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E-Book, Deutsch, 296 Seiten

Knuf Nix wie fühlen!

Achtsamer Umgang mit Gefühlen in Beratung, Therapie und Coaching - Ein Erfahrungs- und Arbeitsbuch mit vielen Praxistipps

E-Book, Deutsch, 296 Seiten

ISBN: 978-3-86781-394-5
Verlag: Arbor
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Ein Erfahrungs- und Arbeitsbuch mit vielen Praxistipps
Unsere Gefühle haben einen tiefgreifenden Einfluss darauf, wie wir durchs Leben gehen. Ohne Kontakt zu unseren Gefühlen sind wir mit uns selbst und unserer Lebendigkeit nicht gut verbunden. Wir tun uns schwer, Entscheidungen zu treffen, sind nicht motiviert, zu handeln, und kaum in Beziehung mit anderen Menschen.
Dieses Buch ist ein Leitfaden für einen achtsamen Umgang mit Gefühlen. Es ist für alle gedacht, die mit Menschen arbeiten – sei es in der Therapie und Beratung, in Achtsamkeitstrainings, im Coaching, in der Seelsorge oder Sozialpädagogik.
Es ist als Arbeits- und Erfahrungsbuch konzipiert. Sie finden fachliches Wissen, den neuesten Forschungshintergrund, Praxistipps für verschiedene Settings und Antworten auf häufig gestellte Fragen. Zugleich können Sie bei sich selbst starten und Ihren eigenen Umgang mit Gefühlen erkunden. Dazu finden Sie im Buch immer wieder Übungen zur Selbstreflexion.
Mit zwei Extra-Kapiteln:
Emotionen in der Paarberatung von Christine Weiß
Achtsamer Umgang mit Emotionen in Unternehmen von Armin Kaupp
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Kapitel 2
Wie sieht ein guter Umgang mit Gefühlen eigentlich aus?
Achtsamkeit auf die Emotionen
Wir wissen heute viel darüber, wie ein guter Umgang mit Gefühlen aussieht. Ganz grob gesagt ist es am hilfreichsten, wenn wir unsere Gefühle wahrnehmen und annehmen. Viele von ihnen sollten wir darüber hinaus da sein lassen, also durchfühlen. Außerdem ist es hilfreich, freundlich mit den eigenen Gefühlen wie auch mit uns selbst umzugehen und uns nicht für unsere Empfindungen zu verurteilen. Das offene Wahrnehmen eines Gefühls und die innere Bereitschaft, es auch tatsächlich zu fühlen, ist die zentrale Fähigkeit und wünschenswerte innere Haltung allen Emotionen gegenüber. Genau diese Fähigkeit wird heute als Achtsamkeit bezeichnet. Das Achtsamkeitskonzept hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen regelrechten Boom erfahren. Es ist von einem ursprünglich spirituell-buddhistischen Ansatz zu einem professionellen Handlungskonzept für Stressabbau geworden, aber auch zu einer therapeutischen Methode zur Behandlung psychischer und teils auch körperlicher Erkrankungen. In den letzten Jahren wurde der Begriff leider zunehmend trivialisiert, sodass heute auch zahlreiche Wellnessansätze und sogar Techniken zur Selbstoptimierung als Achtsamkeit bezeichnet werden. Hier möchte ich Achtsamkeit als ein säkularisiertes, aber tief in der Meditationspraxis verankertes Konzept vorstellen. Achtsamkeit kann definiert werden als eine „Ausrichtung auf das gegenwärtige Erleben. Diese geschieht absichtsvoll, im Hier und Jetzt, mit möglichst wenig Bewertung und ohne das Erleben zu verändern“ (Eifert, 2011). Was vielleicht einfach klingt, erweist sich bei genauerer Betrachtung als ausgesprochen herausfordernd, denn diese Ausrichtung gelingt uns normalerweise nur für kurze Zeit, manchmal nur für Sekunden oder etwas längere Zeiträume. Durch eine vertiefende Achtsamkeitspraxis wird es uns aber möglich, unsere Fähigkeit für die wache und annehmende Präsenz zu fördern, sodass es uns gelingt, häufiger und länger in diesem Modus des reinen Wahrnehmens und Empfindens zu verweilen. Im gegenwärtigen Moment begegnet uns Verschiedenes: äußere Sinneswahrnehmungen, Körperempfindungen, Handlungsimpulse, Gedankenprozesse und eben auch Gefühle und Stimmungen. Achtsamkeitskonzepte