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E-Book, Deutsch, Band 14, 237 Seiten

Reihe: Historische Einführungen

Rau Räume

Konzepte, Wahrnehmungen, Nutzungen

E-Book, Deutsch, Band 14, 237 Seiten

Reihe: Historische Einführungen

ISBN: 978-3-593-41994-7
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Auch Räume haben eine Geschichte. Geschichte findet zudem immer auch in Räumen statt. Was versteht man aber in der Geschichtswissenschaft unter »Räumen«? Und wie kann man sie historisch untersuchen? Susanne Rau gibt in diesem Buch zunächst einen Überblick über die Geschichte abendländischer Raumkonzepte und die Geschichte des Begriffs »Raum«. Anschließend vermittelt sie interdisziplinäre Zugänge zum Phänomen »Raum« – von der Physik und der Geographie bis hin zur Philosophie und Soziologie. Im Hauptteil erläutert sie, wie sich historische Raumanalysen methodisch-theoretisch konzipieren und praktisch durchführen lassen; dazu stellt sie historische Beispiele vor allem aus den Bereichen Stadtgeschichte, Handelsgeschichte und Globalgeschichte vor. Mit diesem Buch liegt erstmals eine Einführung in die Theorie und Praxis der historischen Raumanalyse vor.
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Inhalt

Was ist historische Raumforschung? Eine Einleitung . . . 7

1. Historische und systematische Annäherung . . . . . . 17
1.1 Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Zur Geschichte abendländischer
Raumkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Raum: Zur deutschen Karriere eines Konzepts . . . 27
Europäische Alternativwege: Febvre – Braudel –
Lefebvre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.2 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Alltagsweltliche und wissenschaftliche Raumkonzepte:
Kein Widerspruch . . . . . . . . . . . . 53
Begriffsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Analytische Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . 61

2. Disziplinäre Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.1 Geographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.2 Kulturanthropologie, postkoloniale Studien . . . . 82
2.3 Soziologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2.4 Räume und Räumlichkeiten als neues
geschichtswissenschaftliches Thema . . . . . . . . 107

3. Raumanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
3.1 Raumkonstitution und Konfigurationen . . . . . . 135
Makrohistorische Prozesse . . . . . . . . . . . . . 136
Raumtypen, Raumformationen . . . . . . . . . . 142
Die Stadt: Eine räumliche Konfiguration
im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Der Handel: Interaktionsbeziehungen, die Räume
hervorbringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
3.2 Raumdynamiken: Entstehung – Wandel –
Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
3.3 Die subjektive Konstruktion von Räumen:
Wahrnehmungen – Erinnerungen –
Repräsentationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Vorstellungs- und andere Räume . . . . . . . . . . 174
Spatial stories – spatial media – mental maps . . . . 178
3.4 Raumpraktiken – Raumnutzungen . . . . . . . . 182

4. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Auswahlbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
Internet-Ressourcen und -Portale . . . . . . . . . . . . 228
Zeitschriften oder Sonderhefte von Zeitschriften . . . . 228
Lexikoneinträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . 233


Raum: Zur deutschen Karriere eines Konzepts


Die Geschichte nur räumlich zu betrachten ist so einseitig, wie
sie nur zeitlich zu betrachten. Dass Geschichte in Raum und Zeit
stattfindet, wird auch in der Geschichtswissenschaft spätestens
nach der Erkenntnistheorie Kants und der Geschichtsphilosophie
Herders betont. Zudem spiegelt sich die Einsicht in der praktischen
Umsetzung, also in Geschichtsdarstellungen, wider. Es
waren freilich vor allem die Weltgeschichten, welche – trotz der
zunehmend nationalstaatlichen Engführung, die sich im 19. Jahrhundert
ebenso beobachten lässt – geographische oder Weltreiche-
Gliederungen vornahmen. Diese lassen sich in der Geschichte
beider Indien des Guillaume-Thomas Raynal (1713–1796) ebenso
finden wie in Leopold von Rankes (1795–1886) Weltgeschichte in
14 Bänden. Wenn heute – oft im Rückgriff auf Michel Foucault –
betont wird, das 19. Jahrhundert sei das Jahrhundert der Zeit gewesen
(Foucault 2005 [1984]: 931), um damit auf den Vorrang zu
verweisen, den man angeblich der Zeit vor dem Raum gegeben
habe, wird meist übersehen, dass sich dies de facto vor allem auf
geschichtsphilosophische Traktate bezieht oder, eine Stufe tiefer,
auf in Lehrbüchern vermittelte Grundsätze.


