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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 720 Seiten

Reihe: Die Sturmkämpfer (The Stormcaller)

Lloyd Sturmauge

Roman

E-Book, Deutsch, Band 3, 720 Seiten

Reihe: Die Sturmkämpfer (The Stormcaller)

ISBN: 978-3-641-08779-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der großartige Höhepunkt der »Sturmkämpfer-Saga«
Ein Land voller Magie, entstanden aus den Launen der Götter und zerrissen im Chaos. Nach einem blutigen Krieg kehrt der junge Herrscher Isak Weißauge als Sieger zurück - um erneut von zwei mächtigen Feinden herausgefordert zu werden. Isak hat nur noch eine Chance, das Reich und sein Leben zu retten ...

Tom Lloyd wurde 1979 in Berkshire geboren. Nach einem Studium der Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen in Southampton hat er für diverse Verlage und Literaturagenturen gearbeitet. Seine große Fantasy-Saga der 'Sturmkämpfer' wurde weltweit und in Großbritannien hymnisch gefeierten. Tom LLoyd lebt in Oxford.
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1
Der Abend schlich sich leise heran. Mit der hereinbrechenden Nacht hatte der starke Schneefall aufgehört, und als nun der Himmel das dunkelste Blau annahm, war die Luft vollkommen klar und unbewegt. In allen Richtungen spürte Venn den stillen Wald um sich herum, nur sein eigenes Keuchen und seine Schritte störten die Ruhe. Der eisige Griff der kalten Nachtluft war unnachgiebig  – also trieb er sich an, denn er wusste, dass er die Lichtung erreichen musste, bevor ihm die Kälte den Garaus machte. Zu viele Reisende unterschätzten die Entfernungen und unterlagen ihnen schließlich. Die Vukotic konnten ihren Saljinmann behalten  – der Winter in dieser Gegend war selbst ein Dämon. Endlich erreichte er die Lichtung und blieb wider besseren Wissens am Rand stehen, um stumpfsinnig vor sich hin zu starren. Es war schon Jahre her, dass er sie zum letzten Mal besucht hatte. Das Land selbst schien den Atem anzuhalten, als er auf die Erschütterungen wartete, die seine Rückkehr mitbringen mochte. Dann trat er doch auf die Lichtung, in seinem Schatten aber verbarg er den Untergang seines Volkes. Er bewegte sich zögerlich, von der weiten, stillen Szenerie etwas eingeschüchtert. Wolkenfäden in zartem Rosa, die das letzte Licht des Tages einfingen, bildeten über ihm einen unwirklichen Hintergrund für diesen Ort, den er nie erwartet hatte wiederzusehen. Nur das Knirschen seiner Stiefel auf dem Schnee und das gelegentliche Knarren und Stöhnen der schneebeladenen Äste im Wald waren hinter ihm zu hören. Er zupfte an seinem Bärenfell herum, versuchte es enger um sich zu ziehen, aber das Gewicht seines Schattens erschwerte dies, und so gab er nach zwei Versuchen auf und ließ es am Hals offen stehen. Sein Ziel lag nun sichtbar vor ihm, und das war alles, was zählte. Der Eingang zur Höhle lag nur einige hundert Schritt entfernt. Darauf wuchsen schneebedeckte, kleine Kiefern, die den Großteil der zerfallenen Berge bedeckten. Sie grenzte an eine leichte Anhöhe, die sich meilenweit erstreckte und eines der beiden schiefen Beine des Berges formte, den man den Alten Mann nannte. Nah der Spitze gab es den Schrein für einen vergessenen Gott, der zwar verfallen, aber trotzdem beeindruckend wirkte. Venn erinnerte sich daran, wie er ihn in jugendlicher Neugier einmal besucht hatte. Der Gott, wie er auch geheißen haben mochte, war gebeugt und alt gewesen, wie der kahle Fels, der als sein Andenken diente. Als der Tag der Abrechnung gekommen war, hatte er Ushull nichts entgegenzusetzen gehabt. Venn blieb auf halbem Weg zum Eingang stehen und drehte sich zu dem weiten Feld aus Kiefern um, aus dem immer wieder gewaltige Finstereichen ragten, wie halb eingeschlagene Nägel. Aber bevor er sich der Liebe hingeben konnte, die er schon als Kind für diesen Anblick gehegt