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E-Book, Deutsch, Band Band 015, 357 Seiten

Reihe: Historische Semantik

Münkler Narrative Ambiguität

Die Faustbücher des 16. bis 18. Jahrhunderts

E-Book, Deutsch, Band Band 015, 357 Seiten

Reihe: Historische Semantik

ISBN: 978-3-647-36714-9
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: Kein



This book studies the transformations of the figure of Faust found in the Faust books dating from the 16th to the early 18th century, which laid the foundation for the literary fame of the figure of Faust as the devil’s confederate.The figure of Faust was repeatedly reworked in many texts of this era, undergoing a considerable transformation in the process. At the center of the discussion in this volume lie the themes of curiositas and audacity, fear of damnation and an anguished conscience, melancholy and despair.Of particular interest are the junctures of Faust as sorcerer and learned man, caught between exemplary typification and individualisation processes, between legend and damnation.
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1;Front Cover;1
2;Title Page;4
3;Copyright;5
4;Inhalt;6
5;Vorwort;10
6;1. Einleitung;12
6.1;Stoffe und Transformationen;12
6.2;Intertextualität, Hypertextualität und Transformation;17
6.3;Identität, Individualität, Subjektivität;24
6.4;Narratologische Aspekte der Analyse;37
7;2. Faustus als Exemplum eines verfehlten Lebens;44
7.1;Ein Exemplum menschlicher Verworfenheit;44
7.2;Negative Beispiele: Die Prätexte der Historia;47
7.3;Selektion und Kombination;52
7.4;Narrativik und Systematik: Zur Funktionalität von Exempeln;62
7.4.1;Die rhetorische Tradition;63
7.4.2;Typisierung durch exempla;65
7.4.3;Exempel im Kontext religiöser Unterweisung;66
7.5;Transgression des Exempels durch das Exempel;69
7.6;Heterologe Prätexte, Intertexte und fiktive Figuren;71
7.6.1;Heterologe Prätexte der Historia;71
7.6.2;Doppelter Intertext: Luthers Tischreden;79
7.6.3;Frei erfunden: Mephostophiles;85
8;3. Vom Exemplum zur biographischen Erzählung;88
8.1;Der Aufbau der Historia;88
8.2;Die syntagmatische Funktion der Semantiken;101
8.3;Zauberei oder Schwankhaftigkeit;115
8.4;Historia – Der Wahrheitsanspruch und seine Konsequenzen ;121
9;4. Das narrative Muster legendarischen Erzählens;126
9.1;Das legendarische Muster und Faust als Antiheiliger;127
9.2;Zum Problem der Antilegende;129
9.3;Legende und legendarisches Erzählen im Mittelalter;133
9.4;Protestantische Legendenkritik und Bekennerhistorie;135
9.5;Antilegende und Legendenkontrafaktur;143
9.6;Bekenntnis, Geständnis und die Sünderheiligenlegende;147
10;5. Die Transformationsleistungen der Faustbücher;150
10.1;Wolfenbütteler Handschrift und Historia;150
10.2;Die unterschiedlichen Druckfassungen der Historia;154
10.3;Der Tübinger Reimfaust;161
10.4;Das English Faustbook;164
10.5;Georg Rudolff Widmans Warhafftige Historien;168
10.6;Christian Nikolaus Pfitzers Das ärgerliche Leben;183
10.7;Das Faustbuch des Christlich Meynenden;187
11;6. Identitäre Semantiken;194
11.1;Faustus der Zauberer;194
11.1.1;Die rezeptionssteuernden Paratexte: Titel und Vorreden;194
11.1.2;Faustus und das Zeitalter der Hexenverfolgung;199
11.1.3;Die Ausbildung des kumulativen Hexenbegriffs;201
11.1.4;Die Macht des Teufels und die Zulassung Gottes;203
11.1.5;Definitionen von Hexerei;207
11.1.6;Die vorgesehenen Strafen für das crimen magiae;210
11.1.7;Die Verfolgungswellen;211
11.1.8;Fausts Delikte;213
11.1.9;Religiöse und moralische Kommunikation;222
11.2;Faustus der Curiosus;229
11.2.1;Immanenz, Transzendenz und curiositas;229
11.2.2;Wechselnde Semantiken von curiositas;232
11.2.3;Curiositas als unverzichtbare identitäre Markierung?;237
11.2.4;Die Polysemie des curiositas-Begriffs in den Faustbüchern .. ;242
11.2.5;Höllische Belehrungen;246
11.2.6;Autopsie und Erfahrung;251
11.2.7;Humanistische Erfahrung und faustische Unlust;254
12;7. Individualität: Fausts Sozialbeziehungen;260
12.1;Herkunft, Familie und Erziehung;261
12.2;Verhandlungen mit dem Teufel;266
12.3;»Lieber was machstu aus Dir selbs«;271
12.4;Die Semantik von Karriere;278
12.5;Begehren, Liebe und Ehe;285
13;8. Faustus der melancholicus;295
13.1;Faustus und der Melancholiediskurs der Frühen Neuzeit;297
13.2;Melancholie als Krankheit;298
13.3;Die genialische Melancholie;302
13.4;Acedia und Melancholie;306
13.5;Gewissen und Anfechtung;308
13.6;Isolation und Verzweiflung;313
13.7;Dem Leid eine Sprache geben: Aufschreiben und Mitteilen;314
13.8;Thematisierung des Selbst: Bekenntnis und Geständnis;318
14;Literaturverzeichnis;328
14.1;Primärliteratur;328
14.1.1;Faustbücher;328
14.1.2;Wagnerbuch;329
14.1.3;Andere Quellen;329
14.2;Bibliographien, Druckverzeichnisse;334
14.3;Forschungsliteratur ;335
15;Back Cover;362