Parallel zur Etablierung eines zeitlichen Narrativs ist freilich
durchaus auch der Raumbegriff beachtet worden – dies allerdings
stärker in der Geographie, die sich damals als Disziplin etablierte,
als in der Geschichtswissenschaft.


Neben Ortstheorien, Bewegungsräumen und Handlungsräumen
bietet die Geschichte der Raumkonzepte auch noch das Konzept
des Erdraums oder der sogenannten natürlichen Umwelt, die
mit der Entstehung der Geographie als Wissenschaft im 19. Jahrhundert
verbunden ist. Die Erfindung des Konzepts fällt in die
Zeit der Vermessung der Erdoberfläche, wie sie in geographischen
Forschungsreisen sowie in geographischen Anstalten und Verlagen
(zum Beispiel Bertuchs »Landes-Industrie-Comptoir« in Weimar
oder dem Perthes Verlag in Gotha) zum Ausdruck kam. Die
allmähliche Vermessung der Erdoberfläche wie auch die Erforschung
des Inneren der nicht-europäischen Kontinente zogen eine
metrische Verräumlichung des Weltbildes nach sich (vgl. Lentz/
Ormeling 2008; Weigel 2011; Christoph/Breidbach 2011).


Als Gründervater der Erdkunde wird neben Alexander von
Humboldt (1769–1859) für den deutschen Sprachraum meist Carl
Ritter (1779–1859) genannt. Er hatte ab 1820 bis zu seinem Tod
den ersten Lehrstuhl für moderne Geographie an der damaligen
Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin inne. Hier prägte er die
Geographie in einer ganz neuen Weise. Um das Tätigkeitsfeld
der geographischen Wissenschaft von der Geographie als reiner
Beschreibung der Erde, wie sie seit dem 16. Jahrhundert üblich
war, abzugrenzen, führte er den Namen »Erdkunde« ein. Was er
darunter verstand, deutet sich schon im Titel seines 1817 erstmals
erschienenen und in den folgenden 40 Jahren mehrfach überarbeiteten
und stark erweiterten Hauptwerks an: Die Erdkunde
im Verhältniß zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder
allgemeine, vergleichende Geographie, als sichere Grundlage des Studiums
und Unterrichts in physikalischen und historischen Wissenschaften
(Ritter 1817/1818). Die Erdkunde begriff er physikalisch
(vermessend) wie historisch (als Geschichte des Wissens von der
physischen Beschaffenheit der Erde und deren Veränderungen).
Darüber hinaus solle sich die Geographie aber auch für die Beziehungen
zwischen beiden Seiten – in der damaligen Terminologie:
zwischen Natur und Kultur – interessieren, also die Einflüsse der
physischen Umwelt auf menschliche Aktivitäten untersuchen.


Demnach war Erdkunde zum einen das Studium der Erdoberfläche.
Dieses solle sich aber nicht in der Inventarisierung der
Orte und lokalisierten Ereignisse erschöpfen, sondern auch das
Studium ihrer Verbindungen untereinander einschließen. Das gesamte
Programm beruhte vor allem auf empirischer Arbeit, aber
Ritters Interesse an räumlichen Beziehungen zeigt auch, dass er
den Raum nicht atomistisch konzipierte. Die Erdoberfläche betrachtete
Ritter als den großen Referenzrahmen, in welchem sich
die Orte ausdifferenzieren und miteinander in Verbindung stehen
(Schultz 1980; Werlen 2009: 148 f.). Zum anderen gehörte zu Ritters
Verständnis von Erdkunde ein Element, welches in der Folgezeit
aus vielen geographischen Schulen verschwand: ihre Verbindung
mit der Geschichte. Da sich die Geographie für die Dynamiken
der Orte interessieren müsse, für ihre wechselnde Zugänglichkeit
und für die relativen Positionen der Orte, gehörten Geschichte
und Geographie für ihn eng zusammen; er nahm sogar an, die
Geographie sei immer auch eine Geschichte des Raums.


Susanne Rau ist Professorin für Geschichte und Kulturen der Räume in der Neuzeit an der Universität Erfurt.


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