Kvæven | Eisiges Land | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

Kvæven Eisiges Land

Roman

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

ISBN: 978-3-492-60519-9
Verlag: Piper ebooks
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der preisgekrönte Roman aus Norwegen - kraftvoll, mitreißend, authentisch! Grönland, 1293: Der junge Wikinger Arnar Vilhjálmsson darf an seiner ersten Walrossjagd teilnehmen. Doch an Bord trifft er auf den gefürchteten Stammesanführer Himin-Gorm und seinen Sohn Hunvarg, die ihn trotz erfolgreicher Jagd fortan ihre Missgunst spüren lassen. Immer wieder kreuzen sich ihre Wege, immer wieder muss Arnar kämpfen: gegen die strengen Verbote der verschiedenen Stämme, aber auch gegen die karge, unerbittliche Landschaft, gegen die Götter und nicht zuletzt auch um das Herz einer Frau. Atmosphärisch erzählt und historisch fundiert Bekannt ist vielen die Erzählung von Erich dem Roten, der in Norwegen und auf Island kontinuierlich für Ärger sorgte, bis er nach Grönland verbannt wurde. 984 n. Chr. läutete er dort die Wikingerzeit ein. Zwischen 984 n. Chr. und einem unbekannten Jahr im 15. Jahrhundert lebten die Wikinger in zwei Siedlungen an der Westküste. Obwohl sie eine blühende Gesellschaft aufbauten, die über 400 Jahre lang Bestand hatte, bleibt ihr Verschwinden eines von Grönlands großen Geheimnissen. Tore Kvæven, geboren 1969 in Sirdal (Südnorwegen), arbeitet als Lehrer. Nebenbei ist er auch Schafzüchter und hütet eine Herde von 230 Schafen. Für »Eisiges Land« wurde er mit allen wichtigen norwegischen Literaturpreisen ausgezeichnet. »Großartiger Erzählstil: packend, anschaulich und unvorhersehbar.« Adresseavisen »Außergewöhnlich und hervorragend geschrieben.« VG »Stil, Inhalt und Sprachen sind absolut fesselnd.« Fædrelandsvennen Brage Prize für den besten norwegischen Roman 2018 Sørlandets litteraturpris 2019  Stig Sæterbakken Memorial Award 2022

