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E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Moukheiber Fake Brain

Warum unser Gehirn uns Streiche spielt und wie wir es überlisten können - Die neuesten Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-641-26177-1
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ist das alles wahr? Halbwahrheiten, Fake News und Phobien - tagtäglich fallen wir auf Halbwahrheiten rein, die unser Gehirn uns vorspielt. Eigentlich will es uns mit dem Ausblenden unangenehmer Wahrheiten nur schützen und das Leben erleichtern, doch in Zeiten der permanent auf uns einströmenden Informationsflut geht diese Rechnung nicht immer auf. Denn so sehen wir nicht die realen Fakten, sondern kürzen unsere Denkwege ab und tappen immer wieder in kleine Fallen und Fettnäpfchen. In »Fake Brain« zeigt Dr. Albert Moukheiber uns unterhaltsam und mit zahlreichen Beispielen aus dem Alltag, wann uns unser Gehirn an der Nase herumführt und wie wir das vermeiden können. So lernen wir, die Welt wahrzunehmen, wie sie wirklich ist, und erfahren alles über die Funktionsweisen des Gehirns mit den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaft.

Albert Moukheiber ist Doktor der kognitiven Neurowissenschaft, klinischer Psychologe und forscht und lehrt an der Universität Paris - und das mit Ende Dreißig. Er kennt sich nicht nur mit Zaubertricks und Fake News, sondern auch mit Realitätswahrnehmung und Neurologie aus.
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Indem Sie die obere oder untere Version einige Sekunden lang ansehen, können Sie Ihre Wahrnehmung des mittleren Bildes nun beliebig verändern. Konzentrieren Sie sich nun wieder auf die ursprüngliche Version: Da Sie nun die beiden möglichen Varianten kennen, können Sie Ihre Perspektive mit Leichtigkeit mental verändern und die dargestellte Person von vorne sehen, von hinten, von oben, von unten, ohne dass Sie erneut die Versionen (a) und (b) dieses Bildes betrachten müssen. Kommen wir nun zu den Einzelheiten dieser Illusion, um zu verstehen, wie dieses Bild auf das menschliche Gehirn einwirkt: Die Bilder (a) und (b) sind eindeutige, stabile Versionen des ursprünglichen Bildes. Man kann sie jeweils nur auf eine Weise deuten. Im Gegensatz dazu ist das ursprüngliche Bild mehrdeutig, weil es mehrere Sichtweisen zulässt – in diesem Fall zwei. Die mittlere Darstellung ist also ein bistabiles Bild. Deshalb stehen unserem Gehirn nicht genügend Informationen zur Verfügung, um die Mehrdeutigkeit aufzulösen und die Verhältnisse auf eine einzige einheitliche Weise zu interpretieren. Wenn Sie hingegen für einige Sekunden auf eine der beiden stabilen Versionen des Ausgangsbildes blicken, also auf Bild (a) oder Bild (b), wird Ihr Gehirn von vornherein ein eindeutiges Bild erzeugen. Und wenn Sie dann das bistabile Bild erneut betrachten, werden Sie dessen Mehrdeutigkeit reduzieren und in der schwarzen Silhouette entweder eine Person von vorne (a) oder eine Person von hinten (b) erkennen. Das Gehirn muss die aus der Außenwelt gesendeten Signale interpretieren, um sich daraus eine kohärente und stabile Darstellung zu erschaffen. Das nennt man Komplexitätsreduktion: Sobald dem Gehirn durch mehrdeutige Bilder (bistabil oder multistabil) die Stabilität verweigert wird, trifft es eine Wahl zwischen den verschiedenen Optionen, die das Bild tatsächlich enthält. Stellen Sie sich nun vor, Sie betrachten diesmal das erste Bild, also das bistabile, gemeinsam mit einem Freund. Keiner von Ihnen hat vorher die stabilen Versionen des Bildes gesehen. Jeder von Ihnen verringert die Mehrdeutigkeit auf seine eigene Weise: Ihnen erscheint die Figur vielleicht von hinten, während Ihr Freund sie von vorne sieht. Sie betrachten zwar beide das gleiche Bild, aber Sie