Mertens | Psychoanalytische Schulen im Gespräch, Band 1 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 311 Seiten

Mertens Psychoanalytische Schulen im Gespräch, Band 1

Strukturtheorie, Ichpsychologie und moderne Konflikttheorie

E-Book, Deutsch, 311 Seiten

ISBN: 978-3-456-94863-8
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Welche Theorien und Methoden der psychoanalytischen Behandlungstechnik sind heute noch maßgeblich? Im Zeitalter einer pluralistischen Psychoanalyse wird der systematische Vergleich der verschiedenen Richtungen besonders wichtig. Worin unterscheiden sich k
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Zielgruppe


Psychologen, Psychiater, Psychoanalytiker, Studierende der Psychologie


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Inhalt;6
2;Dank;8
3;Einleitung;10
4;1 Topographisches, prästrukturelles oder triebpsychologisches Modell – Der frühe Freud (1900–1923);30
4.1;1.1 Charakterisierung:;30
4.2;1.2 Tabellarischer Überblick;36
4.3;1.3 Diskussion (Gesprächsrunde);43
5;2 Instanzen- oder Struktur-Modell – Der späte Freud (ab 1923);86
5.1;2.1 Charakterisierung;86
5.2;2.2 Tabellarischer Überblick;89
5.3;2.3 Diskussion (Gesprächsrunde);93
6;3 Ichpsychologisches Modell – Hartmann, Kris und Loewenstein/Rapaport;114
6.1;3.1 Charakterisierung;114
6.2;3.2 Tabellarischer Überblick;118
6.3;3.3 Diskussion (Gesprächsrunde);122
7;4 Post-Ichpsychologie I – Jacob Arlow, Charles Brenner;138
7.1;4.1 Charakterisierung;138
7.2;4.2 Tabellarischer Überblick;141
7.3;4.3 Diskussion;145
8;5 Post-Ichpsychologie II – Gray, Busch;174
8.1;5.1 Charakterisierung;174
8.2;5.2 Tabellarischer Überblick;180
8.3;5.3 Diskussion (Gesprächsrunde);185
9;Literatur;294


"5 Post-Ichpsychologie II – Gray, Busch (S. 173.-174)

5.1 Charakterisierung

Neben dem einflussreichen post-ichpsychologischen Charles Brenner gibt es in den USA, der einstigen Hochburg der Ichpsychologie, noch zwei Post-Ichpsychologen, die sich programmatisch deutlich von Brenner unterscheiden: Paul Gray (1928–2003) und Fred Busch. Sie haben als Dozenten in psychoanalytischen Ausbildungsinstituten über einen Zeitraum von über 25 Jahren ihre Lehren verbreitet, in Büchern, psychoanalytischen Journalen und Vorträgen auch einem internationalen Publikum vorgestellt. Bekannte Psychoanalytiker, wie z. B. Leon Wurmser, bezeichnen Gray als ihren wichtigsten Lehrer.

Bekannt wurden vor allem die Auffassung von Paul Gray über einen «developmental lag» der psychoanalytischen Behandlungspraxis gegenüber der strukturtheoretischen Weiterentwicklung und Fred Buschs Konzept der konsequenten Deutung «in the neighbourhood», womit er an Freuds Ideen von «in der Nähe» anknüpft. Beide Autoren vertreten eine konsequente Widerstandsanalyse, bei der sie das Konzept des Ich-Widerstands beim Wort nehmen, indem sie dessen Genese differenziert verfolgen, die bewusst zugänglichen Prozesse hinsichtlich der Mikrogenese widerständigen Verhaltens thematisieren und den Patienten zum kompetenten Mitarbeiter machen.

Den anderen Richtungen, wie z. B. den objektbeziehungstheoretischen und der intersubjektiven, machen sie zum Vorwurf, in ihrem behandlungstechnischen Vorgehen im Sinne des «developmental lag» am überholten topographischen Konzept festzuhalten und sich die Konsequenzen des Strukturmodells sowie der Revision der Angsttheorie nicht ausreichend deutlich gemacht und in ihr jeweiliges behandlungstechnisches Vorgehen integriert zu haben, ohne sich jedoch dessen bewusst zu sein.

Deshalb legen sie großen Wert darauf, den Patienten für eine «analytische Partnerschaft» zu gewinnen, die es ihm ermöglicht, unbewusste Widerstände selbstständig zu entdecken und zu untersuchen, um damit auch die Fähigkeit für eine gute Selbstanalyse während, aber auch nach der Behandlung zu erwerben. Gray und Busch distanzieren sich aus diesem Grund von der – in anderen Richtungen bevorzugten – Deutung unbewusster Inhalte, wozu auch Übertragungsdeutungen gehören, die das Ich des Patienten überraschen.

Dies stelle ein Relikt der topographischen Theorie Freuds dar, die den strukturtheoretischen Erkenntnissen sowie den neueren Befunden vom Wirken unbewusster Abwehrvorgänge nicht mehr angemessen ist. Sie kritisieren an den anderen Richtungen auch, dass deren Vertreter aufgrund des «developmental lag» Widerstände nur ungenügend analysieren, weil sie sich darauf verlassen, diese kraft der übertragungsbedingten Autorität, die ihnen zugeschrieben wird, beim Patienten auflösen zu können.

Damit aber werde der Widerstand lediglich per Suggestion umgangen, und Freuds Erkenntnisse würden 85 Jahre nach der Einführung der Strukturtheorie immer noch nicht konsequent umgesetzt. Gray, der vor allem an die Pionierarbeit von Anna Freud (1936), aber auch an Otto Fenichel (1941), anknüpfte, arbeitete die behandlungsmethodischen Konsequenzen von Freuds Strukturtheorie am konsequentesten aus. Gleichwohl erfuhr sein Ansatz ebenso wie ein halbes Jahrhundert zuvor Anna Freuds revolutionäre Thesen zur Analyse der Abwehrvorgänge nicht die gebührende Aufmerksamkeit, von Ausnahmen wie z. B. Wurmser, Busch, Goldberger u. a. abgesehen."


Wolfgang Mertens ist Professor für Psychoanalyse am Klinischen Institut für Psychologie und Pädagogik an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Er ist Lehranalytiker und Supervisor an der Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie in München.


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