Maier | Initiation - Erwachsenwerden in einer unreifen Gesellschaft | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 487 Seiten

Maier Initiation - Erwachsenwerden in einer unreifen Gesellschaft

Band II Heldenreisen

E-Book, Deutsch, 487 Seiten

ISBN: 978-3-7529-7059-3
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Jugendliche wollen erwachsen werden. Doch was bedeutet eigentlich "Erwachsenwerden" und wie soll dies geschehen? Wenn unsere Gesellschaft nicht ein Heer von unreifen Volljährigen haben will, müssen diese Fragen glaubwürdig beantwortet werden.
Märchen und Mythen können uns dabei helfen. Viele Geschichten handeln von sogenannten "Heldenreisen". Jemand verlässt seine bisherige Umgebung, geht alleine in eine andere, unbekannte Welt, kämpft dort mit gefährlichen Drachen oder bösen Mächten und kehrt schließlich wieder mit einem wertvollen Schatz, einer wichtigen Erkenntnis oder einer befreiten Person (Prinzessin) in seine Gemeinschaft zurück. Dabei ist er gereift, mit den Tiefen des Menschseins - mit Licht und Schatten - und nicht selten mit dem Göttlichen selbst in Berührung gekommen.
Dies ist aber exakt die Situation, in der sich auch heute Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsensein psychisch befinden. Wenn sie erwachsen werden wollen, müssen sie ihr Zuhause verlassen und bereit sein, sich mit sich selbst zu konfrontieren. In der Regel ist dies nur möglich, wenn es dabei auch Zeiten echten Alleinseins gibt.
Dies bedeutet aber im Grunde, sich - so wie die Personen in Märchen und Mythen - auf eine Heldenfahrt zu begeben - auf die Heldenreise ihres Lebens. Eine längerer Auslandsaufenthalt, vor allem aber das Ritual der "Visionssuche", enthalten die wichtigsten Elemente einer solchen Heldenreise ins Erwachsensein.
Da es gerade Jungen heute so schwer fällt, erwachsen und eigenständige Männer zu werden, ist der Jungen-Initiation in diesem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet.
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Kapitel 2: Der Mythos der „Heldenreise“
  (1) Begriffsklärung
  Der nach Sigmund Freud wohl bekannteste und bedeutendste Psychologe ist Carl Gustav Jung. Es ist sein Verdienst, dass er im menschlichen Unbewussten neben all den vergessenen persönlichen Erlebnissen aus der Kindheit (das „Persönliche Unbewusste“) auch noch einen wesentlich anderen Aspekt in der menschlichen Psyche erkannt hat: das „Kollektive Unbewusste“. „Die Inhalte des kollektiven Unbewussten ... sind der Niederschlag der Erfahrungen und Erlebnisse der ganzen Menschheit im Laufe ihrer Geschichte – und wahrscheinlich sind die Ordnungen der gesamten Natur in ihnen aufbewahrt.“{13}   Archetypen   Die Inhalte dieses „Kollektiven Unbewussten“ sind somit ererbte menschliche Dispositionen, eine Art von vorgezeichneten Bahnen oder komplexhaften Energieknäuel in der menschlichen Psyche, die C.G. Jung „Archetypen“ (Seelenprägungen) nannte. Diese strukturieren die menschliche Psyche weit mehr als bisher angenommen. Bei den Archetypen handelt es sich somit um eine Art von psychischer Konstellation im Seelengrund aller Menschen, um ein „'ungeheures, unerschöpfliches Material an uraltem Wissen um die tiefsten Zusammenhänge zwischen Gott, Mensch und Kosmos.'