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E-Book

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

Keller Fünf Sterne für den Weihnachtsmann

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

ISBN: 978-3-7494-2782-6
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Wünsche sind gefährlich, denn sie können sich erfüllen…

Fortunatus Wiesendanger ist 12 Jahre alt und hochbegabt. In seiner Schule, dem Internat Faraday Promise, gilt er als liebenswerter Sonderling.
Bald ist Advent, doch 'Fortis' Leben befindet sich auf einem Tiefpunkt. Seine Eltern sind geschieden, die Beziehung zum Vater ist schwierig, und seine Mutter unterrichtet ausgerechnet die 6a, seine Klasse. Glücklicherweise steht sein bester Freund Silo immer loyal an seiner Seite.
Von Weihnachtsstimmung kann keine Rede sein. Bis plötzlich Herr Stern, Ersatzlehrer und Weihnachtsmann der besonderen Art, auftaucht, und ein Wunder nach dem andern geschieht. 'Fortis' Welt wird total durcheinandergewirbelt. Was für ein Zusammenhang besteht zwischen Herrn Stern und den verrückten Ereignissen? Vor allem: Was spielt sich zwischen seiner Mutter und dem Ersatzlehrer ab? Und dann ist da noch die von 'Fortis' bewunderte Ashley. Können sich Herzen einander nähern, wenn sie Lichtjahre voneinander entfernt zu sein scheinen?

