Kelly | Der ehrenwerte Mörder | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Kelly Der ehrenwerte Mörder

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-641-16653-3
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Luke Considine ist ein Reporter auf der Suche nach der großen Story. In Brighton scheint er sie gefunden zu haben: die Lebensgeschichte des ehemaligen Gangsters Joss Grand. Grand, mittlerweile über achtzig, herrschte mit seinem brutalen Handlanger Jacky Nye einst über Brightons Unterwelt. Bis Jacky 1968 tot am West Pier angespült wurde. Obwohl Grand ein Alibi für die Mordnacht vorweisen konnte, waren die Gerüchte nie verstummt. Nun will Luke den Fall neu aufrollen und Grand, der sich mittlerweile als Philanthrop inszeniert, der Tat überführen. Zumal er erfährt, es habe bei dem Mord eine Zeugin gegeben, eine Frau in einem roten Mantel, die vom Tatort floh. Luke ahnt nicht, dass seine Nachforschungen ihn in tödliche Gefahr bringen ...

Erin Kelly wurde 1976 in London geboren und ist in Essex aufgewachsen. Sie studierte englische Literaturwissenschaft an der Warwick University und arbeitet seit 1998 als Journalistin. Sie schrieb unter anderem für die Sunday Times, den Sunday Telegraph, die Daily Mail und für Zeitschriften wie Psychologies, Marie Claire, Elle und Cosmopolitan. Bereits mit ihrem Debütroman »Das Gift des Sommers« eroberte sie Kritik und Leser im Sturm. Erin Kelly lebt mit ihrem Mann und ihren Töchtern in London.
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EINS Von: luke@lukeconsidine.wordpress.org.uk An: maggie.morrison@morrisonlitagency.co.uk Datum: Dienstag, 5. November 2013 15:52 Betreff: Neues Buch Liebe Maggie, dir geht’s hoffentlich gut. Wie gewünscht, schicke ich im Anhang die ersten Seiten der Story, an der ich hier unten in Brighton arbeite. Natürlich habe ich den eigentlichen Knüller noch nicht. In diesem Stadium ist es eigentlich noch ein »work in progress«. Aber es kann nur noch Tage dauern, bis ich ein Geständnis von ihm bekomme, das spüre ich. Wenn er geredet hat, können wir uns überlegen, wie wir es bei den Verlagen pitchen. Einstweilen warte ich begierig (nervös!) darauf zu hören, was du davon hältst. Gruß Luke Anhang: Grand-Kap1 ? Joss Grand hat nichts zu tun mit Brightons angesehenstem Hotel, auch wenn er, wenn gelegentlich ein Zusammenhang vermutet wird, nicht viel unternimmt, um diese Vermutung zu zerstreuen. Das Grand Hotel steht seit langem für vieles von dem, was Joss Grand wertschätzt: Es ist vornehm, achtbar, zivilisiert, weltberühmt. Seine filigrane Regency-Fassade erinnert an weiße Handschuhe und Sonnenschirme, Nachmittagstee und Abendpromenaden. In jüngerer Zeit verbindet man damit auch Hochzeiten, Tagungen und Wellness-Wochenenden. Im Eingang stehen livrierte Portiers, und ein Steinway-Flügel schmiegt sich zwischen die Kübelpalmen im Atrium. Hinter dem Hotel kriecht die Stadt vom Meer den Hang hinauf. Hier, in diesen ärmlichen Seitenstraßen, regierten Grand und sein Komplize Jacky Nye fast ein Jahrzehnt lang mit ungezügelter Faust und der Verheißung des Schreckens. Ihre Firma wurde zu Beginn der sechziger Jahre gegründet, und das Geschäft umfasste illegale Alkohol- und Glücksspielbuden, Schutzgelderpressung und Gewalt. Der Alte ist jetzt im neunten Lebensjahrzehnt. Seit den Siebzigern ist er reicher, als viele es sich vorstellen können. Der König sitzt in seiner Schatzkammer und zählt sein Geld. Nachdem er sein Reich auf der geheuchelten Ehrerbietung erbaut hat, die in der Angst der anderen wurzelt, hat er den Rest seines Lebens darauf verwandt, sich den Respekt der Stadt zu erkaufen. Aber natürlich war Brighton hinter den Fassaden seiner Hotels noch nie respektabel. Ebenso wenig wie Joss