Pierer | Die Kunst des Machbaren | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Pierer Die Kunst des Machbaren

Lehrreiches und Heiteres aus dem Leben eines Topmanagers

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-96267-302-4
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



In seinen vier Jahrzehnten für den Weltkonzern Siemens durchlebte Heinrich von Pierer Höhen und Tiefen des Managerdaseins. Was muss ein Topmanager können, um sich an der Spitze zu behaupten? Wie geht er erfolgreich mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen um, wie mit Betriebsräten, Investoren, Kunden – aber auch mit der Prominenz aus der Politik? Er beschreibt, wie begrenzt »Macht« sein kann, auch wenn man an der Spitze steht. Wie man aus Fehlern und Niederlagen lernt und warum das Streben nach Shareholder Value nicht das alleinige Unternehmensziel sein sollte – und warum es so wichtig ist, zuhören zu können.

Der langjährige »Mr. Siemens« kennt Kniffe und Fallstricke des Managementalltags wie wenige andere – die Erfahrungen, über die er berichtet, kann man weder an einer Universität noch in einer Ausbildung machen. Er beschreibt in seinem Buch, oft mit einem Augenzwinkern, worauf es in der Praxis abseits des Fachlichen wirklich ankommt.
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WEICHENSTELLUNGEN UND STOLPERSTEINE
Auf dem Weg zum beruflichen Erfolg gibt es Weichenstellungen und Stolpersteine, die man nicht immer gleich als solche erkennen kann. Manche Entwicklung kann man beeinflussen, manche beruht eher auf Zufall. Zufall war es zum Beispiel, dass ich mit fünf oder sechs Jahren mit einem Schneeball einen damals als Untermieter unter sehr beengten Wohnverhältnissen im selben Haus lebenden Studenten mitten im Gesicht traf und dafür nicht ganz unberechtigt eine kräftige Ohrfeige kassierte. Dreißig Jahre später erinnerte sich der zum angesehenen Vorstandsvorsitzenden der Kraftwerk Union (KWU) aufgestiegene ehemalige Student an den kleinen frechen Buben und förderte dessen Karriere, wie man hoffentlich annehmen darf, nicht nur aus schlechtem Gewissen. Die KWU war die Tochtergesellschaft von Siemens, die auf der ganzen Welt Kraftwerke baute, darunter auch die besten und sichersten Kernkraftwerke der Welt, ein großartiges Unternehmen mit herausragenden Technologien und exzellenten Ingenieuren. Leider mit einem für das Exportgeschäft nicht immer ganz förderlichen Namen. Bei der Gründung als Gemeinschaftsunternehmen mit der AEG hatte man offensichtlich unberücksichtigt gelassen, dass das Wort »Union« im englisch/ amerikanischen Sprachgebrauch mit »Gewerkschaft« gleichzusetzen ist. Das hat beim Auftreten der KWU im internationalen Umfeld zu einigen Irritationen geführt, vor allem als in den USA Turbinen verkauft werden sollten. Die heute bei neu formierten Unternehmen immer wieder anzutreffenden Kunstnamen sind zwar oft weniger einprägsam, aber besser geprüft, um solche negativen Effekte auszuschließen. Weniger schön waren die Umstände, die zweimal entscheidende Karriereschritte für mich ausgelöst haben. Zweimal verstarben angesehene Führungspersönlichkeiten bei der KWU, deren Aufgaben ich dann übernahm. In beiden Fällen waren es mutige Entscheidungen meiner Vorgesetzten, die meine Beförderung auszusprechen hatten. Ich hatte als promovierter Jurist zwar auch noch ein zweites Studium als Diplom-Volkswirt abgeschlossen. Aber ich war mit meinen zugegebenermaßen damals noch dürftigen kaufmännischen praktischen Kenntnissen nicht unbedingt prädestiniert für solche anspruchsvollen Jobs, die völlig