Pooley | Chianti zum Frühstück | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 375 Seiten

Pooley Chianti zum Frühstück

Wie ich aufhörte zu trinken und anfing zu leben

E-Book, Deutsch, 375 Seiten

ISBN: 978-3-407-84748-5
Verlag: Beltz
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Mittags ein Gläschen mit der Freundin, abends mit dem Partner. Immer mehr Alkohol, um endlich loszulassen vom Stress durch Job und Kinder. Doch die Abstürze häufen sich. Nach einem besonders heftigen Wochenende packt Clare Pooley den Wein in den Schrank, kauft Kisten von alkoholfreiem Bier - und kämpft. Mutig und offen lässt sie ihre Leser_innen teilhaben an den ersten 365 Tagen ohne den Stoff, nach dem sie süchtig ist. Sie erzählt vom Auf und Ab ihrer Gefühle, vom Staunen ihrer Freunde über die neue Clare. Am Ende des Jahres lebt sie ein Leben, das sie sich nie hätte träumen lassen. Eingestreut in Clares herrlich ehrlichen Erfahrungsbericht ist viel praktischer Rat: Woher weiß ich, dass ich zu viel trinke? Wie überstehe ich Partys und Weihnachten? Was richtet der Alkohol in meinem Körper an? Clare Pooleys Humor, ihre positive Haltung und ihre ganz direkte Art machen dieses Buch zum absoluten Lesevergnügen mit ernstem Hintergrund.

