Obermeier | Gegen deinen Willen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 400 Seiten

Reihe: Ein Toni-Stieglitz-Krimi

Obermeier Gegen deinen Willen

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 3, 400 Seiten

Reihe: Ein Toni-Stieglitz-Krimi

ISBN: 978-3-8437-2045-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Bei diesem Mord ist nichts so wie es scheintMitten in der Nacht erreicht Hauptkommissarin Toni Stieglitz ein Anruf aus der Zentrale: Im Englischen Garten wurde ein toter Mann gefunden – eingeritzt in seine Brust das Wort 'Drecksau'. Der Tote war Lehrer und hatte scheinbar junge Mädchen heimlich fotografiert. Ein klarer Fall von Rache. Wären da nicht die anonymen Hinweise, die Toni kurze Zeit später zugespielt werden. Warum sammelte der Mann Informationen über die Herstellung von K.O.-Tropfen? Musste er deshalb sterben?
Obermeier Gegen deinen Willen jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Eins
»Wie spät ist es, und wo liegt die Leiche?« Kriminalhauptkommissarin Toni Stieglitz hatte das Handy zwischen ihr Ohr und das Kopfkissen geschoben und weigerte sich, die Augen zu öffnen. Es konnten doch kaum mehr als zehn Minuten vergangen sein, seit sie eingeschlafen und in wohlig-warmer Dunkelheit versunken war, und wenn es nach ihr ginge, würde sie auch sofort wieder dorthin zurückkehren. »Es ist kurz vor drei Uhr am Montagmorgen«, antwortete eine männliche Stimme, »und es gibt keine Leiche.« Der Schlaf waberte immer noch als zäher Nebel durch Tonis Kopf, und sie war sich deshalb nicht sicher, ob sie den Anrufer richtig verstanden hatte. »Wie bitte?«, fragte sie und wälzte sich auf den Rücken. »Was soll das heißen, es gibt keine Leiche? Hans, bist du das?« »Ja«, antwortete ihr Vorgesetzter. »Ich bin es und …« »Witze waren ja noch nie dein Ding«, unterbrach ihn Toni, »aber das ist einer deiner schlechtesten. Wie in aller Welt kommst du auf die Idee, mich mitten in der Nacht anzurufen und mir mitzuteilen, dass niemand erstochen, erschlagen oder erwürgt wurde und es somit überhaupt keinen Grund gibt, mich aufzuwecken?« Sie rieb sich die Augen und wusste nicht, ob sie sich ärgern oder wundern sollte. Scherzanrufe gehörten eigentlich nicht zum Repertoire ihres Chefs. Zumindest bisher nicht. Mal sehen, welche Erklärung er für diese nächtliche Störung parat hatte. Doch Hans ging überhaupt nicht auf ihre Fragen ein. »Wo bist du, Toni?«, wollte er stattdessen wissen. Sie stutzte. »Was glaubst du, wo ich bin? Im Bett natürlich.« »In welchem?« »Wie bitte?« »In welchem Bett bist du? In deinem oder in dem von Doktor Mulder?« Hans klang zwar nicht betrunken, aber er musste es sein. Nüchtern würde er sich lieber die Zunge abbeißen, als ihr so eine Frage zu stellen. »Ich glaube nicht, dass dich das irgendetwas an–« »Wo bist du, Toni?«, grätschte ihr Chef dazwischen. »Bei dir oder bei ihm?« Vorgesetzter hin oder her – normalerweise hätte sie Hans eine gepfefferte Antwort auf diese Fragen gegeben, doch da war etwas in seiner Stimme, das ein unangenehmes Ziehen in Tonis Bauch verursachte. Sie warf einen Blick zu Tom, der sich mittlerweile ebenfalls aufgesetzt hatte. »Ich … ich bin zu Hause. Bei mir. Am Westpark. Warum fragst du?« »Dann mach die Tür auf.« »Was?« Toni schwang die Beine aus dem Bett. »Du stehst jetzt aber nicht vor dem Haus, oder?« Sie tappte zum Fenster und zog den Rollladen ein Stückchen nach oben. Tatsächlich. Im Lichtschein des Hauseingangs wartete ein Mann. »Hans? Bist du das dort unten?