neue Aufgaben im kaufmännischen Bereich mit sich brachten. Beide Vorgänge zeigten, wie wenig ein beruflicher Aufstieg von gezielter Planung, sondern vielmehr von Zufällen abhängig sein kann. Von »Glück« mag man bei solchen traurigen Ereignissen nicht sprechen. Mir hat diese unvorhersehbare Entwicklung geholfen, aus einer Sackgasse herauszufinden, in die ich durch mein längeres Verbleiben in der Rechtsabteilung geraten war. Das Verhältnis zwischen Kaufleuten und Technikern war keineswegs immer spannungsfrei. Die Techniker taten sich schwer zu akzeptieren, dass ihre kreativen Vorschläge nur dann verwirklicht werden konnten, wenn der Kunde bereit war, dafür sein Portemonnaie zu öffnen, worauf die kaufmännische Zunft im Rahmen der Projektkontrolle nicht müde wurde hinzuweisen. Es hieß damals etwas spöttisch: »Es lieben sich von alters her der Kaufmann und der Ingenieur.« Meine Erfahrung war allerdings, dass die analytischen Denkungsweisen von Technikern und Juristen durchaus vereinbar sind. Die Techniker konnten gut zuhören und ordentlich begründete Vorschläge auch nachvollziehen. Ich erhielt jedenfalls zweimal im Abstand von zehn Jahren mit Unterstützung der Ingenieure, die keine Vorbehalte gegenüber mir als Juristen hatten, eine tolle Chance und habe dann nach Kräften versucht, sie zu nutzen. Natürlich gibt es auf dem Weg nach oben nicht nur Zufälle, sondern auch Dinge, die man beeinflussen kann. Dazu gehört zum Beispiel der Umgang mit Mitarbeitern, Kollegen, Vorgesetzten, dem Betriebsrat und, manche mögen sich jetzt wundern, nicht zuletzt mit der Sekretärin des Chefs. Sekretärinnen, heute aufgrund ihres gestiegenen Verantwortungsbereichs gerne Assistentinnen genannt, haben auf ihre Chefs einen erheblichen Einfluss. Dieser kann für einen jungen Mitarbeiter karrierefördernd oder -bremsend sein. Das beginnt damit, dass eine wohlgesinnte Dame einen gewünschten Termin beim Chef arrangieren wird und, wenn sie will, auch für länger als zehn Minuten. Und sie lässt bei Gelegenheit zusätzlich beim Chef ein gutes Wort fallen in dem Tenor: »Frau X / Herr Y macht aber einen kompetenten und aufgeschlossenen Eindruck.« Sie kann natürlich auch das genaue Gegenteil bewirken und als Verwalterin des Terminkalenders des Chefs ein gewünschtes Treffen hinauszögern, abkürzen oder im schlimmsten Fall gar nicht ermöglichen, wobei Letzteres sicher die Ausnahme ist. Denn eine totale Abschottung würde nicht unbemerkt bleiben und dann auch auf den Chef zurückfallen. Mitarbeiter sind also gut beraten, die Sekretärin des Vorgesetzten freundlich zu behandeln und sich zum Beispiel an ihren Geburtstag zu erinnern. Besucher, die während der Wartezeit im Sekretariat ohne zu fragen eine Pfeife anzünden, ein lautes Telefongespräch führen oder nach der vielleicht nicht ganz so erfreulich verlaufenen Zusammenkunft mit dem Chef das Vorzimmer grußlos verlassen und die Tür hinter sich zuschlagen, kommen auf die »Merkliste«. Umgekehrt freuen sich Sekretärinnen darüber, ein Dankeschön zu hören. Wenn der Ton aus Opportunismus »überfreundlich« ist, merken sie das freilich auch und bewerten den Betreffenden entsprechend. Ist man dann endlich beim Chef gelandet, empfiehlt es sich, nicht mit allzu vielen Fragen aufzutreten, sondern eher mit Lösungen. Auch die Bitte um einen Ratschlag kommt gut an: »Können Sie mir einen Rat geben, wie ich mich in dieser oder jener Situation verhalten soll?