Popp | Von der praktischen Physik zur reinen Vernunft | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 468 Seiten

Popp Von der praktischen Physik zur reinen Vernunft

Eine philosophische Meditation

E-Book, Deutsch, 468 Seiten

ISBN: 978-3-7412-3335-7
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Aufklärung hat die digital denkende praktische Vernunft aus der Vorherrschaft der analog vorgehenden reinen Vernunft befreit. Der Konflikt zwischen den unterschiedlichen Denkweisen wurde besonders deutlich in Physik und Philosophie. Immanuel Kant unterschied eine reine von einer praktischen Vernunft. Die unbewusste reine Vernunft vertritt die Interessen des Organismus, die bewusste praktische Vernunft steuert die Anpassung an die gegenwärtige Umwelt. Die reine Vernunft wird hörbar, wenn die praktische Vernunft Raum gibt. Gegen die eigenwillige Dominanz der praktischen Vernunft setzt die reine Vernunft ihre Anpassungsmechanismen ein, die Krankheit und Tod bringen, wenn die Anpassung nicht mehr erreicht werden kann. Um den Konflikt zwischen reiner und praktischer Vernunft geht es in diesem Buch.
Popp Von der praktischen Physik zur reinen Vernunft jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1. Teil
Die Vorstellungen von Physik bis zum Ausschluss der Existenz eines Äthers durch Albert Einstein
Erste schriftliche Zeugnisse naturphilosophischen Denkens stammen aus der Zeit 600 vor Christus von den Griechen. In Griechenlands aufblühender Philosophie nimmt in auffälliger Weise das philosophische Denken nicht in Griechenland selbst, sondern außerhalb des Stammlands in den Kolonien seinen Anfang. Es gab philosophische Schulen im Osten in der heutigen Türkei in Milet und in Ephesos und im Westen im heutigen Unteritalien in Elea. In den Kolonien konnte die Vernunft ungestraft in den Bereich der Götter eindringen, weil man dort auf die Huld der Götter nicht so angewiesen war, wie im Stammland, das fortlaufend um seine Existenz kämpfen musste. Sokrates, gelernter Steinmetz, der in Athen als Philosoph wirkte, wurde wegen Leugnung der Götter zum Tode verurteilt. Von 600 bis etwa 200 vor Christus reichte die große Zeit der griechischen Philosophie. Dann übernahmen römische Philosophen die Führung. Römische Philosophie setzte griechische Philosophie fort, ohne wieder bei der Naturphilosophie anzufangen, und beschäftigte sich hauptsächlich mit der Rolle des Individuums im Staat. Griechische Philosophie war zunächst Naturphilosophie. Es begann mit Thales von Milet (624–546 vor Christus). Thales war ein weitgereister Kaufmann, der orientalisches Wissen in Mathematik und Astronomie in sich aufnahm, nach Griechenland brachte und selbständig weiter dachte. Er soll über geometrische Kenntnisse die Höhe der Pyramiden bestimmt haben. Er wurde durch die richtige Voraussage einer Sonnenfinsternis berühmt. Für die griechischen Astronomen war die Gestalt der Erde keine Scheibe, sondern schon eine im Raum schwebende Kugel. Von Thales wissen wir, dass er das Wasser für das Grundelement der Natur gehalten hat. Betrachtete er nur die belebte Natur, hatte er recht, und in der unbelebten lag er nicht weit daneben, wenn man bedenkt, dass der Wasserstoff die Grundeinheit unseres periodischen Systems der Elemente ist. Eine erstaunliche gedankliche Leistung, diese Vorstellung aus dem damaligen geringen Wissen zu entwickeln. In der Philosophie Heraklits aus Ephesos (544–484) auf kleinasiatischem Boden erreichte die Philosophie einen ersten Höhepunkt an Einsicht in das Naturgeschehen. Er sucht nach dem einen Gedanken, der ihm das Geheimnis der Welt aufschließt. In diese Richtung gehen seine prägnanten Aussprüche. Das Feuer ist für Heraklit die