sehen zwei verschiedene Dinge. Wenn Sie darüber sprechen, werden Sie einander nicht verstehen, weil Ihre Wahrnehmung nicht dieselbe ist, und doch ist jeder von Ihnen der festen Überzeugung, das Bild so zu sehen, wie es wirklich ist. Sie können nicht einmal sehen, was der andere sieht. Eine bistabile Illusion machte 2015 von sich reden. Sie wurde in den sozialen Netzwerken verbreitet und warf die Frage auf, ob wir wirklich alle in derselben Welt leben. Eine Tumbler-Nutzerin namens »Swiked« hatte das Foto eines Kleides mit Spitzeneinsätzen und dem folgenden Kommentar gepostet: »Leute, helft mir: Ist dieses Kleid weiß und gold oder blau und schwarz? Meine Freunde und ich können uns nicht einigen, und das lässt uns total ausrasten.« Daraufhin ging das Bild im Internet viral; die ganze Welt war gespalten und hat mehrere Tage lang über die Farbe des Kleides diskutiert! Wenn Sie damals bei der Debatte dabei waren, haben Sie vielleicht gedacht, dass die Hälfte der Leute, die das Kleid nicht in der gleichen Farbe sahen wie Sie, unrecht hätte. Aber jetzt verstehen Sie, dass keine der beiden Gruppen recht oder unrecht hatte; es gab schlicht und einfach zwei Möglichkeiten für das menschliche Gehirn, diese Mehrdeutigkeit zu reduzieren. Diese beiden Beispiele bistabiler Illusionen zeigen uns, dass der Mensch dazu neigt, seiner Wahrnehmung blind zu vertrauen. Dabei geht er so weit, zu denken, die ganze Welt würde diese Wahrnehmung teilen. Wenn das Gehirn die Reize, die die Welt aussendet, filtert, verarbeitet und interpretiert, entwickelt es eine umfassende Sicht auf die Welt: Es stellt unablässig, und ohne dass wir es merken, Mutmaßungen darüber an, wie diese Welt funktioniert. Ständig ist es dabei, die Mehrdeutigkeit zu reduzieren – und das nicht nur im Falle von bistabilen Illusionen –, um uns eine stabile und kohärente Welt zu präsentieren. In unserem Sichtfeld befindet sich an der Stelle, an der die Sehnerven aus der Netzhaut ins Gehirn führen, ein »blinder Fleck«. Dieser Punkt enthält keine Lichtrezeptoren, im Gegensatz zum Rest der Netzhaut. Wir können also davon ausgehen, dass es ein »Loch« in unserem Sichtfeld geben muss, in dem das Licht nicht von der Netzhaut aufgenommen wird. Dennoch ist unser Gesichtsfeld jeden Tag vollständig, weil wir zwei Augen haben. Wären wir einäugig oder würden ein Auge einfach geschlossen halten, sähe das alles ganz anders aus. Schließen Sie nun Ihr linkes Auge, und schauen Sie im Bild unten mit dem rechten Auge auf das Kreuz. Halten Sie Ihr Gesicht dabei auf Höhe der Seitenmitte. Führen Sie die Seite nun langsam näher an Ihr Gesicht heran. Auf einmal – wenn die Seite ungefähr 25 Zentimeter von Ihrem Auge entfernt ist – verschwindet der schwarze Punkt rechts vom Kreuz. Der Grund: Der Punkt befindet sich genau über dem blinden Fleck Ihrer Netzhaut, und Ihr Gehirn sieht daher die ganze Stelle als weiß an. Es liefert uns also eine falsche Interpretation der Wirklichkeit. Machen Sie nun die gleiche Erfahrung mit diesem Bild: Sobald der schwarze Punkt auf Ihren blinden Fleck fällt, sehen Sie den grauen Balken so, als wäre er nicht unterbrochen. Ihr Gehirn sieht grau vor und nach dem Punkt: Also füllt es die Lücke auf die gleiche Weise grau aus. Was diese Zauberei uns lehrt