beschäftigen sich dabei oft mit dem achtsamen Wahrnehmen von Gedanken oder mit der Wahrnehmung von Sinnesreizen und Körperempfindungen. Die Bereitschaft, unsere Gefühle wahrzunehmen und da sein zu lassen, ist wohl die größte Herausforderung für unsere Achtsamkeit, in gewisser Weise ist sie die Königsdisziplin. Sie setzt voraus, dass wir überhaupt in der Lage sind, unsere Gefühle wahrzunehmen, was längst nicht immer der Fall ist. Zudem setzen bei unangenehmen Gefühlen besonders starke und hochgradig automatisierte Impulse zur Unterdrückung und Regulation des Gefühls ein, wodurch der achtsame Umgang mit ihm natürlich erschwert wird. Was genau zeichnet einen achtsamen Umgang mit Gefühlen aus? Merke: Alle Gefühle, angenehme wie unangenehme, dürfen da sein … … und zwar in der ihnen innewohnenden Zeitdauer, sie werden nicht verkürzt oder verlängert. … in der ihnen innewohnenden Intensität, sie werden nicht abgeschwächt oder verstärkt. … ohne Handlungsimpulsen und anderen inneren Reaktionen zu folgen. … mit einer möglichst annehmenden und wohlwollenden rundhaltung und mit Bewusstheit für die Bewertungen, die dann leichter losgelassen werden können. Wir könnten auch vom „bejahenden Fühlen“ sprechen, um die Haltung deutlich zu machen, mit der wir uns idealerweise unseren Gefühlen zuwenden. „Ja“ zu sagen bedeutet aber nicht, unangenehme Gefühle toll zu finden oder uns einzureden, sie seien besonders wichtig oder hielten eine Botschaft für uns bereit. Bejahen ist viel schlichter: „Ja, dieses Gefühl ist gerade da. Wenn ich ganz ehrlich bin, wünsche ich mir zwar, dass es nicht zu lange anhält, aber wenn es jetzt schon mal da ist, dann will ich auch bereit sein, mich ihm zuzuwenden und es zu fühlen. Soweit es mir im Moment möglich ist, versuche ich mich für jedes Gefühl zu öffnen.“ Uns achtsam unseren Gefühlen zuzuwenden bedeutet also, ihnen ihren Raum zu geben, ohne zunächst einzugreifen. Achtsamkeit hilft uns, unsere Gefühle und auch unsere Reaktionsmuster, die auf die Emotion folgen, überhaupt zu bemerken. Wir nehmen also beispielsweise wahr, dass wir traurig sind und es einen Impuls in uns gibt, uns abzulenken, um die Traurigkeit nicht spüren zu müssen. Ferner bringt uns Achtsamkeit in die Lage, diesen Reaktionsmustern nicht zwangsläufig zu folgen, wir gewinnen also mehr innere Freiheit im Umgang mit Gefühlen. Vielleicht sind Sie ein bisschen schockiert und denken: „Dann bin ich ja fast nie achtsam, was meine Gefühle angeht.“ Und genau so ist es bei ehrlicher Betrachtung wohl auch. Wir müssen aber auch nicht immer achtsam für unsere Gefühle sein. Wenn wir sie jedoch ständig unachtsam behandeln und auch mit den starken oder wiederkehrenden Gefühlen so umgehen, dann wird das zwangsläufig Probleme zur Folge haben. Die eigentliche Kernfähigkeit der Achtsamkeit, nämlich eine Empfindung wahrzunehmen und bei ihr verweilen zu können, wird in der emotionsorientierten Therapie auch als Emotionstoleranz bezeichnet. Statt ein Gefühl wegzudrücken oder es vorsorglich gar nicht erst zuzulassen, haben wir die Fähigkeit, ein Gefühl zu tragen, zu halten und es zunächst wahrzunehmen, ohne gleich auf hochgradig automatisierte Regulationsstrategien zurückgreifen zu müssen. In psychodynamischen Konzepten wird auch vom Containing gesprochen, also wie ein Container zu sein, der die Empfindung aufnimmt und trägt. Gerade diese Emotionstoleranz oder dieses Containing ist wohl die wichtigste Fähigkeit im achtsamen Umgang mit Emotionen. Im vorherigen Kapitel haben wir uns schon damit beschäftigt, was geschieht, wenn wir unsere Gefühle ignorieren oder beiseite drücken. Aber was passiert stattdessen, wenn wir achtsam mit unseren Gefühlen umgehen, bereit sind, sie zu fühlen und ihnen den gebührenden Raum zu geben? Zunächst kann das Gefühl