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E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Lima Tod in Porto

Roman - Ein Fall für Inspektor Fonseca

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-23460-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Team von Inspektor Fonseca hatte schon mit eisbeschlagenen Vinho-Verde-Gläsern auf den wohlverdienten Sommerurlaub angestoßen, als plötzlich ein Mann brasilianischer Herkunft erschossen neben seinem Sportwagen aufgefunden wird. Wenig später taucht ein Video auf, das mit dem Fall in Verbindung steht: Eine Zunge und ein Paar Ohren, genagelt an eine Holztür. Die „brasilianische Methode“ mit Spitzeln umzugehen. Das Video hatte acht Empfänger. Sind weitere Morde geplant? Wie viel weiß der Arbeitgeber des Ermordeten, ein windiger Immobilienmakler? Und was hat die Tochter eines berühmten Anwalts aus Sao Paulo mit dem Ganzen zu tun?Der Fall führt die Ermittler Fonseca, Ana und Pinto in die brasilianische Unterwelt Portos, die sehr viel größer und mächtiger ist, als die malerische Kulisse der portugiesischen Küstenstadt es erahnen lässt.
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2 »Ich sagte: kein Kommentar! Sie sehen doch, dass ich gerade erst ankomme!« »Wir wollen ja nur, dass Sie uns ganz kurz …« »Wenn Sie mich bitte durchlassen würden!« »Ist es wahr, dass das Opfer Brasilianer ist?« Einer der Schutzpolizisten hob das Absperrband für ihn hoch, Fonseca zog den Kopf ein und ging darunter hindurch. »Meu Deus, wo kommen die bloß schon alle her um diese Zeit? Und das am Sonntag!« Es war jetzt sechs Uhr morgens, in einer nüchternen Straße im Gewerbegebiet. Der Himmel über den Lager- und Fabrikhallen wurde gerade erst blassblau und rosa. Fonseca hatte ein Stück entfernt parken müssen, und beim Aussteigen hatte er noch die Vögel in den Straßenbäumen zwitschern hören. Hier drängten sich die Reporter und Schaulustigen, aufgeregte Stimmen und der schnarrende Polizeifunk schwirrten durcheinander. Drei Streifenwagen standen am Straßenrand. »Bom dia.« Rui Pinto kam auf ihn zu, gut gekleidet wie immer, in einem hellen Sommeranzug. »Ist das nicht eine Gemeinheit? Am letzten Tag der Bereitschaft?« »Tja, unseren Urlaub können wir wohl vergessen. Das hört sich ja gar nicht gut an.« »Sieht auch nicht gut aus.« Pinto deutete in die Richtung des Tatorts. Tavares und Andrade standen bei der Leiche. »Bom dia.« Der Tote lag seitlich verrenkt auf dem Gehweg, in einer großen Blutlache. Es war ein jüngerer Mann, in Jeans und T-Shirt, auffällig muskulös, mit kahl geschorenem Kopf. »Und? Ist er nun Brasilianer?« Andrade hielt wortlos einen Klarsichtbeutel hoch. Ein Pass war darin, dunkelblau mit goldener Schrift: ›República Federativa do Brasil‹. Tavares las aus seinem Notizbuch ab: »Nilton de Souza Wanderley, dreiunddreißig Jahre alt, geboren in … Itapetininga Schrägstrich SP. Also ›SP‹ für São Paulo.« »Was wissen wir sonst noch über ihn?« »Das da ist sein Wagen.« Andrade zeigte auf einen Audi TT, der ein paar Meter weiter stand, innerhalb der Absperrung. »Und die hier lagen ebenfalls im Handschuhfach.« Er reichte Fonseca einen anderen Klarsichtbeutel. Visitenkarten waren darin, mit dem Namen des Toten und dem Logo einer Firma darauf: ›Imocon, Mediação Imobiliária, Lda.‹ »Ein Immobilienmakler? Ist der Job jetzt schon so gefährlich?« »Sieht so aus«, sagte Pinto. »In dem Handschuhfach lag auch eine Schusswaffe.« »Mm-hm?« Fonseca sah sich den Toten noch einmal näher an. »Ich hätte ihn ja auch eher für eine Art Gorilla gehalten. Privater Sicherheitsdienst oder so was.