Kreutzer / Ernst / Stein | Die gruseligsten Orte in Hamburg | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 288 Seiten

Reihe: Gruselige Orte

Kreutzer / Ernst / Stein Die gruseligsten Orte in Hamburg

Schauergeschichten

E-Book, Deutsch, Band 3, 288 Seiten

Reihe: Gruselige Orte

ISBN: 978-3-8392-6620-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Zwölf gruselige Geschichten von zwölf Autoren über zwölf reale Orte in Hamburg, angelehnt an Legenden und Ereignisse vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart: Wie die Wikinger die Hammaburg überfielen und brandschatzten. Warum der Teufel sich an der Teufelsbrück kein Schnippchen schlagen lässt und wie Störtebeker seinen Tod sühnte. Welche finsteren Geheimnisse der Klosterstern in Harvestehude birgt und welche Gefahren in den Atombunkern am Hauptbahnhof lauern.
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1 Der Untergang der Hammaburg
von Lutz Kreutzer
Inmitten der Niederungen von Alster, Bille und Elbe, also am heutigen Domplatz zu Hamburg, befand sich einst ein Geestrücken, auf dem sich seit dem frühen achten Jahrhundert, so vermutet man, Menschen in einfachen Hütten ansiedelten. Hundert Jahre später schickte Kaiser Ludwig der Fromme den Benediktinermönch und Missionar Ansgar in das Dorf, um von hier aus die germanischen Gebiete nördlich der Elbe zu missionieren, mit dem Ziel, ein eigenes Bistum zu gründen. Ansgar ließ an dieser Stelle die erste Kirche Hamburgs bauen, den Dom St. Marien. Im Jahr 845 aber wurde dieser friedliche Ort, den man Hammaburg nannte, von großem Unheil heimgesucht. * Ein kalter Morgen Ingbert von Eschweiler hatte das Gesicht tief in der Kapuze vergraben. Eine leichte Brise, die über den Geest­rücken zwischen Alster und Bille wehte, trieb den Nebel in die nahen Elbniederungen zurück, doch auch an Land war die Luft so feucht und schneidend, dass Ingbert zitterte. Jeder seiner Atemzüge verwandelte sich in eine weiße Wolke, während er mit den Armen immer wieder seinen Oberkörper klopfend umschlang, um das Frösteln zu vertreiben. Schon am frühen Morgen hatte er mit dem Herrn Ansgar den weiteren Ausbau der Klosterschule besprochen, weshalb er sich bereits gestern Abend in den Ring der Burg begeben hatte. Später wollte er nach dem Gebet unter den Mönchen und Handwerkern die Aufgaben für den Tag verteilen. Seit drei Jahren stand er im Dienst des Herren Ansgar, der elf Jahre zuvor das bescheidene Kloster, die Schule und die prächtige Kirche hatte erbauen lassen, die er der heiligen Gottesmutter geweiht hatte. Dieses neue geistliche Zentrum des Nordens lag außerhalb des Palisadenringes, gute hundertfünfzig Schritte vom Nordtor der eigentlichen Burg entfernt, am Rande des Waldes, der die Siedlung auf dem offenen Plateau nach Nordosten hin begrenzte. Ansgars Auftrag vom Kaiser Ludwig lautete, das Land nördlich der Elbe für die Missionierung vorzubereiten, und da drängte sich der Platz auf der sandigen Landzunge als Stützpunkt für weitere Vorstöße in die unbekannten Gebiete geradezu auf. Hier hatten bereits vor über hundert Jahren sächsische Bauern, Fischer und Handwerker mit ihren Familien gesiedelt, die ersten Hütten erbaut und eine Befestigung errichtet. Und so hatte Ansgar bereits vieles vorgefunden, was nötig war, um seine Aufgabe zu erfüllen. Die Siedlung wurde von den alten Sachsen Hammaburg1 genannt. Was dieses Wort in der fränkischen Sprache bedeutete, spürte Ingbert in diesem Augenblick schmerzlich beim Anblick seiner schwarzen Bundschuhe, die bereits nach wenigen Schritten auf seinem kurzen Weg durchfeuchtet waren. Hammaburg, die ›Burg auf der feuchten Wiese‹. Ansgar hatte ihn, Ingbert von Eschweiler, auf Empfehlung der kaiserlichen Hofschule zu Aachen hierhergeholt, um seine Einrichtungen in zuverlässige Hände zu übergeben. Mit dreiundzwanzig Jahren war Ingbert auf diese Weise nicht nur als Schriftgelehrter, sondern auch als Verwalter nach Hammaburg gekommen, obwohl er kein Geistlicher war. Ähnlich wie sein Lehrer, der große Einhard, der als Laienabt und Klosterverwalter auch nicht die heiligen Weihen empfangen hatte. Ingbert hatte seinem Mentor Einhard alles zu verdanken, der noch den großartigen Kaiser Karl persönlich gekannt und dessen Lebensgeschichte aufgeschrieben hatte. Einhard hatte den dreizehnjährigen Ingbert eines Tages beobachtet, als er am Königsgut Ascvilare – von den Einheimischen Eschweiler genannt – geschickt mit einem Stock Häuser und eine Kirche in den Morast zeichnete. Von seinem Talent überzeugt, hatte Einhard ihn an die kaiserliche Hofschule gebracht, wo er das Malen der neuen Einheitsschrift erlernte. Ingberts Vater jedoch, der Gutsverwalter von Ascvilare, hatte ihn an der Waffe so weit ausgebildet, dass er in der Gegend um Aachen und am gesamten Flusslauf der Inde zu den besten Schwertkämpfern seines Alters gehörte. Und deshalb hatte Ingbert die priesterlichen Weihen nicht empfangen dürfen. Es machte ihm nichts aus, nicht geweiht zu sein. Er trug die Kutte der Mönche, bewegte sich unter ihnen wie ihresgleichen und wurde in seinen Ämtern als gottesfürchtiger Mensch geachtet. Der fromme Ansgar schätzte es sogar, dass Ingbert über seine geistigen Fähigkeiten hinaus