Prignitz / Wolfschmidt Zeit für Hamburg - Eine Uhr der Sternwarte und ihr historisches Umfeld

Time for Hamburg -- A Pocket Watch of the Observatory and its Historical Context. Mit Beiträgen und herausgegeben von Gudrun Wolfschmidt. Nuncius Hamburgensis - Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 56.

E-Book, Deutsch, Band 56, 112 Seiten

Reihe: Nuncius Hamburgensis - Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften

ISBN: 978-3-347-32655-2
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ziel dieser Arbeit ist es, eine silberne Taschenuhr, die 1888 von der Hamburger Sternwarte angekauft wurde, in ihren historischen Hintergrund einzuordnen. In diesem Zusammenhang geht es um die Dynamik von Leben und Arbeit vor und nach 1900, die präzise Zeitmessung notwendig machte. In Hamburg spielten die Sternwarte und die Seewarte hier eine wesentliche Rolle. Die dort benutzten Taschenuhren wurden zum Vorbild; wenn der Kunde über die entsprechenden Mittel verfügte, konnte er Vergleichbares im Handel erwerben und seinen Alltag strukturieren. Präzisionsuhren stehen damit für den Schritt in die Moderne. Ein wenig erforschtes Thema ist der Umgang mit diesen neuen Zeitstrukturen. Populärliterarische Quellen belegen, in welcher Hinsicht viele Menschen mit dem Leben nach der Uhr Probleme hatten. Exemplarische Beispiele werden zitiert und interpretiert. Diese Zusammenhänge zwischen exakter Zeitmessung und deren Einfluss auf Leben und Denken, gespiegelt in der Literatur um 1900, geben Einblick in wesentliche Aspekte des Umgangs mit der Zeit.
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Einleitung – Uhren und Zeitmessung in der Hamburger Sternwarte Gudrun Wolfschmidt (Hamburg) 1.1 400 Jahre Astronomie in Hamburg Hamburg hat eine lange Tradition in Astronomie. Tycho Brahe (1546–1601) wirkte von 1597 bis 1599 im Schloß des Grafen Heinrich von Rantzau (1526– 1598) in Wandsbe(c)k bei Hamburg. 1721 entstand eine erste Privat-Sternwarte von Johann Beyer (1673–1751) in Hamburg, genannt das „Steernenkikerhuus“ am Baumwall. Eine Initiative zur Errichtung einer staatlichen Sternwarte gab es von Seiten der Hamburger Bürgerschaft. Im „Hamburger Correspondent“ (1735) wird auf den Zusammenhang von Astronomie, Navigation, Zeitmessung und Schifffahrt hingewiesen: „Der gantzen Astronomie ist an genauer Observation, als worauf sich dieselbe hauptsächlich gründet, gelegen, und diese hinwieder die unentbehrliche und höchst-nöthige Schiffahrt erhält. […] Daher einem Staat und Republic höchst daran gelegen, daß Leute unterhalten und unterstützet werden, welche der Astronomie, wovon so vieles dependiret, obliegen.“1 Aber immerhin entstand 1749 die Navigationsschule Hamburg.2 Johann Georg Büsch (1728–1800) errichtete 1790 ein Observatorium auf dem Dachgeschoß des „Baumhauses“ am Binnenhafen, wo auch Navigationsunterricht für Seeleute stattfand. Johann Friedrich Benzenberg (1777–1846) führte im Turm der Michaeliskirche (Abb. 6.2, S. 76) 1802 Fall-Versuche durch, womit ihm der Nachweis der Erdrotation gelang – rund 50 Jahre vor dem Foucault-Pendel. Abbildung 1.2:
Oben: Neue Sternwarte mit Navigationsschule (1825)
und Repsold’s Denkmal auf der Bastion Henricus am Millerntor
