Maier | WalkAway - Jugendliche auf dem Weg zu sich selbst | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 267 Seiten

Maier WalkAway - Jugendliche auf dem Weg zu sich selbst

E-Book, Deutsch, 267 Seiten

ISBN: 978-3-7575-6028-7
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Wie können Jugendliche heute erwachsen werden? Wer kann ihnen dabei helfen? Und was bedeutet es in unserer modernen Gesellschaft überhaupt, erwachsen zu sein? Die indigenen Völker wussten über diese fundamental wichtigen Fragen Bescheid und führten für ihrer Heranwachsenden rechtzeitig geeignete Initiationsrituale in der Natur durch, in denen die Jugendlichen bereits ansatzweise erleben konnten, was das Erwachsensein bedeutet.
Auch unsere Jugendlichen heute brauchen solche Zeremonien, durch die sie die Kindheit verlassen und in die neue Lebensphase des Erwachsenen eintreten können. Für diesen Übergang hat sich das naturpädagogische Ritual des "WalkAway" hervorragend bewährt, durch das Jugendliche entscheidende Impulse zu mehr Selbstvertrauen, Selbständigkeit und Selbstverantwortung auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden bekommen können.
WalkAway bedeutet: Gehe deinen Weg hinaus in die Natur, konfrontiere dich mit dir selbst und finde heraus, wer du bist und was du tun willst! 24 Stunden allein im Wald – ohne Essen, ohne Zelt und ohne Smartphone – sind eine wirkliche Herausforderung für heutige 14- bis 18-jährige Jugendliche und lösen in der Regel wesentliche Grundfragen unseres Menschseins an der Schwelle zur Volljährigkeit aus: Wer bin ich? Woher komme ich? Was soll ich tun? Welche Stärken und Schwächen habe ich? Wie kann ich der Gemeinschaft dienen? Welchen Beruf soll ich einmal ergreifen?
Das Buch macht deutlich, welche bisweilen gefährlichen Folgen das Fehlen geeigneter Übergangsrituale in unserer heutigen Gesellschaft hat. Dagegen kann der WalkAway wichtige und wertvolle Anstöße zur Persönlichkeitsentwicklung und zum Erwachsenwerden geben. Dies zeigen auch die ergreifenden Erfahrungsberichte von zehn Jungen und Mädchen, die sich mutig dieser Zeremonie des WalkAway gestellt haben.
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Aus heutiger Sicht betrachtet, gab es drei Erfahrungen in meinem Leben, die mich zu der Thematik „Persönlichkeitsentwicklung – Initiation – Erwachsenwerden – Initiationsrituale“ hinführten. Doch dies dauerte bis zu meinem 45. Lebensjahr, als ich bereits 18 Jahre lang meinen Beruf als Gymnasiallehrer ausgeübt hatte. Für mich persönlich wurde es zu „dem“ Lebens- und Berufsthema, dessen Anfänge jedoch schon viel früher zu suchen sind.    (1) Unverständlicher Geschwindigkeitsrausch
  Ich stamme aus einer ostbayerischen 800-Seelen-Gemeinde. Da ich als einziger meiner Klasse aufs Gymnasium ging, das 31 Kilometer entfernt lag, verlor ich ab dem 11. Lebensjahr den direkten Kontakt zu meinen Kameraden aus der Volksschulzeit und wurde eher zu einem Beobachter der Geschehnisse, die sich in meinem Dorf ereigneten. Und da fiel vor allem ein bestimmtes Verhalten auf. Denn kaum waren die Jungs 18 geworden, wurden sie von einem unerklärlichen Wahnsinn ergriffen: von einem bis dahin unsichtbaren Geschwindigkeits-Rausch. Fast jeder von ihnen, die alle eine Lehre machten und so schon früh ihr eigenes Geld verdienten, hatte mit 18 seinen Führerschein. Ein eigenes (meist gebrauchtes) Auto oder ein Motorrad stand bereits vor der Tür und dann ging es los. Ein Schulfreund, der sich mit 500 DM einen alten VW-Käfer gekauft hatte, holte genau an seinem 18. Geburtstag den Führerschein vom nahen Landratsamt ab, bestieg anschließend sein Auto und lud voller Stolz noch drei Mädchen zu einer ersten Spritztour ein. Er kam nur vier Kilometer weit. Denn er fuhr zu schnell in eine Kurve, das Auto überschlug sich drei Mal. Alle kamen mit dem Schrecken davon, das Auto war danach unbrauchbar. Mein Kumpel hat daraus