Opielka / Wißkirchen | So macht man Teilhabe | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 2020-2, 164 Seiten

Reihe: ISÖ-Text

Opielka / Wißkirchen So macht man Teilhabe

Abschlussbericht der Evaluation

E-Book, Deutsch, Band 2020-2, 164 Seiten

Reihe: ISÖ-Text

ISBN: 978-3-7519-2914-1
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Evaluation des von der Aktion Mensch Stiftung geförderten Projekts "Wie macht man Teilhabe? - Inklusion durch Umbau der Angebote gemeinsam verwirklichen" der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen erfolgte durch das ISÖ - Institut für Sozialökologie. Das Projekt sollte die Ambulantisierung und personenzentrierte Ausrichtung der Eingliederungshilfe nach dem neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG) unter Beteiligung der Menschen mit Beeinträchtigung für Menschen mit Beeinträchtigung erproben. Die Partizipation der primären Zielgruppe der Evaluation, der Menschen mit Beeinträchtigung, wird als positiv bewertet. Sie wurden eingebunden und es entstanden neue Mitgestaltungsmöglichkeiten. Das Projekt zeigt, dass eine Veränderung der Trägerlandschaft erfolgt. Dies kann jedoch nur der Anfang des Transformationsprozesses sein. Weitere Schritte erfordern eine ganzheitliche Personenzentrierung in allen Lebensbereichen, das heißt die Integration und Ausweitung auf externe sozialräumliche und gesellschaftliche Akteure sowie vielfältige Anreize, um diese Akteure zur Kooperation zu motivieren. Teilhabe braucht mehr Ressourcen, Zeit und Geld.
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Policy Brief
Die Evaluation des von der Aktion Mensch Stiftung geförderten Projekts „Wie macht man Teilhabe? - Inklusion durch Umbau der Angebote gemeinsam verwirklichen“ der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen erfolgte durch das ISÖ – Institut für Sozialökologie gGmbH. Das Projekt sollte die Ambulantisierung und personenzentrierte Ausrichtung der Eingliederungshilfe nach dem neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG) unter Beteiligung der Menschen mit Beeinträchtigung für Menschen mit Beeinträchtigung erproben. Die Evaluation zeigt eine gemischte Entwicklung. Erfolge des Projekts sind erkennbar. Wenn man sich die Wirkungsanalyse des Inputs betrachtet, geht es dabei um die Ressourcen, sei es finanziell, personell oder strukturell, die in das Projekt von Beginn an investiert wurden. Die Ressourcenbeteiligung durch die Aktion Mensch Stiftung und das Engagement der LIGA können als sehr positiv bewertet werden. Problematisch erscheint jedoch die Vorstellung der LeistungsträgerInnen auf allen Ebenen, den Ambulantisierungsprozess budgetneutral durchführen zu können. Es fehlten überall Mittel zur Deckung der Transaktionskosten. Gesteigerte Teilhabe ist möglich, sie erfordert aber Ressourcen und Kontinuität und eine Bereitschaft dazu im Leistungsdreieck der Eingliederungshilfe. Die Ergebnisse der Evaluation des Projektprozesses können als durchwachsen beschrieben werden. Die Partizipation der primären Zielgruppe der Evaluation, der Menschen mit Beeinträchtigung, wird als positiv bewertet. Sie wurden eingebunden und es entstanden neue Mitgestaltungsmöglichkeiten. Dies drückt sich auch in der positiven Bewertung der Menschen mit Beeinträchtigung aus, die am Projekt teilnahmen. Die Flexibilität bei der Wohnungsauswahl war gegeben, allerdings konnte dieser Erfolg nicht im Lebensbereich Arbeit wiederholt werden. Gründe dafür sind der zunehmend gespaltene allgemeine Arbeitsmarkt und die dominante Rolle der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Auch bei der Gestaltung von individuellen Freizeitangeboten besteht Verbesserungspotential. Somit kann gesagt werden, dass die primäre Zielgruppe aktiv am Prozess beteiligt war, auch wenn es in den einzelnen Lebensbereichen große Unterschiede gab und gibt. Auch andere Akteure wurden aktiv in