Lefèvre | Erinnerungen eines Börsenspekulanten | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Lefèvre Erinnerungen eines Börsenspekulanten

Die Neuübersetzung des amerikanischen Börsenklassikers aus dem Jahr 1925

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-8437-2888-1
Verlag: Ullstein Ebooks
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Erinnerungen eines Börsenspekulanten ist ein Buch, das alle großen Finanzinvestoren und -persönlichkeiten gelesen und davon mit großem Enthusiasmus berichtet haben. Es gilt als moderner Klassiker der Börsen- und Finanzliteratur und wird oft als Schlüsselroman bezeichnet, um den sich viele Mythen ranken. Den erzählerischen Rahmen bildet die fiktionalisierte Lebensgeschichte der Wall-Street-Legende Jesse Livermore, der als 15-jähriger seine ersten eintausend Dollar mit Aktien verdiente und im Laufe seiner ereignisreichen Trading-Karriere riesige Vermögen gewann - und wieder verlor.  Fast 100 Jahre sind seit der ersten Ausgabe des Buches, das erstmals 1925 erschien, vergangen. Und immer noch findet es fortwährend neue Leser, die sich von den hier dargelegten Börsenweisheiten, den psychologischen Gesetzen und den Tipps zu Risikoabwägungen inspirieren und leiten lassen.  