Unten: Die Millerntor Sternwarte als Relief an der Hamburger Börse (1841) © Hamburger Sternwarte, Foto: Gudrun Wolfschmidt 1.2 Blütezeit im 19. Jahrhundert – die „Hamburger“ Sternwarten und die Deutsche Seewarte Einen großen Aufschwung der Astronomie gab es im 19. Jahrhundert.3 Der Oberspritzenmeister Johann Georg Repsold (1770–1830) gründete 1799 die Instrumentenfirma Repsold. Repsolds Sternwarten am Stintfang (1802) und am Millerntor (1825) und die (dänische) Sternwarte in Altona (1823) spielten eine wichtige Rolle für Vermessung, Zeitbestimmung und Navigation. Heinrich Christian Schumacher (1780–1850) leitete die Sternwarte Altona an der Palmaille 9, die bis 1871 bestand; sie lag damals vor den Toren Hamburgs in Holstein, das bis 1864 unter dänischer Verwaltung stand. Schumacher war verantwortlich für die Vermessung Dänemarks in Kooperation mit Repsold in Hamburg und Carl Friedrich Gauß (1777–1855) im Königreich Hannover; die zugehörige Meridianlinie 0h30m25s östlich von Paris ist an der S-Bahnhof Königsstrasse markiert (Greenwich als internationaler Nullmeridian wurde erst 1884 festgelegt). Wichtig war zudem die Gründung der Astronomischen Nachrichten (1821); es ist die älteste bis heute existierende astronomische Zeitschrift. Zur Einrichtung von Repsolds Privatsternwarte (1802 bis 1812) auf der Bastion Albertus der Hamburger Wallanlagen, heute Stintfang, gehörten schon ein 10,4 cm Meridiankreis (1802), eine von Repsold gebaute Sekundenpendeluhr und ein Chronometer. In Altona und Hamburg gab es eine Anzahl von Uhren- und Chronometerherstellern,4 die Präzisions-Pendeluhren und Chronometer an die Millerntor Sternwarte und an die neue Sterrnwarte in Bergedorf lieferten (vgl. Liste der Uhren der Sternwarte, S. 85): • Johann Georg Repsold (1770–1830), Hamburg: 18 (1833) Astronomische Sekunden-Pendeluhr mit schwarzem Ziffernblatt. • Heinrich Johann Kessels (1781–1849), Altona: Pendeluhr 4 (1829), Rostpendel 5 (1830er Jahre). • Friedrich Moritz Krille (1817–1863), Altona: Chronometer 21 (1915), 32 (1904), Taschen-Chronometer, 39 (1850er Jahre) Sekundenzähler. • Theodor Knoblich (1827–1892), Altona: Elektrisches Sekunden-Ziffernblatt 42 (1867), 43 (1867). • Adolph Kittel (1845–1921), Altona: Pendeluhr 6 (1889), 7 (1912), 19 (1918), Marine-Chronometer, 29 (1913), 30 (1914) – Abb. 8.3, Sekunden-Nebenuhr 51 (1912) und Zubehör wie Kontakt oder Pendel 4, 5. • Wilhelm II Bröcking (1834–1897) und Edgar Julius Bröcking (1864–1935), (vgl. Abb. 8.2, S. 88),5 Hamburg, 1829–1962 (zur Firma Bröcking siehe S. 42): Normaluhr an der Börse 92 (1876), 94 (1876) (Abb. 3.6, S. 45), im Flutmessturm der St. Pauli-Landungsbrücken 95 (1909) (Abb. 0.3), Präzisions-Pendeluhr 1 (1879), 8 (1910), 9 (1910), 10 (1910) – Abb. 8.2, 11 (1910), 12 (1910), 17 (1912), 22 (1910), Silbernes Taschen-Chronometer mit Anker-Echappement 33 (1888), Nickel-Ankeruhr 35 (1910), 36 (1910), Remontoir-Ankeruhr 74 (1929) und Zubehör wie Sekunden-Holzpendel mit Kontakt 63 (1905). • Adolf Pohl (fl. 1892–1952) Hamburg: Silberne Chronograph-Taschenuhr 34 (1910?). • Chronometer-Werke GmbH, Hamburg, gegründet 1905 von Wilhelm Meyer, 1938 Fusion mit Wempe Chronometerwerke GmbH (*1878). Erst 1825, nachdem Geld aus einer privaten Stiftung, dem Nachlaß des Amateurastronomen Johann Christopher Grell (fl. 1824) vorhanden war, genehmigte der Senat auf der Bastion Henricus der Wallanlagen beim Millerntor einen Neubau mit zwei Kuppeln, je eine für Sternwarte und Navigationsschule (Abb. 1.2), errichtet von