“{14} So ist beispielsweise allen Menschen auf der Welt klar, dass eine Schwangere zu schützen ist, einem neugeborenes Kind Achtung und Mitgefühl zu schenken sind, ein Mensch, besonders ein Wehrloser, nicht gefoltert werden darf und dass es etwas „Höheres“, Göttliches gibt. Mag sein, dass immer wieder Menschen davon abweichen, gegen dieses kollektive Ur-Wissen verstoßen oder andere Vorstellungen entwickeln. Aber sie wissen ganz in ihrem Inneren um diese Zusammenhänge. „Die Inhalte des kollektiven Unbewussten sind insofern überpersönlicher Natur, als sie – in variierender Art und Weise – grundsätzliche Menschheitsprobleme oder allgemein menschliche Verhaltensweisen aufzeigen und darzustellen versuchen. Diese kollektiven Ideen und Bilder finden wir in den Mythologien aller Völker und in den verschiedensten religiösen Systemen wieder ... Kollektive Inhalte treten unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten inhaltlich ähnlich auf … das kollektive Unbewusste projizierte sich in das Kulturgut der verschiedenen Völker unabhängig voneinander.“{15}   Der Mythenforscher Joseph Campbell erklärt die Archetypen wie folgt: „Eine Erklärung lautet, dass die menschliche Psyche überall auf der Welt in ihrem Wesen gleich ist. Die Psyche ist die innere Erfahrung des menschlichen Körpers, der bei allen Menschen im wesentlichen gleich ist, die gleichen Organe, die gleichen Instinkte, die gleichen Triebe, die gleichen Konflikte, die gleichen Ängste hat. Aus diesem gemeinsamen Grund sind die Archetypen gekommen, wie Jung sie genannt hat, die gemeinsamen Gedanken der Mythen ... Es (die Archetypen, Anm. d. Verf.) sind Elementargedanken, 'Grundgedanken' könnte man sie auch nennen ... Archetypus des Unbewussten bedeutet, es kommt von unten ... Archetypen haben eine biologische Grundlage ...“{16}   Der Archetyp des „Helden“   Ein solcher Archetyp, eine solche Prägung in der menschlichen Psyche also, ist der vom „Helden“. Was in den Märchen und Mythen in der äußeren Geschichte passiert, ist bei tiefenpsychologischer Deutung der gleichen Erzählung als ein aufregender Prozess in der Seele jedes beliebigen einzelnen Menschen zu verstehen – dargestellt eben mit dem Mittel, mit dem unsere Seele arbeitet: mit ausdrucksstarken mythischen Bildern. Und ein Mythos wiederum ist eine zeitlose Geschichte ohne historischen Hintergrund. Sie hat sich vielleicht noch nie genau so ereignet, wie sie erzählt wird, geschieht aber seit Jahrtausenden in ihrer Grundstruktur hundert- und tausendfach überall auf der Welt und zu jeder Zeit immer wieder neu. Doch zurück zu dem Archetypen des „Helden“ selbst, der besonders in mythologischen Geschichten häufig auftritt. Dazu meint der Psychologe Klaus Harre:  „Solche kollektiven Motive sind z. B. der Held, der in gefährlichem und aufopferndem Kampf eine Reihe von Gefahren zu bewältigen hat, bis er endlich nach großen Mühen einen kostbaren Schatz findet. In mythologischen Bildern wird hier der Weg zur Persönlichkeitsentwicklung aufgezeigt, der beschwerlich und anstrengend ist und durch mancherlei psychische Gefahren hindurchführt. Erst nach mancherlei Auseinandersetzungen kann die kostbare Perle – das Zu-sich-selbst-Kommen, die Persönlichkeitsreifung – aufgefunden werden. Das Ziel dieses Weges wird wiederum in symbolischer Weise kenntlich gemacht: als Perle, aber auch als Rose, als Stern, als Kreis (im Sinne der Vollständigkeit), als Garten, als Gold, als Samenkorn und in vielen anderen Bildern, die alle in unendlicher Variationsbreite die große Kostbarkeit, die gereifte Persönlichkeit, darzustellen versuchen. Sie sind Symbole des Selbst.