ein wackerer und erprobter Kampfrecke war. Aufgrund der ausgesetzten Lage des göttlichen Vorpostens Hammaburg konnte man nie wissen, ob der Herrgott im Augenblicke eines hereinbrechenden Ungemachs seine schützende Hand über die heilige Stätte zu halten imstande war. Ingbert hatte gegenüber den geweihten Brüdern noch ein paar andere Vorteile. Dadurch, dass er kein Gelübde abgelegt hatte, durfte er, ohne die Beichte ablegen zu müssen und ohne dass ihn sein Gewissen geplagt hätte, den Röcken der Mägde nicht nur still und heimlich hinterherschauen, sondern er durfte sich auch, wann immer sich die Gelegenheit bot, neben sie legen und sich auf mehr als nur einen frommen Plausch einlassen. Trotz der Kälte wurde Ingbert warm ums Herz bei dem Gedanken an die letzte Nacht, als ihm eine der jungen Küchenfrauen des Herrn Ansgar den Leib gewärmt hatte. Ihren Namen hatte er zwar vergessen, aber ihr Duft hatte sich ihm derart eingeprägt, dass er bei jedem kalten Atemzug, den er tief durch die Nase einsog, ihre Pfirsichhaut immer noch zu riechen glaubte. Sein Leben am Hofe Ansgars war ein Geschenk. Wie so viele verehrte er seinen Herren geradezu gottgleich. Ansgar war von einfacher Herkunft, doch erzogen worden war er im Königskloster Corbie an der Somme. Dort, von wo aus die neue Schrift ihren Siegeszug durch das gesamte Reich angetreten hatte, die jetzt alle Welt, ja sogar den Kaiser, ob ihrer Klarheit und Schönheit so sehr begeistert hatte. Und trotz dieser ehrenvollen Erziehung war Ansgar bodenständig und liebenswert geblieben. Ihm wurde hier auf dem Geestsporn wie einem Heiligen gehuldigt, mit Recht, wie Ingbert fand. Und so nannten ihn alle Bischof Ansgar, obwohl er offiziell noch gar kein Bischof war. Immerhin ging das Gerücht um, dass Kaiser Ludwig und Papst Gregor im hohen Norden genau das vorhätten, nämlich ein Bistum zu errichten. Und die prächtige dreischiffige Holzkirche verlieh dem Platz zwischen den Flüssen jetzt schon die nötige Würde eines Bischofssitzes. Unter den Mönchen im Kloster verhielt er sich gütig und ließ so manchen Scherz gerne zu, aber er besaß auch die nötige Strenge, seine Brüder davon abzuhalten, sich der Völlerei hinzugeben, obwohl er es ihnen oft selbst überließ zu entscheiden, wann sie genug von dem starken mit Gagel2 gewürzten Grut3 gesoffen hatten und wie viele Fische und Biber sie an den Fastentagen zu verspeisen gedachten. Beobachtete er aber, dass einer der Brüder seine Großmut ausnutzte, dann half Ansgar ihm in seltenen Fällen mit den geeigneten Mitteln der Züchtigung, den rechten Ausgleich zwischen leiblichen Freuden und geistlicher Einkehr wiederzufinden. Ansgars Anwesenheit wurde nicht nur von seinen Klosterbrüdern, sondern auch von den anderen Menschen auf dem Geestsporn sehr geschätzt. Er war so etwas wie ihre Wonne, die jedes Herz am Tage brauchte, um die harte Arbeit und die Unbilden des Daseins klaglos hinzunehmen, und in der Nacht, um die Dämonen zu verscheuchen, die jedes frommen Christenmenschen Seelenheil bedrohten. Allein Ansgars Lächeln genügte vielen Menschen in Hammaburg, um das Leben nicht nur mit Frömmigkeit, sondern auch mit einem bescheidenen Quantum Freude verbringen zu können. Denn Ansgar wollte die Menschen nicht wegen ihrer kleinen Verfehlungen strafen, er wollte ihnen durch Einsicht zu einem guten Leben verhelfen. Missionieren könne man nicht mit Feuer und Schwert, so sah er es, es reiche schon, wenn der Teufel in der Hölle sich dieser Instrumente bediene. Ansgar, der bereits reichliche Erfahrung mit den nördlichen Völkern gesammelt hatte, berichtete immer wieder von verrohten Nordmännern, die sich in Horden zusammenrauften, um mit ihren wendigen Booten in die Flüsse hineinzufahren, bis sie wie aus dem Nichts in den Häfen der christlichen Städte erschienen und sie rücksichtslos plünderten. Oder sie landeten mit ihren flachen Schiffen an den Küsten, um von dort aus ihre Beutezüge zu unternehmen und Angst und Schrecken zu verbreiten. Vor mehr als fünfzig Jahren hatte das Unheil begonnen, da waren sie zum ersten Mal auf der britannischen Insel gelandet. Ingbert erinnerte sich, dass Einhard ihm und den anderen Schülern eines Abends bei Kerzenlicht und nach einigen Krügen erzählt hatte, wie fassungslos Alcuin von York, der große Berater und Freund des Kaisers Karl, den Überfall auf die Klosterinsel Lindisfarne in seiner Heimat Northumbrien im Land der Angeln und Sachsen beklagt hatte. Wie die Horden das Kloster brandschatzten, die wehrlosen Mönche nackt vor sich hertrieben, schlachteten oder im Meer ersäuften. Wie sie heilige Stätten mit dem Blut der Geschändeten besudelten und alles raubten, was sie finden konnten. Aus England, aus Frankreich und aus Flandern gab es mittlerweile zahlreiche solcher grausamen Geschichten. Nur flüsternd erzählte man sich von größten Gräueltaten, die bei den Nordmännern üblich waren. Dass sie die Anführer ihrer Feinde fingen, ihnen bei lebendigem Leibe die Wirbelsäule freilegten, ihre Rippen durchtrennten und diese wie zu einem Flügel auseinanderbogen, um sie unter größten Schmerzen zum Blutaar, zum Blutadler, werden zu lassen, nur um sie anschließend als Zielscheibe zu benutzen und noch im grausamen Todeskampfe zu...


