Otto / Rauschenbach | Die andere Seite der Bildung | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 241 Seiten, eBook

Otto / Rauschenbach Die andere Seite der Bildung

Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen

E-Book, Deutsch, 241 Seiten, eBook

ISBN: 978-3-531-90972-1
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Bildungsdebatte in Deutschland setzt sich fort: Gefordert wird eine grundlegende Veränderung des Bildungs- und Erziehungswesens. Dabei konzentriert sich die Diskussion - wie nicht anders zu erwarten - schwerpunktmäßig auf die Schule. Vergleichsweise unklar ist bislang geblieben, welche Rolle die nichtschulischen Bildungsorte, die informellen Lernprozesse und die außerunterrichtlichen Akteure einnehmen. Im Mittelpunkt dieses Bandes steht diese nicht zu unterschätzende andere Seite der Bildung. Es geht um die Klärung einer bildungsbezogenen Selbstverortung der Kinder- und Jugendhilfe als auch um ein neues pragmatisches Verhältnis zur Bildungsinstanz Schule. Erst mit der Klärung dieser offenen Probleme werden erweiterte Perspektiven für eine moderne Bildungspolitik möglich werden.

Dr. Dr. h.c. Hans-Uwe Otto ist Professor an der Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld.
Prof. Dr. Thomas Rauschenbach ist Vorstand und Direktor des Deutschen Jugendinstituts e. V. in München.
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1;Vorwort zur 2. Auflage;5
2;Vorwort;6
3;Inhalt;8
4;Die neue Bildungsdebatte;10
4.1;1. PISA und IGLU – Irritationen internationaler Vergleichsstudien;13
4.2;2. Die Bildung und die Kinder- und Jugendhilfe;18
4.3;3. Zielperspektiven von Bildung;21
4.4;4. Chancen und Risiken der Bildungsdebatte für die Kinder- und Jugendhilfe;24
5;I. Ansätze und Analysen;31
5.1;Die homogene Lerngruppe – oder: System jagt Fiktion;32
5.1.1;1. Die Grundschule – keine Schule für alle Kinder;32
5.1.2;2. Die Sekundarschule – Selektion als Prinzip;35
5.1.3;3. Fazit: der international-vergleichende Blick;37
5.2;Die soziale Seite der Bildung;39
5.2.1;1. Einleitung;39
5.2.2;2. Lorenz von Stein und die Vergesellschaftung des Bildungsbegriffs;40
5.2.3;3. Bildung – jenseits des bekannten Rahmens;43
5.2.4;4. Bildung als Bürgerrecht – revisited;46
5.2.5;5. Familiäre Lebensverhältnisse und Bildungsbeteiligung;48
5.2.6;6. Soziale Herkunft und erworbene Kompetenzen;50
5.2.7;7. Bildung als Bürgerrecht – als Programm;51
5.2.8;8. PISA und die Kinder- und Jugendhilfe;53
5.3;PISA und die Sozialpädagogik;58
5.3.1;1. Wider einen verkürzten Bildungsbegriff;60
5.3.2;2. Plädoyer für Sozialpädagogik;65
5.3.3;3. Das Pädagogische an der Sozialpädagogik;68
5.4;Herausforderungen für ein neues Bildungssystem;77
5.4.1;1. Die Hausse der Kritik und das Tohuwabohu der Reformvorschläge;77
5.4.2;2. Die „Vier E“ der Bildungsreform;78
5.4.3;3. Konkretionen: Standards, Avantgarde-Autonomie und die neue Rolle des Staates;81
5.5;Einwürfe zum Bildungsbegriff;87
5.5.1;1. Vorbemerkungen oder: Was ist hier die Frage?;87
5.5.2;2. Stichworte zum Bildungsbegriff im Kontext der Erziehungswissenschaft;89
5.5.3;3. Überlegungen zur Struktur von Bildungsprozessen;93
5.5.4;4. Arbeitsbegriffe: Bildung und Bildungsprozesse;95
5.5.5;5. PISA ist mehr als Schule und Bildung ist mehr als PISA. Fragen für die Kinder- und Jugendhilfeforschung;98
5.6;Verpasste Chancen, neue Chancen?;102
5.6.1;1. Schwache OECD-Repräsentanz der sozialen Dienste und die internationale forschungspolitische Chance;102
5.6.2;2. Die Abspaltung zwischen formeller und informeller Bildung und die Chance zur neuen Kooperation;104
5.6.3;3. Vernachlässigte Leistungsaspekte der Kinder- und Jugendhilfe und die Chance zur Neupositionierung eines nicht- selektiven Leistungsbegriffs;105
5.6.4;4. Zusammenfassung;107
6;II. Bildungsaufgaben in der Arbeit mit Kindern;110