« »Stimmt, ich auch. Solche Muskeln kriegt man nicht von selbst. Der hat jahrelang Krafttraining gemacht, vielleicht auch Steroide geschluckt.« »Was meint ihr, liegt er noch so da, wie er hingefallen ist?« »Wahrscheinlich schon. Da hat bestimmt keiner versucht, Erste Hilfe zu leisten.« »Wie viele Einschüsse sind es?« »Sieben, soweit man zählen kann, ohne ihn umzudrehen. Sieht nach Maschinenpistole aus. Ich würde sagen: klare Tötungsabsicht, ohne Wenn und Aber.« Fonseca nickte. Eine glatte Hinrichtung, geplant und ausgeführt. Er blickte auf. »Und was hat der hier gemacht, mitten in der Nacht?« Er drehte sich um und betrachtete die Menge hinter der Absperrung. Was machten überhaupt all diese Leute hier? Die Journalisten, gut. Aber ein Dutzend junger Mädchen in Hotpants und bauchfreien Tops? Pinto folgte seinem Blick und lächelte. »Hinter der Kurve da ist die Diskothek Flash, da kommen die alle her. Unser Mann vermutlich auch.« »Ach so. Das erklärt ja schon mal einiges. Brauchbare Zeugen dabei?« »Bis jetzt nicht. Ist ja klar, in so was will keiner hineingezogen werden.« »Was lässt sich zum Tathergang sagen?« »Was die Leute hier erzählen, stimmt weitgehend überein. Demnach ist er gegen halb fünf aus dem Flash gekommen, allein, und war wohl auf dem Weg zu seinem Wagen. Dann ist ein dunkler Mercedes aufgetaucht und langsam in dieselbe Richtung gefahren. Und dann sind auch schon die Schüsse gefallen; einige sagen, sehr schnell hintereinander, andere meinen, wie ein Geknatter, sie haben es erst für Feuerwerkskörper gehalten. Der Mercedes hat beschleunigt und war weg. Das ist alles.« Fonseca seufzte. »Uma bela merda …« »Das kann man wohl sagen.« Pinto blickte nachdenklich auf den Toten hinab. »Ich weiß nicht, ich werde das Gefühl nicht los, dass ich den schon mal irgendwo gesehen habe.« »Gibt viele, die so aussehen.« »Schon, aber … Na, vielleicht fällt es mir ja noch ein.« Es fiel ihm sofort ein, als er hörte, wo Nilton Wanderley gewohnt hatte: an der Douro-Mündung, in Foz Velha. Pinto selbst wohnte nur ein paar Querstraßen weiter. Niltons Adresse endete mit ›5. Stock links‹, seine Wohnung lag also ebenfalls in einem der Apartmenthäuser, die sich hier und da über die Dächer des alten Viertels erhoben. Pinto liebte Foz Velha: das Meer direkt vor der Tür, die prächtige Palmenallee am Ufer, wo der Rio Douro breit in den Atlantik strömte, die Strandcafés, die in den Sommernächten zu leuchtenden Bars wurden. Die Mädchen in den Geschäften des Viertels trugen das halbe Jahr einen Bikini unter ihren Sachen, und wenn sie Pause hatten, gingen sie einfach über die Straße an den Strand. Pinto fand, hier ließ es sich leben. Er sorgte dafür, dass er dabei war, als am frühen Nachmittag Niltons Wohnung durchsucht wurde. Bis dahin hatte er noch niemandem erzählt, woran er sich erinnert hatte. Er wollte sich erst einmal ungestört umsehen. Nach etwas ganz Bestimmtem. Sie waren zu dritt. Auf dem Korridor zogen sie sich Latexhandschuhe an und schlossen dann die Wohnungstür auf. Schon beim ersten Rundgang sahen sie sich immer wieder zweifelnd an. Das Apartment wirkte so steril, als ob es zum Verkauf stünde und der Bewohner seine persönlichen Dinge schon weggeschafft hätte. Keine Familienfotos, kein Hinweis auf eine Freundin, nichts. »Vielleicht ist er nicht oft zu Hause gewesen. Es gibt Leute, die können jahrelang so wohnen. Kommen nur mal zum Schlafen vorbei und sind dann gleich wieder weg.