen Aussage" steht, entscheidend für die Einstellung oder Anklageerhebung, den Freispruch oder die Verurteilung.

Seit der Grundsatzentscheidung des BGH zu den Mindestanforderungen, die an Glaubhaftigkeitsgutachten zu stellen sind, hat die Aussagepsychologie im Strafprozess eine enorme Aufwertung erfahren.

Nicht nur die Aussageanalyse, schon die Vernehmung des Zeugen hat sich allseits an den Erkenntnissen der modernen Aussagepsychologie auszurichten. Dabei sind die höchstrichterlich anerkannten Glaubhaftigkeitsmerkmale zu beachten; und das nicht nur bei kindlichen, sondern auch erwachsenen Zeugen.

Die Verfasserin vermittelt das notwendige Grundwissen zur Zeugenvernehmung, zur Würdigung der Zeugenaussage und zur Überprüfung aussagepsychologischer Gutachten. Sie stellt dazu die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung und die einschlägige aussagepsychologische Literatur ausführlich dar. Damit ist das Buch auch als Nachschlagewerk zu verwenden.

Die erweiterte Neuauflage behandelt nun z.B. auch folgende Themen: Selbstpräsentation des Zeugen; die Auswirkungen des Opferschutzes (insbesondere der Opferhilfeeinrichtungen) auf die Zeugenaussage; Beurteilung von Aussagen über Traumata. Wichtige neue Rechtsprechung wurde eingearbeitet.
Durch die Aufnahme zahlreicher Praxishinweise und Checklisten wird die Beurteilung von Aussagen oder die Befragung von Zeugen erleichtert.
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Zielgruppe


Rechtsanwälte, Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamte, Sachverständige