Grand. Redemption Row war wie die Straßen ringsum eine schäbige Reihenhaussiedlung. Cottages mit Flintsteinfassaden kauerten sich aneinander, als suchten sie Wärme. Überfüllung war hier an der Tagesordnung: In jedem Haus wohnten zwei oder drei Familien. Stangen ragten vor den Häusern wie Flaggenmasten auf, aber Flaggen wehten hier nie. In Ermangelung von Gärten gab es keinen Ort, um die Wäsche zu trocknen. Den Bewohnern blieb kaum etwas anderes übrig, als ihre schmutzige Wäsche – denn ganz sauber war sie nie – in aller Öffentlichkeit zu präsentieren. Mädchen fuhren ihre kleineren Geschwister in von Generation zu Generation weitervererbten Kinderwagen umher, die auf dem uralten Kopfsteinpflaster zu Knochenrüttlern wurden, und Jungen spielten Fußball in Gassen, die so eng waren, dass nie mehr als ein schmaler Streifen Sonnenlicht bis auf den Boden gelangte. Rachitis war verbreitet, und die meisten Kinder hatten mindestens einen Bruder oder eine Schwester, die das fünfte Lebensjahr nicht erreichten. Von dieser Gegend sind nur wenige Fotos erhalten, und wenn, dann sind es natürlich Schwarz-Weiß-Bilder, aber man hat den Eindruck, wären sie in den Farben der damaligen Zeit koloriert, würde das an der monochromen Anmutung kaum etwas ändern. In diesem Slum erblickten Jocelyn »Joss« Grand und Jacky Nye nacheinander im Abstand von einer Woche im Sommer des Jahres 1932 das Licht der Welt, und zwar in benachbarten Zimmern im oberen Stockwerk eines Vier-Zimmer-Häuschens in der Mitte der Straße. Joss Grands Vater war ein Heringsräucherer, dem es gelungen war, sich mit einer – echten oder vorgetäuschten – Erkrankung vor dem Militärdienst zu drücken, als 1939 der Krieg ausbrach. Jacky Nyes Vater, ein ungelernter Wanderarbeiter, war noch gerissener. Er hatte sich der endgültigen Dienstverpflichtung entzogen, indem er Ethel Parsons sitzen ließ, lange bevor man ihr die Schwangerschaft ansah, und dem gemeinsamen Sohn hatte er nichts als seinen Namen hinterlassen. Im September 1940 kam er auf einen kurzen Besuch zurück. Bei dieser Gelegenheit verbrachte er fünf Minuten mit seinem Sohn, bevor er mit Ethel ins Odeon an der London Road ging. Nach der Hälfte des ersten Films warf die deutsche Luftwaffe eine Bombe auf das Kino, und das Paar wurde auf der Stelle getötet. Howard und Isabel Grand nahmen Jacky zu sich und zogen ihn groß wie ihren eigenen Sohn – mit anderen Worten, sie ließen ihn zusammen mit Joss verwahrlosen. Wenn die Straßen im alten Brighton schmal waren, so waren die Gassen, die das Labyrinth der Slum-Behausungen durchzogen, noch schmaler. In der Mundart von Sussex ist Twitten ein altes Wort für diese zahllosen Durchgänge, oft nicht breiter als die Schultern eines Mannes, die hier weit verbreitet waren, bevor die Stadtplaner die alten Cottages im Namen des Fortschritts abreißen ließen. Als Jungen konnten Joss Grand und Jacky Nye durch das Netz dieser Twittens von einem Ende der Altstadt von Brighton zum anderen gelangen, und es heißt, sie hätten es oft getan, um den Silberkram, oder was sie sonst gestohlen hatten, fortzuschaffen oder zu verstecken. Ihre dürren Gestalten schlüpften durch Gänge, in denen kein Polizist sich so flink fortbewegen konnte wie ein Kind. Jacky Nye wurde von seinen Lehrern in schulischer Hinsicht als unterentwickelt abgeschrieben. Ein Leben als Krimineller stand ihm jederzeit offen, aber ohne den Einfluss des ehrgeizigen Joss Grand mit seinem messerscharfen Verstand wäre das Dasein eines Ganoven auf unterster Ebene wahrscheinlich die Krönung seines Erfolgs gewesen. Durch Boxen erwarben die Jungen sich Disziplin. In den Jugendclubs von Brighton lernten sie zu kämpfen, und sie waren in ihren Gewichtsklassen beide erfolgreich, traten aber im Ring nie