« »Eine Schande bei der Aussicht«, sagte Tavares. Pinto trat an seine Seite. Aus dem fünften Stock ging der Blick über die ziegelroten, verschachtelten Dächer hinweg, über einzelne hohe Palmen und hinaus auf den blauen Atlantik. Immerhin: Auf dem großen Balkon standen zwei Sonnenliegen nebeneinander. Sie fingen an, alle Schubladen aufzuziehen, die Schränke zu öffnen. Die Gewissheit kam, als sie ein kleines Zimmer betraten, in dem ein Schreibtisch stand. Das Anschlusskabel war noch da, aber der Computer nicht mehr. »Da ist jemand vor uns hier gewesen.« »Exactamente.« Pinto presste die Lippen aufeinander. Sie mussten trotzdem weitermachen. Er nahm sich die nächste Schublade vor. Nilton Wanderley … Es gab tatsächlich viele, die so aussahen, und Nilton allein wäre ihm sicher nie aufgefallen. Aber er hatte ihn auch nie allein gesehen, sondern immer mit zwei, drei anderen Männern zusammen, alle genauso breit und kräftig, mit den gleichen kahl geschorenen Schädeln. Er hatte sie mehrfach in einer der Strandbars beobachtet und einmal in einem brasilianischen Grillrestaurant – ein paar Typen, die vielleicht im selben Fitnessstudio trainierten. Auch das wäre nicht weiter bemerkenswert gewesen. Was einfach nicht dazu gepasst hatte, war die junge Frau gewesen, die sie bei sich gehabt hatten. Jedes Mal. Sie war es, die Rui Pinto ins Auge gefallen war: eine Schönheit, schmal und zierlich und den Mandelaugen nach mit asiatischem Einschlag. Ihr pechschwarzes, volles Haar war auf Kinnlänge geschnitten, wodurch ihr schlanker Hals noch betont wurde. Ganz allein in der Runde mit diesen Männern hatte sie um so verletzlicher gewirkt. Und immer auch irgendwie traurig und in sich gekehrt. Sie hatte kaum gesprochen, und wenn die Männer an ihrem Tisch auflachten, hatte sie nur scheu gelächelt. Hatte sie Angst vor ihnen? Schon beim ersten Mal hatte Pinto nicht aufhören können, heimlich hinüberzusehen. Beim zweiten Mal war er dann schon ganz sicher gewesen, dass da etwas nicht stimmte. War sie freiwillig mit diesen Typen zusammen? War sie in ihrer Gewalt? Zwangen sie sie zur Prostitution? Sollte er etwas tun? Eingreifen? Sie retten? Seine Freundin hatte ihn schließlich in die Seite geknufft. »He, glaubst du, ich sehe nicht, wen du die ganze Zeit anstarrst?« Er hatte gehofft, hier in der Wohnung einen Hinweis zu finden. Wer war sie? Und wo war sie jetzt? Brauchte sie Hilfe? Einer ihrer Begleiter war gerade auf offener Straße erschossen worden. Pinto schüttelte still den Kopf. Hier war nichts mehr zu holen. Blieben die Telefone. Nilton hatte zwei Mobiltelefone dabeigehabt. Er musste wissen, was darauf gespeichert war. Aber die Telefone waren schon weg. »Die sind längst in der Auswertung«, hieß es. Pinto musste dann noch am Tatort bleiben. Die Zeugenermittlung ging vor. Am späten Nachmittag standen er und Andrade an der Bar des Flash und tranken einen Kaffee. Die verlassene Diskothek war taghell erleuchtet, die Klimaanlage summte in dem kahlen Raum, ab und zu übertönt vom Zischen der Espressomaschine. Es war angenehm kühl hier drinnen nach den fünfunddreißig Grad auf der Straße. »Das ist alles, hm?« Pinto sah sich um, den Kopf in den Nacken gelegt. »Du nimmst eine Lagerhalle, stellst einen Tresen und ein Mischpult rein und fertig. Dann brauchst du nur noch die Musik aufzudrehen und die bunten Lichter anzuknipsen. Die perfekte Maschine zum Gelddrucken.« Er...


Lima, Mario
Mario Lima ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der seit vielen Jahren in Portugal lebt. Mit seiner Frau und drei Katzen wohnt er im grünen Norden des Landes. Dort kümmert er sich auch gern um seine Weinreben und keltert selbst etwas roten Vinho Verde.


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