« Doch die Leitung war tot. Stattdessen schrillte die Türklingel durch das Dunkel der Wohnung. Toni drehte sich zu Mulder um, der sie stirnrunzelnd anschaute. »Was ist los?«, fragte er. »Das wüsste ich auch gern«, sagte Toni. Sie klaubte T-Shirt und Jeans vom Boden auf, und während sie sich anzog, kam sie zu dem Schluss, dass es nur eine Erklärung für Hans’ seltsames Verhalten gab: Es war etwas passiert, das er ihr nicht am Telefon mitteilen konnte, sondern nur von Angesicht zu Angesicht. Aber was konnte das sein? Was war so außergewöhnlich und vor allem so immens wichtig, dass ihr Chef zu nachtschlafender Zeit vor ihrer Haustür auftauchte? Sie zog die Hose hoch und wollte gerade den Knopf schließen, als die Antwort in großen, grellen Buchstaben in ihrem Kopf aufleuchtete. Sie lautete: Todesnachricht. Aus ihren Fingern wich jegliches Gefühl. Ja, das war die einzige plausible Erklärung. Todesnachrichten überbrachte man immer persönlich, nie am Telefon. Die Angehörigen brauchten einen Menschen aus Fleisch und Blut vor sich, keine unbekannte, unpersönliche Stimme aus vielen Kilometern Entfernung, von der sie nicht wussten, ob dahinter nur jemand steckte, der sich einen miserablen Scherz erlaubte. Und sie brauchten jemanden, an dem sie die Gefühle abreagieren konnten, von denen sie in diesem Moment überrollt wurden: den Schmerz, die Wut, die Hilflosigkeit. Sie selbst war schon oft so eine Projektionsfigur gewesen, und nun sah es ganz danach aus, als würde Hans zu ihrer werden. »Toni?« Sie hörte Mulders Stimme in ihrem Rücken, aber sie fühlte sich nicht angesprochen. Die Taubheit hatte inzwischen ihren ganzen Körper erfasst, und weder konnte noch wollte sie sich jetzt bewegen. Sie konnte nur an ihre Eltern denken. Sie waren Tonis einzige Angehörige, also musste Hans ihretwegen hier sein. Übelkeit stieg in ihr auf. »Toni?«, fragte Tom noch einmal. »Was ist los mit dir? Stimmt etwas nicht?« »Nein, nein, alles in Ordnung«, sagte sie langsam. »Der Reißverschluss hat geklemmt, das ist alles.« Ungelenk schloss sie den Knopf ihrer Jeans und zog die Schlafzimmertür hinter sich zu. Der Boden unter ihren Füßen schien zu schwanken, als sie durch den Flur auf die Wohnungstür zuging, und kaum hatte sie auf den Summer gedrückt, hörte sie schon Schritte im Treppenhaus. »Komm rein«, sagte Toni, machte einen Schritt zur Seite und lotste Hans weiter in die Küche. »Kaffee?« Ihr Chef schüttelte den Kopf. Offenbar hatte auch ihn irgendjemand aus dem Bett geholt, jedenfalls standen seine Haare ähnlich wirr in alle Richtungen wie die ihren. Hans schien ihren Blick zu bemerken und strich sich mit den Händen über den Kopf. Nun betrat auch Tom die Küche und zog sich dabei ein Shirt über den Kopf. Die Narben an seinem Oberkörper waren immer noch deutlich zu erkennen. Obwohl Toni sie nun schon so oft gesehen hatte, versetzte ihr der Anblick immer noch einen Stich, und sie verspürte den starken Drang, die Male mit ihren Händen zu bedecken, als könnte sie dadurch alles ungeschehen machen und sich von der Schuld, die sie daran trug, reinwaschen. »Doktor Mulder.« Hans nickte dem Arzt zu, wandte sich dann aber sofort wieder an Toni. »Entschuldige bitte den Überfall.« Er schob die Hände in die Taschen seines Trenchcoats. Die Forschheit und das Drängen, die am Telefon in seiner Stimme gelegen hatten, waren vollkommen verschwunden. »Aber ich muss mit dir reden. Dringend.