Voosen, Roman
Lutz Kreutzer wurde 1959 in Stolberg/Rheinland geboren und lebt in München. Er ist Autor von Thrillern, Kriminalromanen und Sachbüchern, Herausgeber von Kurzgeschichtenbänden, coacht Autoren auf großen Buchmessen sowie Autoren-Kongressen und richtet den deutschsprachigen Self-Publishing-Day aus. Seine Arbeit wurde mit mehreren Stipendien gefördert. Mehr unter lutzkreutzer.de

Uwe Gardein wurde 1945 in Berlin geboren und lebt in der Nähe von München. Er ist Autor von Kriminalromanen sowie historischen Romanen und erhielt das Förderstipendium für Literatur der Stadt München.

Lutz Kreutzer wurde 1959 in Stolberg/Rheinland geboren und lebt in München. Er ist Autor von Thrillern, Kriminalromanen und Sachbüchern, Herausgeber von Kurzgeschichtenbänden, coacht Autoren auf großen Buchmessen sowie Autoren-Kongressen und richtet den deutschsprachigen Self-Publishing-Day aus. Seine Arbeit wurde mit mehreren Stipendien gefördert. Mehr unter lutzkreutzer.de

Uwe Gardein wurde 1945 in Berlin geboren und lebt in der Nähe von München. Er ist Autor von Kriminalromanen sowie historischen Romanen und erhielt das Förderstipendium für Literatur der Stadt München.


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