gelernt. Später stieg er in die Baufirma seines Vaters ein und wurde ein verantwortungsbewusster Junior-Chef eines Betriebs mit 45 Angestellten. Vier Jungs aus meinem Dorf fuhren jedes Wochenende zu Discos, die bisweilen bis zu 60 Kilometer entfernt waren. In einer Samstagnacht kamen sie gegen 3.00 Uhr früh zurück. Alle waren betrunken, auch der Fahrer. Fast schon hatten sie es nach Hause geschafft. In der zwei Kilometer entfernten Nachbarstadt flog das Auto jedoch quer an eine Hausmauer, als der Fahrer mit 100 Stundenkilometer durch die Ortschaft raste und in einer Kurve die Kontrolle über sein Auto verlor. Alle vier wurden schwer verletzt, der 21-jährige Beifahrer blieb Zeit seines Lebens Invalide. Im Putz der Hausmauer konnte man zur Abschreckung viele Jahre lang die Abdrücke der beiden Reifenfelgen sehen, die sich bei dem seitlichen Aufprall des Autos ins Mauerwerk eingefräst hatten. Genutzt hat es leider nichts. Denn schon ein halbes Jahr später fuhr ein ehemaliger Banknachbar aus der zweiten Grundschulklasse mit 20 Jahren ohne Fremdeinwirkung an einen Baum und war sofort tot. Er war mit viel zu hoher Geschwindigkeit unterwegs und wurde in einem Waldstück aus der Kurve getragen. Beinahe jedes Jahr versammelte sich das ganze Dorf auf dem Friedhof, wenn wieder ein junger Mann zu Grabe getragen werden musste – als „Opfer“ eines Verkehrsunfalls, fast immer als Folge eines unerklärlichen Geschwindigkeitsrausches. Man sagte dann hinter vorgehaltener Hand: „Der hod sie darennt!“{3} Bei den betroffenen Familien jedoch spielten sich jedes Mal Dramen ab. Die Eltern hatten keine Macht mehr über ihre Söhne, die ab 18 nicht mehr zu halten waren und wie die Verrückten Auto oder Motorrad fuhren. Auf unserem Friedhof kann man auf den Grabsteinen über 30 junge Männer finden, die in der Zeit von 1960 bis 1985 auf diese Weise den Verkehrstod gefunden haben. Eine Information kann den Hintergrund jener Zeit erhellen, in der es noch keine Sicherheitsgurte in den Autos gab: 1974 fanden nur in Westdeutschland über 17.400 (!!!) Menschen den Tod auf den Straßen, meist verursacht durch überhöhte Geschwindigkeit und unverantwortliches Fahren. Oft war zudem Alkohol mit im Spiel. Der Anteil junger Fahrer war dabei überdurchschnittlich hoch. Betraf dieses Verhalten nur Jungs aus der Volksschule? Leider nein. Denn bereits sechs Wochen nach dem Abitur 1974 versammelte sich unsere Gymnasiumsklasse am Grab eines Mitschülers. Er war mit seinem Motorrad, angeregt durch den Film „Easy Rider“, zu schnell in die Autobahn-Ausfahrt gerast, hatte in der Kurve die Herrschaft über seine Maschine verloren und war an einen Baum geprallt.  Verstanden habe ich meine Kumpel aus dem Dorf und den Kollegen vom Gymnasium damals nicht. Was suchten sie in dem unsinnigen Geschwindigkeitsrausch? Warum fuhren sie so wild und verantwortungslos und gefährdeten dadurch sich selbst und andere? Warum konnten die Kameraden aus meinem Dorf, in dem jeder jeden kannte, auch immer neue Tote und Verletzte nicht davon abhalten, zu saufen und weiter mit überhöhter Geschwindigkeit zu fahren? Was trieb sie in ihrem Inneren an? All diese Fragen blieben für mich 25 Jahre lang unbeantwortet – bis ich auf die Initiations-Thematik stieß.   (2) Große Schwierigkeiten als Lehrer mit Jungen-Klassen
  Der zweite Grund, warum ich Berührung mit dem Thema „Initiation“ bekam, waren meine eigenen schwierigen Erfahrungen als Gymnasiallehrer – vor allem mit Jungen-dominierten Klassen. Schon in der Ausbildungszeit als Referendar gab es in dieser Hinsicht große Probleme. Zum Beispiel gleich in der ersten Stunde an der neuen Schule im sogenannten „Zweigschul-Einsatz“, als die Jungs in einer 10. Klasse ihr „Autoritäts-Test-Spiel“ mit mir betrieben und sehen wollten, wie ich denn als noch blutjunger Lehrer reagieren würde.   