6.1;Der Bildungsauftrag des Kindergartens;111
6.2;Was und wie sollen Kinder im Kindergarten lernen?;116
6.2.1;1. Entwicklung der didaktischen Konzepte für den Kindergarten;116
6.2.2;2. Spezifizierung und Begründung von Bildungszielen;119
6.2.3;3. Didaktisch-methodische Orientierung;120
6.2.4;4. Schulvorbereitung als Aufgabe des Kindergartens;122
6.3;Bildungstheoretische Überlegungen im Kontext der Wissensgesellschaft;125
6.3.1;1. Probleme und Perspektiven;125
6.3.2;2. Die Relevanz von Bildung für das Verhältnis von Widerstand und Anpassung;128
6.3.3;3. Sozialpädagogik zwischen Konzentration, Stärkung und Selbstgenügsamkeit;130
6.3.4;4. Bildung und Kindheitsforschung;132
6.3.5;5. Schlussbemerkung;134
7;III. Bildungspotenziale in der Jugendarbeit;137
7.1;Zum Bildungsanspruch von Jugendarbeit;138
7.1.1;1. Der Bildungsbegriff in der Jugendarbeitsdebatte;139
7.1.2;2. Paragraf 11 des SGB VIII als Bildungskonzept;142
7.1.3;3. Bildungsignoranz aktueller Jugendarbeit;144
7.1.4;4. Bildungsanspruch als Innovation von Jugendarbeit;147
7.1.5;5. Basics I: Das Paradox: Anleitung zur Selbstbestimmung;149
7.1.6;6. Basics II: Anerkennungsmuster: Liebe, Recht, Solidarität;150
7.1.7;7. Bildung für Bildner;154
7.2;Gesellschaftspolitische Bildung – Kernaufgabe oder Zusatzleistung der Jugendarbeit?;157
7.2.1;1. Was heißt und was nutzt politische Bildung?;157
7.2.2;2. Entpolitisierung der Jugend und der Jugendarbeit?;159
7.2.3;3. Ist politische Jugendbildung chancenlos?;162
7.2.4;4. Perspektiven politischer Jugendarbeit;164
7.3;Kinder- und Jugendkulturarbeit als Bildungsarbeit;170
7.3.1;1. Zur Grundlegung einer Theorie der kulturellen Bildung;170
7.3.2;2. Aktuelle Entwicklungen;173
7.4;Lebensbewältigung in benachteiligten Quartieren;177
7.5;Ethnizität und Geschlecht;183
7.5.1;1. Ausgangslage;183
7.5.2;2. Sozialpädagogische Differenzkonstruktionen im Kontext von Weiblichkeit und Ethnizität;186
7.5.3;3. Selbstbeschreibungen junger Frauen mit Migrationshintergrund;189
7.5.4;4. Fazit;191
8;IV. Diskurse und Perspektiven;194
8.1;Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung;195
8.1.1;1. Einleitung;195
8.1.2;2. Aufwachsen in privater und öffentlicher Verantwortung;197
8.1.3;3. Zur Bildungsidee des 11. Kinder- und Jugendberichts;200
8.1.4;4. Voraussetzungen einer Kinder- und Jugendhilfe als Bildung;205
8.2;Bildungspolitik, Bildung und soziale Gerechtigkeit;209
8.2.1;I.;209
8.2.2;II.;212
8.2.3;III.;215
8.2.4;IV.;217
8.3;Bildung und Soziale Arbeit;223
8.3.1;1. Das neuzeitliche Projekt Bildung;225
8.3.2;2. Die Profilierung des Projekts Bildung in der neueren Zeit;228
8.3.3;3. Entwicklungstrends im Bildungswesen: scholarisierte Bildung;230
8.3.4;4. Aufstieg und Differenzierung der Sozialen Arbeit: nicht formalisierte Bildung;231
8.3.5;5. Informelle Bildungsprozesse;237
9;Autorinnen und Autoren;239

Die neue Bildungsdebatte.- Die neue Bildungsdebatte.- Ansätze und Analysen.- Die homogene Lerngruppe — oder: System jagt Fiktion.- Die soziale Seite der Bildung.- PISA und die Sozialpädagogik.- Herausforderungen für ein neues Bildungssystem.- Einwürfe zum Bildungsbegriff.- Verpasste Chancen, neue Chancen?.- Bildungsaufgaben in der Arbeit mit Kindern.- Der Bildungsauftrag des Kindergartens.- Was und wie sollen Kinder im Kindergarten lernen?.- Bildungstheoretische Überlegungen im Kontext der Wissensgesellschaft.- Bildungspotenziale in der Jugendarbeit.- Zum Bildungsanspruch von Jugendarbeit.- Gesellschaftspolitische Bildung — Kernaufgabe oder Zusatzleistung der Jugendarbeit?.- Kinder- und Jugendkulturarbeit als Bildungsarbeit.- Lebensbewältigung in benachteiligten Quartieren.- Ethnizität und Geschlecht.- Diskurse und Perspektiven.- Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung.- Bildungspolitik, Bildung und soziale Gerechtigkeit.- Bildung und Soziale Arbeit.