gegeneinander an. Grands Vorteil als Weltergewicht lag in seiner kraftvollen Gelenkigkeit und seinen blitzschnellen Reflexen. Schwergewicht Nyes solide Körpermasse hatte ihren langen Weg zur Fettleibigkeit noch nicht angetreten. Berichte aus jener Zeit lassen vermuten, dass sein Erfolg als Boxer vor allem mit seiner Fähigkeit zu tun hatte, Schlag um Schlag einzustecken. Der Mann war ein Monolith, und es war fast unmöglich, ihn k. o. zu schlagen. Er konnte einen Kampf gewinnen, fast ohne auszuteilen. Redemption Row entging dem großräumigen Slum-Sanierungsprogramm, das Brighton in den dreißiger Jahren dezimierte, aber zwanzig Jahre später wurde auch sie abgerissen, um Platz für ein Neubauprojekt zu schaffen. Grand und Nye bekamen die Bulldozer nicht zu Gesicht, denn sie wanderten 1957 beide ins Gefängnis, allerdings für sehr unterschiedliche Verbrechen, die unterschiedliche Persönlichkeiten und Gelüste widerspiegelten. Als sie 1960 freikamen, war es kein Problem, dass das Haus ihrer Kindheit nicht mehr existierte. Der Slum wäre nicht groß genug gewesen, um den Männern, zu denen sie geworden waren, Platz zu bieten. Ihr Aufstieg zur Macht ging schnell vonstatten und überraschte die verschlafene Küstenstadt. Für Brighton entsprachen sie noch am ehesten einer Firma wie den Krays, wenn auch in einem viel kleineren Maßstab. Wie die berüchtigten Zwillinge aus East London operierten Grand und Nye Hand in Hand, und ihre bahnbrechende Kombination von Scharfsinn und Brutalität unterschied sie von anderen Gaunern. Sie waren mehr als die Summe ihrer Teile, und in jener Zeit waren sie die meistgefürchteten Männer an der Südküste. Die Krays und ihre Rivalen, die Richardsons aus South London, waren schon zu Lebzeiten Legenden, und sie faszinieren noch heute. Aber bei den meisten Fans wahrer Kriminalfälle werden die Namen Joss Grand und Jacky Nye verständnislose Gesichter hervorrufen, und das ist nicht nur eine Frage der Größenordnung. Grands späterer Aufstieg zur Prominenz als Philanthrop hat die örtliche Überlieferung überdeckt, dass sein Talent die kreative Gewalttätigkeit war, während Nyes Rolle in der bösartigen Methodik der Ausführung bestand. Jacky Nye muss dem kleineren Mann eine entscheidende physische gravitas verliehen haben, die seine Drohungen unterstrich. Er mochte ein schwergewichtiger Beifahrer sein, aber Grand schien er nicht zu bremsen. Ein Grund für ihr gemeinsames Auftreten, so hieß es, bestand darin, dass sie so vielen Leuten unrecht getan hatten und sie daher nicht nur Geschäftspartner waren, sondern einander auch als Leibwächter dienten. Aber obwohl es in Brighton und an der Südküste viele gab, die Anlass gehabt hätten, die beiden zu beseitigen, wurde niemals ein ernst zu nehmender Anschlag auf die beiden Männer verübt. Und so bleibt eine quälende Frage seit fast fünfzig Jahren unbeantwortet: Als Jacky Nye im Oktober 1968 auf dem inzwischen längst verschwundenen West Pier ermordet wurde, wo war da sein lebenslanger Freund und Partner? Warum war er nicht da, um ihn zu beschützen? Schon immer haben manche gemunkelt, Nye habe den Tod nicht deshalb gefunden, weil Grand abwesend, sondern weil er da war. Anhang:...


Kelly, Erin
Erin Kelly wurde 1976 in London geboren und ist in Essex aufgewachsen. Sie studierte englische Literaturwissenschaft an der Warwick University und arbeitet seit 1998 als Journalistin. Sie schrieb unter anderem für die Sunday Times, den Sunday Telegraph, die Daily Mail und für Zeitschriften wie Psychologies, Marie Claire, Elle und Cosmopolitan. Bereits mit ihrem Debütroman »Das Gift des Sommers« eroberte sie Kritik und Leser im Sturm. Erin Kelly lebt mit ihrem Mann und ihren Töchtern in London.


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