Tore Kvæven, geboren 1969 in Sirdal, Südnorwegen, studierte an der Landwirtschaftsschule Lyngdal sowie am Agder University College. Er hat neben seiner Tätigkeit als Schafzüchter und Autor auch als Lehrer gearbeitet. Mit »Eisiges Land« gelang ihm der literarische Durchbruch. Das Buch gewann alle wichtigen norwegischen Literaturpreise, darunter auch den renommierten Brageprisen.
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Es war Sommer gewesen. Danach war der Herbst gekommen. Schulden sollten beglichen und Gelübde für das kommende Jahr abgegeben werden. Die sieben Lämmer lagen mit zusammengebundenen Beinen nebeneinander auf dem Hofplatz. Der vom Abendhimmel herabströmende Regen war so stark, dass die Tropfen die schmächtigen Körper gleichsam bombardierten und den Kies aufspritzen ließen. Ein paar Männer, Frauen und Kinder umringten die Lämmer. Stumme Menschen, in Fell und dunkles Vadmal gekleidet. Fackeln aus dichtem Weidenreisig, die mit Stofffetzen zusammengebunden und mit Robbentran getränkt waren, wurden in den Himmel gehalten, doch der Regen, der auf sie herunterprasselte, saugte die Wärme aus Flammen und Glut, und eine Fackel nach der anderen erlosch. Es war ein Abend, an dem getrockneter Torf aus dem Moor auf die Glut gelegt werden sollte und Frauen im rotgoldenen Schein der Öllampen Wollsocken stopfen oder Winterjacken nähen würden, während die Männer Weidenruten in die Schneeschuhe der Pferde flochten oder große Löffel und Messer aus Ochsenhörnern schnitzten. Stattdessen standen alle auf dem Hof von Himin-Gorm. Männer und Frauen, die dem Gebirge entstammten. Menschen, die lächelten, wenn die Tage gut waren, und die still und leise trauerten, wenn das Unglück über sie hereinbrach. Eines der Lämmer blökte, und für einen Augenblick legte sich der Wind. Die Geräusche der Regentropfen, die auf die Menschen und auf den Boden schlugen, hallten in der kurzen Stille gleich einem dumpfen Echo nach. Arnar warf einen Blick auf die blauorangene und gequälte Flamme der Fackel in seiner Hand und wusste, dass sie nicht mehr lange brennen würde. In der Mitte des Kreises lag eine glänzende Steinplatte, etwa anderthalb Faden lang und einen Faden breit. In einem langen Band um die Kante waren uralte Runen eingemeißelt. Einige davon noch lesbar, andere halb verwittert, wie eine Wunde, die längst verheilt war. Himin-Gorm nickte einem der Schatten im Kreis zu. Vermund trat vor, griff sich das erste Lamm und legte es auf die Steinplatte. Vor langen Jahren hatte er bei einem Kampf ein Auge verloren. Er lebte als Kätner auf einem der kleinen Höfe von Åsastad und war ein Mann, der nur selten sagte, was er meinte, weshalb er zu denjenigen gehörte, die Himin-Gorm am meisten schätzte. Himin-Gorm zog ein Messer aus dem Gürtel und legte seine grobe Hand auf die dünne Brust des Lamms. Die Messerspitze fand die Vertiefung zwischen zwei Rippen. Die Klinge drang ein, das Lamm zuckte zusammen. Es stöhnte und zappelte krampfartig, doch Vermund drückte sein Maul zu, und es blökte nicht mehr. Als das Blut die Steinplatte schwarz und rot verfärbte, hob Himin-Gorm den Kopf, und während das Wasser gleich Bächen über sein Gesicht lief und von Augenbrauen und Bart heruntertropfte, weihte er Odin das Opfer. Vermund nahm das tote Lamm von der Steinplatte, ein neues Tier wurde daraufgelegt, und ein Mann von einem der anderen Höfe trat vor und übernahm das Messer. Als Kind hatte Arnar sowohl Schrecken als auch Hochachtung verspürt ob dieser mächtigen und fordernden Götter, die unter ihnen weilten. Aber auch der große Ernst der Männer und die Worte, die gesagt wurden, hatten ihn beeindruckt. Er hatte schon Kühe, Pferde und Ziegen gesehen, die beim Haustblót, dem Herbstopfer, auf den Opferstein gelegt worden waren. Dieses Lamm wurde an ausgestreckten Armen zum Himmel emporgehoben und Freyr gewidmet, worauf Blut und Regenwasser nur so spritzten. Arnar aber überlegte, ob Freyr, der in allen Dingen, ja sogar im Kampf, das Leben ehrte, nicht entschieden hätte, das Lamm leben zu lassen, anstatt es zu opfern, wenn er hätte wählen können. Nachdem die uralte Zeremonie geendet hatte und die übrigen Lämmer den Göttern Njord, Thor, Uller und Freya geopfert worden waren, ließ sich erneut die laute Stimme Himin-Gorms vernehmen. »Arnar und Tinforne! Nehmt die Pferde und bringt die Lämmer nach Åsajuv. Hängt sie an die Pfähle und überlasst sie den Wanen und Asen!« Tinforne war Himin-Gorms Sohn und der Drittälteste in einer siebenköpfigen Geschwisterschar. Im Jahr zuvor hatte er in den Bergen im Osten einen Wolf getötet. Nun sollte er für seine Jagd geehrt werden, genauso wie Arnar für das erlegte Walross. Den Göttern so nahe zu kommen, wie allein eine Nacht in Åsajuv es möglich machte, konnte Glück im Leben verheißen, starke Fäden, die mit dem Netz des Schicksals verwoben werden sollten. Aus einer Gruppe Pferde, die sich vom Wind weggedreht hatte, wurden vier Tiere geholt; zwei zum Reiten und zwei für den Transport der Opfergaben. Die Pferde rochen das Blut, als die Lämmer festgebunden wurden, und schüttelten und wehrten sich. Doch hier gab es Menschen, die wussten, wie man mit Pferden umging, und die zu den Tieren sprachen und sie beruhigen konnten. Dann ritten sie durch die Dunkelheit, die beiden gleichaltrigen jungen Männer. Der Regen, der auf Rücken, Nacken und Kopf der beiden prasselte, war schon durch die Nähte ihrer ledernen Kleidung gedrungen, hatte bald danach Hemd und Hose durchweicht und die innerste Schicht ihrer wollenen Unterkleidung erreicht. Unter einem Dachvorsprung an der großen Halle standen Vermund und seine Frau im Schutz vor dem Regen und schauten den beiden nach. »Das ist also die Nacht, in der du mit den Opfertieren losreiten solltest?«, flüsterte sie spöttisch. Vermund gab keine Antwort. Er hatte seiner Frau nie erzählt, dass ihm bei der Attacke des Walrosses vor lauter Angst ganz bang geworden war und dass Himin-Gorm ihm gegenüber das Herbstopfer danach nicht mehr erwähnt hatte. Seine Frau jedoch gab nicht nach und fragte: »Hat er das nicht gesagt? Dass du heute Nacht mit den Opfertieren reiten solltest?« »Doch«, entgegnete Vermund. »Das hat er im Frühjahr zu mir gesagt.« »Und hat er es letztes Jahr nicht auch schon gesagt?« »Lass die beiden Jungen nur reiten, es hat keine Bedeutung.« Sie schwieg einen Augenblick, als wollte sie sich zügeln. So oft schon hatte sie ihren Mann verspottet, so unendlich oft, und nicht ein einziges Mal schien es geholfen zu haben. Nicht im Mindesten. Er war ein Jämmerling und würde es immer bleiben. Aber sie konnte nicht an sich halten. »Lass die beiden Jungen nur reiten«, äffte sie ihn nach. »Hätte ich vielleicht versuchen sollen, sie aufzuhalten?«   Mit den Lastpferden hinter sich wechselten Arnar und Tinforne einander ab, den kleinen Tross anzuführen. Sie folgten dem Njardarfljótdal, und als sie den rauschenden, singenden Fluss erblickten, der sich gleich einer breiten, grünschwarzen Schlange dahinzog, gleich einem Abkömmling von Gjöll, dem Fluss der Unterwelt, wanderten Arnars Gedanken wieder zu den Göttern: Gab es sie hier im Westen noch, oder waren sie verschwunden? Waren sie verkümmert und gestorben, und würde man sie jemals wiederfinden? In diesem Moment gesellte sich Tinforne zu ihm, worauf die Gedanken an die Götter rasch verblassten. Arnar rief: »Das war ja ein jämmerliches Boot, das du im Sommer bei der Walrossjagd gerudert hast!« Tinforne erwiderte: »Allerdings. Es war ein Wrack. Löchrig wie ein Schneeschuh. Die Spunde waren verfault, die Plankengänge gaben nach, und die Dielen waren völlig ausgetreten. Wir mussten mehr Wasser schöpfen, als dass wir rudern konnten.« »Ich wünschte, ich hätte ein Boot, um damit nach Westen zu fahren. Nach Markland oder Vinland«, sagte Arnar. »Willst du in den Westen?« »Ich will jedenfalls nicht nach Osten.« Und während der Wind heulte und sich der Regen über das Moorland und über Pfützen und Bäche ergoss und ihre Stimmen immer wieder vom Wind davongetragen wurden, erzählten sie einander Geschichten, die sie gehört hatten: über Vinland, über Bären und Skrälinger, über Vinlands Götter und über die Jagd nach den riesigen Moschusochsen. Arnar rief: »Aber wusstest du, dass noch ein Land hinter Vinland liegt? Fünfzehn Tagesmärsche durch Vinlands Wälder. Es soll unendlich sein und so reich an Wild und Weidegrund, dass alle anderen Länder im Vergleich wie das öde Niflheim erscheinen.« »Man sagt, es sei nur ein Mythos. Dass es im Westen nichts anderes als Unterholz...