Ursubstanz als Grundform aller Bewegung. Das Feuer ist einer Art Urenergie. Wir können nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen. Alles fließt, nichts besteht. Das Gesetz, nach dem sich die Vielheit entfaltet, ist die Einheit der Gegensätze. Alle Entwicklung geschieht im polaren Zusammenspiel gegensätzlicher Kräfte. „Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Überfluss und Hunger. Im Kampf zwischen Idee und Idee, Mensch und Mensch, Mann und Weib, Klasse und Klasse, Volk und Volk gestaltet sich die harmonische Ganzheit der Welt. Krieg ist der Vater aller Dinge. Jedes Ding bedarf zu seinem Sein seines Gegenteils. Mit dem Aufhören der schöpferischen Spannung würde totaler Stillstand und Tod eintreten. Es sei die Krankheit, welche die Gesundheit angenehm macht, und nur am Übel gemessen tritt das Gute in Erscheinung, am Hunger die Sättigung und an der Mühsal die Ruhe.“ Heraklit blickt nicht nur auf die stoffliche Welt, sondern auch in die tieferen Schichten der menschlichen Seele. „Mich selbst habe ich erforscht“, hat er geantwortet, als er nach der Herkunft seiner Vorstellungen gefragt wurde. Der Logos, ein von Heraklit eingeführter Begriff, leitet das Geschehen in der Welt. Man müsse sich gedanklich nach ihm richten. Heraklit ging von der Selbstwahrnehmung aus. Er war gewissermaßen der erste Psychologe. Er hat das Prinzip der Gegensätzlichkeit als Steigerung des Unterschieds, im Erkennen, im Denken und im Handeln als Antrieb aufgefasst. Alle Entwicklung geschieht im Zusammenspiel gegensätzlicher Kräfte. Das war der Gedanke, der ihm die Welt verständlich machte. Heraklit war der Philosoph, der die Bewegung aus der Spannung der Gegensätze kommen sah und die Bewegung als Bildner der Welt auffasste. Er war sozusagen der erste Dynamist. In Kroton, im heutigen Unteritalien, wirkte Pythagoras (570–510). Er sieht in den Zahlenverhältnissen das eigentliche Geheimnis wie sich die Bausteine dieser Welt zueinander verhalten. Pythagoras war der Erste, der die Welt einen Kosmos nannte. Dieser Kosmos beruhe darauf, dass wie in der Musik alles in ihr nach Zahlenverhältnissen harmonisch zusammenspiele. Diese Vorstellung leitet er aus dem Verhalten unterschiedlich langer, gespannter Saiten ab und überträgt die Bedingungen für musikalische Harmonie der Töne auf die Ordnung der Welt. Er hat sich nicht als Sophos, einen Weisen, bezeichnen lassen, er wollte nur ein Philosophos genannt werden, ein Freund der Weisheit. Während die Mileter Philosophen nach einem Stoff suchten, aus dem alles besteht, ging es ihm um das Gesetz, nach dem alles zusammenspielt. Unter den Eleaten in Elea, einer griechischen Kolonie in Unteritalien, gab es eine ganze Reihe herausragender Philosophen. Xenophanes (um 570) war der Erste, der sich nüchtern logisch mit dem Glauben an die vielen Götter und ihrem allzu menschlichen Verhalten auseinandersetzte. Das Höchste und Beste kann nur eines sein. Dieser eine Gott ist allgegenwärtig und den Sterblichen weder an Gestalt noch an Gedanken vergleichbar. Er lehrte ein unveränderliches Sein hinter allen mannigfaltigen Erscheinungen. Ein radikal strenger Logiker ist Parmenides aus Elea (um 525), der sich mit den Lehren des Heraklits auseinandersetzte. Die Vernunft lehre, dass es nur ein Sein, nicht aber Nichtseiendes geben kann. Das Sein wird körperlich vorgestellt. Das Nichtseiende kann nicht gedacht werden. Das Seiende wird Raum erfüllend gedacht, daraus ergibt sich eine Leugnung des leeren Raumes. Weil es keinen leeren Raum gibt, ist auch Bewegung des Seienden nicht vorstellbar. Weil Bewegung ein Nichtseiendes voraussetzt, gibt es keine Bewegung. Weil es nur Seiendes gibt, kann es auch kein Werden und Vergehen geben, sondern nur das unveränderliche Sein, das mit dem Denken eins ist. Die Sinne, die ständige Veränderung melden, seien die Quelle allen Irrtums. Parmenides war der herausragende Philosoph, der von der Körperlichkeit ausging und das Bewegtsein als Urgrund des Geschehens ablehnte. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts vor Christus hat Leukipp gewirkt. Er stammte aus Milet oder Abdera und wirkte in Thrakien an der Nordküste der Ägäis. Nach Leukipp entsteht kein Ding planlos, sondern alles aus Sinn und Notwendigkeit. Dies ist eine erste Formulierung des Kausalgesetzes. Von der Atomlehre des Leukipp haben wir nur Kenntnis durch seinen Schüler Demokrit (460–380). Demokrit war ein überaus vielseitiger Gelehrter, welcher die Gedanken des Leukipp zu einem eigenen System ausbaute. Danach besteht die Welt aus einem Raum erfüllenden Vollen dem Seienden und einem nichtseienden Leeren, dem Raum. Das den Raum erfüllende Volle ist aber nicht Eines. Es besteht aus zahllosen, winzigen, nicht wahrnehmbaren Körperchen. Diese haben keine Leere in sich, sondern füllen ihren Raum vollständig aus. Sie sind auch nicht mehr teilbar, weshalb sie Atome genannt werden. Für alle Strukturen und Fähigkeiten gäbe es spezielle Atome. Es gäbe auch Seelenatome. So unmöglich sich das anhört, denkt man an die Milliarden Nervenzellen, welche unser Gehirn ausmachen, so liegt Demokrit auch hier richtig. Demokrit wird hierdurch gewissermaßen zum Vater des Denkens in Körperlichkeiten. Die Atome des Demokrit sind zwar geteilt worden, an ihre Stelle sind noch viel kleinere Körperlichkeiten getreten. Für alle Zustände suchen die Physiker auch heute noch nach Körperlichkeiten, welche diese Zustände darstellen. Dem Elektron als Träger der Elektrizität und dem Photon des Lichts soll ein Graviton zur Seite gestellt werden zur Erklärung der Schwerkraft, das sich aber bisher allen Nachweismethoden entzogen hat. Eine Fülle von Vorstellungen zu Fragen, die uns noch heute beschäftigen, haben die Vorsokratiker hervorgebracht. Empedokles (492–432) versuchte sich in ihrer Vereinigung. Er bringt die Vorstellungen von der Substanz zusammen, indem er vier Elemente anerkennt, das Feuer, das Wasser, die Luft und die Erde. Die treibenden und formenden Kräfte führt er auf die Grundemotionen Liebe und Hass, Anziehung und Abstoßung zurück. Organismen in ihrer Kompliziertheit sind entstanden aus einfacheren Formen. Er erkennt den Vorgang der Entwicklung komplizierter Organismen aus einfachen Organismen. Er ist sozusagen ein erster Vorläufer der Darwin’schen Evolutionstheorie. In der Blütezeit der griechischen Philosophie mit Sokrates (469–399) und Platon (427–347) rückt die Philosophie das Verhalten des Menschen und seine Erkenntnisfähigkeit in den Mittelpunkt des Interesses. Die Möglichkeiten, naturphilosophisch weiterzukommen, schienen ausgeschöpft zu sein. Die Erkenntnis des Sokrates „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ ergänzt Platon durch seine Lehre von den Ideen als einzig wahre und ewige Produkte der Vernunft. Platon prägte philosophische Begriffe. Nur in einem seiner vielen Dialoge, dem Dialog...


Popp, Wolfgang
Dr. Wolfgang Friedrich Popp, 1928 in München geboren, hat den Krieg als Flakhelfer erlebt, absolvierte das Theresiengymnasium in München, studierte Medizin, wurde Frauenarzt und Geburtshelfer zunächst in der Klinik und bis 1998 als niedergelassener Belegarzt. 2005 veröffentlichte er eine Theorie der Medizin unter dem Titel „Das unspezifische Kranksein“. 2011 sollte das Buch „Warum Menschen Gott brauchen“ einen Weg aus der religiösen Orientierungslosigkeit vorschlagen.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.