« »Das dachte ich mir fast«, antwortete Toni und versuchte unbekümmert zu klingen, als wäre es das Normalste der Welt, dass ihr Chef mitten in der Nacht an ihrer Tür Sturm läutete. »Und? Worum geht es? Deinem Gesichtsausdruck nach muss wenigstens die nationale Sicherheit auf dem Spiel stehen. Das ist um diese Uhrzeit eigentlich auch das Mindeste, wenn du mir schon keine Leiche präsentieren kannst.« Erst als die Worte ihren Mund verlassen hatten und von den Küchenwänden auf sie zurückprallten, wurde ihr bewusst, wie makaber das war, was sie gerade gesagt hatte. Das Lächeln, das sie mit Gewalt auf ihr Gesicht gezwungen hatte, geriet ins Wanken, und auch Hans presste seine Lippen noch fester aufeinander. Sein Blick huschte kurz zu Mulder, der hinter Toni stehen geblieben war, kehrte aber sofort zu ihr zurück. »Vielleicht solltest du dich lieber setzen.« Er vergrub seine Hände tiefer in den Manteltaschen. Es sah aus, als wollte er am liebsten selbst in ihnen verschwinden. »Soll ich euch allein lassen?«, fragte Mulder und deutete mit dem Daumen auf die Küchentür, doch Hans schüttelte den Kopf. »Nein, Doktor, ganz im Gegenteil. Mir wäre es sogar lieber, wenn Sie bleiben würden.« Tonis Lächeln sackte in sich zusammen. Das war der Beweis. Würde es um etwas Dienstliches gehen, hätte er Tom gebeten, das Zimmer zu verlassen. Somit konnte es sich nur um etwas Privates handeln. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, tauchten in ihrem Kopf die schrecklichsten Szenarien auf. Hatten ihre Eltern Einbrecher in ihrem Haus überrascht und waren von ihnen getötet worden? Oder war ein Feuer ausgebrochen, und sie waren in den Flammen umgekommen? Ein schwarzes Loch tat sich vor Tonis Füßen auf. »Ganz ehrlich, Hans, du machst mir langsam Angst«, sagte sie und rieb sich über die Arme, während das schwarze Loch immer näher kroch. Sie konnte seine bodenlose Kälte bereits spüren. Ihr Chef nahm die Hände aus den Taschen und deutete auf den Stuhl, der Toni am nächsten war. »Willst du dich nicht doch setzen?« Nein, wollte sie nicht. »Verdammt, nun rück endlich raus mit der Sprache! Es geht um meine Eltern, habe ich recht? Es ist ihnen etwas zugestoßen, und du sollst mir das schonend beibringen.« Toni starrte ihren Vorgesetzten an und machte sich bereit für die Nachricht, für die kein Mensch jemals bereit war. Hans sah sie einen Augenblick irritiert an, öffnete seinen Mund, schloss ihn wieder – und dann tat er etwas, womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte: Er lächelte. Nun war es Toni, die verwirrt war. Warum zum Teufel lächelte ihr Chef? War es, weil er erleichtert war, dass sie von selbst draufgekommen war und er die Hiobsbotschaft nicht mehr aussprechen musste? »Du kannst wieder...


Obermeier, Manuela
Manuela Obermeier kam 1970 in München zur Welt. Sie begann bereits in der fünften Klasse mit ihrem ersten Roman, schlug nach dem Abitur aber eine ganz andere Richtung ein und ging zur Polizei. Das Schreiben hat die Polizeihauptkommissarin jedoch nie losgelassen.

Manuela Obermeier kam 1970 in München zur Welt. Sie begann bereits in der fünften Klasse mit ihrem ersten Roman, schlug nach dem Abitur aber eine ganz andere Richtung ein und ging zur Polizei. Das Schreiben hat die Polizeihauptkommissarin jedoch nie losgelassen.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.