Entmutigender Vorfall in einer 10. Klasse   Immer wenn ich mich zur Tafel umdrehte, um etwas anzuschreiben, flogen Kreiden neben meinen Kopf an die Tafel oder an die Wand – in dieser ersten Stunde insgesamt 30 (!) Stück. Das war ein totaler Schock für mich. Mir war zum Weinen zumute. Erwischt habe ich damals keinen der Kreide-werfenden Schüler. So brutal es klingen mag: Meine Autorität war in dieser Klasse deshalb schon nach dieser ersten Schulstunde bleibend verloren. Das war extrem schmerzlich für mich und ich war nahe dran, den Lehrerberuf hinzuwerfen. Als ich zehn Jahre später mit 37 Jahren die Schule wechselte und wieder in eine zehnte Klasse kam, hatte ich ein schmerzliches Déja-vu-Erlebnis. Auch jetzt versuchten einige Jungen gleich in der ersten Stunde massiv, meine Autorität zu testen – besonders einer, der zunächst seine Füße auf die Bank legte und dann begann, seine Schuhe genüsslich auf- und zuzubinden. Darauf war ich erneut nicht gefasst, da es sonst an der Schule eine ganze Reihe sehr netter Schüler gab. Offensichtlich hielten mich die Jungs in dieser Klasse für einen unerfahrenen Referendar und meinten, mit mir alles machen zu können. Mit Jungen konnte ich damals noch immer nicht wirklich gut umgehen, aber dies wurde mir erst jetzt richtig bewusst, als ich vor dieser Klasse mit 24 Jungs und vier Mädchen stand. Die Jungen suchten Stärke, Coolness, Humor und vor allem Orientierung und Anerkennung durch einen männlichen Lehrer. Sie brauchten also einen „starken“ Lehrer, an dem sie sich reiben konnten und der in der Lage war, ihnen Grenzen zu setzen. Doch was ist ein starker Lehrer?  Offensichtlich strahlte ich diese Stärke (noch immer) nicht aus. Mit den Mädchen an der Münchner Schule zuvor war ich ja gut klargekommen. Die Jungen dieser neuen Klasse suchten jedoch etwas anderes. Sie wollten testen, ob ich ihnen und ihrer geballten Jungen-Energie gewachsen war. Ich aber war verunsichert, weil durch den Schulwechsel alles so neu für mich war. Ich kannte mich an dieser Schule noch nicht aus und hatte auf das Verständnis und das Wohlwollen der Schüler gehofft – eine große Illusion, wie sich jetzt herausstellte. Denn die Jungen in den Klassen waren bedürftig nach männlicher Energie. Sie suchten Zuwendung, Klarheit und Kraft, um sich an mir als einer Art von männlicher Bezugsperson auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden reiben und orientieren zu können. Es war ihnen egal, woher ich kam und was ich fühlte. Sie hatten kein Verständnis für mein eigenes, mir selbst noch unbewusstes unterschwelliges Bedürfnis nach Zuwendung und Mitgefühl und für meine momentane Lage als neuer Lehrer an ihrer Schule. Und sie spürten instinktiv, dass ich Angst vor ihnen hatte. Ja, ich hatte wieder Angst, große Angst sogar.   Veränderte Reaktion   Aus heutiger Sicht würde ich die damalige Situation so deuten: Die Jungen in der Klasse und ich waren in eine Art von Konkurrenz bezüglich unserer Bedürfnisse geraten, die doch sehr ähnlich waren: Beide Seiten wollten Anerkennung, Zuwendung, Verständnis.{4} Heute kann ich die Jungs verstehen. Damals jedoch, 1991, war ich so gekränkt und enttäuscht über das Verhalten einiger der Schüler und zugleich so zuwendungs- und anerkennungsbedürftig, dass ich mich zur Tafel umdrehen und losheulen wollte. Warum akzeptierten mich die Jungen nicht einfach so, wie ich war? Warum nur führte sich der eine Schüler so schlimm auf? Meine Autorität als Lehrer stand erneut total auf dem Spiel. Ich durfte mir das Verhalten des auffälligen, unverschämten Jungen auf keinen Fall bieten lassen, sonst würde ich mich vor der ganzen Klasse lächerlich machen und schon von Anfang an erneut jede Autorität verlieren. Was sollte ich tun? Die Erinnerung an die erste Stunde in der Jungenklasse als Referendar zehn Jahre zuvor kam mir nun in den Sinn. Gott sei Dank! Denn jetzt stieg ein rettender Impuls aus meinem Inneren...


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