den Prozess durch unterschiedliche Veranstaltungen, wie etwa die Fach-/Infotage, und Infobriefe eingebunden. Solch komplexe Transformationsprozesse durch Angebote des Sozialmanagements zu begleiten ist erfolgreich und sinnhaft. Empowerment wirkt, dadurch entsteht natürlich auch ein Klima von Teilhabebedürfnissen und -wünschen. Die Projektbeteiligten stellen sich verständlicherweise die Frage: Wie wird verstetigt, was erfolgreich war? Nach dem Projektprozess liegt der Fokus der Evaluation auf dem Output, also direkte Produkte und Gewinne aus dem Projekt, und dem Outcome und Wirkung im breiten sozialpolitischen und gesellschaftlichen Raum. Die Erfolge in den Lebensbereichen Arbeit, Freizeit und Wohnen der Menschen mit Beeinträchtigung fallen unterschiedlich aus und werden daher einzeln bewertet. Lebensbereich Arbeit. Die Menschen mit Beeinträchtigung wurden verstärkt über ihre Arbeitsmöglichkeiten aufgeklärt. Durch den vom Projekt gesetzten Fokus auf die Personenzentrierung werden auch die Interessen der KlientInnen im Bereich Arbeit wahrgenommen. Der Erfolg dieser Maßnahmen kann nur langfristig evaluiert werden. Ziel muss sein, dass alle ArbeitgeberInnen als potentielle ArbeitgeberInnen von Menschen mit Beeinträchtigung gesehen werden. Der Lebensbereich Arbeit scheint im Projekt wenig Beachtung gefunden zu haben. Lebensbereich Wohnen. Im Gegensatz zum Lebensbereich Arbeit hat hier eine erhebliche Veränderung stattgefunden. Die vorher stationären Einrichtungen wurden ambulantisiert. Die Ausgestaltung dieser Veränderung ist bei den Modellträgern unterschiedlich ausgefallen. Eine starke Veränderung ist im Hinblick auf die Selbstverwaltung des eigenen Wohnraums festzustellen, die MieterInnen sind nicht mehr verpflichtet, Zutritt zu den eigenen Räumlichkeiten zu gewähren und BetreuerInnen müssen sich anmelden. Insbesondere die freie und selbstbestimmte Wohnungswahl der Menschen mit Beeinträchtigung aus ehemals stationären Einrichtungen leidet unter gesellschaftlichen Vorverurteilungen, sie werden oft nicht als MieterInnen gewählt. Zudem wurde ihre Suche durch die geringen finanziellen Mittel beschränkt, die ihnen hierfür zur Verfügung stehen, weshalb eine Verdrängung in städtische Randmilieus zu befürchten ist. Durch die qualitative Projektprozessbegleitung wurde deutlich, dass Menschen mit Beeinträchtigung, insbesondere zu Beginn des Projekts, über begrenzte Kommunikationsmittel verfügen (nicht durchgängig Besitz eines mobilen Endgeräts, keine E-Mail-Adresse) und daher eine neue Form der Kommunikation gefunden werden muss. Diese Veränderungen machen deutlich, dass insbesondere ein neues Verhältnis zwischen BetreuerIn und Mensch mit Beeinträchtigung - aber eben auch zwischen Gesellschaft und Menschen mit Beeinträchtigung - gefordert ist. Dies birgt neue Herausforderungen für die MitarbeiterInnen der Einrichtungen und erfordert Haltungsveränderungen im Arbeitskontext sowie im Sozialraum. Lebensbereich Freizeit. Dieser Bereich war bereits vor Projektbeginn deutlich individueller gestaltbar als die beiden anderen Lebensbereiche. Die Freizeitgestaltung orientierte sich dennoch häufig an den Angeboten der Träger. Die Evaluation konnte zeigen, dass die Freizeitangebote in den Einrichtungen durch den Ambulantisierungsprozess zunächst stagnierten, zum Projektende aber wieder verstärkt wurden. Dabei handelt es sich um Angebote in der Trägerlandschaft selbst, allerdings hat sich die Anzahl an Freizeitangebote im direkten Sozialraum im Projektverlauf nicht verändert. Drei Trendentwicklungen sind zu beobachten: (1) neue Eigenverantwortlichkeit über finanzielle Ressourcen durch die Personenzentrierung; (2) die Bewusstseinssteigerung über Knappheit finanzieller Ressourcen bei Menschen mit Beeinträchtigung; (3) nur geringfügige Erweiterung der Freizeitangebote im Sozialraum. Hier sollte dringend eine ganzheitliche Perspektive auf das