Hinrich Anton Christian Koch (1758–1840). Der erste Meridiankreis der Welt wurde 1802 von Johann Georg Repsold (1770–1830) entwickelt, eine revolutionäre Erfindung, die die Astronomie des 19. Jahrhunderts prägte. Meridiankreise dienen zur Ermittlung der präziser Koordinaten der Sterne am Himmel (Abb. 1.3): Man misst die präzise Uhrzeit und den Höhenwinkel der Sterne, wenn sie im Meridian (Großkreis von Süden durch Zenit und Himmelspol) den Höchststand erreichen (Kulmination). Aus der Zeit ergibt sich die „Rektaszension“, aus dem Höhenwinkel mithilfe der geographischen Breite die „Deklination“. Mit Passageinstrumenten lässt sich die Zeit bestimmen mit Sternen bekannter Koordinaten. Ein Passageinstrument (5 franz. Fuß = 1,62m) stellte Johann Georg Repsold 1829 für die Millerntor Sternwarte her; es befindet sich heute im Astronomisch-Physikalischen Kabinett in Kassel. Nach dem Tod von Repsold wurde die Sternwarte 1833 Hamburger Staatsinstitut. An Repsold und seine Sternwarte erinnert noch heute ein Denkmal hinter dem „Museum für Hamburgische Geschichte“, das 1914 bis 1922 am Gelände der Millerntor-Sternwarte gebaut wurde. Abbildung 1.3:
Links: Passageinstrument, Johann Georg Repsold, Hamburg (1829), heute in Kassel
Rechts: Zeitbestimmung mit Passageinstrument oder Meridiankreis Foto: Gudrun Wolfschmidt, © Hamburger Sternwarte Karl Ludwig Christian [Charles] Rümker (1788–1862), der 1820 bis 1830 im Paramatta Observatory bei Sydney gewirkt hatte, wurde zum Direktor der Millerntor-Sternwarte ernannt (1830 bis 1857). Auch seine Frau Mary Hannah Rümker, geb. Crockford (1809–1889) war an Astronomie interessiert und entdeckte 1847 sogar einen Kometen. Ein neuer Meridiankreis, hergestellt von A. & G. Repsold wurde 1836 installiert. Die Ausstattung mit Instrumenten und Uhren wurde laufend verbessert, 1867 durch das 26 cm Äquatorial (G. & S. Merz, München, A. & G. Repsold, Hamburg). Aus Repsolds Werkstatt für astronomische und geodätische Instrumente (1799) ging die berühmte Firma A. & G. Repsold (ab 1830) hervor, umbenannt in A. Repsold & Söhne, 1867 bis 1919, die an Sternwarten in aller Welt lieferte – ein Global Player war. Karl Rümker war zugleich Leiter der Navigationsschule. Dann wurde Carl Theodor Bernhard Niebour (1825–1915), vorher Navigationslehrer und Assistent an der Sternwarte, Direktor der Navigationsschule von 1863 bis 1900. Im Jahr 1872 erfolgte die Trennung der beiden Institutionen. Albert Erbe (1868– 1922) errichtete das neue repräsentative Gebäude für die Navigationsschule am Elbhang 1905 (heute Seewetteramt). Der Sohn Georg Rümker (1832–1900) (Abb. 1.5) übernahm die Leitung der Sternwarte von 1857/67 bis 1900 und kümmerte sich nicht nur um Sternkataloge, sondern besonders um Navigation und Zeitbestimmung für die Schifffahrt und war Vorsitzender des Prüfungsausschusses für Steuerleute und Kapitäne. Die Deutsche Seewarte auf dem Stintfang über dem Hamburger Hafen wurde 1875 eröffnet; als Leiter berief man Georg von Neumayer (1826–1909). Die Seewarte (vgl. Abb. 1.4) bekam folgende Aufgaben: „die Kenntniß der Naturverhältnisse des Meeres, soweit diese für die Schifffahrt von Interesse sind, sowie die Kenntniß der Witterungserscheinungen an den deutschen Küsten zu fördern und zur Sicherung und Erleichterung des Schifffahrtsverkehrs zu...


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