Edwin Lefévre wurde 1871 in der kolombianischen Stadt Colón geboren, die heute zur Republik Panama gehört, und als kleiner Junge in die USA geschickt, um dort eine bessere Schulbildung zu erhalten und später an der Lehigh University in Pennsylvania zu studieren. Mit 19 machte er sich jedoch als Journalist selbständig und wurde schließlich Börsenspekulant an der Wall Street. Er schrieb mehrere Bücher und Artikel über die Mechanismen an der Börse, bevor ihm mit der fiktionalisierten Lebensgeschichte über Jesse Livermore ein Bestseller gelang. Er starb 1943 in Dorset, Vermont.
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Erstes Kapitel
Sobald ich die Schule verlassen hatte, fing ich als Kurstafeljunge in einem Maklerhaus an. Ich konnte gut mit Zahlen umgehen. In der Schule bewältigte ich den Stoff von drei Jahren Arithmetik in nur einem Jahr. Besonders gut konnte ich kopfrechnen. Als Kurstafeljunge war es meine Aufgabe, die Börsenkurse auf eine große Tafel im Kundenbereich zu schreiben. Normalerweise saß immer ein Kunde am Ticker und rief die Notierungen aus. Mir konnte das gar nicht schnell genug gehen. Ich hatte schon immer einen Kopf für Zahlen gehabt und konnte sie mir problemlos merken. In dem Maklerhaus hatte ich viele Kollegen. Natürlich kam man sich näher, doch wenn es auf dem Markt hoch her­ging, hatte ich von 10 bis 15 Uhr so viel zu tun, dass nicht viel Zeit blieb, um sich zu unterhalten. Dafür habe ich während der Arbeitszeit sowieso wenig übrig. An der Börse konnte noch so viel los sein – Gedanken über meine Arbeit machte ich mir trotzdem. Für mich stellten die Kursnotierungen nicht die Preise der Aktien dar – also so und so viele Dollar pro Stück –, es waren bloß Zahlen. Natürlich hatten diese Zahlen eine Bedeutung, und sie veränderten sich ständig. Und das war alles, was mich zu interessieren hatte – die Veränderungen. Warum sich die Zahlen veränderten, wusste ich nicht, und es war mir auch gleich. Darüber zerbrach ich mir nicht den Kopf. Ich nahm lediglich die Veränderungen zur Kenntnis. Nur sie beschäftigten mich – unter der Woche fünf Stunden täglich, samstags zwei. Das weckte mein Interesse am Kursverhalten. Ich hatte ein gutes Zahlengedächtnis und wusste daher immer noch ganz genau, wie sich die Kurse am Vortag entwickelt hatten, kurz bevor sie nach oben oder nach unten ausschlugen. Meine Begabung fürs Kopfrechnen kam mir dabei sehr gelegen. Wie ich feststellte, neigten die Aktienkurse im Aufwärts- ebenso wie im Abwärtstrend zu bestimmten typischen Verhaltensweisen. Ich hatte unendlich viele Vergleichsmöglichkeiten, die ich als Präzedenzfälle heranzog. Obwohl ich erst 14 Jahre alt war, merkte ich, wie ich nach Hunderten von Beobachtungen unwillkürlich nachprüfte, ob sich daraus verlässliche Rückschlüsse ziehen ließen. Und zwar indem ich das Verhalten, das Aktien am jeweiligen Tag zeigten, ihrer Entwicklung an anderen Tagen gegenüberstellte. Schon bald versuchte ich mich daran, Kursentwicklungen zu prognostizieren. Dabei orientierte ich mich, wie schon gesagt, einzig und allein an den bisherigen Kursbewegungen. Ich hatte die Zahlenkolonnen im Kopf und wartete darauf, dass sich die Kurse genau in diese Richtung entwickelten. Ich hatte sie »registriert« – Sie wissen schon, was ich meine. So erkennt man beispielsweise, wann die Anzahl der Kaufaufträge nur ganz leicht über der Menge der Verkaufsorders liegt. Dann findet auf dem Aktienmarkt eine Schlacht statt, und der Ticker kann Ihnen in sieben von zehn Fällen verraten, wie diese ausgeht. Noch etwas begriff ich sehr früh: An der Wall Street gibt es nichts Neues. Das kann gar nicht sein, weil seit jeher spekuliert wird. Was sich heute auf dem Aktienmarkt abspielt, hat es so schon einmal gegeben, und es wird sich auch künftig wieder ereignen. Das hat sich mir fest eingeprägt. Und weil ich mir so gut merken konnte, wann und wie sich die Dinge jeweils entwickelten, konnte ich aus meinen Erfahrungen Kapital schlagen. Meine Gedankenspiele faszinierten mich sehr, und ich war so sehr bestrebt, das Steigen und Fallen aller Kurse vorherzusagen, dass ich mir eigens dafür ein Heft anschaffte. Darin trug ich meine Beobachtungen ein. Ich führte aber nicht etwa Buch über Fantasiegeschäfte wie so viele andere, die auf dem Papier Millionen verdienten oder verloren, ohne etwas davon zu haben oder deshalb im Armenhaus zu landen. Mein Büchlein war eher so etwas wie eine Erfolgsbilanz. Ich wollte damit nicht nur voraussichtliche Kursbewegungen bestimmen, sondern vor allem überprüfen, ob meine Beobachtungen zutrafen – mit anderen Worten: ob ich damit richtiglag. Nehmen wir an, ich hatte einen Tag lang alle Kursschwankungen einer umsatzstarken Aktie verfolgt und befunden, dass sie sich genauso verhielt wie immer, bevor sie um acht oder zehn Zähler abrutschte. Dann hielt ich etwa am Montag fest, um welchen Titel es sich handelte und zu welchem Kurs er notierte, und schrieb dazu, wo er nach den bisherigen Erfahrungen am Dienstag und Mittwoch stehen müsste. Diese Notizen glich ich später mit den eingehenden Tickerdaten ab. So erwachte mein Interesse daran, was mir der Ticker zu sagen hatte. Die Kursschwankungen assoziierte ich im Kopf sofort mit Auf- oder Abwärtsbewegungen. Natürlich gibt es für solche Schwankungen immer einen Grund, aber den Ticker interessiert das nicht. Er gibt auch keine Erklärungen. Ich versprach mir schon mit 14 Jahren keine Antworten vom Ticker, ebenso wenig wie jetzt mit 40. Warum eine Aktie heute eine bestimmte Bewegung zeigt, wird vielleicht erst in zwei oder drei Tagen oder nach Wochen oder Monaten erklärlich. Doch was geht uns das an? Uns interessiert doch, was der Ticker heute sagt – nicht morgen. Nach den Gründen können wir später fragen. Handeln müssen wir aber sofort, sonst bringt es nichts. Das habe ich immer wieder beobachtet. Wissen Sie noch, wie Hollow Tube neulich drei Punkte verlor, während der übrige Markt kräftig zulegte? Das war die Tatsache. Am Montag darauf erfuhren wir, dass der Verwaltungsrat die Dividende festgesetzt hatte. Das war der Grund. Die Verwaltungsratsmitglieder wussten das natürlich, und selbst wenn sie persönlich keine Aktien abstießen, so kauften sie zumindest auch nicht zu. Die Insiderkäufe fielen weg – es gab also keinen Grund, warum der Kurs nicht fallen sollte. Ich führte mein kleines Notizbuch etwa sechs Monate lang. Nach Feierabend ging ich nicht sofort nach Hause, sondern hielt erst noch die Zahlen fest, die mich interessierten, und sah mir die Veränderungen an. Dabei achtete ich jedes Mal auf Wiederholungen und Parallelen im Kursverhalten – im Grunde lernte ich, den Ticker zu lesen, auch wenn mir das damals nicht bewusst war. Eines Tages sprach mich in der Mittagspause einer der anderen Bürogehilfen an. Er war etwas älter als ich und fragte mich unter der Hand, ob ich ein bisschen Geld übrig hätte. »Warum willst du das wissen?«, gab ich zurück. »Na ja, ich habe da diesen erstklassigen Tipp für Burlington bekommen. Ich will einsteigen, wenn ich jemanden finde, der mitmacht.« »Was meinst du mit ›einsteigen‹?«, wollte ich wissen. Ich dachte, die Einzigen, die einsteigen oder auf Tipps setzen konnten, seien die Kunden – gewiefte alte Hasen mit jeder Menge Zaster. Schließlich brauchte man Hunderte oder gar Tausende, um an der Börse zu spekulieren. Das konnte doch nur, wer eine eigene Karosse hatte und einen Kutscher mit Zylinder. »Na, einsteigen eben. Wie viel Geld hast du denn?«, drängte er. »Wie viel brauchst du?« »Also, mit 5 Dollar Einsatz kann ich fünf Aktien ordern.« »Und wie willst du das machen?« »Ich kaufe so viele Burlington-Aktien, wie ich im Bucket Shop für das Geld bekomme, das ich als Einschuss hinterlegen kann. Das ist eine todsichere Sache. Das Geld liegt quasi auf der Straße, wir müssen es nur noch aufheben. Wir werden unseren Einsatz locker verdoppeln.« »Warte mal«, sagte ich da und zog mein Notizbuch heraus. Ob ich mein Geld verdoppeln würde, interessierte mich gar nicht – wohl aber seine Behauptung, Burlington würde zulegen. Stimmte das, so müsste es eigentlich aus meinen Notizen hervorgehen. Ich sah nach, und tatsächlich: Die Burlington-Aktie verhielt sich meinen Aufzeichnungen zufolge genau so, wie sie es gewöhnlich vor einem Kursanstieg tat. Ich hatte noch nie im Leben etwas an der Börse ge- oder verkauft und mich auch nie mit den anderen Jungs im Glücksspiel versucht. Doch sah ich darin eine großartige Gelegenheit, um zu prüfen, ob meine Rechnerei – mein kleines Steckenpferd – etwas taugte. Mir war sofort klar: Wenn meine Erkenntnisse keinen praktischen Nutzen hatten, dann waren sie im Grunde wertlos. Also gab ich ihm mein ganzes Geld. Wir legten zusammen, trugen unsere Barschaft in den nächsten Bucket Shop und kauften Burlington. Zwei Tage später machten wir Kasse. Mir blieben 3,12 Dollar Gewinn. Nach diesem ersten Erfolg begann ich, auf eigene Rechnung in den Bucket Shops zu spekulieren. Ich ging in der Mittagspause hin und kaufte oder tätigte Leerverkäufe – da hatte ich nie eine Präferenz. Ich spekulierte mit System und setzte nicht auf eine favorisierte Aktie oder bestimmte Meinungen. Für mich war das ein reines Rechenexempel. Und es sollte sich herausstellen, dass meine Strategie für die Bucket Shops ideal war. Denn dort wettet ein Spekulant im Grunde auf die Schwankungen, die der Ticker auf dem Papierstreifen ausspuckt. Es dauerte gar nicht lange, und ich verdiente in den Bucket Shops weit mehr als mit meinem Job im Maklerhaus. Also kündigte ich. Meiner Familie war das gar nicht recht, doch sie konnten wenig dagegen sagen, als sie sahen, wie viel Geld ich nach Hause brachte. Ich war ja noch ein Kind, und so ein...