6. Identitäre Semantiken (S. 193-194)

An die basale Scheidung von Immanenz und Transzendenz in der religiösen Kommunikation schließen die beiden Leitsemantiken an, unter denen Fausts Identität beschrieben wird: Zauberei und curiositas. Beide Semantiken kennzeichnen illegitime Transgressionen in das dem Menschen verschlossene Gebiet der Transzendenz: Curiositas, indem sie diese Grenzlinie als Grenze des Wissbaren nicht anerkennt, Zauberei, indem sie die Trennlinie als Grenze des Möglichen negiert.

Damit installieren die beiden identitären Markierungen von Zauberei und curiositas Faustus als Grenzverletzer im doppelten Sinne: als Grenzüberschreiter, der sich qua Erkenntnis exklusiven Zutritt zur Seite der Transzendenz zu verschaffen versucht, und als Grenznegierer, der Aspekte der Transzendenz in die Immanenz herüberholen möchte. Damit ist ein doppeltes Bewertungskriterium innerhalb der Tradition der Faustbücher verbunden:

Sie können beide Grenzverletzungen hinsichtlich ihrer Möglichkeit wie auch hinsichtlich ihrer Bewertung thematisieren, aber sie können beide Aspekte auch getrennt voneinander betrachten. Aber in jedem Fall werden die beiden Semantiken vollständig personalisiert; es geht in den Faustbüchern nicht um Zaubererei und curiositas, sondern um den magus und den curiosus.

Faustus der Zauberer

Die rezeptionssteuernden Paratexte: Titel und Vorreden

Die Identität als Zauberer ist die erste und entscheidende Markierung, die Faustus aufgeprägt wird. Das belegen schon die Titel, die mit Ausnahme der Historie of the damnable life, and deserued death of Doctor John Faustus allesamt Faustus als Zauberer und/oder Schwarzkünstler bezeichnen.

Die Wolfenbütteler Handschrift kündigt die »Historia vnd Geschicht Doctor Johannis Faustj des Zauberers«1 an, der Spies’sche Erstdruck spricht von dem »weytbeschreyten Zauberer vnd Schwartzkunstler«2, der C-Druck von »Doct. Johann Fausti / de[m] ausbu ndigen Za uberer […] vnd Schwartzkünstler«3, der Tübinger Reimfaust vom »weitbeschreiten Zauberer vnd Schwarzkünstler«, Widman vom »weitberuffene[n] Schwartzku nstler vnd Ertzza uberer«5, Pfitzer vom »viel-berüchtigten Ertz-Schwartzkünstler«6, der Christlich Meynende schließlich von dem »durch die gantze Welt Beruffenen Ertz-Schwartz- Künstlers und Zauberer Doctor Johann Faust«. Zum Zauberer und Schwarzkünstler gesellt sich dabei wie selbstverständlich die Berühmtheit oder das Berüchtigtsein, wobei die Konnotationen durchaus unterschiedlich sind: »weytbeschreyt« und »viel-berüchtigt« sind sehr viel stärker pejorativ als »weitberuffen« oder »durch die gantze Welt beruffen«.

Während die letzteren Epitheta auch neutral konnotiert sein können, hat »beschreyung« eine eindeutig negative Konnotation, gehört es doch als Rechtsterminus zu den Präliminarien von Hexenprozessen: Wenn eine Person als Hexe oder Zauberer ›beschrieen‹ wird, kann Anklage gegen sie erhoben werden. So nennt Theodor Graminaeus in seiner juristischen Abhandlung Inductio sive directorium: das ist Anleitung oder Vnderweisung / wie Richter in Criminal / vnd peinlichen Sachen / die Zauberer vnd Hexen belangendt / sich zuverhalten vnd der Gebu r damit zu verfaren haben (Köln 1594) unter den sieben Grundvoraussetzungen für richterliche Nachforschung an zweiter Stelle den Verdacht und die »Beschreyung«


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