dann sozusagen „ausgefühlt“ oder zu Ende gefühlt werden. Dadurch kann es wieder abklingen und sich auflösen. Die Bereitschaft zur Wahrnehmung von Gefühlen führt weiter dazu, dass auch angenehme Gefühle intensiver erfahren werden. Denn die meisten Strategien, die wir zum Wegdrücken von Emotionen nutzen, führen zu einem generellen Verlust der Wahrnehmungsfähigkeit von Gefühlen. Wir spüren dann die Angst nicht mehr, haben aber auch weniger Zugang zur Freude. Der achtsame Umgang bewirkt außerdem, dass Gefühle zukünftig in der Intensität auftauchen, wie es der aktuellen Situation angemessen ist. Wir werden nicht länger von „Altlasten“ überflutet. Denn wenn Gefühle beiseite gedrückt werden, bleibt die in ihnen enthaltene Energie gleichsam bestehen und entlädt sich in einer späteren ähnlichen Situation. Wenn diese Gefühlsenergie ihren Raum bekommt, lädt sich der Organismus nicht auf. Dies führt zu vermehrter körperlicher Entspannung und es steht mehr Energie zur Verfügung. Das Wohlbefinden nimmt zu, Schmerzen und Verspannungszustände können nachlassen. Studie: Gefühle sind wie ein Wecker 30 Freiwillige sollten sich in einer in Zürich durchgeführten Studie (Herwig et al., 2010) entweder ihre Gefühle vergegenwärtigen („Wie fühle ich mich?“) oder über sich nachdenken („Wer bin ich?“). Während der genannten Aufgabe wurde die Hirnaktivität der Versuchspersonen anhand von funktioneller Magnetresonanztomographie erfasst, einem Verfahren, bei dem genau beobachtet werden kann, welche Hirnareale aktiviert sind. Das erstaunliche Ergebnis: Die Gruppe, die entlang der Frage „Wer bin ich?“ über sich nachdachte, hatte eine höhere Aktivierung der Mandelkerne – jener Hirnareale, die bei emotionaler Erregung tätig sind. Doch wie kommt dieses paradox erscheinende Ergebnis zustande? Warum ist bei jemandem das Hirnareal für emotionale Verarbeitung aktiviert, der nur über sich nachdenken soll? Und warum haben jene eine geringere Tätigkeit der Mandelkerne, die sich direkt mit ihren Gefühlen beschäftigten? Was zunächst nicht plausibel erscheint, wird bei genauerem Hinsehen klarer: Sobald bei uns Gefühle aktiviert werden, aber nicht wahrgenommen werden können (schließlich sollte die eine Gruppe ja über sich nachdenken und war somit anderweitig beschäftigt), bleiben die Gefühlsbereiche des Gehirns dauerhaft aktiv. Wenn wir jedoch die Gefühle bewusst fühlen, kann sich das entsprechende Hirnareal wieder herunterregulieren. Wenn wir uns über etwas aufregen und diese Aufregung wahrnehmen, dann beruhigt uns das bereits wieder. Die Forscher vergleichen unsere Gefühle daher mit einem Wecker, der mit dem Klingeln aufhören kann, sobald wir ihn wahrgenommen haben und abstellen. Genauso ist es mit unseren Gefühlen, die sich erst dann wieder beruhigen können, wenn sie wahrgenommen wurden. Wenn ich aber den Wecker überhöre, dann klingelt er unentwegt. Bei manchen Modellen wird der Lärm dann immer lauter und unerträglicher. Dies kann auch mit den Gefühlen geschehen, die sich verstärken, wenn wir ihnen keine Aufmerksamkeit schenken. Das Ergebnis dieser Studie ist insofern nicht überraschend, als unsere Gefühle unter anderem eine Signalfunktion haben: Sie machen uns auf Risiken und Gefahren aufmerksam. Erst wenn das Gefühl wahrgenommen und die Gefahr erkannt wurde, hat es seine Aufgabe erfüllt. Wenn es aber nicht gefühlt wird,...


Andreas Knuf ist Diplompsychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Autor.
Er arbeitet in eigener Praxis in Konstanz. Nebenbei bietet er Fortbildungen und Supervision sowie Ausbildungen in Verhaltenstherapie, Körperpsychotherapie und Existentieller Psychotherapie an.
Mehr Infos zu Andreas Knuf uns seiner Arbeit finden Sie auf seiner Website andreas-knuf.de.


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