Ein fantastischer All-Age-Weihnachtsroman, der zeigt, dass Freundschaft und Liebe keine Grenzen kennen, und es Dinge im Leben gibt, die nicht einmal die Wissenschaft erklären kann.
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Montag, 25. November 2041
Pling, Pling, Pling, Plong. Trommelnde Fingernägel an der Klotür. Im Rhythmus ein wenig wie der berühmte Beginn der Fünften. Der Fünften Symphonie von Beethoven natürlich. Warum ich das weiß, fragen Sie mich? Na ja, unabhängig davon, dass ich als hochbegabt gelte, gehört der Anfang der Fünften einfach zum Kulturgut. C-Moll, Schicksalssymphonie, Uraufführung 1808. Pling, Pling, Pling, Plong. Diese Version des Rhythmus hingegen kam von meiner Mutter. Streng und anstrengend. Wie immer reagierte ich an jenem schicksalsträchtigen 25. November nicht sofort bei unserer Morgenzeremonie. Nur der Krimskrams an der Türe hüpfte und zitterte leicht: das verzogene Leuchtturmposter, das Miniradio, die Sudokusammlung in einem Beutel und ein von mir höchstpersönlich aus Speckstein geschliffener Schutzengel, der sich bereits seit einem Jahr an einer Häkelschnur abseilte. Ehrlich, würde ich das tun, wenn ich meine Mutter wäre? Würde ich meinen Sohn in der Stille seines Rückzugsortes stören? Mich, der friedlich auf dem Klodeckel saß und Platon las? Würde ich dazu »Fortunatus« brüllen, statt der freundlichen Kurzform ›Forti‹? Glauben Sie mir, ich wünschte mir nur eines zu Weihnachten: Unser Leben sollte wieder lebenswerter werden. Hoffnungsvoller, leichter. Dieser Wunsch hatte es schwer, weil er beinahe unmöglich schien. Und unmögliche Wünsche sind Energieräuber, würde Caro, die Lehrerteam-Partnerin meiner Mutter, sagen. Aber im Grunde verstand ich meine Mutter. Sie konnte nicht anders, als den Druck, unter dem sie seit der Scheidung von meinem Vater stand, weiterzugeben. An mich oder notfalls an die Klotür. Seit drei Monaten schien ein Zettel an ihrer Stirn zu kleben mit den Worten: »Ich krieg das Leben in den Griff!« Alle sahen den Zettel, nur sie nicht … Kein Wunder, wenn sie ihren Lehrerjob an unserer Privatschule Faraday Promise neuerdings nicht mehr ernst, sondern todernst nahm. Pling, Pling, Pling, Plong. Unmöglich, mich bei diesem Lärm zu konzentrieren. »Ich bin ein angehender Wissenschaftler«, sagte ich mir auch an jenem Morgen, als ich dabei war, einen neuen platonischen Körper zu entdecken! Der berühmte Platon (wer auch sonst?) hatte die fünf platonischen Körper beschrieben. Und entgegen der allgemeinen Meinung, dass es keinen weiteren gebe, wollte ich einen sechsten finden! Denn platonische Körper gehören zum Genialsten, was es gibt. Ihre Oberfläche besteht aus lauter deckungsgleichen Flächen. Sie sind Symmetrie in Reinkultur, wenn man so sagen will. Ich liebe Symmetrien. Symmetrien lassen dich nie im Stich! Für einen zukünftigen Wissenschaftler gibt es nichts Besseres als Entdeckungen. Leider meint meine Mutter, obwohl sie in naturwissenschaftlicher Richtung unterrichtet, dass ich mich da hineinsteigere, was aber absolut nicht stimmt. Ich saß an diesem Morgen also auf dem Klodeckel und war in eines meiner geliebten Print-Bücher vertieft. Dick unterstrichen hatte ich die Namen der platonischen Körper. Der Tetraeder besteht aus vier Dreiecken, der Hexaeder, welcher nichts anderes als ein Würfel ist, aus sechs Quadraten, der Oktaeder aus acht Dreiecken, der Dodekaeder aus zwölf Fünfecken und der Ikosaeder aus zwanzig Dreiecken. Faszinierend, finden Sie nicht auch? Natürlich hatte ich im Internet recherchiert, aber es war doch beruhigend, alles im Original, in Platons Buch »Timaios« nachzulesen. Wenn ich ehrlich war, hatte sich mir aber Platons Schrift noch nicht erschlossen und einige Verwirrung hinterlassen. Der Typ schweifte ununterbrochen ab, sogar bis zum mysteriösen Atlantis. Doch ich blieb dran. Ich war überzeugt, dass mir Platon noch viel mehr über Geometrie offenbaren würde. Pling Pling Pling Plong, Pling Pling Pling Plong! »Fortunatus, zum letzten Mal! Du hast dich hier nicht abzukapseln! In fünfzehn Minuten beginnt die erste Stunde!« Na dann. Ich erhob mich im Zeitlupentempo vom Klo, betätigte als reine Show die Spülung, fasste den gelben Türgriff und riss schwungvoll wie immer die Türe auf. Ganz die Mama, wenn es um Sturheit ging und ganz der Papa, was den Türöffnungs-Schwung betraf. Sie müssen sicher nur einmal raten, was mein Vater beruflich macht. Genau, er ist Autohändler und öffnet gerne schwungvoll Autotüren. »Mensch, Forti , was machst du wieder?