Haefs, Gabriele
Gabriele Haefs, geboren 1953 in Wachtendonk, Studium der Volkskunde, Sprachwissenschaft, Keltischen Sprachen und Skandinavistik. Seit 1983 ist sie als Übersetzerin von unter anderem Jostein Gaarder, Anne Holt und Ingvar Ambjörnsen tätig. Für ihre Arbeit wurde sie mit dem Deutschen und dem Österreichischen Jugendbuchpreis, dem Akademika-Preis der Universität Oslo und dem Willy Brandt-Preis ausgezeichnet. Sie ist Ritterin 1. Klasse des Norwegischen St. Olavsordens.

Kvæven, Tore
Tore Kvæven, geboren 1969 in Sirdal, Südnorwegen, studierte an der Landwirtschaftsschule Lyngdal sowie am Agder University College. Er hat neben seiner Tätigkeit als Schafzüchter und Autor auch als Lehrer gearbeitet. Mit »Eisiges Land« gelang ihm der literarische Durchbruch. Das Buch gewann alle wichtigen norwegischen Literaturpreise, darunter auch den renommierten Brageprisen.

Tore Kvæven, geboren 1969 in Sirdal (Südnorwegen), arbeitet als Lehrer. Nebenbei ist er auch Schafzüchter und hütet eine Herde von 230 Schafen.


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