Karin Böllert Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung (S. 209-210)

Zur Bildungsidee des 11. Kinder- und Jugendberichts

1. Einleitung

„Bildung ist der umfassende Prozess der Entwicklung und Entfaltung derjenigen Fähigkeiten, die Menschen in die Lage versetzen, zu lernen, Leistungspotenziale zu entwickeln, zu handeln, Probleme zu lösen und Beziehungen zu gestalten. Junge Menschen in diesem Sinne zu bilden, ist nicht allein Aufgabe der Schule. Gelingende Lebensführung und soziale Integration bauen ebenso auf Bildungsprozessen in Familien, Kindertageseinrichtungen, Jugendarbeit und der beruflichen Bildung auf.

Auch wenn der Institution Schule ein zentraler Stellenwert zukommt, reicht Bildung jedoch weit über Schule hinaus. Bildung entscheidet nicht nur über den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft, sondern vor allem auch über Lebensperspektiven und Teilhabechancen jedes einzelnen jungen Menschen. Sie ist grundlegend für die materielle Sicherheit und die Entfaltung der Persönlichkeit sowie Schlüssel zu einer zukunftsoffenen, sozialen und ökonomisch erfolgreichen Entwicklung jedes Einzelnen und der Gesellschaft. Bildungsanstrengungen haben sich nicht allein an der Sicherung ökonomischer Perspektiven zu orientieren, sondern müssen auch den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen Rechnung tragen."

Dies sind die ersten beiden von elf Thesen, die 2002 als Leipziger Thesen zur aktuellen bildungspolitischen Debatte gemeinsam vom Bundesjugendkuratorium, der Sachverständigenkommission für den 11. Kinder- und Jugendbericht sowie der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe verabschiedet und von vielen Institutionen, Verbänden und Einzelpersonen unterschrieben worden sind (www.agj.de). Dass es in der Geschichte der Kinder- und Jugendhilfe erstmalig zu so einem breiten bildungspolitischen Bündnis gekommen ist, hat einen Grund darin, dass im Anschluss an die Präsentation der Ergebnisse der PISA-Studien, deren Befunde mittlerweile durch weitere Analysen bestätigt worden sind, die Ursachensuche für das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich sehr schnell die Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe erreichte (vgl. Deutsches PISA-Konsortium 2001, 2003, Bos u.a. 2003, Avenarius u.a. 2003).

Obwohl zunächst einmal nichts anderes als mathematische, naturwissenschaftliche Basis- und Lesekompetenzen 15-jähriger Schülerinnen und Schüler gemessen worden waren, landete die Diskussion der Ergebnisse wenig zielgenau im Bereich der Kindertagesstätten und damit in einem der zentralen Aufga benbereiche der Kinder- und Jugendhilfe, der fortan in seiner Bedeutung als vorschulische Bildungsinstitution – von manchen bereits als Vorschule bezeichnet – im Mittelpunkt des Interesses steht. Während die einen – den umfassenden Bildungsauftrag der Kindertagesstätten verkürzend – die Frage zu beantworten versuchen, was die Kindertagesstätten für die Schule leisten können, gehen andere so weit zu fordern, den Kindertagesstättenbereich ganz aus dem Sozialbereich herauszulösen und statt dessen dem Bildungsbereich zuzuordnen – in der voreiligen Hoffnung dadurch mehr Ansehen und einen Bedeutungszuwachs der hier geleisteten pädagogischen Arbeit erwirken zu können.

Aber auch die nach PISA forcierten Debatten über die Notwendigkeit und die politischen Programme zur einer möglichst flächendeckenden Einführung von Ganztagsschulen gehen nicht spurlos an der Kinder- und Jugendhilfe vorbei. Werden in Zukunft Hortplätze überhaupt noch gebraucht? Wird die Ganztagsschule zu einem zeitlich verlängerten Lernort mit Aufbewahrungscharakter oder erreicht sie die in den Horten erzielte Qualität von Lern- und Lebensort und wenn ja unter welchen Bedingungen und mit welchem Personal? Unter welchen Bedingungen kann Schule hier von der Kinder- und Jugendhilfe lernen? Welchen Sinn machen zukünftig Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit, wenn ihre Adressaten und Adressatinnen zu den nachmittäglichen Öffnungszeiten noch zur Schule gehen?


Dr. Dr. h.c. Hans-Uwe Otto ist Professor an der Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld.

Prof. Dr. Thomas Rauschenbach ist Vorstand und Direktor des Deutschen Jugendinstituts e. V. in München.


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