Diese Zaubertricks faszinieren uns. Sie sind universell, weil sie mit den Mechanismen unseres Gehirns spielen, vor allem auch mit dem Mechanismus, den wir gerade erklärt haben: der Reduzierung der Mehrdeutigkeit. Dies ist beispielsweise der Fall bei folgendem Münzentrick: Der Zauberer hält eine Münze zwischen Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand und legt sie langsam in seine linke Handfläche, bevor er die Faust schließt, die er dann auf Sie richtet und Sie bittet, darauf zu pusten. Dann öffnet er mit großer Geste diese Hand: Die Münze ist verschwunden wie durch Zauberei! Das ist aber noch nicht alles: Er lässt die Münze nun hinter Ihrem Ohr oder in Ihrer Tasche wieder auftauchen! Tatsächlich wurde die Münze aber nie in seine linke Hand gelegt. Der Zauberer hat das gemacht, was man als »palming« bezeichnet (vom Englischen palm für Handfläche): Er tut so, als würde er die Münze in seiner linken Handfläche ablegen, während er sie tatsächlich in seiner rechten Hand behält. Das geschieht alles sehr langsam, weil der Zauberer nicht unsere Augen täuschen will, sondern das Gehirn und dessen logische Interpretation des beobachteten Vorgangs. Der Mensch ist auf seine Wahrnehmung der Welt angewiesen: Er denkt, dass er gesehen hat, wie die Münze von einer Hand zur anderen gewandert ist, und so wird er nicht verstehen, wie sie hinter seinem Ohr wieder auftauchen kann. Für ihn liegt daher eine Unterbrechung innerhalb des Ablaufs vor, etwas Unwirkliches ist gerade passiert, und das bezeichnet er als »Zauberei«. Wenn wir wach sind, stellt unser Gehirn ununterbrochen Annahmen über die Realität an, interpretiert sie und füllt die Leerstellen aus. Das tut es von klein auf und ohne unser Wissen. Der Tisch, an dem wir essen – egal, aus welchem Blickwinkel wir ihn auch sehen und wie die Lichtverhältnisse im Raum sind –, bleibt immer derselbe Tisch. Ebenso wissen wir, dass sich ein Gegenstand nicht von selbst bewegt, wenn wir ihn an einem bestimmten Ort abstellen. Das ist das Prinzip der Beständigkeit von Objekten. Dank dieser konstanten Interpretation und Wiederzusammensetzung der Wirklichkeit, die aber zwangsläufig immer nur teilweise funktioniert, scheint die Wirklichkeit so real zu sein, dass Gegenstände uns fest und unbeweglich vorkommen. Deshalb wurden wir auch durch den Trick mit der Münze getäuscht. Weil sie wissen wollten, aufgrund welcher psychischen Mechanismen ihre Zaubertricks die Menschen täuschen konnten, haben sich mehrere Taschenspieler mit Neurowissenschaftlern zusammengetan. Der Magier Teller, einer der größten unserer Zeit, hat beispielsweise einen Artikel über den Zusammenhang zwischen Zauberei und der menschlichen Weltwahrnehmung mitverfasst, der in der Zeitschrift Nature erschien.1 Teller geht von dem berühmten Zaubertrick mit den Bechern und den Kugeln aus: Vor dem Zuschauer befinden sich drei Becher sowie Kugeln, die der Zauberer »verschwinden« beziehungsweise »wie durch Zauberhand« von einem Becher in den anderen wandern lässt. Teller erzählt, dass er eines Tages, kurz bevor er auf die Bühne ging, bemerkte, dass er seine Kugeln und Becher zu Hause vergessen hatte. Also musste er stattdessen nehmen, was er in seiner Garderobe fand: durchsichtige Becher und Papiertaschentücher, die er zu Kugeln formte. Obwohl er befürchtete, das Publikum würde die einzelnen Schritte seines Zaubertricks nun ohne Weiteres durchschauen, wirkten die Zuschauer laut Teller noch verblüffter als sonst. »Alle Leute im Publikum konnten sehen, was ich tue, und trotzdem schaffte ihr Gehirn es nicht, es auch zu verstehen«, sagte er in einem Interview mit der Zeitschrift Wired.2 Eine berühmte Redewendung besagt, dass »wir die Welt nicht so sehen, wie sie ist, sondern so wie wir sind«. Eine tiefe Wahrheit, die von der Kognitionswissenschaft heute bestätigt wird: Die Welt sendet uns ständig eine Vielzahl von Signalen; wir reduzieren ihre Mehrdeutigkeit, indem wir das sehen, was wir sehen wollen. So...


Moukheiber, Albert
Albert Moukheiber ist Doktor der kognitiven Neurowissenschaft, klinischer Psychologe und forscht und lehrt an der Universität Paris – und das mit Ende Dreißig. Er kennt sich nicht nur mit Zaubertricks und Fake News, sondern auch mit Realitätswahrnehmung und Neurologie aus.


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