direkte Umfeld der Menschen mit Beeinträchtigung eingenommen werden, um mehr personenzentrierte Freizeitgestaltung zu ermöglichen (z.B. Ausflüge, Urlaub, Mitgliedschaft in einem Verein). Es wurde offensichtlich, dass sich Menschen mit Beeinträchtigung im Projekt auf Grund ihrer finanziellen Situation davon abgehalten fühlen, die Dinge zu tun, die sie sich wünschen. Finanzielle Barrieren können anderen Barrieren zur gesellschaftlichen Teilhabe vorgeschaltet sein. Selbstbestimmte Teilhabe erfordert sowohl auf individueller Ebene als auch auf der Ebene der Leistungserbringer ausreichende personelle Mittel. Beides ist bisher nicht in ausreichendem Maße gegeben. Zur gelingenden Teilhabe bedarf es zudem nicht nur gesellschaftliche, räumliche und rechtliche Rahmenbedingungen, sondern auch individuelle. Menschen mit Beeinträchtigung müssen zur Teilhabe befähigt werden, damit sie für ihre eigenen Belange eintreten und den Prozess aktiv gestalten können. Diese Voraussetzung zu schaffen bedarf mehr Zeit und auch mehr personelle Ressourcen. Insbesondere vor dem Hintergrund der individuellen Fachleistung, die die Finanzierungsspielräume der Leistungserbringer stark einschränkt und solchen Prozessen kaum Raum bieten kann, müssen hier zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden um Teilhabe dauerhaft und selbstbestimmt zu garantieren. Dabei stellen die unterschiedlichen Voraussetzungen einen Drahtseilakt dar. Zum einen muss das Recht auf Beteiligung vermittelt, zum anderen will der Beteiligungswunsch vorhanden und gepflegt sein. Advokatorisches Handeln der Fachkräfte ist unerlässlich und bedarf zugleich der Selbstbegrenzung. Die Anforderungen der Einrichtungen an die Äußerung von Wünschen und Bedürfnissen der Menschen mit Beeinträchtigung zur Umsetzung und Orientierung der personenzentrierten Komplexleistung treffen teilweise auf Personen, deren Fähigkeit zur Äußerung selbstbestimmter Wünsche nicht besonders ausgeprägt ist. Diese Kluft birgt Konfliktpotenzial und gefährdet personenzentrierte Teilhabe. Die Einrichtungen fühlen sich von unterschiedlichen Akteuren im Sozialsystem nicht ausreichend unterstützt und haben beispielsweise auf Grund der neuen Wohn- und Mietsituation der Menschen mit Beeinträchtigung Angst um ihre Gemeinnützigkeit, da sie explizit als Vermieter auftreten, nun zwischen Betreuungsverträgen und Mietverträgen unterschieden werden muss und somit die Vermietung als Vermögensverwaltung angesehen wird, was gegebenenfalls von den Finanzämtern als nicht gemeinnützig betrachtet wird. Es ist insgesamt festzustellen, dass der Projektfokus auf die Einrichtungen es zwar ermöglicht, diese intern personenzentrierter zu gestalten und auch die Teilhabebereitschaft der Menschen mit Beeinträchtigung zu erhöhen. Interne Personenzentrierung und Projektorientierung reichen jedoch nicht aus, um eine inklusive Gesellschaft zu schaffen. Wir empfehlen...


Opielka, Michael
Prof. Dr. Michael Opielka ist Wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des ISÖ - Institut für Sozialökologie in Siegburg und Professor für Sozialpolitik an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. 2012 bis 2016 leitete er zudem das IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebe-wertung in Berlin. 2015 Gastprofessor für Soziale Nachhaltigkeit an der Universität Leipzig. Visiting Scholar UC Berkeley (1990-1, 2005-6). Promotion (HU Berlin 1996) und Habilitation (Univ. Hamburg 2008) in Soziologie.

Wißkirchen, Magdalena
Magdalena Wißkirchen arbeitet seit Juni 2018 im ISÖ - Institut für Sozialökologie als Junior Researcher. Sie hat im März 2018 ihren Bachelor of Arts der Sozialen Arbeit an der Ernst-Abbe Hochschule in Jena abgeschlossen. Sie widmete sich in ihrer Bachelorarbeit dem Themengebiet der nachhaltigen Entwicklung und deren Bedeutung für die Soziale Arbeit.


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