Clare Pooley, ehemalige Top-Werberin in einer Londoner Marketingagentur und Mutter von drei Kindern, eröffnete parallel zu ihrem Entschluss, sich endgültig vom Alkohol zu befreien, den Blog »Mummy was a Secret Drinker«. Und war völlig überrascht, wie viel Resonanz sie von Anfang an bekam. Auch Tausende Leser_innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz lesen ihren Blog.
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TAG  | 000? ES MUSS SICH ETWAS ÄNDERN
Auf einer Skala von eins bis zehn rangiert der heutige Tag bei ungefähr minus fünf. Es ist Sonntag, logisch, dass ich einen Kater habe. Da es aber der Sonntag nach meiner Geburtstagsparty ist, ist der heutige Kater ein ganz besonderer. Hammermäßig. Preisverdächtig. Mein Gehirn fühlt sich an, als wäre es auf die Größe einer Murmel geschrumpft und würde von meinen Schädelwänden abprallen wie eine Flipperkugel. Aus allen meinen Poren dringt Alkohol, und regelmäßig schwappen Wellen der Übelkeit über mich hinweg. Ich klammere mich an die Arbeitsplatte in meiner Küche wie ein verzweifelter Seemann an ein Rettungsfloß. Keine gute Idee, denn auf der Hochglanzoberfläche erhasche ich immer wieder einen Blick auf mein aschfahles, aufgedunsenes Gesicht. Würg! Sogar an einem guten Tag (was der heutige definitiv nicht ist) wäre der Lärmpegel in meiner Küche unerträglich. Maddie (sechs Jahre) spielt Minecraft, schreit irgendetwas davon, dass sie in ein Nest von Schlingpflanzen gelaicht hat, Kit (acht Jahre), sieht auf YouTube jemand anderem beim Minecraft-Spielen zu (und ich bin ganz sicher, gerade einen Kraftausdruck gehört zu haben), und Evie (elf Jahre), übt ihre Tonleitern auf der Klarinette. Jedes Mal, wenn Evie eine Molltonleiter übt, heult der Hund, als läge er in den letzten Zügen (er ist empfindsam). Ich würde Evie am liebsten anschnauzen, sie solle das verdammte Instrument weglegen, aber welche Mutter schreit ihr Kind an, wenn es freiwillig übt? Gerade als ich glaube, dass es nicht schlimmer werden kann (immer eine blöde Idee), klingelt es an der Tür. Ich bin noch im Nachthemd, und glaubt mir, es ist nicht die Art von Kleidungsstück, in dem man von irgendjemandem gesehen werden will, nicht mal von den Zeugen Jehovas oder dem Stromableser. Ich tue das einzig Vernünftige und ducke mich hinter die Küchenzeile, wo man mich durch das Fenster von draußen nicht sehen kann. Doch nicht nur kann mein ungebetener Besucher drei scheinbar unbeaufsichtigte Kinder in meiner Küche erkennen, er kann sie auch noch schreien hören: »MUMMY! WAS MACHST DU DA AUF DEM FUSSBODEN?!?« Als ich sitzen bleibe und darauf warte, dass wer auch immer vor meiner Tür steht irgendwann aufgibt und nicht das Jugendamt alarmiert, wird mir klar, dass die einzige vernünftige Reaktion in dieser Lage darin bestehen kann, zu schwören, für mehrere Tage, wenn nicht gar Wochen, keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren. Ich muss alles ausschwitzen und meine Flüssigkeitsreserven auffüllen. Andererseits weiß ich genau, dass das Einzige auf der Welt, was in meinem Zustand helfen kann, wiederum Alkohol ist. Aus meiner Hockstellung heraus blicke ich auf die Küchenuhr. Ist sie kaputt? Die Zeiger haben sich kaum bewegt, seit ich das letzte Mal draufgeschaut habe. Kurz nach elf. Kein Alkohol am Vormittag gehört zu den eisernen Regeln. Wer morgens trinkt, ist Alkoholikerin, stimmt’s? Während es nach zwölf, besonders am Wochenende, vollkommen akzeptabel ist. Das weiß jeder. Ich öffne den Küchenschrank und greife vorbei an den Paketen von Rice Crispies und Weetabix (keine Schokoladen-Frühstücksflocken in meinem Haus, denn ich bin eine gute Mutter, meistens jedenfalls) nach den Alkoholika. Ich finde eine offene Flasche Chianti, in der noch etwa vier Finger breit übrig sind. Es sieht mir gar nicht ähnlich, eine Flasche nicht auszutrinken. Ich muss eingeschlafen (= ins Koma gefallen) sein, bevor ich es schaffte, sie zu leeren. Yay! Das ist ein Zeichen. Dieser Wein ist nicht umsonst da. Er sagt: »Trink mich!«, wie eine Erwachsenenversion von Alice im Wunderland. Ich kann den Wein jetzt aber unmöglich in ein Glas gießen. Meine Kinder sind zwar einigermaßen gewöhnt daran, dass Mummy ständig ein Glas Wein in der Hand hält, aber sogar sie könnten bei dem Anblick vor elf Uhr morgens zurückschrecken. Deswegen nehme ich einen Becher aus dem Schrank und gieße den Rest aus der Flasche hinein. Wenige Minuten nachdem ich den Wein runtergekippt habe, ebbt das Dröhnen in meinem Kopf zu einem leiseren Summen ab. Und in dem Moment sehe ich mir den Becher in meiner Hand genauer an und lese: WELTBESTE MUM Ich hasse mich. Es muss sich etwas ändern. Ehrlich gesagt weiß ich schon seit mehreren Jahren, dass irgendetwas gründlich schiefläuft. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt mehr als ein paar Tage ohne ein Glas Wein ausgekommen bin. An einem normalen Wochentag trinke ich ein großes Glas, während ich den Kindern bei den Hausaufgaben helfe. Dann ein zweites, während ich das Abendessen zubereite. Dann verstecke ich die (schon mehr leere als volle) Flasche hinten im Schrank, damit ich eine neue öffnen kann, wenn John – der leidgeprüfte Ehemann – nach Hause kommt, und wir teilen sie uns zum Abendessen. (Wenn ich sage teilen, dann meine ich damit, dass wir beide etwas davon trinken, ich aber sichergehe, dass ich mehr abbekomme als er.) Wenn ich mich dazu zwinge, die Mengen zusammenzurechnen (was ich normalerweise tunlichst vermeide), komme ich auf mehr als eine Flasche Wein pro Tag. Und dann ist da das Wochenende. Ein Hoch auf das Wochenende, wenn Alkohol zum Mittagessen absolut in Ordnung ist, ja sogar dazugehört. Außerdem findet meistens irgendein geselliger Anlass statt. Daher kann ich samstags oder sonntags (meist an beiden Tagen) leicht zwei Flaschen leer machen. Oh, mein Gott! Ich trinke neun bis zehn Flaschen Wein pro Woche. Nun bin ich ziemlich geschickt darin, beide Augen zu verschließen, die Finger in die Ohren zu stopfen und »lalala« zu trällern, wann immer irgendjemand die empfohlenen Höchstmengen der Gesundheitsbehörde erwähnt, aber auch so weiß ich, dass diese Menge weit über den empfohlenen Richtwerten liegt. Um die hundert Einheiten. Ich habe vierzehn gestanden, als ich das letzte Mal von einem Arzt dazu befragt wurde. Aber die wissen doch, dass wir alle lügen? Das muss aufhören! Ich betrachte mich mit schonungslosem Blick. Ich bin sechsundvierzig Jahre alt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich älter aussehe. Ich bin verlebt. Ich bin die Art Frau, von der meine Mutter sagen würde (und nicht nur sagen würde): »Sie hat sich gehen lassen.« Ich habe zwölf Kilo Übergewicht, das meiste am Bauch. Wenn ich mich gerade hinstelle und an mir hinunterblicke, kann ich meine Füße nicht sehen. Ich habe Busfahren hassen gelernt, weil mir immer öfter Leute ihren Sitzplatz anbieten. Ein Freund von Maddie hat mich vor einer Gruppe anderer Mütter nach dem »Baby in meinem Bauch« gefragt. Zähneknirschend erwiderte ich, dass das kein Baby, sondern Kuchen sei. Entsetzt starrte er mich an. Vielleicht glaubt er jetzt, dass ich einen riesigen Heidelbeer-Muffin gebären werde. Mit dem Schlafen ist es auch nicht weit her. Einzuschlafen fällt mir leicht, ehrlich gesagt sogar etwas zu leicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zum letzten Mal einen Film zu Ende geschaut habe, ohne auf dem Sofa einzunicken. Doch dann wache ich gegen drei Uhr morgens auf, wälze mich herum, schwitze Alkohol aus und quäle mich mit Selbstvorwürfen. Normalerweise schlafe ich dann gegen sechs Uhr morgens wieder ein, kurz bevor der Wecker klingelt. Und dann ist da die Weinhexe. Diesen Spitznamen habe ich der Stimme gegeben, die sich dauerhaft in meinem Kopf eingenistet zu haben scheint und die jeden noch so eisernen Vorsatz zu Staub pulverisieren kann, indem sie etwas flüstert wie: »Schau mal! In der Flasche ist nur noch ganz wenig drin. Das kannst du genauso gut austrinken, sonst wird es schlecht!« Oder: »Sie hat sich ein viel größeres Glas eingeschenkt als dir. Gieß dir noch einen Schluck nach, wenn niemand hinsieht.« Die Weinhexe ist ein großer Fan des Konzeptes der »Zeit für mich«. »Es ist zwar erst fünf, aber du hattest einen schweren Tag. Ständig bist du von unter Zwölfjährigen bestimmt worden. Jetzt ist Erwachsenenzeit. Du hast es dir verdient.« Und das Killerargument: »Alle anderen machen das doch auch …« Ich bin ständig pleite, seltsamerweise aber noch nie auf die Idee gekommen, das dem Wein zuzuschreiben. Ich habe sonst an so ziemlich allem zu sparen gelernt – Ausgehen, Kleider, Beauty –, gebe aber dafür jede Woche ein kleines Vermögen für Wein aus, denn wenn man Chianti trinkt, ist man Kennerin, keine Säuferin, stimmt’s? Welches Beispiel gebe ich meinen Kindern? Ich will nicht, dass sie in dem Glauben aufwachsen, alle Erwachsenen bräuchten eimerweise Alkohol, um mit dem Auf und Ab des Alltagslebens fertig zu werden. Noch letzte Woche, als ich Maddie von der Schule abholte, nahm mich ihre...


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