hatte, brach Dohles Keuchen den Bann. Venn schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Wenigstens an diesem Tag war ihm der Anblick von Dohles zuckenden Hautbildern und auch der seines ewig geringschätzigen Ausdrucks erspart geblieben, ebenso wie sein unablässiges Plappern. Und dafür war Venn dankbar. Seit sich der frühere Priester mit einem Zauber an Venns Schatten gebunden hatte, hatte er gelernt, seine Kraft nicht mit Beschwerden zu verschwenden. Der Höhleneingang sah noch immer so aus wie an jenem Tag, an dem er sich die Schwerter stolz auf den Rücken geschnallt hatte und mit der weißen Maske, die den Mann darunter verbarg, ins Land hinausgegangen war. Frei stehende Messingkohlebecken zu beiden Seiten der verbreiterten Kluft warfen ein schwaches Licht in das dunkle Innere. Der Geruch von frischem Harz aus prasselnden Kiefernzapfen vermischte sich in der Abendluft mit dem von Weihrauch. Jedes Becken stand auf einem achteckigen Baumstumpf, der mannsdick war und so hoch aufragte, dass sich manche Priester auf die Zehenspitzen stellen mussten, um über den verbeulten Rand zu sehen. Sie waren jahrhundertealt und hatten in dieser Zeit einiges erleiden müssen. Venn erinnerte sich daran, wie enttäuscht er gewesen war, als er die Wahrheit über die verblassten Zeichen auf den Schalen erfahren hatte. Er hatte sie für Beschwörungen in einer geheimen Sprache gehalten, dabei waren es nur Kratzer gewesen, die Auswirkungen des Wetters und Spuren, die der Zahn der Zeit oder achtlose Priester hinterlassen hatten, und Folgen von Stürmen, die sie auf den Steinboden geworfen hatten. Sein Vater hatte über seine Vorstellungskraft gegrummelt und die Stirn krausgezogen, wo andere nur gelacht hätten. War das der erste Schritt auf diesem Weg?, fragte er sich. Diese erste Enttäuschung einer wunderbaren Vorstellung? War das der Tag, an dem ich in meinem Vater etwas anderes erkannte als einen über die Welt erhabenen Diener der Götter? Wo ich einst die Priesterrobe und die Halbmaske aus Obsidiansplittern gesehen habe, befand sich jetzt nur noch ein müder Mann mit lichtem Haar und einem durchdringend pfeifenden Atem, wenn er schlief. »He! He, du!« Venn blieb stehen. Er drehte sich nicht um, denn er wusste, dass der Sprecher in sein Blickfeld treten würde. Er stellte sich als ein Priester mit rundem Gesicht heraus, der Brennholz in den Armen trug. Venn hörte Dohle scharf einatmen. Er war unsichtbar und beinahe körperlos, zumindest so lange, wie er in Venns Windschatten stand. Und doch blieb Dohle ein Feigling. Venn erkannte den Priester trotz des glatten, schwarzen Porzellans, das sein halbes Gesicht bedeckte. Er war etwa in seinem Alter und entstammte auch dem gleichen Clan, so dass sie in der Kindheit zwangsläufig so etwas wie Freunde gewesen waren. Corerr lautete sein Name, ein törichter, fetter kleiner Junge, der dann zu einem verwirrten jungen Priester herangewachsen war, dabei seinen Welpenspeck aber nie verloren hatte. Er wurde noch immer in den Wald geschickt, um Holz für die Feuer in der Höhle zu sammeln, obwohl es sicher jüngere Priester gab, die diese mühselige Arbeit erledigen könnten. »Wer bist du? Was willst du hier?«, rief Corerr, während er zwischen Venn und den Höhleneingang trat. Im schwachen Licht der Becken am Eingang war bereits ein Gesicht aufgetaucht, mit faltigen Wangen und dünnem, strähnigem Haar. Corerr trat einen weiteren Schritt vor und spähte nervös in den Schatten von Venns schneebedeckter Kapuze. Im Zwielicht darunter würde er erkennen können, dass Venn keine Maske trug, aber eine einzelne blutrote Träne aus seinem rechten Auge rollte, so wie sie auch auf den Harlekin-Masken zu finden war. Venn behielt den Höhleneingang im Auge, denn er wusste, dass Corerr zu mehr als Blicken der Mut fehlte. Schließlich erschien ein weiteres Gesicht, diesmal das einer Frau. Sie überragte die erste Gestalt beinahe um einen Kopf. Ihr Mund bewegte sich. Sie sprach leise mit ihrem Gefährten und behielt Venn dabei stets im Auge, der dies zum Anlass nahm, sich plötzlich wieder in Bewegung zu setzen, was Corerr einen erschrockenen Schrei entlockte und ihn beinahe hintenüberfallen ließ. Während sich Venn dem Eingang näherte, erinnerte er sich an die Frau, deren Augen wie polierter Rauchquarz aussahen. Sogar nach so langen Jahren noch gab sie sich wie eine Kriegerkönigin. »Venn ab Teier? Gnädige Götter, bist du es wirklich?