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Teil 1 Zeugenaussage › I. Einführung in die Aussagepsychologie I. Einführung in die Aussagepsychologie
Teil 1 Zeugenaussage › I › 1. Historie 1. Historie
13 Aussagepsychologische Gutachten werden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erstmalig im Jahr 1954 (in BGH [5 StR 416/54][1]) erwähnt. Danach sind Sachverständige zu bestellen, wenn die Zeugenaussagen von Kindern oder Jugendlichen die alleinigen oder wesentlichen Beweismittel darstellen. Damit sind aussagepsychologische Gutachten seit mehr als 50 Jahren als Beweismittel in Strafverfahren dem Grunde nach anerkannt. Ausführliche Abhandlungen zu „historisch-psychologischen Betrachtungen der Zeugenaussage“ finden sich bei Kühne[2], die auf die Werke zu den Anfängen der Aussagepsychologie Anfang des letzten Jahrhunderts von Binet[3], Stern[4] und Münsterberg[5] hinweist, wie auch bei Müller-Luckmann[6], Köhnken[7]und Steller[8], Steller/Böhm[9] ziehen Bilanz über „50 Jahre Rechtsprechung des BGH zur Aussagepsychologie“. 14 Erste bis dritte Phase. William Stern[10] verstand schon 1902 die Aussage als geistige Leistung und zugleich als Verhörsprodukt. „Dieser Titel beschreibt das Konzept der Aussagepsychologie: Eine Aussage wird als Leistungsprodukt aufgefaßt, das nicht nur abhängig ist von personalen Merkmalen (geistige Leistung), sondern auch durch situative Merkmale bedingt sein kann, z. B. durch Merkmale der Befragungsumstände (Verhörsprodukt)“, erläutern Steller/Volbert[11] dazu. 15 Stern Aussage = Geistige Leistung + Verhörsprodukt Mitte des letzten Jahrhunderts wurden psychologische Sachverständige immer häufiger in gerichtlichen Verfahren hinzugezogen. Sie beschränkten sich nicht wie bis dahin auf das Aktenstudium, sondern nahmen auch zunehmend eigene Untersuchungen an Zeugen vor mit dem Ergebnis, dass Aussagen minderjähriger Zeugen über an ihnen verübten Unzuchtshandlungen in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Wahrheit entsprachen[12]. Undeutsch[13] stellte diese Erkenntnis erstmalig 1953 und dann wiederholt weiter begründet in seinen späteren Veröffentlichungen 1956, 1957, 1959, 1965 und 1966 vor[14]. 16 Vierte Phase. Undeutsch forderte 1953 auf dem 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Köln dazu auf, die Glaubhaftigkeit der Aussage in den Mittelpunkt der Glaubwürdigkeitsbeurteilung zu stellen. Er läutete damit eine neue Phase der Aussagepsychologie ein, die heute die Glaubhaftigkeitsbegutachtung bestimmt. Die von ihm aufgestellte Hypothese lautete: Aussagen über tatsächlich Erlebtes unterscheiden sich inhaltlich systematisch von erfundenen Aussagen (von Steller 1997 als Undeutsch-Hypothese[15] benannt). 17 Undeutsch-Hypothese Aussagen über tatsächlich Erlebtes unterscheiden sich inhaltlich systematisch von Aussagen über Erfundenes 18 Überblick über die Entwicklung der (deutschsprachigen) Aussagepsychologie Bei Greuel[16] findet sich ein Überblick über die Entwicklung der (deutschsprachigen) Aussagepsychologie im letzten Jahrhundert: Zeitraum Bezeichnung Methodischer Zugang Publikations-Beispiele Zentrale Konstrukte 1900 – 1930 Experimentelle Frühphase Laborexperi-mente Wirklichkeits-Versuche William Stern (1902)[17] Aussagegenauigkeit Aussagetüchtigkeit Aussagezuverlässigkeit Inwieweit kann die normale Zeugenaussage als eine korrekte Wiedergabe des objektiven Sachverhalts gelten? 1930 – 1945 Abstinenzphase – – – 1945 – 1980 Erfahrungs- und Entwicklungsphase Forensische Sachverständigentätigkeit Experimentelle Forschung Undeutsch (1967)[18] Arntzen (1971)[19] Trankell (1971)[20] Köhnken (1989)[21] Strikte Trennung zwischen Glaubwürdigkeit der Person und Glaubhaftigkeit der Aussage Aussagequalität Glaubwürdigkeitsmerkmale 80er Jahre Evaluations-Studien Validierungs-Experimente Experimentelle Validierungs-Phase Steller (1988) Ceci & Bruck (1993)[22] Volbert & Pieters (1996)[23] Aussagequalität Aussagetüchtigkeit Aussagezuverlässigkeit Merkmalsorientierte Aussageanalyse Suggestive Beeinflußbarkeit und Verfälschbarkeit (kindlicher) Aussagen 90er Jahre Simulationsstudien Theoretische Modellbildungen Integrationsphase Greuel et al. (1998)[24] Steller/Volbert/ Wellershaus (1993)[25] Sporer (1997)[26] Stadler (1997)[27] Steller & Volbert (1997)[28] Aussagetüchtigkeit Aussagequalität Aussagezuverlässigkeit 19 Viele Jahre hatte die Justiz keinerlei Interesse an aussagepsychologischen Forschungserkenntnissen gezeigt. Es wird vermutet[29], dass das vor allem an der „fehlenden Lebensnähe“ der vorwiegend im Labor durchgeführten Experimente gelegen hat[30]. Arntzen hat Anfang der neunziger Jahre die praktische Verbreitung der Aussagepsychologie gefördert[31]. Wissenschaftliche Fortentwicklung erfuhr die Aussagepsychologie insbesondere durch Arbeiten von Professor Köhnken, Professor Steller, Professor Volbert und Professor Greuel und deren Mitarbeiter. Näheres zu deren Veröffentlichungen findet sich unter Punkt 8, Rn. 44. 20 Suggestionsforschung. Greuel[32] spricht von der Suggestionsforschung als dem aussagepsychologischen Forschungsthema ab 1980. Die Anfänge der Suggestionsforschung gehen auf Arbeiten von Binet[33], Münsterberg[34], Stern[35] und Stern/Stern[36] Anfang des letzten Jahrhunderts zurück. Stern[37] sprach – wie schon oben erwähnt – 1902 von der Aussage nicht nur als geistiger Leistung sondern auch als Verhörsprodukt, so dass schon damals die Bedeutung der Entstehungsgeschichte der Aussage erkannt wurde. Seit den 80er Jahren sind vor allem aus dem anglo-amerikanischen Raum zahlreiche Forschungsprojekte bekannt, die sich mit Suggestionseffekten insbesondere bei kindlichen Zeugen beschäftigen. 21 Veröffentlichungen zur Suggestionsproblematik finden z. B. bei Ceci & Bruck[38]; Goodman et al.[39]; Sporer & Bursch[40]; Volbert[41]; Volbert & Pieters[42], Yapko[43], in Greuel/Fabian/Stadler[44] und Greuel[45]. Schade[46] zeigt die Bedeutung der Aussageentstehungsgeschichte am Beispiel des Wormser-Mißbrauchsverfahrens und verdeutlicht das weitreichende aussagepsychologische Suggestionskonzept anhand anschaulicher Beispiele. 22 Köhnken[47] berichtet über Forschungsergebnisse, wonach suggerierte Informationen in das Gedächtnis „implantiert“ werden können, die als tatsächlich selbst erlebt empfunden werden, wobei die beeinflussten Personen subjektiv von der Richtigkeit der Falschinformationen überzeugt sind. 23 Greuel[48] stellt in ihrer Habilitationsschrift die Grundlagen und den Stand der Suggestionsforschung sowie eine hypothesenzentrierte Auswertung empirischer Befunde dar. Es geht dabei nicht um „generelle Suggestibilität“...


Jansen, Gabriele
Gabriele Jansen ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Köln.

Die Autorin:

Gabriele Jansen ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Köln.


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