Lefèvre, Edwin
Edwin Lefévre wurde 1871 in der kolombianischen Stadt Colón geboren, die heute zur Republik Panama gehört, und als kleiner Junge in die USA geschickt, um dort eine bessere Schulbildung zu erhalten und später an der Lehigh University in Pennsylvania zu studieren. Mit 19 machte er sich jedoch als Journalist selbständig und wurde schließlich Börsenspekulant an der Wall Street. Er schrieb mehrere Bücher und Artikel über die Mechanismen an der Börse, bevor ihm mit der fiktionalisierten Lebensgeschichte über Jesse Livermore ein Bestseller gelang. Er starb 1943 in Dorset, Vermont.

Edwin Lefévre wurde 1871 in der kolombianischen Stadt Colón geboren, die heute zur Republik Panama gehört, und als kleiner Junge in die USA geschickt, um dort eine bessere Schulbildung zu erhalten und später an der Lehigh University in Pennsylvania zu studieren. Mit 19 machte er sich jedoch als Journalist selbständig und wurde schließlich Börsenspekulant an der Wall Street. Er schrieb mehrere Bücher und Artikel über die Mechanismen an der Börse, bevor ihm mit der fiktionalisierten Lebensgeschichte über Jesse Livermore ein Bestseller gelang. Er starb 1943 in Dorset, Vermont.


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