« Das erhöht die Bedeutung des Chefs und gibt ihm außerdem Spielraum bei der Beantwortung von Fragen, bei denen er nicht immer gleich eine Lösung parat hat. Und ganz wichtig: Dem Chef hin und wieder ein kluges Papier hinlegen, kurz und präzise, sonst wird es nicht gelesen, mit dem er selbst bei günstiger Gelegenheit an höherer Stelle glänzen kann, auch wenn man dann selbst nicht direkt die Lorbeeren ernten wird. Man sollte auch nicht in den Fehler verfallen, beim nächsten Anlass im Kollegenkreis zu prahlen und auf der Urheberschaft der guten Gedanken zu bestehen, mit denen sich der Chef profilieren konnte. Die Rückzündung könnte gefährlich werden. In den meisten Fällen kommen der Dank und die Anerkennung der Vorgesetzten doch irgendwann zurück. Wenn nicht, sollte man nicht zögern, möglichst schnell den Job zu wechseln. Mit den Kolleginnen und Kollegen in einen Wettstreit um die Gunst des Chefs zu treten und dabei womöglich, vielleicht noch für jedermann sichtbar, die Ellenbogen auszufahren oder gar Intrigen anzuzetteln, hat sich langfristig noch nie ausgezahlt. Es bleibt nicht unbemerkt, und schnell ist man entsprechend abgestempelt und wird fortan gemieden. Andererseits ist es nicht zu empfehlen, sich um den Rang des beliebtesten Mitarbeiters zu bewerben und jedermanns Liebling werden zu wollen. Doch es gilt auch zu vermeiden, andere vor den Kopf zu stoßen und sich unbedacht persönliche Feinde zu machen. Man trifft sich auch im Laufe eines Berufslebens nicht nur einmal. Man bricht sich außerdem keinen Zacken aus der Krone, wenn man akzeptiert, dass andere Kolleginnen und Kollegen einmal die besseren Ideen haben. Auf den Zug aufzuspringen und mitzumachen, ist allemal besser, als zu schmollen und zum Außenseiter zu werden. Rechthaberei bringt nichts. Michael Kohlhaas hat kein gutes Ende genommen. Die Königsdisziplin ist allerdings der Umgang mit dem Vorstand. Wer so weit arriviert ist, dass er mit einer eigenen Vorlage in der Vorstandssitzung erscheinen darf, muss auf verschiedene Eventualitäten vorbereitet sein. Es kann alles glattgehen, und der Vorschlag wird durchgewunken. Das wird vor allem der Fall sein, wenn man so klug war, wenigstens den eigenen im Entscheiderkreis anwesenden Vorgesetzten vorzuwarnen, besonders wenn man ein neues, möglicherweise noch umstrittenes Thema in der Sitzung vorträgt. Das Meeting kann aber auch höchst kontrovers verlaufen, weil sich die Damen und Herren des Vorstands nicht einig sind oder sich sogar zerstreiten. Dann ist es besser, nicht Partei zu ergreifen und sich nicht in lebhaft werdende Auseinandersetzungen einzumischen. Und auch nicht zu viel mit den Gesichtsmuskeln zu zucken, was als Beifall oder als Ablehnung der einen oder anderen Meinungsäußerung aufgefasst werden könnte. Bei einer falschen Reaktion kann man schnell zum Blitzableiter für ein plötzliches wieder »einiges« Gremium werden. Sollten alle Vorschläge zerredet sein, dann kann es große Erleichterung bei allen Beteiligten auslösen und vielleicht sogar Anerkennung oder Dank einbringen, wenn man mit einem intelligenten Kompromissvorschlag aufwartet, den man vorbereitet, aber bis dahin zurückgehalten hat. Wobei in solchen Gremien die Devise gilt: Nicht getadelt zu werden, ist genug des Lobes! Auch die...


Heinrich von Pierer, auch bekannt als »Mr. Siemens«, war fast 40 Jahre für den deutschen Weltkonzern tätig, davon 15 Jahre als Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender. Als einziger Topmanager trat er vor dem UN-Sicherheitsrat in New York auf und war geschätzter Gesprächspartner sowie Berater von Kanzlern und Kanzlerin. Heute berät er Unternehmen und gibt seine Erfahrung an der Universität weiter.


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