«, plapperte Corerr erschrocken los und rappelte sich auf, um neben ihm herzugehen. »Dein Gesicht, deine Kleidung … wo bist du gewesen? Was ist mit dir geschehen?« Venn ging weiter und achtete darauf, die Worte des Mannes mit keiner Regung zu belohnen. Die anderen Priester hatten sich weder bewegt noch etwas gesagt. Der Mann war halb hinter einem Kohlebecken verborgen, als mache er sich bereit, dahinter in Deckung zu gehen. Die Priesterin stand mit vor der Brust gefalteten Händen da, folgte unwillkürlich den frommen Vorgaben, die sie Jahrzehnte zuvor erlernt hatte. Ihr Haar zeigte erste graue Strähnen und in ihren Augenwinkeln fanden sich Krähenfüße, trotzdem wirkte sie wie eine jüngere Frau, deren Herz von der Wildnis ringsum nicht gebrochen worden war. Ihre Halbmaske war mit Obsidian-Splittern bedeckt, so wie die seines Vaters damals, mit dem bedeutenden Unterschied allerdings, dass bei ihrer die Tränenspuren aus Mondstein fehlten, die von hohem Rang zeugten. Er hielt den Atem an und sah ihr gezielt in das rechte Auge, wobei er den glasigen Blick für eine Weile fallen ließ. Er bemerkte ihre Reaktion, die allerdings so unauffällig ausfiel, dass sie vermutlich selbst nichts davon bemerkt hatte – nur jemand, der darauf achtete, würde das Flackern in den Augen erkannt haben. Aber für einen Anhänger Azears reichte es aus. Ehrgeiz an einem solchen Ort … du musst sie so sehr hassen, wie ich es tue. Nach einem Augenblick trat die Priesterin beiseite und machte Venn den Weg in die Höhle frei. Er ging langsam hinein, die Augen starrten ins Leere, während er über die Symbole und Gebete hinwegsah, die auf die groben Steinwände zu beiden Seiten des Durchgangs gemalt waren, und den Abstieg begann. Wieder atmete er die weihrauchgeschwängerte Luft seiner Kindheit ein. Schweigend ging er weiter, fühlte sich, als würde er an einem unsichtbaren Seil eingeholt werden. Er war so darauf bedacht, was für einen Eindruck er vermittelte, dass er ruckartig stehen blieb, als sich der Tunnel vor ihm zu einem gewaltigen Raum öffnete. Seine Augen waren noch immer getrübt, aber aus dem Augenwinkel bemerkte er Bewegungen im matten Licht der Höhle. Er hörte, wie die Priesterin zu ihm aufschloss. Es wäre nicht klug, seinen Herold hinter sich zurückzulassen. Herold … bei diesem Namen musste er an Rojaks raue, pestschwere Stimme denken und ebenso an den letzten, geflüsterten Befehl des Zwielicht-Herolds: »Gib ihnen einen König.« Du hast Recht, Barde....


Wiesler, André
André Wiesler, geboren 1974, machte sich nach seinem literaturwissenschaftlichen Studium einen Namen als Autor von Shadowrun- und DSA-Romanen. Nebenbei arbeitet er, nach einer Karriere als Comedy-Autor für TV-Produktionen wie "RTL-Samstag Nacht", als Übersetzer und leitet als Chefredakteur das Rollenspiel "LodlanD" und das Magazin Envoyer. André Wiesler lebt zusammen mit seiner Frau Janina und dem Labrador-Mischling Lucky in Wuppertal.

Lloyd, Tom
Tom Lloyd wurde 1979 in Berkshire geboren. Nach einem Studium der Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen in Southampton hat er für diverse Verlage und Literaturagenturen gearbeitet. Seine große Fantasy-Saga der "Sturmkämpfer" wurde weltweit und in Großbritannien hymnisch gefeierten. Tom LLoyd lebt in Oxford.


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