Müller / Siebert / Ehlers | Sozialarbeiterisches Case Management | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 270 Seiten

Müller / Siebert / Ehlers Sozialarbeiterisches Case Management

Ein Lehr- und Praxisbuch

E-Book, Deutsch, 270 Seiten

ISBN: 978-3-17-037272-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Case Management ist ein zentrales Handlungskonzept der Sozialen Arbeit. Es ist jedoch nicht geklärt, was Sozialarbeiterisches Case Management z.B. im Vergleich zu Case Management in der Pflege ausmacht. Das Buch löst daher Case Management aus dem professionsübergreifenden Diskurs, bettet es in den Fachdiskurs der Sozialen Arbeit ein und nimmt dabei auch die Praxis in den Blick. Auf diese Weise schließt es eine Lücke in der Fachdiskussion. Es umreißt die Konturen des Sozialarbeiterischen Case Managements und wendet sie auf verschiedene Arbeitsfelder Sozialer Arbeit an. Das Lehr- und Praxisbuch bietet so Studierenden und Fachkräften Orientierung im Fachdiskurs und konkretes Handlungswissen für die Soziale Arbeit in verschiedenen Feldern.
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1 Einleitung
In diesem Herausgeber:innenband finden Sie bezogen auf verschiedene Arbeitsfelder für die praktische Arbeit und Lehre des Case Managements (CM) relevante Wissensbestände Sozialer Arbeit systematisch erfasst und arbeitsfeldbezogen aufbereitet. Das Konzept des Buches wurde mit dem Ziel entwickelt, Studierenden, Praktiker:innen und Wissenschaftler:innen stärker als bisher eine sozialarbeitswissenschaftlich Fundierung des CM zur Verfügung zu stellen. Das in diesem Anliegen entwickelte Modell des Sozialarbeiterischen CM (? Kap. 2) ist basierend auf den Überlegungen der Fachgruppe »Case Management in der Sozialen Arbeit« der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management (DGCC) und der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA)1 von uns Herausgeber:innen diskursiv weiterentwickelt worden. Das Modell des Sozialarbeiterischen CM unterscheidet sich von einem generalistischen CM-Verständnis dahingehend, dass es die Wissenschaft der Sozialen Arbeit dem Handlungskonzept CM überordnet und damit die Wissensbestände der Wissenschaft Sozialer Arbeit bestimmen, wie das CM fachlich ausgestaltet werden soll (vgl. M. Müller 2018, 337). »Ein generalistisches Case Management ist aus Sicht der Sozialen Arbeit zu problematisieren, weil es nicht den Theorien der Sozialarbeitswissenschaft untergeordnet, sondern als ein von Disziplinen unabhängiges Verfahren verstanden wird. Damit ist das Verfahren der Referenzpunkt und weder die Disziplin noch die Profession dienen durch ihre Expertise als Rahmung des Case Managements« (M. Müller 2018, 336?ff). »Die Bedeutung der Sozialarbeitswissenschaft liegt [...] darin, dass nicht die Methoden oder Arbeitsverfahren, also hier das Case Management, die Problembearbeitung bestimmen, sondern die sozialen Probleme als Gegenstand und die Theorien der Sozialen Arbeit vorgeben, welche Vorgehensweise sinnvollerweise eingesetzt werden können« (Neuffer 2013a, 8). Das Modell des Sozialarbeiterischen CM (? Kap. 2) dient den Arbeitsfeldbeiträgen dieses Herausgeber:innenbandes als orientierender Rahmen und strukturiert sie in ihrem Aufbau weitestgehend. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit im CM ist unerlässlich. Sie benötigt aber auch eine konturierte Verortung in der eigenen Disziplin und Profession (z.?B. der Sozialen Arbeit). Erst so wird klar, was die jeweilige Disziplin und Profession in der interdisziplinären Bearbeitung von Problemen überhaupt an Expertise bereitstellen kann. Die Disziplinen und Professionen, die das CM umsetzen, erzeugen, wenn man die Wissenschaft (z.?B. die Wissenschaft Sozialer Arbeit, die Pflegewissenschaft) dem Handlungskonzept CM überordnet, notwendigerweise unterschiedliche disziplinär und professionell geprägte CM-Ansätze. Interdisziplinarität und -professionalität kann unseres Erachtens daher nur dann gut gelingen, wenn die zusammenarbeitenden Disziplinen und Professionen ihre eigenen theoretischen Grundlagen und Bezüge kennen und benennen können. Gerade dafür soll das hier vorliegende Buch Studierenden und Praktiker:innen Sozialer Arbeit eine Unterstützung sein. Darüber hinaus erfordert das CM ein Verständnis darüber, wie zwischen den verschiedenen Disziplinen und Professionen Übergangswissen hergestellt werden kann, um die unterschiedlichen disziplinären und professionellen Wissensdomänen für die Nutzer:innen produktiv zu verbinden. Vor diesem Hintergrund klärt Matthias Müller in seinem Beitrag »Transdisziplinarität und Sozialarbeiterisches Case Management« (? Kap. 3) die Frage, was ein transdisziplinär verstandenes Sozialarbeiterisches CM in der Kooperation mit anderen Disziplinen und Professionen charakterisiert. Die US-amerikanische Fachgesellschaft der Sozialen Arbeit, die National Association of Social Work (NASW), beschreibt 1992 umfassend, was ein Sozialarbeiterisches CM ausmacht. Sie betont die Berücksichtigung von bio-psycho-sozialen Aspekten sowie eine enge Beziehungsarbeit, die ein Sozialarbeiterisches CM charakterisiert. Zudem wird die systemische Vorgehensweise auf der Fall- und Systemebene hervorgehoben. Die NASW unterscheidet Sozialarbeiterisches CM von anderen Programmen, die eher mit einem bestimmten System- oder Organisationsbezug agieren, wie es bspw. im Entlassmanagement oder dem beschäftigungsorientierten Fallmanagement erfolgt. Mit den NASW-Standards von 2013 (vgl. NASW 2013, 13) gilt nun in Anlehnung an Barker (2003) folgende Definition von Sozialarbeiterischem CM2: Ein Verfahren zur Planung, Erkundung, Befürwortung und Überprüfung von Dienstleistungen verschiedener Sozial- oder Gesundheitseinrichtungen im Namen eines:einer Klient:in. Der Prozess ermöglicht es Sozialarbeiter:innen in einer Organisation oder in verschiedenen Organisationen, ihre Bemühungen zur Betreuung eines:einer bestimmten Klient:in durch professionelle Teamarbeit zu koordinieren und so das Angebot an benötigten Dienstleistungen zu erweitern. CM begrenzt Probleme, die sich aus der Zersplitterung der Dienstleistungen, der Personalfluktuation und der unzureichenden Koordination zwischen den Anbietern ergeben. CM kann innerhalb einer einzelnen, großen Organisation oder innerhalb eines kommunalen Netzwerkes stattfinden, das die Dienstleistungen zwischen den verschiedenen Einrichtungen koordiniert. Weiterhin werden in den NASW-Standards von 2013 in Anlehnung an die berufsethischen Prinzipien der Sozialen Arbeit (vgl. ebd., 19?ff) ethische Ausrichtungen des Sozialarbeiterischen CM beschrieben, Qualifikationen (vgl. ebd., 22?ff) und Wissensbestände (vgl. ebd. 24?ff) sowie die Arbeitsphasen (vgl. ebd. 30?ff) und die unterschiedlichen Rollen (vgl. ebd., 38?ff) dargestellt. Für den deutschsprachigen Raum sind in dem hier entwickelten Verständnis des Sozialarbeiterischen CM die berufsethischen Prinzipien der Sozialen Arbeit normativ bindend (vgl. DBSH 2014). Für das CM hat die Deutsche Gesellschaft für Care und Case Management (DGCC) »Case Management Leitlinien« (2020b) als