« Die Türfalle mit dem Pyramiden-Logo unserer Schule lag in meiner Hand. Ich wusste bis jetzt nicht, dass die Dinger so leicht und aus Plastik waren. Der Ausdruck in unseren Augen zeigte, dass meine Mutter und ich uns kurz einig waren. In letzter Zeit fiel alles auseinander. Und jetzt musste es genau noch die Klotür sein! Wir starrten auf das Logo, das die Pyramidenform unseres knallgelben Schulgebäudes aufnimmt. Wobei ich betonen möchte, dass unser Schulgebäude eine ganz normale Pyramide und kein platonischer Körper ist. Beide wussten wir, dass jetzt die schlimmste Zeit auf uns zukam: das erste Weihnachtsfest ohne meinen Vater. Doch meine Mutter zerstörte diesen Moment der Gemeinsamkeit. In einem vergeblichen Versuch, sie zu schließen, gab sie der Türe einen heftigen Stoß. »Du weißt, heute ist Weihnachtssitzung.« Weihnacht. Als meine Mutter es aussprach, blitzte das Wort in mir auf und verbreitete eine Stimmung wie die Glitzereinhörner auf dem Deckel meines ersten Kinder-Laptops. Ich schnappte meine Mappe und stopfte noch das Journal mit der Schüler-Weihnachtsaktion hinein. Gut, dass meine Mutter die Sitzung erwähnt und mich daran erinnert hatte. Leicht vorwurfsvoll ruhten ihre grauen Augen auf mir. Bei Stress kriegt sie das, was ich ihren Wolkenblick nenne. Meine Augen sind vom selben Grauton, und ich verstehe es ebenfalls, meiner Umwelt düstere Blicke zuzuwerfen. Hastig schlüpfte meine Mutter in ihre geliebte lapislazuliblaue Schulstrickjacke, die nun ihre gelbe Bluse verdeckte. Gelb ist unsere Schulfarbe. Lehrer wie Schüler laufen wie Schwedinnen und Schweden in gelb und blau herum und alle tragen wir unser Schullogo, die Pyramide, auf unserer Kleidung. Wir Schüler auf den Shirts, die Lehrkräfte auf Hemden und Blusen. Vorne auf dem Kragen ist der Schriftzug und hinten auf dem Rückenteil das Pyramidenlogo unserer Sponsorfirma Faraday Promise zu sehen. Faraday Promise, der weltweite Lieferant von gesunden Nahrungsmittelergänzungen. Gegründet nach den Virenepidemien im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts von unserem transatlantischen Retter Mister Faraday. Faraday Promise, ein Konzern, der überall seine Gebäude in Pyramidenform errichtete. Geradezu explosionsartig wurden alle Kontinente faradayisiert. Faraday Promise ist die Wirtschaftsmacht, die unser Leben beherrscht. Neben vielen anderen Schulen, Universitäten, Museen, Bibliotheken, Gedenkstätten, Sporthallen und Eventlocations gründete Faraday Promise auch unsere Internatsschule. Wie es bereits unsere Shirts lautlos in der Gegend herumschreien: Wir sind ein Puzzleteil des Faraday Promise-Universums. Wie gewohnt waren wir spät dran an jenem düsteren Morgen. Ich hastete neben meiner Mutter zur Wendeltreppe. Sie keuchte wie immer. Schon mehrmals hatte ich sie darauf hingewiesen, bewusster zu atmen. Das müsste sie eigentlich selbst bemerken, wenn sie ihren Namen »Meta« rückwärts lesen würde: »Meta-Atem«. Gottlob habe ich den langen Atem meines Vaters geerbt, der übrigens den päpstlichen Namen »Benedikt« trägt. Von unserer Wohnung in der dritten Ebene mussten wir hinunter auf die zweite. Dort befinden sich die Klassenräume. Es war der übliche Amoklauf. Die faradayschen Hausschuhe aus Filz dämpften unsere eiligen Schritte. Damit Sie ein Gefühl kriegen für die Faraday: Der kalte Betonboden ist genauso grau und trist wie ein Novembertag. Im Gegensatz dazu strahlen die gelben Wände Daueroptimismus aus. Alle paar Meter wird das unverschämt sonnige Farbgrinsen von Postern unterbrochen, auf denen sich glückliche Menschen Faraday-Produkten zuwenden. Die gerührt lächelnde Mutter, die ihrem Kind eine Früchtekapsel reicht. Das Baby, das die dicken Händchen nach einem Löffel Faraday-Brei ausstreckt. Der Geschäftsmann, der seinen Gemüseriegel schon mit den Augen verschlingt. Wir ›wendelten‹, wie ich es nenne, die Treppe hinunter. Selbstverständlich gibt es in der Gebäudemitte einen Lift, aber die edle Glaskugel ist für Notfälle und Besucher reserviert. Auf der zweiten Ebene angekommen, warf ich einen Blick durch eines der runden Fenster, die wie Bullaugen aussehen. Tatsächlich, der Nebel wogte um Mumpitz. Mumpitz ist die Kleinstadt, in welcher sich nicht nur unsere Schule, sondern logischerweise auch ein Werk der Faraday Promise befindet. Mit ihren reihenweisen Bullaugen-Fenstern erinnert unsere Schulpyramide witzigerweise ein wenig an ein Kreuzfahrtschiff, obwohl diese Dinger aus...


Keller, Christine
Christine Keller (*1959) wuchs in Zürich auf, ist Mutter eines Sohnes und lebt heute mit ihrem Mann in der deutschsprachigen Schweiz. Nach langjährigen pädagogischen und beratenden Tätigkeiten wandte sie sich vermehrt der Kunst zu. Sie realisierte zahlreiche Bilderausstellungen und forschte intensiv über Farben. Neben dieser Neuedition ihrer Farbenlehre erobert sie seit 2010 als experimentierfreudige Autorin immer neue Genres. Egal ob Lyrik, Kurzgeschichten oder Romane: In ihren Büchern verbinden sich Spannung und Humor mit einer Prise Philosophie.

Facebook: Christine Keller: Bilder & Texte


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