“{17} Damit ist klar, dass die Persönlichkeitsentwicklung eines Jugendlichen, besonders eines Jungen, genau mit diesem kollektiven Motiv oder Archetypen des „Helden“ ausgedrückt, erklärt, beschrieben  und vollzogen werden kann. Daher ist es nicht verwunderlich, dass vor allem Jungen sich in einem bestimmten Entwicklungsstadium so nachhaltig für Heldengeschichten interessieren. Sie wollen auch ein Held sein und nicht selten eifern sie voll Sehnsucht und Inbrunst solchen tatsächlichen oder vermeintlichen Helden aus der Mythologie (oder aus der heutigen Show- und Sportwelt) nach. In den Helden der jeweiligen Geschichte ist augenscheinlich das nach außen projiziert, was innerlich bei einem Heranwachsenden entwicklungspsychologisch gerade geschieht: Kämpfe zwischen einer dunklen und einer hellen Kraft sind demnach als innere Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen, sich nicht selten widerstrebenden Seelenkräften zu deuten. Erzählungen, in denen das Gute und das Böse sehr leicht zu unterscheiden sind, kommen der inneren Entwicklung von Jugendlichen besonders entgegen und können - bei einer gewissen Identifizierung - Orientierung geben. Dabei geht es in den meisten Geschichten um einen Helden, der eindeutig das Gute vertritt und nach dem Guten, dem Göttlichen, dem Heiligen, dem Wertvollen sucht, dieses einer bösen Macht entreißt, um es danach in Form eines Symbols oder einer wichtigen Botschaft mit nach Hause zu seiner Gemeinschaft zu bringen. Der Philosoph und Gestalttherapeut Paul Rebillot setzte sich intensiv mit den Mythologien verschiedener Kulturen auseinander und entwickelte eine Art Workshop mit dem Titel der sogenannten „Heldenreise“. Darunter versteht er einen intensiven Selbsterfahrungsprozess, der durch Phantasiereisen, Theaterinszenierungen, Körperübungen und andere kreative Techniken ermöglicht oder beschleunigt wird. Für ihn ist der „Held“ ein Teil unserer Persönlichkeit, eine Art Seelenteil, ein Archetyp, ein energetischer Aspekt unseres menschlichen Wesens, den jeder von uns zumindest schlummernd in sich trägt, auch wenn viele Menschen gar nicht um diese ihre innere Qualität zu wissen scheinen. Der Held ist für ihn der „... Teil in uns, der sich verändern möchte, der etwas Neues ausprobieren will ... Der Held ist der Aspekt unserer Persönlichkeit, der 'ja' zum Leben und zum Abenteuer sagt, der Teil, der Ziele setzt und alles daran setzt, diese auch zu erreichen.“{18} Der Autor weist in diesem Zusammenhang noch auf einen zweiten Archetypus hin, der in unserer Psyche fast immer gleichzeitig mit dem Helden zusammen auftritt; es handelt sich um die Seelenfigur des „Dämonen“: „Was passiert in der Regel, wenn wir viel Spaß haben und gut zu uns selbst sind? Gewöhnlich folgt darauf eine Phase der Depression. Und zwar deshalb, weil ein Teil unseres Selbst immer dann, wenn wir gut von uns denken, uns immer wieder einflüstert: 'Du belügst dich, glaub das nicht, du bist eingebildet.' Ich nenne diesen Saboteur den Dämon des Widerstands, der uns immer wieder Steine in den Weg legt, wenn wir uns gut fühlen. Obwohl ich bewusst den Prozess in die beiden Polaritäten Held und Dämon aufspalte, können wir gar nicht anders, als die beiden gleichzeitig zu entwickeln, weil es uns sehr schwer fällt, uns wirklich gut zu finden ohne diese negative Stimme sagen zu hören: 'Bist du sicher? Das kann nicht ewig anhalten. Alle schauen dich an. Du machst einen totalen Idioten aus dir' – usw. Da kommt schon das Material für den Dämon hoch.“{19}    Der Archetyp der „Heldenreise“   Unter dem Begriff der „Heldenreise“ ist demnach die Abenteuergeschichte eines Helden gemeint. Sie ist selbst auch ein Archetyp, das heißt ein Energieanteil in oder eine Prägung unserer Seele. Denn diese will sich entwickeln und ein solcher Seelenprozess entspricht genau einer „Heldenfahrt“ oder „Heldenreise“ im Mythos oder Märchen. Eine Heldenreise ist somit Ausdruck und Sichtbarmachung einer Wachstumsgeschichte in unserem Leben. Damit beschreibt das mythologische Muster der Heldenreise exakt das, was auch bei der Persönlichkeitsentwicklung,...


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