Rahmenempfehlungen für die Umsetzung herausgegeben. In diesem Zusammenhang wurden auch ethische Grundlagen formuliert (vgl. DGCC 2020b, 37?ff). Von der Österreichischen Gesellschaft für Soziale Arbeit (ogsa) wurde 2019 das Positionspapier »Standards für Social Work Case Management« veröffentlicht. Die Standards erheben als erste deutschsprachige Publikation einen normativen Anspruch für die Umsetzung eines Sozialarbeiterischen CM und sollen Fachkräften eine Grundlage für ihr professionelles Handeln bieten. Ziel ist es, fachliches Vorgehen sozialarbeiterisch zu begründen und Fachkräften sowie Organisationen bei der Umsetzung von Sozialarbeiterischem CM in den Arbeitsfeldern zu unterstützen. Die vorangehenden Definitionen und Ausführungen aufgreifend möchten wir zusammenfassend Sozialarbeiterisches CM wie folgt beschreiben: Sozialarbeiterisches CM ist ein Handlungskonzept, das basierend auf den Theorien und den Forschungsergebnissen Sozialer Arbeit einen systematischen Prozess für die Arbeit mit Personen in komplexen Problemlagen bietet. Ziel ist es, passgenaue Unterstützung zu bieten, die dem Bedarf und Bedürfnissen von Personen entsprechen. Ein Sozialarbeiterisches CM zeichnet sich durch eine enge Beziehungsarbeit auf der Fallebene (Mikro-?, Mesoebene) und ein vernetztes Handeln auf der Systemebene (Meso-?, Makroebene) aus (? Tab. 2.1). Deutlich wird in den internationalen Entwicklungen, dass das Verständnis der Beziehungsarbeit sich in den letzten hundert Jahren in der Sozialen Arbeit verändert hat. Verstanden sich am Anfang des 20. Jahrhunderts Sozialarbeiter:innen als fürsorgende Helfer:innen, wurde in den 1970er und 1980er Jahren der therapeutischen Beziehung mehr Bedeutung beigemessen. Mittlerweile wird eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, in der Sozialarbeiter:innen auf gleicher Augenhöhe mit den Adressat:innen arbeiten, in den Vordergrund gestellt (vgl. Herman 2013). Die Beziehungsarbeit steht als ein zentrales Moment eines Sozialarbeiterischen CM immer wieder zur Diskussion und begegnet uns besonders in Gesprächen mit Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen der Sozialen Arbeit. Das Thema Beziehung im Sozialarbeiterischen CM auf der Fall- und (Versorgungs-)?Systemebene arbeiten Karin Goger und Christian Thordy in ihrem Beitrag »Beziehungsarbeit im Sozialarbeiterischen Case Management« (? Kap. 4) differenziert aus. An die zuvor genannt und grundlegend zu verstehenden Beiträge dieses Herausgeber:innenwerks schließen sich die Arbeitsfeldbeiträge zum Sozialarbeiterischen CM an. Sie folgen in ihrem Aufbau dem im ersten Beitrag differenziert dargestellten Modell des Sozialarbeiterischen CM (? Kap. 2). Mit den verschiedenen Arbeitsfeldbeiträgen wird nicht der Anspruch erhoben, einen umfassenden systematischen handlungswissenschaftlichen Wissenskorpus, wie ihn Sommerfeld für die »Klinische Soziale Arbeit und Psychiatrie« (2016) vorgelegt hat, zu entfalten. Ziel ist es vielmehr – angelehnt an die Sommerfeld'schen Systematisierungsvorschläge – gut begründete Zusammenhänge und Befunde für die jeweiligen Sozialarbeiterischen CM-Ansätze in den verschiedenen...


Prof. Dr. Matthias Müller lehrt Soziale Arbeit und Hilfen zur Erziehung an der Hochschule Neubrandenburg. Prof. Dr. Annerose Siebert lehrt Sozialarbeitswissenschaft an der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Prof. Dr. Corinna Ehlers lehrt Methoden der Soziale Arbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim.


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